Freitag, 31. Mai 2019

Mobilität im 18. Jahrhundert (Teil 1) Einwanderung – mobility during the 18th century (part 1) - immigration


Wir haben ja dieses Jahr in Wackershofen auf unserer „Anno Domini 1769“-Veranstaltung das Thema der Auswanderung am Beispiel Schwäbisch Halls. Wie mobil waren die Menschen damals? Saß man sein Lebtag lang auf einem Fleck? Warum wanderte man eventuell aus und warum nicht?

This year we have the topic of emigration at our „Anno Domini 1769“-event with the example of Schwäbisch Hall. How mobile were the people in that period? Did you stayed at the same place for your whole life? Why did people emigrate and why not?

Schützenscheibe des G.C. Hufnagel, 1798, Ausschnitt / target of G. C. Hufnagel, 1798, detail (Hällisch-Fränkisches Museum, Foto: Cecilia Hanselmann)


Das 18. Jahrhundert war gekennzeichnet von großen Auswanderungswellen. Man darf dabei nicht vergessen, dass auch im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden die Konfessionen eine große Rolle spielten. Die berühmtesten Beispiele von religiös motivierter Einwanderung waren sicherlich die der Calvinisten aus Frankreich, die beispielsweise in Preußen aber auch in Brandenburg-Ansbach und sogar in Kleinstaaten wie Sachsen-Hildburghausen angesiedelt wurden zum einen und die der Salzburger Lutheraner, die auf ihrer strapaziösen Reise nach Preußen einwanderten. Im Falle der Salzburger Lutheraner besteht sogar ein konkreter Zusammenhang zu Schwäbisch Hall, da hier einige der Flüchtlinge Halt machten. Es erstaunt auf wie wenig Solidarität die leidgeprüften Glaubensgenossen trafen.

The 18th century was marked by great waves of emigration. One should not forget that even in the century after the treaty of Westphalia the confessions played a major role. The most famous examples of religious motivated emigration were certainly those of the Calvinists, who settled for example in Prussia, but in Brandenburg-Ansbach too and even in the small state of Saxon-Hildburghausen and the Lutherans from Salzburg, who immigrated to Prussia. In the case of Salzburg Lutherans there is even a connection with Schwäbisch Hall, because some of the emigrants made a stop here. It’s surprising how little solidarity the sorry tested coreligionists found.

Porträt des Nikolaus David Müller (unbekannter Künstler) 18.Jh. /
Portrait of Nikolaus David Müller (unknown artist) 18th century (Foto: André Hanselmann)
Besonders der Pietist und Ratsherr Nikolaus David Müller (1692-1741) bemühte sich 1732 darum, die vor allem von den Zünften beargwöhnten Salzburger Exilanten in Arbeit zu bringen. Durch den großen Stadtbrand von 1728 brauchte man nach wie vor zahlreiche helfende Hände zum Wiederaufbau der zerstörten Teile der Stadt. Die meisten der 200 Emigranten konnten zur Arbeit herangezogen werden und nur 15 Personen fielen dem Hospital zur Last[1]. 




Haus des Nikolaus David Müller / house of Nikolaus David Müller (Foto: Cecilia Hanselmann)


Especially the pietist and senator Nikolaus David Müller (1692-1741) tried to get the exiles from Salzburg into work in 1732, although they were mistrusted by the local guilds. But helping hands were needed due to the great fire of 1728 to rebuild the destroyed quarters of the town. Most of the 200 emigrants could be of use for work and 15 persons only felt to the encumbrance of the hospital.

Stadtbrand von 1728, zeitgenössischer Kupferstich / the great fire of 1728, contemporary print (Hällisch-Fränkisches Museum, Foto: Cecilia Hanselmann)

Dauerhaft wurden in Schwäbisch Hall offensichtlich keine Fremden gezielt angesiedelt wie man das aus anderen Ländern kennt, wo gerade nach den Verwüstungen des 30-jährigen Krieges der Versuch unternommen wurde durch Anlocken von Handwerkern die Wirtschaft zu verbessern und durch Kolonisation bislang ungenutzter Landesteile Einnahmen für die Zukunft zu generieren. Eine Ausnahme stellt die Übersiedlung von Protestanten aus Steinbach dar, die infolge der Gegenreformation das Gebiet des Ritterstifts Comburg verließen und sich im angrenzenden Schwäbisch Hall niederließen.