Freitag, 18. März 2022

Ein Spiel wird vorbereitet - Preparing for a game

Da ich in letzter Zeit sehr viel Recherche für unsere historischen Hintergründe unserer beiden Veranstaltungen in Wackershofen betrieben habe, will ich diesmal hier ein ganz anderes Thema ansprechen. Ich verwende ja öfter als Illustration zu unseren Artikeln über den Österreichischen Erbfolgekrieg Fotos von unseren Tabletop-Spielen. Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen wie ich so ein Spiel vorbereite.

Since I've been doing a lot of research for the historical background of our two events in Wackershofen lately, I want to address a completely different topic this time. I often use photos from our tabletop games as illustrations for our articles about the War of the Austrian Succession. Maybe one or the other is interested in how I prepare such a game.

Der erste Schritt ist natürlich ein Szenario zu kreieren. Ich lese viel in dem österreichischen Standardwerk über den Österreichischen Erbfolgekrieg. In dem Fall der nächsten großen Schlacht, die ich hier vorstellen möchte, die Schlacht bei Laeffeldt, handelt es sich um Band 9[1]. Bücher wie Reed Brownings Werk [2] über den Österreichischen Erbfolgekrieg geben eher einen groben Überblick über einen solchen Kampf. Auch im Internet bieten verschiedene Blogs oder Websides interessante Darstellungen und Einschätzungen zu der Schlacht[3]. Besonders stark weichen oftmals die Angaben der Anzahl der Kämpfer auseinander. Das kann natürlich auch daher kommen, dass bestimmte Autoren nur die aktiv in die Kämpfe verwickelten Truppen mit einrechnet und andere alle anwesenden Einheiten in die Schätzungen mit einbeziehen. Zuerst muss man natürlich überhaupt erst einmal auf eine Schlacht stoßen. Wenn ich mich mit Bekannten unterhalten, auch Leuten, die sich eigentlich für die Kriegsführung des 18. Jahrhunderts interessieren, da kennt kaum jemand den Österreichischen Erbfolgekrieg. Die Schlachten Friedrich II. sind da vielleicht eine Ausnahme. Doch wer kennt schon die Schlachten bei Piacenza oder Simbach? Größere Gefechte, welche aus einem anderen Konflikt wie beispielsweise dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, den Begriff Schlacht bekommen hätten wie das Gefecht bei Grimbergen sagen erstrecht niemanden und tauchen in allgemeineren oder politischen Abhandlungen über den Krieg garnicht auf.

The first step is of course to create a scenario. I read a lot in the standard Austrian work on the War of the Austrian Succession. In the case of the next major battle that I would like to present here, the Battle of Laeffeldt, it is Volume 9[1]. Books like Reed Browning's work [2] on the War of the Austrian Succession give a rough overview of such a fight. Various blogs and websites also offer interesting descriptions and assessments of the battle on the Internet[3]. The information on the number of fighters often differs particularly greatly. Of course, this can also be due to the fact that certain authors only count the troops actively involved in the fighting and others include all units present in the estimates. First, of course, you have to encounter a battle in the first place. When I talk to acquaintances, including people who are actually interested in warfare in the 18th century, hardly anyone knows about the War of the Austrian Succession. The battles of Frederick II are perhaps an exception. But who knows the battles at Piacenza or Simbach? Larger skirmishes, which would have received the term battle from another conflict such as the American Revolutionary War, such as the encounter of Grimbergen, certainly do not tell anyone and do not appear in more general or political treatises on the war.

Idealerweise findet man belastbares Zahlenmaterial. Im Falle der Schlacht bei Laeffeldt ist da das Buch von le Beau und von Hödl ziemlich ergiebig. Ohne leichte Truppen geben die beiden beispielsweise für die Pragmatische Armee 88 Bataillone und 132 Eskadrone an. Für das Regelwerk Honours of War [4] muss ich dann die Einheiten in regeltypische Einheitenformate umrechnen. In HoW gibt es beispielsweise keine Eskadrone. Sondern eigentlich sind Kavallerieregimenter die taktische Einheit. Ein Kavallerieregiment von nur 2 Eskadrons, die dann meinetwegen sogar eher schwache Eskadrone sind, kann man aber als Kleine Einheiten definieren. 

