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Montag, 15. Januar 2024

Schwäbisch Hall im Krieg / in war 1734 P 2

Diesmal soll es um das große Lazarett in der Reichsstadt Schwäbisch Hall gehen, das im Zuge des Polnischen Thronfolgekrieges eingerichtet wurde.

This time it will be about the large military hospital in the imperial city of Schwäbisch Hall, which was set up in the course of the War of the Polish Succession.

 

Von der großen in Heibronn lagernden Armee wurden zahlreiche Kranke im September 1734 nach Hall geschafft. Doch wie kam es dazu? Die Tage vor der Ankunft der Kranken waren durch emsige Betriebsamkeit im Rat gekennzeichnet. Nachdem man von dem Vorhaben erfahren hatte das "Oppenauer Feld-Hospithal" nach Hall zu verlegen, wurde der Amtmann Bötzen dem Kriegskomissar Leitzen entgegen geschickt um diesen daran zu hindern sogleich den Transport der Kranken zu veranlassen. Stattdessen sollte Leitzen zuerst die in Frage kommenden Gebäude in Augenschein nehmen. Der Magistrat der Reichsstadt bestimmte eine Komission, welche sich die beiden Armenhäuser, die Kaserne und andere Häuser untersuchen sollte. Fachliches Urteil konnte man von den beiden Baudeputierten und dem Spitalpfleger erwarten. Prinz Eugen hatte neben einigen Schreiben auch einen Juden namens Le Badro geschickt, der für das Brot der Kranken sorgen sollte [1]. Die Absicht des Haller Magistrats wurde allerdings vereitelt, da bereits der Transport bestellt gewesen sei wie Bötzen im Gespräch mit Leitzen in Heilbronn erfuhr. Die erste Etappe sollte von der Kurpfalz, die zweite von der Ritterschaft und die letzte von den Hohenlohern und Hall selbst bewerkstelligt werden. Hall sollte 50 Ochsen als Zugtiere stellen. Dies konnte Bötzen gegen Zahlung von 600 Gulden abwenden. Man kann hier vermuten, dass für die Stadt organisatorisch unmöglich war 50 Ochsen aufzutreiben, da im Jahr 1732 eine Viehseuche auf dem Land grassiert hatte [2]. Der erste Transport bestand in nicht weniger als 195 "Wägen". Bötzen schätzte in seinem Schreiben aus Heilbronn die Zahl der kranken Personen sogar auf 2.200(!) [3]. Die von Bötzen berichteten Schanzarbeiten in Heilbronn von 1734 sind in den letzten Jahren auch archäologisch untersucht worden [4].

Numerous sick people from the large army camped in Heibronn were brought to Hall in September 1734. But how did it happen? The days before the arrival of the sick were marked by busy activity in the council. After learning of the plan to move the "Oppenauer Feld-Hospital" (Oppenau field hospital) to Hall, bailiff Bötzen was sent to meet War Commissioner Leitzen in order to prevent him from immediately arranging for the patients to be transported. Instead, Leitzen should first examine the buildings in question. The magistrate of the imperial city appointed a commission to examine the two almshouses, the barracks and other houses. One could expect professional judgment from the two construction deputies and the hospital nurse. In addition to a few letters, Prince Eugene had also sent a Jew named Le Badro to provide bread for the sick [1]. However, the Hall magistrate's intention was thwarted because the transport had already been ordered, as Bötzen learned in a conversation with Leitzen in Heilbronn. The first stage was to be accomplished by the Electoral Palatinate, the second by the knighthood and the last by Hall himself. Hall was supposed to provide 50 oxen as draft animals. Bötzen was able to avert this by paying 600 guilders. One can assume that it was organizationally impossible for the city to find 50 oxen because a cattle epidemic was rampant in the countryside in 1732 [2]. The first transport consisted of no fewer than 195 “wagons”. In his letter from Heilbronn, Bötzen even estimated the number of sick people at 2,200(!) [3]. The entrenchments in Heilbronn from 1734 reported by Bötzen have also been archaeologically examined in recent years [4].


