Die Schlacht von Rocoux darf als eine der sonderbaren der Geschichte gelten. Sie war die größte Schlacht, die bis Dato im 18. Jahrhundert stattgefunden hatte mit schätzungsweise insgesamt etwa 180-200.000 Beteiligten - auch wenn die Schätzungen der Anzahl an Kombattanten stark auseinander gehen[1]. Dennoch spielte ihr Ausgang kaum eine Rolle, während die andere große Schlacht des Jahres 1746 zumindest bedeutende Auswirkungen auf den Ausgang des Krieges in Italien hatte: die Schlacht bei Piacenza[2].
The Battle of Rocoux can be considered one of the strangest in history. It was the largest battle that had taken place to date in the 18th century with circa 180-200.000 fighters - even if the estimates of the number of combatants vary widely [1]. Nevertheless, their outcome hardly played a role, while the other great battle of 1746 had at least a significant impact on the outcome of the war in Italy: the Battle of Piacenza [2].
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Ein bisschen Deko für unser kommendes Spiel. - Some decoration for our upcoming game. (photo: André Hanselmann)
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Die beiden Armeen und Ziele
Die pragmatische Armee wurde zu dem Zeitpunkt der Schlacht offiziell von Prinz Karl Alexander von Lothringen (1712-1780), dem Bruder des Kaisers Franz I. Stephan, kommandiert. Allerdings hatte Karl Alexander immer wieder die Wünsche und Einwände seiner Verbündeten v.a. der Briten und der Niederländer zu berücksichtigen. Der Duke of Cumberland, der noch bei Fontenoy [3] das Oberkommando inne gehabt hatte, hatte den Kriegsschauplatz gewechselt und die britischen Streitkräfte 1746 in der Schlacht bei Culloden kommandiert. Prinz Karl Alexander musste insbesondere die Bedürfnisse der Briten berücksichtigen, welche auf ihre Nachschublinien bedacht waren. Der Feldzug war bislang auf ein fortgesetztes Manöverieren hinaus gelaufen, auch wenn sich die Hauptarmeen mehrfach in Schlachtordnung aufgestellt hatten und eine Schlacht zu einem früheren Zeitpunkt erwarteten. Sämtliche Ziele der Verbündeten zu verfolgen hatte sich als zunehmend schwieriger erwiesen. Die Armee der Verbündeten litt im gesamten Feldzugsjahr 1746 darunter, dass es nummerisch dem französischen Heer unterlegen gewesen war. Dafür konnte man in kleineren Gefechten und Scharmützeln vor allem durch die überlegenen leichten Truppen gewisse Erfolge verbuchen. Kurz vor der Schlacht wurde die pragmatische Armee durch britische Kontingente erneut verstärkt.
Die österreichische Armee profitierte vom Friedensschluss mit Preußen insofern, dass dadurch Truppen für die anderen Kriegsschauplätze frei wurden. Doch sieht man die Auswirkungen eher auf dem italienischen Kriegsschauplatz, wo die Armee unter Liechtenstein, Browne und Botta erhebliche Erfolge erzielte. Innerhalb der pragmatischen Armee bei Rocoux stellten die Österreicher das größte Kontingent.
Die zweitbedeutenste Macht innerhalb der pragmatischen Armee stellten die Generalstaaten der Niederlande dar. Die niederländischen Truppen wurden insbesondere durch Subsidientruppen aus Deutschland verstärkt. Die bayerischen Truppen sollten in der Schlacht bei Rocoux eine herausragende Rolle spielen. Der Kommandeur der Niederländer war der innerhalb der Generalstaaten nicht unumstrittene Prinz von Waldeck (1704-1763) [4].