Ideally, you will find reliable figures. In the case of the Battle of Laeffeldt, the book by le Beau and by Hödl is quite productive. Excluding light troops, for example, the two give 88 battalions and 132 squadrons for the Pragmatic Army. For the set of rules Honors of War [4] I then have to convert the units into rule-typical unit formats. For example, there are no squadrons in HoW. Actually, cavalry regiments are the tactical unit. A cavalry regiment of only 2 squadrons, which I think are actually rather weak squadrons, can be defined as small units.

Wenn ich den Ablauf einer Schlacht möglichst präzise kenne, dann geht es daran welche Phase der Schlacht ich gerne in meinem Spiel/Simulation behandeln möchte. Bei der Schlacht bei Mingolsheim (1622) ist mir beispielsweise aufgefallen, dass ich für die Gesamtschlacht noch garnicht genug Modelle habe, so dass ich mich entschlossen habe nur einen Ausschnitt zu behandeln[5]. Einige Schlachten sind so lang, dass wir ewig spielen würden bis es für uns interessant wird. Im Fall meines Szenarios der Schlacht bei Rocoux [6] habe ich beispielsweise den langen Anmarschweg weggelassen und einen idealen Zeitpunkt [7] ausgewählt.

If I know the course of a battle as precisely as possible, then it depends on which phase of the battle I would like to deal with in my game/simulation. During the Battle of Mingolsheim (1622), for example, I noticed that I didn't have enough models for the entire battle, so I decided to reflect a short part of the battle[5]. Some battles are so long that we would play forever until they got interesting for us. For example, in the case of my Battle of Rocoux [6] scenario, I left out the long approach route and chose an ideal timing [7].

Hier das Beispiel Rocoux. Der rote Rahmen zeigt den Ausschnitt für meine Tischskizze. Die Vorlage ist meines Erachtens topographisch recht präzise. - Here is the example of Rocoux. The red frame shows the section for my table sketch. In my opinion, the template is topographically quite precise. (Karte: copyright André Hanselmann)

Ein weiterer Fixpunkt für mich persönlich ist mein Spieltisch. Dank meiner lieben Co-Autorin hier im Blog habe ich eine Spielfläche von etwa 1,80 x 2,40 m zur Verfügung. Ich suche natürlich nach verwertbarem Kartenmaterial. Mit viel Glück bekommt man sehr präzise Karten. Christian Rogge hat mir dankbarerweise Karten für die Schlacht bei Laeffeldt zur Verfügung gestellt. Er hat selbst meines Erachtens exzellent sein eigenes Spiel zu der Schlacht dargelegt auf seinem Blog [8]. In anderen Fällen arbeite ich mit zeitgenössischen Kartenmaterial, das ich eventuell mit Luftbildern abgleiche, da sich auf altem Kartenmaterial manchmal die Ersteller der Karten mit der Topographie vertan haben. Bisweilen muss ich aus dem Text plausible Positionen der Truppen herauslesen. Im Fall von Grimbergen war ich beispielsweise sehr frei mit der Positionierung der Truppen, da die Quellenlage einfach sehr dünn war [9]. Man kann dann, wenn man sein Kartenmaterial dieses in ein einfaches Zeichenprogramm einfügen und entsprechend hoch- oder herunterskalieren, dass es auf den Tisch passt. Ich arbeite dabei sehr gern im Maßstab 1:10. Somit hat mein Rahmen auf der Zeichnung Kantenlängen von 18 und 24 Zentimeter, was sehr gut auf ein Papier in DIN A4 Format passt. Ich zeichne dann einfach entsprechend über den Scan, den ich im Hintergrund lasse und setze beispielsweise Quadrate stellvertretend für sogenannte BUAs [10] auf die Position der Ortschaften. Am Ende dieses Prozesses lösche ich dann einfach den Hintergrund heraus und habe eine für mich ausreichende Planskizze.

Another fixed point for me personally is my gaming table. Thanks to my dear co-author here in the blog, I have a playing area of ​​about 1.80 x 2.40 m. Of course I'm looking for usable maps. With a lot of luck you get very precise maps. Thankfully, Christian Rogge provided me with maps for the Battle of Laeffeldt. In my opinion, he himself presented his own play on the battle excellently on his blog [8]. In other cases, I work with contemporary maps, which I may compare with aerial photos, since the creators of the maps sometimes got the topography wrong on old maps. Sometimes I have to read plausible positions of the troops from the text. In the case of Grimbergen, for example, I was very free with the positioning of the troops because the sources were very scarce [9]. If you insert your map material into a simple drawing program, you can scale it up or down accordingly so that it fits on the table. I like to work on a scale of 1:10. So my frame on the drawing has edge lengths of 18 and 24 centimeters, which fits very well on paper in DIN A4 format. I then simply draw over the scan, which I leave in the background, and set squares, for example, to represent so-called BUAs [10] at the position of the towns. At the end of this process, I simply erase the background and have a sketch plan that is sufficient for me.