Die Comburg heute. 1734 Sitz eines Adeligen Riterstifts. - The Comburg today. In 1734 it was the residence of a noble Ritterstift. (photo: Michael Leyendecker)


Bemerkenswert ist eine Episode vom 6. September 1734. Als der Kriegskomissar die Stadt geführt von einer Ratsdeputation besichtigte um die Tauglichkeit der Bauwerke für die Unterbringung der Kranken zu bewerten, ging er auch nach Comburg. Dort fragte er an, ob er nicht das Spital des Ritterstifts besichtigen durfte. Aber ein Vertreter des Stiftes entgegnete zu Leitzen, ob er dazu irgendeine Ordre von seinem Vorgesetzten habe, die Leitzen aber nicht vorweisen konnte, weshalb ihm die Bitte recht unhöflich abgeschlagen wurde. Leitzen wurde davon überzeugt, dass man einen Teil der Kranken auch auf den Dörfern zwischen Übrigshausen [5] und Münkheim verteilen könnte, wenn die vorgesehenen Gebäude in Hall nicht ausreichten [6]. Seltsamerweise wurde im Rat mehrfach debattiert in welche Häuser man die Offiziere und Unteroffiziere legen würde - wohl da man sie mit den gewöhnlichen Soldaten nicht zusammen einquartieren konnte [7]. Viel schlimmer war aber scheinbar die Situation am 7. September, als der 2. Transport bereits ankam und die Hälfte der Kranken unter freiem Himmel in Unterlimpurg "liegen geblieben". Diese Kranken sollten mit einer "Diät" von "Brodt u[nd] Fleischbruch" versehen werden. Die Offiziere rieten dazu diese Kranken nicht über eine Stunde Weges von Hall entfernt auf dem Land unterzubringen. Ein Problem war der Mangel an Stroh auf welche man die armen Kranken betten musste. Vom Hospital-Pfleger Ludwig wurden 200 "Büschel" Stroh aus dem Teuershof angeboten. Der Rat beschloss 1.000 Büschel Stroh und 50 Zentner Heu ins Amt Schlicht zu liefern. Den Bauern sollte befohlen werden in allen Ämtern das Getreide zu dreschen um Stroh zu gewinnen. Das Problem mit den nicht einquartierten Kranken sollte rasch behoben werden wozu man die Werkhäuser, Ziegelhütte und weitere Gebäude herrichten wollte. Die Verteilung der übrigen Kranken ins Amt in der Schlicht sollte von Amtmann Bötzen übernommen werden. Von den Offizieren und Chirurgen für das Lazarett begehrte man vom berühmten Prinz Eugen, dem "General Nesselrod" [8] und dem Herzog von Württemberg sowie Bevern [9] Attestate. Einen Ratsherr Schaffner, den Ratsconsulent Dr. Arnold und den Amtmann Wibel, so Arnold unabkömmlich sein sollte, wollte man zum Oberkommando schicken um mit diesem über das Lazarett zu verhandeln. Die Stadt hat mit einem Juden namens Lemle am 8. September wegen 1.000 Scheffel Hafer gesprochen. Doch hielt man 2 Gulden (wohl pro Scheffel) für recht teuer und wollte sich in der "Nachbarschafft" erkundigen, ob man woanders her nicht günstiger versorgt werden konnte. Passenderweise und als ob der Probleme nicht genug waren, hat der Pfleger Herr Stier anfragen lassen, ob der Rat von Hall für das Futter der Pferde der Offiziere im Lazarett aufkommen wolle und deren Holz ebenfalls bezahlen würde. Gezwungenermaßen beschloss man auch das noch zu liefern, hoffte aber dafür vom Oberkommando der Armee entschädigt zu werden [10].


Karte der Gegend um Hall mit den Stationen der Krankentransporte: Oppenau - Bretten ("Brettig") - Kupferzell - Hall. Eingezeichnet sind auch die wesentlichen Kampfhandlungen bis zum September 1734 [11]. - Map of the region of Hall and Swabia with the stops of the transports: Oppenau - Bretten ("Brettig" in the source) - Kupferzell - Hall. The important fightings until September 1734 are included [11]. (Karte copyright: André Hanselmann)