Als Nachfolger des Duke of Cumberland (1680-1770) wurde das britische Kontingent von Sir John Ligonier befehligt. Er war der mit Abstand erfahrenste und älteste Kommandeur im pragmatischen Lager. Doch das österreichische Standardwerk zum österreichischen Erbfolgekrieg lässt seine Rolle in der Entwicklung des Schlachtplans der Schlacht bei Rocoux offen[5]. Zahlreiche hannoveranische Regimenter kämpften Seite an Seite mit den britischen Truppen wie sie es auch schon bei Dettingen und Fontenoy getan hatten[6]. Dabei wurden diese Truppen mal britischen und mal hannoveranischen Generälen unterstellt. Neben den hannoveranischen Truppen genossen die hessischen einen guten Ruf. Ihre Unerschütterlichkeit hatte sich schon im Gefecht bei Weißenburg 1744 noch auf französischer Seite erwiesen.
Prinz Karl Alexander sah sich kurz vor der Schlacht mit der Frage konfrontiert, ob er nach einem Feldzug, in welchem er zahlreiche wichtige Städte an die Franzosen hatte, den Feldzug ohne eine Schlacht zu liefern abbrechen und in die Winterquartiere gehen sollte. Anders als 1744 am Rhein entschied er sich für eine große Schlacht obwohl er von der Übermacht der Franzosen wusste. Strategisch konnte er sich eigentlich keine nennenswerten positiven Auswirkungen vom Ausgang der Schlacht erwarten.
Die französische Armee unterstand dem Maréchal de Saxe (1696-1750). Dessen Rolle als Oberkommandeur wurde mit dem Weggang des Prince de Conti (1717-1776) endgültig zu Gunsten von de Saxe entschieden, auch wenn dessen Weggang nicht völlig die Querelen innerhalb der Armee beilegte. Wenngleich die Armee während des Feldzuges einige Schwächen aufgezeigt hatte, hatten die Belagerungen u.a. von Mons (bis Anfang Juli) [7] St. Ghislain (Juli) [8], Charleroi (im Juli) [9] und Namur (bis Ende September) [10] aber vor allem die Einnahme Brüssels zu einer weitesgehenden Eroberung Belgiens geführt. Als ein zunehmendes Problem hatte sich schon im gesamten Feldzugsverlauf die enorme Größe des Heeres herausgestellt. Bis die komplette Hauptmacht aufmarschiert war, hatte sich der Gegner bisweilen zurück gezogen. Dieser Aspekt trat dann auch in der Schlacht bei Rocoux offen zutage. Anfang Oktober 1746 entschied sich de Saxe für einen entscheidenden Schlag gegen die pragmatische Armee. Hintergrund der Entscheidung mochte auch sein, dass de Saxe handeln wollte, ehe er Teile seines großen Heeres wieder an andere Kriegsschauplätze absenden musste. Eine Konzentration einer so großen Armee für eine längere Dauer an einem Ort hatte sich mehrfach als schwierig heraus gestellt.
Anders als bei der pragmatischen Armee, deren Aufteilung teilweise schlichtweg durch die Zugehörigkeit der Truppen zu einer der verbündeten Mächte motiviert worden war, musste sich de Saxe entscheiden wie er nach logischen Gesichtspunkten seine Armee untergliederte. Ein Heer von der Größe war ja einfach deutlich schwerer zu dirigieren als es für Friedrich II. mit den Streitkräften wie er sie etwa bei Hohenfriedeberg zur Verfügung hatte [11]. So untergliederte Maurice de Saxe seine Armee in verschiedene Corps wie man sie auch auf den bedeutenden zeitgenössischen Kartenwerken eindeutig erkennen kann [12]. Das größte Corps stellte das sogenannte "Corps de l'armée du Roy" dar, auf welches de Saxe während der Schlacht offensichtlich den direktesten Zugriff hatte. Bei allen divergierenden Schätzungen kann man doch davon ausgehen, dass die französische Armee Anfang Oktober im Raum Lüttich der pragmatischen Armee bedeutend nummerisch überlegen war. Beau/Hödl gehen von einer Überlegenheit um 40.000 Mann aus [13].