Ein paar Kärtchen mit Kommandeuren werden für Laeffeldt ausgeschnitten. - Some tiny cards with commanders are to be cut out for Laeffeldt. (Foto: André Hanselmann)

Dienstag, 8. März 2022

Sendehinweis zu Söldnern und Bauern im Dreißigjährigen Krieg

 Liebe Leser dieses Blogs,

 wir möchten euch auf einen Livestream auf dem Kanal von Keines Weibes Knecht auf Youtube am Donnerstag, dem 10. März hinweisen. Ich werde mit Daniel vom Regiment Johann Wolf[1] und Eike von KeinesWeibesknecht [2] über Themen wie Rekrutierung, Plünderung und Durchmärsche und das sowohl aus der Perspektive der Landleute wie auch der der Söldner sprechen.

Der Titel wird "Soldaten, Not und Elend im 30-jährigen Krieg" sein. Hier der Link zu der Episode 89 von Talk aus der Wachstube: https://www.youtube.com/watch?v=7oPMCxAs_xs Der Livestream beginnt um etwa 20 Uhr. Aber man kann die Folge auch später anschauen. 

Am Donnerstag, dem 17. März, gibt es Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=QvL87CS9b-Q Ich freue mich schon auf Fragen. Diesmal wird der Schwerpunkt auf dem Thema Plünderung und eher dem Alltag zwischen Söldnern und Zivilisten liegen.

Text: André Hanselmann

Foto: Elmar Hahn - Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen



Als Dorfhauptmann an der Arbeit auf dem Ziehbock. (Foto Elmar Hahn, 2019)

Anmerkungen: 

1) Kurbairisches Dragonerregiment Johann Wolf e.V. https://regimentjohannwolf.de/

2) Keines Weibes Knecht - IG Geschichte in Norddeutschland: https://keinesweibesknecht.de/



Mittwoch, 2. März 2022

Der Amtmann bei Wilhelm Meister - eine arme Figur? - The "Amtmann" in Wilhelm Meister - a poor figure? (Goethe)

Nachdem wir am Beispiel einer Erzählung von Karl May [1] einen doch eher fragwürdigen Charakter als Vertreter des Berufsstandes der Amtmänner erlebt haben, tritt uns in Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) "Wilhelm Meisters Lehrjahre" ein ganz anderer Amtmann gegenüber. Vorab sind zwei weitere wesentliche Aspekte zu nennen, welche beide Werke insbesondere im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Bildes von einem Amtmann unterscheiden. 

After we have experienced a rather questionable character as a representative of the bailiff's profession using the example of a story by Karl May [1], we are faced with a completely different bailiff in Johann Wolfgang von Goethe's (1749-1832) "Wilhelm Meister's Apprenticeship". First of all, two other essential aspects should be mentioned, which distinguish both works, especially with regard to the credibility of the picture of a "Amtmann" (bailiff).

Erstens ist Goethes Roman natürlich dem für uns interessanten historischen Zeitabschnitt, der Mitte beziehungsweise dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts deutlich näher [2]. Goethe schreibt in einem Brief an Karl Ludwig von Knebel bereits im Januar 1791 darüber, dass er an seinem "Wilhelm Meister" wiederum arbeite. 1795/96 ist der Roman schließlich erschienen.

First of all, Goethe's novel is of course much closer to the historical period of interest to us, the middle or third quarter of the 18th century [2]. In a letter to Karl Ludwig von Knebel in January 1791, Goethe wrote that he was working on his "Wilhelm Meister" again. The novel was finally published in 1795/96.

