Donnerstag, 4. Januar 2024

Schwäbisch Hall im Krieg 1734 / in war 1734 P1

Dieses Jahr soll es zwar auf unserer Veranstaltung in Wackershofen vorrangig um das Thema Post gehen. Aber der Hintergrund ist das Jahr 1734, weil es einfach interessant ist wie die Stadt vor 290 Jahren in den Polnischen Thronfolgekrieg verwickelt wurde. Das größte militärische Ereignis auf dem deutschen Kriegsschauplatz war gewiss die Belagerung der Festung Philippsburg durch den Duke of Berwick (1670-1734). Das kaiserliche Heer unter Prinz Eugen (1663-1736) hatte nicht vermocht im Mai den Durchbruch der Franzosen durch die Ettlinger Linien zu verhindern und kam der eingeschlossenen Stadt nicht zur Hilfe, die dann im Juli kapitulierte. Dies war umso bemerkenswerter, da sich durch ein Rheinhochwasser kurzzeitig eine gute Gelegenheit dazu bot, da die französischen Schiffsbrücken zerstört und die Belagerungstruppen von Verstärkungen abgeschnitten waren.

This year our event in Wackershofen will primarily focus on the topic of post. But the background is the year 1734 because it is simply interesting how the city was involved in the War of the Polish Succession 290 years ago. The greatest military event in the German theater of war was certainly the siege of the Philippsburg fortress by the Duke of Berwick (1670-1734). The imperial army under Prince Eugen (1663-1736) was unable to prevent the French from breaking through the Ettlingen lines in May and did not come to the aid of the surrounded city, which then capitulated in July. This was all the more remarkable because a flood of the Rhine briefly presented a good opportunity to do this, as the French ship bridges were destroyed and the besieging troops were cut off from reinforcements.


Die Belagerung von Philippsburg und der Tod des Herzogs von Berwick. Zeitgenössischer Stich (Ausschnitt). - The siege of Philippsburg and the death of the duke of Berwick. Contemporary print (detail).

Schwäbisch Hall lag prinzipiell recht weit entfernt von allen Kampfhandlungen. Durch den großen Stadtbrand von 1728 war zur Erleichterung der Stadtkasse der Reichsstadt auch vorerst die Stellung des Kreiskontingents erlassen worden [1] wodurch die Stadt allerdings auch ohne professionelle Soldaten war. Wegen des württembergischen Lehens in Westheim musste Hall 1734 allerdings 2 "Lehenreiter" stellen [2]. Zum Zeitpunkt der Belagerung von Philippsburg kam der preußische Kronprinz Friedrich (II.) nebst 2 weiteren Prinzen und General Schulenburg (1685-1741) mit 5 "Chaisen" auf der Durchreise zur Front im Juli nach Hall und wechselte die Pferde auf der Posthalterei ehe er weiterreiste [3]. Immerhin konnten Bürgerkompanien den späteren König bis zum Magistrat eskortieren. Preußen selbst sollte entsprechend dem Traktat von 1728 [4] 10.000 Mann stellen, die erst im Juni 1734 im Lager von Heilbronn eintrafen. Diese Regimenter kamen auch kaum zum Einsatz; in Reichsitalien durften sie entsprechend dem Abkommen anders als die Brandenburger unter dem Alten Dessauer [5] garnicht eingesetzt werden. Im April 1734 war bereits Prinz Eugen über Geislingen vorbei gekommen [6].

In principle, Schwäbisch Hall was quite far away from any fighting. Due to the great city fire of 1728, the position of the district contingent was temporarily abolished in order to relieve the imperial city's treasury [1], which meant that the city was without professional soldiers. Because of the Württemberg fiefdom in Westheim, Hall had to provide two "fief riders" in 1734 [2]. At the time of the siege of Philippsburg, the Prussian Crown Prince Friedrich (II), along with 2 other princes and general Schulenburg (1685-1741), came to Hall with 5 "Chaisen" on their way to the front in July and changed the horses at the post office before he continued his journey [3]. At least citizen companies were able to escort the future king to the magistrate. According to the treaty of 1728 [4], Prussia itself was supposed to provide 10,000 men, who only arrived in the Heilbronn camp in June 1734. These regiments were hardly ever used; According to the agreement, they were not allowed to be used in Imperial Italy at all, unlike the Brandenburgers under the Old Dessauer [5]. In April 1734, Prince Eugen had already travelled via Geislingen [6].