The two armies and their goals
The pragmatic army was officially commanded at the time of the battle by Prince Karl Alexander of Lorraine (1712-1780), brother of Emperor Francis I Stephan. However, Karl Alexander repeatedly had to take into account the wishes and objections of his allies, especially the British and the Dutch. The Duke of Cumberland, who was still in command at Fontenoy [3], had changed the theater of war and commanded the British forces at the Battle of Culloden in 1746. Prince Karl Alexander had to take into account the needs of the British, who were concerned about their supply lines. The campaign had so far resulted in continued maneuvering, even if the main armies had lined up several times and expected a battle at an earlier point in time. Pursuing all of the Allies' goals had proven increasingly difficult. The allied army suffered throughout the campaign year of 1746 from being numerically inferior to the French army. On the other hand, it was possible to achieve certain successes in smaller battles and skirmishes, especially due to the superior light troops. Shortly before the battle, the pragmatic army was reinforced again by British contingents.
The Austrian army benefited from the peace agreement with Prussia to the extent that it freed troops for the other theaters of war. But the effects are more likely to be seen in the Italian theater of war, where the army under Liechtenstein, Browne and Botta achieved considerable success. Within the pragmatic army at Rocoux, the Austrians made up the largest contingent.
The second most important power within the pragmatic army were the States General of the Netherlands. The Dutch troops were reinforced in particular by subsidiary troops from Germany. The Bavarian troops were to play a prominent role in the Battle of Rocoux. The commander of the Dutch was the not undisputed Prince von Waldeck (1704-1763) within the States General [4].
As the successor to the Duke of Cumberland, the British contingent was commanded by Sir John Ligonier (1680-1770). He was by far the most experienced and oldest commander in the pragmatic camp. But the Austrian standard work on the Austrian War of Succession leaves its role in the development of the battle plan for the Battle of Rocoux open [5]. Numerous Hanoverian regiments fought side by side with the British troops, as they had already done at Dettingen and Fontenoy [6]. These troops were sometimes subordinated to British and sometimes Hanoverian generals. In addition to the Hanoverian troops, the Hessian troops enjoyed a good reputation. Their imperturbability had already been proven on the French side in the battle near Weissenburg in 1744.
Shortly before the battle, Prince Karl Alexander was confronted with the question of whether, after a campaign in which he had numerous important cities to the French, he should break off the campaign without delivering a battle and go to winter quarters. Unlike in 1744 on the Rhine, he decided on a big battle although he knew that the French were overwhelming. Strategically, he could not expect any significant positive effects from the outcome of the battle.
The French army was under the Maréchal de Saxe (1696-1750). With the departure of Prince de Conti (1717-1776), his role as supreme commander was finally decided in favor of de Saxe, even if his departure did not completely settle the squabbles within the army. Although the army had shown some weaknesses during the campaign, the sieges of Mons (until the beginning of July) [7] St. Ghislain (July) [8], Charleroi (in July) [9] and Namur (until the end of September) [10] but above all the capture of Brussels led to an extensive conquest of Belgium. The enormous size of the army had turned out to be an increasing problem throughout the course of the campaign. Until the entire main force was deployed, the enemy had withdrawn from time to time. This aspect came to light in the Battle of Rocoux. In early October 1746, de Saxe decided to strike a decisive blow against the pragmatic army. The background to the decision may also be that de Saxe wanted to act before he had to send parts of his large army back to other theaters of war. Concentrating such a large army in one place for a long period of time had proven difficult on several occasions.
In contrast to the pragmatic army, the division of which was in part simply motivated by the fact that the troops belonged to one of the allied powers, de Saxe had to decide how to subdivide his army according to logical criteria. An army of this size was simply much more difficult to direct than it was for Frederick II with the armed forces such as he had at Hohenfriedeberg [11]. Maurice de Saxe subdivided his army into different corps as can be clearly seen on the important contemporary maps [12]. The largest corps was represented by the so-called "Corps de l'armée du Roy", to which de Saxe obviously had the most direct access during the battle. Despite all the divergent estimates, one can assume that the French army in the Liege area was significantly numerically superior to the pragmatic army at the beginning of October. Beau / Hödl assume a superiority of 40,000 men [13].
