Montag, 12. Juli 2021

Dienstboten im 18. Jh. T. 4 / servants during the 18th century p. 4

Ich selbst als Diener 


Hier will ich nun von meinen Erfahrungen als "Dienstbote" berichten. Sofort als ich 2002 in die Zivildarstellung eingestiegen bin, habe ich mir die Rolle als Dienstbote ausgesucht. Hierbei stellte sich natürlich gleich die Frage, wer denn die Herrschaft sein sollte? Es gab eine Art Testballon auf einer Veranstaltung in Fulda im Jahr darauf, wo wir ursprünglich 2 männliche und ein weiblicher Dienstbote einer Dame sein wollten. Das klappte mangels Begeisterung der Teilnehmer ebenso wenig wie mangels Vorbereitung. 

Myself as a servant

Here I want to report on my experiences as a "servant". As soon as I got into civilian reenactment in 2002, I chose the role of a servant. Here, of course, the question arose, who should be the master? There was a kind of test balloon at an event in Fulda the following year, where we originally wanted to be two male and one female servants of a lady. This didn't work out due to a lack of enthusiasm on the part of the participants, as well as a lack of preparation.

 

Ich nehme Maß an meinem ersten Herrn bei einer Museumsveranstaltung im Freilichtmuseum Kommern. - I take the measures of my first master at an event in the open air museum Kommern. (Foto: Cecilia Hanselmann, 2005)

Kammerdiener für ein paar Jährchen (18. Jahrhundert)

Später habe ich dann recht lange für die Zeit Mitte des 18. Jahrhunderts die Rolle eines Kammerdieners eines Rats übernommen. Da diese Darstellung zumeist im Freilichtmuseum Kommern stattfand, hatten wir dazu auch die nötigen Räumlichkeiten. Wir stellten dabei keinen kompletten Haushalt dar, sondern nur einen reisenden Herrn mit seinem Diener beziehungsweise ein reisendes Paar mit zwei Dienstboten. Ich denke, dass das auch von daher recht gut funktionierte, da wir rasch miteinander einig waren, was der Herr von mir wollte und ich leisten konnte und mochte. Etwas unrealistisch war vielleicht, dass ich in der Rolle zu der Zeit oftmals in einem fremden Haushalt mitdienen musste. Das kam wohl vor wie es auch Lehndorff beschreibt. Aber es war gewiss nicht realistisch, dass der einzige Diener, der an der Tafel bediente, der Diener eines Gastes war. 

Ich bin hier auf einer meiner ersten Veranstaltungen als Dienstbote des Herrn von Bolt in der Nähe von Fulda. - I'm here on one of my first events as the servant of Mr. Bolt near Fulda (Foto: Cecilia Hanselmann).

 

Schön war es ein paar Erfahrungen zu sammeln. Wie ist es stundenlang herum zu stehen ohne etwas sagen zu können, da man nur bereit dazu im Raum steht, Getränke nachzuschänken oder Geschirr aufzutragen? Man hört die Herren und Damen plaudern und kann als Diener keine Kommentare dazu abgeben, denn ein Dienstbote redet einfach nicht unaufgefordert. Außerdem erlebte ich wie es ist vom Morgen bis in die Nacht Diener zu sein. Ich kleidete Morgens meinen Herrn an, bemühte mich den gesamten Tag um sein Wohl und brachte ihn auch Abends zu Bett. Freizeit hatte ich in der Rolle, wenn mein Herr im Bett war. Aber dann waren auch die meisten Leute im Wirtshaus schlafen und ich hatte nur noch 1-2 Stunden um mich mit den paar letzten Leuten, die noch wach waren, zu unterhalten. 

Ich habe meinen Herrn den Rat auch auf seinen Reisen begleitet wie hier im Freilichtmuseum Kommern. Ich habe zu seinen Füßen auf einer Strohmatratze geschlafen und ihm wie hier am Morgen Kaffee gebracht vor dem Ankleiden. - I attended my master the administrator on his journeys as here in the open air museum Kommern. I slept at his feet on a straw mattress and brought him coffee before I could dress him (Foto: Hartmut Writh).

Spannend war auch zu erleben wie man als Lakai oder Kammerdiener zwischen zwei Welten steht. Drinnen im Salon der Herrschaften gab es Wünsche nach Essen, Getränken und so weiter und draußen an der Feuerstelle jene Dienstboten, welche sich ungezwungen da unbeaufsichtigt unterhalten konnten wie dem Haushälter oder Koch und seinen Küchenmägden. Insgesamt ist das Leben als Lakai oder Kammerdiener weitaus reizvoller und unterhaltsamer, wenn es weitere männliche Dienstboten gibt mit denen man sich austauschen kann und mit denen man nicht nur dasselbe Los teilt, sondern auch mit denen man Lösungen für Probleme findet.