Zweitens hatte Goethe als enger Berater und Minister einen tiefen Einblick in das Innere des Staates von einem der größeren ernestinischen Herzogtümer. Seit 1776 hatte er den Posten eines Legationsrates inne. Durch seine Aufgaben im Wegebau, beim Bergbau und bei der Rekrutierung begegnete er nicht nur auch die einfachen Untertanen seines Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757-1828), sondern hatte auch direkt mit den entsprechenden Amtsträgern auf dem Lande wie Amtmännern zu tun. Von daher wird er gewusst haben, was er schrieb, als er die Rolle seines Amtmannes in "Wilhelm Meisters Lehrjahre" entwarf. Außerdem war er als Jurist schon von der Ausbildung (Studium 1765-1771) her mit den Funktionen von Amtmännern gewiss vertraut. Auf seinen Reisen in den frühen Weimarer Jahren, die er auch dazu nutzte beispielsweise den Bergbau im Harz [3] kennen zu lernen oder auf denen er Beziehungen in andere thüringische Staaten [4] knüpfte, dürfte er auch intensiv die Verwaltung in diesen Gegenden kennengelernt haben. 

Second, as a close advisor and minister, Goethe had a deep insight into the interior of the state of one of the larger Ernestine duchies. From 1776 he held the post of legation councilor. Through his duties in road construction, mining and recruiting, he not only met the simple subjects of his Duke Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757-1828), but also had to deal directly with the relevant officials in the country as bailiffs to do. Hence he must have known what he was writing when he was designing the role of his bailiff in "Wilhelm Meister's Apprenticeship". In addition, as a lawyer, he was certainly familiar with the functions of bailiffs from his training (studies 1765-1771). On his travels in the early Weimar years, which he also used, for example, to get to know mining in the Harz Mountains [3] or on which he established relationships with other Thuringian states [4], he should have also got to know the administration in these areas intensively .

Ich selbst in der (unvollständigen) Kleidung als Ratsherr in Schwäbisch Hall. Daneben eine Ratsbank aus dem 18.Jahrhundert. Das Bild wurde in einem der Räume des Hällisch-Fränkischen Museums aufgenommen. Die Amtmänner waren oftmals in Hall gleichzeitig Ratsherren und wohnten auch den Ratssitzungen bei, was aus den Ratsprotokollen im Stadtarchiv hervorgeht. - I myself in the (not complete) clothing as a councilor of Schwäbisch Hall. Besides you can see a bench of the magistrate of Hall of the 18th century. The photo was made in the rooms of the "Hällisch-Fränkische-Museum. The bailiffs often were at the same time councilors and shared in the council meetings, which is documented in the reports of the council in the town's archive. (photo: Cecilia Hanselmann)

Wie begegnet uns nun der Amtmann? Goethes Hauptfigur der besagte Wilhelm Meister interessierte sich für ein Mädchen, das mit einem Schauspieler durchgebrannt war. Die Eltern des Mädchens hatten die Behörden eingeschaltet [5] und die von einem Aktuarius angeführte Landmiliz überführte die Gefangenen sodann nachdem man sie von einem Stadtschreiber und dessen Eskorte übernommen hatte. Der Täter, also der Schauspieler musste in Ketten neben dem Fuhrwerk hergehen, auf welchem die Ent- oder Verführte saß[6]. Die für die folgende Szene bedeutsame Figur des Amtmannes residierte in einem Amtshaus [7]. Besonders schön finde ich hier die Passage "Der Amtmann, der von solchen außerordentlichen Fällen kein sonderlicher Liebhaber war, weil er meistentheils dabey einen und den andern Fehler machte, und für den besten Willen gewöhnlich von fürſtlicher Regierung mit einem derben Verweise belohnt wurde", aus der meines Erachtens ganz Goethes eigene Anschauung spricht.  Der Amtmann geriet nun in ziemliche Verlegenheit, weil die Entflohene nicht einmal ihren Namen angeben wollte, da diesen der Amtmann ja ausreichend kenne und der Amtmann sowieso wisse, dass sie so alt wie sein eigener Sohn sei. Der Amtmann machte in der Befragung des Mädchens keine Fortschritte indem sie einfach auf ihrer Aussage und der Hoffnung auf die Großmut des Fürsten beharrte. Wilhelm Meister bat nun den Amtmann es auf sich bewenden zu lassen. Daraufhin wurde das Mädchen abgeführt und auch der Schauspieler durch den Amtmann befragt, der dann allerdings anders als die Verführte alles abstritt. Schließlich erlaubte der Amtmann später Wilhelm Meister allein mit Melina, der Entflohenen, zu reden um etwa eine Lösung mit ihren Elten zu bewirken [8].