Ein französischer Verwundeter (Regiment Lyonais [7] ) auf unserer Anno Domini 1743 Veranstaltung 2018. Die Franzosen hatten bei der Belagerung von Philippsburg enorm hohe Verluste - wohl etwa 10.000 Mann an Toten und Verwundeten [8], was einer effizienten Verteidigung durch General Wutgenau (1674-1736) mit sogar zum Teil Kreistruppen zugerechnet wurde. -  A wounded French soldier (from the Lyonais regiment [7] ) on our Anno Domini 1743 event in 2018. The French had really high losses during the siege of Philippsburg - maybe 10.000 dead and wounded [8], which was caused by the highly effective defense by general G. F. Wutgenau (1674-1736) who even had to rely on troops of the Imperial circles. (photo: Stefan Winter, 2018)


Über 10 Monate versammelte sich diese bunt zusammengewürfelte Armee in Heilbronn. Im Mai schrieb Prinz Eugen nach Wien: "Ganz in dem schlechten Zustand, wie mein Bericht vom Heutigen lautet, habe ich die deutsche Armee gefunden. Die preußischen Truppen machen den Kern derselben aus, das übrige stellt beinahe das Bild der Unbrauchbarkeit dar." [9] Im Juni hatten sich hier 50.000 Mann zu Fuß und 20.000 zu Pferd versammelt [10]. Der junge österreichische Offizier Gudenus hat diese Armee in aller Farbenprächtigkeit abgebildet. Nach dem Fall von Philippsburg verlagerte Prinz Eugen sein Lager nach Bruchsal. Die Franzosen gingen nach Heidelberg.

This motley army gathered in Heilbronn for over 10 months. In May, Prince Eugen wrote to Vienna: "I found the German army in the very poor condition that my report says today. The Prussian troops make up the core of it, the rest is almost a picture of uselessness." [9] In June 50,000 men on foot and 20,000 on horseback gathered here [10]. The young Austrian officer Gudenus depicted this army in all its colours. After the fall of Philippsburg, Prince Eugen moved his camp to Bruchsal. The French went to Heidelberg.


Sponton der Truppen des Schwäbischen Kreises ca. 1740. - Spontoon of the troops of the Swabian Circle ca. 1740. (Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Foto: Cecilia Hanselmann)

Die Kriegszeiten boten offenbar auch Gelegenheit einer gerechten Strafe zu entkommen. Ein gewisser Hans Michel Hirsch aus Rieden (Amt Rosengarten), der eine Dienstmagd im Herbst 1733 geschwängert hatte, floh und begab sich in würzburgische Kriegsdienste. Zwar konnte man ihn deswegen nicht ins Gefängnis stecken wie beabsichtigt, verhing aber von Seiten des Magistrats eine Geldstrafe von 14 Gulden [11].

The times of war apparently also offered an opportunity to escape fair punishment. A certain Hans Michel Hirsch from Rieden (Rosengarten district), who had impregnated a maid in the fall of 1733, fled and went into military service in Würzburg. Although he could not be put in prison as intended, the magistrate did impose a fine of 14 guilders [11].


Würzburgischer Offizier und Mannschaften des Regiments Bamberg nach Gudenus auf unserer Veranstaltung 2022. - An officer and ordinary soldiers of the Würzburg regiment Bamberg following a sketch by Gudenus on our event in 2022. (photo: Menger/Preusser)


Der Schwäbische Kreis war rasch Kriegsschauplatz geworden. Der Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg (1676-1733) starb bevor er auf die Seite Frankreichs wechseln konnte, was er wohl beabsichtigt hatte [12]. Seine Herzogswürde und den Posten als Direktor des Schwäbischen Kreises übernahm sein unterdessen katholischer Verwandter Carl Alexander (1684-1737), welcher als österreichischer Feldmarschall ein treuer Anhänger des Kaisers war. 

Prinz Eugen ließ im Juni ein Dekret in Schwäbisch Hall verlauten. Da die Desertion überhand nahm, sollte man auf alle Soldaten achten, die ohne ihr Offizere mit oder ohne "Montour" angetroffen würden und die keine "Passeport" vorweisen konnten. Wer einen Deserteur egriff, sollte neben einem Ersatz für seine Unkosten noch 1 Dublone pro Deserteur bekommen. Die Unterstützung der Ausreißer wurde strengenstens verboten [13]. Es wurde auch wirklich ein Deserteur von den "Dähn[ischen] Trouppen von der Kayserl[ichen] Armée am Rhein" gefasst und in den Turm gesperrt. Wegen der Montour und seinem Pferd ließ man einen Bericht an das "Corp Mollen" abgehen [14]. Auch die Gefahr der Belastung durch Einquartierungen wurde ernst genommen. Im Magistrat von Hall wurde über die "Compagnie zu Fuß" eines Hauptmanns Schecken vom Bamberger Militär [15] beraten, welches in Steinach Quartier genommen hatte [16]. Im Haller Rat wurde am 26. August 1734 über ein Verhör der Anna Margaretha Schneider gesprochen, welche von einem Husaren "pto stupidi violenti" also vergewaltigt worden sein soll [17].