Ich pudere die Haare meines zweiten Herrn auf einer Veranstaltung im Museum Roscheider Hof. - I put some powder on the hair of my second master at an event in the museum Roscheider Hof. (Foto: Cecilia Hanselmann, 2008)

 

Valet for a couple of years (18th century)

Later I took on the role of a councilor's valet in the mid-18th century for some time. Since this presentation mostly took place in the open-air museum in Kommern, we also had the necessary space. We did not represent a complete household, but only a traveling gentleman with his servant or a traveling couple with two servants. I think that this worked out quite well because we quickly agreed what the master wanted from me and what I could and would do. Perhaps it was a bit unrealistic that I often had to help out in someone else's household at the time. That probably happened as Lehndorff describes it. But it was certainly not realistic that the only male servant serving at the table was a guest's servant.

However it was nice to gain some experience. What is it like to stand around for hours without being able to say anything, because you are only standing in the room ready to refill drinks or put on dishes. You can hear the gentlemen and ladies chatting and as a servant you cannot make any comments, because a servant simply does not speak unsolicited. I also experienced what it is like to be a servant from morning until night. I dressed my master in the morning, took care of his well-being all day and also put him to bed in the evening. I had free time in the role when my master was in bed. But then most of the people in the pub were asleep and I only had 1-2 hours to talk to the last few people who were still awake. It was also exciting to experience how a lackey or valet stand between two worlds. Inside in the gentlemen's salon there were requests for food, drinks, and so on, and outside by the fireplace there were those servants who could converse casually and unsupervised like the housekeeper or cook and his kitchen maids. All in all, life as a lackey or valet is far more delightful and entertaining when there are other male servants with whom one can talk and with whom one not only shares the same lot, but also with whom one can find solutions to problems.

Ich repariere den Rock meines Herrn im Freilichtmuseum in Bad Windsheim. Meine Kleidung folgt Vorbildern der 1790er. - I repair the coat of my master at the open air museum in Bad Windsheim. My clothes follow some examples from the 1790s. (Foto: Cecilia Hanselmann)

 

Kellermeister (?) im Empire in einem großen Haushalt

Eine ganz einmalige Erfahrung für mich war die Integration in einen kompletten Haushalt im Rahmen einer Veranstaltung im Freilichtmuseum Bad Windsheim. Ich will das Beispiel hier auch aufführen obwohl es eigentlich nicht ins 18. Jh. passt, da es einfach imposant als Projekt war. Der Haushalt bestand aus der Herrschaft (Herr und Dame ohne Kinder) und zahlreiche Dienstboten (ich als Kammerdiener, eine Kammermagd, ein Knecht für die Küche, eine Köchin und mehrere Küchenmägde). Leider waren die Räumlichkeiten etwas beengt. So bekam ich selber beispielsweise keine authentische Schlafstätte. Das kleine Schlafgemach der Herrschaft verhinderte teilweise ein passendes Ankleiden. Als Höhepunkt gab es ein Diner wobei auch die beiden Dienstboten der Gäste mithalfen. Trotz einiger negativer Erfahrungen bei der Veranstaltung, die vielleicht auch dazu führten, dass die "Herrschaft" von damals sowas in der Form nicht nochmal machte, waren doch einige Erlebnisse auch sehr spannend.

Ich räume am Morgen den Tisch ab. Freilichtmuseum Bad Windsheim. - I clear away the table at the open air museum Bad Windsheim. (Foto: Cecilia Hanselmann)

Als Kellermeister in meinem Element beim Öffnen der Champagnerflaschen. - Working as a real butler opening the bottles of champagne.

Arbeit, Arbeit, Arbeit. Gewehr putzen, Stiefelputzen wie hier - es gab viel zu tun. - Working, working, working. Cleaning the rifle of my master, his boots as shown here - I had a lot to do.

 

Butler during the Regency in a large household

A very unique experience for me was the integration into a complete household as part of an event in the open-air museum Bad Windsheim. I also want to give the example here, although it doesn't actually fit into the 18th century, because it was simply impressive as a project. The household consisted of the master (master and lady without children) and numerous servants (me as a valet, a chambermaid, a servant for the kitchen, a cook and several kitchen maids). Unfortunately the space was a bit cramped. For example, I didn't get an authentic place to sleep myself. The small bedchamber of the rulers sometimes prevented a suitable dressing. As a highlight there was a dinner where the two servants of the guests also helped. Despite some negative experiences at the event, which perhaps also meant that the "rule" from back then did not do something like that again, some experiences were also very exciting.