Gelände und Aufstellung
Wie bei allen diesen Schlachten muss man betonen, dass es keine neueren deutschsprachigen Publikationen zu dem Thema gibt und dass obwohl auf beiden Seiten ein erheblicher Anteil deutschsprachiger Truppen im Einsatz war und letztlich gerade bei Rocoux der Blutzoll gerade der Deutschen innehalb des pragmatischen Heeres recht hoch war, egal ob wir jetzt von Hessen, Hannoveranern, Sachsen-Gothaern oder Bayern reden. Immerhin gibt es einen Hoffnungsschimmer, dass auf Englisch in näherer Zukunft ein Werk erscheint, welches den neueren Forschungsstand widerspiegelt [14]. Daher musste ich mich vorwiegend auf die immerhin recht detaillierten zeitgenössischen Karten [15] verlassen, was das Gelände und die Aufstellung anbelangte und habe diese auch mit den umfangreichen Ausführungen in Beau/Hödls Buch abgeglichen.
Zumindest erwähnenswert scheint mir, dass Prinz Karl Alexander auf eine Aufstellung hinter der Jaar verzichtet hat und stattdessen auf die Höhen zwischen Sling und Lüttich ausgewichen ist. Diese neue Stellung hatte für sich, dass beide Flanken scheinbar gedeckt war, die rechte österreichische mit dem Lauf der Jaar und zusätzlich durch den Ravin bei Sling und Fexhe und die linke niederländische Flanke durch Lüttich. Doch zog sich links die Aufstellung nicht bis zum Ufer der Maas, was daran liegen mochte, dass dort das Gelände schwierig war und die Linie vielleicht zu dünn besetzt gewesen wäre. Außerdem mochte man die Ortschaft Ance für eine ausreichende Flankensicherung gehalten haben. Der Oberkommandeur konnte immerhin auf einige Stärken seiner Position bauen wie dem ansteigenden Gelände und etwa den Befestigungen an der Straße von Tongres nach Lüttich hinter Rocoux. Andererseits stellte das Gelände auch eine gewisse Falle dar, wenn die Schlacht verloren ginge, da Jaar und Maas Richtung Maastricht zusammenfließen und das recht zerschnittene Gelände sich damit dort entlang verengt. Diese Topographie begünstigte allerdings auch den Effekt, dass de Saxe wohl kaum sämtliche Truppen zum Einsatz bringen werden könnte, da kein ausreichender Raum für eine entsprechende Entfaltung der tief aufmarschierenden Kolonnen gegeben wäre, insbesondere wenn de Saxe von einer Durchquerung der Bodenwelle zwischen Paifve [16] und Slins absah. Während die Österreicher auf der Linie von Slins bis Liers standen, wurde das Zentrum vor allem von den Briten, Hannoveranern und Hessen gehalten. Der linke Flügel vor den Toren von Lüttich wurde von den deutschen und niederländischen Truppen unter Waldeck formiert. Dabei muss man aber sagen, dass es anders als bei Fontenoy keine so strikte Trennung der Armeen auf die bestimmten Flügel gab. So zeigt die Karte von Hancko, dass österreichische Truppen des Corps unter Baranyay (1685-1766) beispielsweise auf dem linken pragmatischen Flügel eingeschoben war [17]. Zeitgenossen haben die Vorbereitungen des Prinzen Karl durchaus gelobt [18].
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Wir haben ein leicht fiktionales Gefecht bei Slins letztes Jahr gespielt. - We played a small game of the encounter at Slins last year. (photo: Cecilia Hanselmann) |