The Swabian District quickly became a theater of war. Duke Eberhard Ludwig of Württemberg (1676-1733) died before he could switch to the French side, which he probably intended [12]. His dukedom and the post of director of the Swabian Circle was taken over by his Catholic relative Carl Alexander (1684-1737), who, as Austrian field marshal, was a loyal supporter of the emperor.

Prince Eugen issued a decree in Schwäbisch Hall in June. Since desertion became rampant, attention should be paid to all soldiers who were found without their officer, with or without a "Montour" and who could not produce a "Passeport". Anyone who captured a deserter should receive 1 doubloon per deserter in addition to reimbursement for their expenses. Supporting the outliers was strictly forbidden [13]. A deserter was actually caught by the "Dähn[ischen] troops of the Kayserl[ichen] Armée am Rhein" and locked in the tower. A report was sent to “Corp Mollen” about the Montour and his horse [14]. The risk of exposure to billeting was also taken seriously. The Hall magistrate discussed the "company on foot" of a Captain Schecken from the Bamberg military [15], who had taken up quarters in Steinach [16]. On August 26, 1734, the Hall council talked about the interrogation of Anna Margaretha Schneider, who is said to have been raped by a hussar "pto stupidi violenti" [17].


Es wird insgesamt 4 Blogeinträge zur Recherche für unsere kommende 1734-Veranstaltung in Wackershofen geben. Der nächste Eintrag zu dem Thema wird das große Lazarett der kaiserlichen Armee in Hall behandeln.

We will have 4 blog posts about our research for our upcoming 1734-event in Wackershofen. The next posting will include information about the large military hospital of the Imperial army in Hall.


Text: André Hanselmann

Fotos: Cecilia Hanselmann, Menger/Peusser, Stefan Winter


Notizen / Notes:

1) Verringerung der Reichs- und Kreissteuern der Stadt Schwäbisch Hall nach dem Stadtbrand, 1728-1733, Stadtarchiv Schwäb. Hall, Signatur: 4/3685

2) Ratsprotokoll 1734, hier 30. August 1734, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0343, S. 301

3) Chronik der Stadt Schwäbisch Hall, verfasst 1750-1813, Stadtarchiv SHA Sig. S 09/1, S. 390 f.

4) Berliner Vertrag zw. Kaiser Karl VI. und König Friedrich Wilhelm I. in Preußen von 1728. - Treaty of Berlin of Emperor Charles VI and king Frederick William I in Prussia from 1728.

5) Man denke an die Schlacht bei Turin. - You may remember the battle of Turin.

6) siehe Notiz 2 / look in notice 2

7) siehe hier / look here: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2018/06/

8) Raimund Gerba: "Feldzüge des Prinzen Eugen" Verlag des K. u. K. Kriegsarchivs, Wien, 1891, S. 247

9) Hans Bleckwenn: "Reiter, Husaren und Grenadiere" Hardenberg Kommunikation, Dortmund, 1979, S. 11

10) Raimund Gerba: "Feldzüge des Prinzen Eugen" Verlag des K. u. K. Kriegsarchivs, Wien, 1891, S. 202

11) Amtsrechnung Amt Rosengarten 1734/35, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/4554, S. 77

12) Reinhard Graf von Neipperg: "Kaiser und Schwäbischer Kreis (1714-1733) Kohlhammer, Stuttgart, 1991, S. 155-157

13) Sammlung von Statuten und Ratsdekreten (Tomus XII) Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0501, S.2-3

14) Also Truppen des Fürstbischofs von Würzburg, die aus Bamberg kamen. - Troops of the Archbishop of Würzburg which were coming from Bamberg.

15) Ratsprotokoll 1734, hier 27. August, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0343, S. 298 f.

16) Ratsprotokoll 1734, hier 16. August, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0343, S. 283 

17) ebenda hier 27. August, S. 298 f.

2 Kommentare:

  1. Very interesting. You have me reading up about the war of the Polish Succession now.

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    1. I'm very glad that you like it. Maybe there are not so many sources in English about the war. I don't know a single book in English about it. But many battlereports to come here on our blog.

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