Donnerstag, 4. Januar 2024

Schwäbisch Hall im Krieg / in war 1734 P1

Dieses Jahr soll es zwar auf unserer Veranstaltung in Wackershofen vorrangig um das Thema Post gehen. Aber der Hintergrund ist das Jahr 1734, weil es einfach interessant ist wie die Stadt vor 290 Jahren in den Polnischen Thronfolgekrieg verwickelt wurde. Das größte militärische Ereignis auf dem deutschen Kriegsschauplatz war gewiss die Belagerung der Festung Philippsburg durch den Duke of Berwick (1670-1734). Das kaiserliche Heer unter Prinz Eugen (1663-1736) hatte nicht vermocht im Mai den Durchbruch der Franzosen durch die Ettlinger Linien zu verhindern und kam der eingeschlossenen Stadt nicht zur Hilfe, die dann im Juli kapitulierte. Dies war umso bemerkenswerter, da sich durch ein Rheinhochwasser kurzzeitig eine gute Gelegenheit dazu bot, da die französischen Schiffsbrücken zerstört und die Belagerungstruppen von Verstärkungen abgeschnitten waren.

This year our event in Wackershofen will primarily focus on the topic of post. But the background is the year 1734 because it is simply interesting how the city was involved in the War of the Polish Succession 290 years ago. The greatest military event in the German theater of war was certainly the siege of the Philippsburg fortress by the Duke of Berwick (1670-1734). The imperial army under Prince Eugen (1663-1736) was unable to prevent the French from breaking through the Ettlingen lines in May and did not come to the aid of the surrounded city, which then capitulated in July. This was all the more remarkable because a flood of the Rhine briefly presented a good opportunity to do this, as the French ship bridges were destroyed and the besieging troops were cut off from reinforcements.


Die Belagerung von Philippsburg und der Tod des Herzogs von Berwick. Zeitgenössischer Stich (Ausschnitt). - The siege of Philippsburg and the death of the duke of Berwick. Contemporary print (detail).

Schwäbisch Hall lag prinzipiell recht weit entfernt von allen Kampfhandlungen. Durch den großen Stadtbrand von 1728 war zur Erleichterung der Stadtkasse der Reichsstadt auch vorerst die Stellung des Kreiskontingents erlassen worden [1] wodurch die Stadt allerdings auch ohne professionelle Soldaten war. Wegen des württembergischen Lehens in Westheim musste Hall 1734 allerdings 2 "Lehenreiter" stellen [2]. Zum Zeitpunkt der Belagerung von Philippsburg kam der preußische Kronprinz Friedrich (II.) nebst 2 weiteren Prinzen und General Schulenburg (1685-1741) mit 5 "Chaisen" auf der Durchreise zur Front im Juli nach Hall und wechselte die Pferde auf der Posthalterei ehe er weiterreiste [3]. Immerhin konnten Bürgerkompanien den späteren König bis zum Magistrat eskortieren. Preußen selbst sollte entsprechend dem Traktat von 1728 [4] 10.000 Mann stellen, die erst im Juni 1734 im Lager von Heilbronn eintrafen. Diese Regimenter kamen auch kaum zum Einsatz; in Reichsitalien durften sie entsprechend dem Abkommen anders als die Brandenburger unter dem Alten Dessauer [5] garnicht eingesetzt werden. Im April 1734 war bereits Prinz Eugen über Geislingen vorbei gekommen [6].

In principle, Schwäbisch Hall was quite far away from any fighting. Due to the great city fire of 1728, the position of the district contingent was temporarily abolished in order to relieve the imperial city's treasury [1], which meant that the city was without professional soldiers. Because of the Württemberg fiefdom in Westheim, Hall had to provide two "fief riders" in 1734 [2]. At the time of the siege of Philippsburg, the Prussian Crown Prince Friedrich (II), along with 2 other princes and general Schulenburg (1685-1741), came to Hall with 5 "Chaisen" on their way to the front in July and changed the horses at the post office before he continued his journey [3]. At least citizen companies were able to escort the future king to the magistrate. According to the treaty of 1728 [4], Prussia itself was supposed to provide 10,000 men, who only arrived in the Heilbronn camp in June 1734. These regiments were hardly ever used; According to the agreement, they were not allowed to be used in Imperial Italy at all, unlike the Brandenburgers under the Old Dessauer [5]. In April 1734, Prince Eugen had already travelled via Geislingen [6].

Ein französischer Verwundeter (Regiment Lyonais [7] ) auf unserer Anno Domini 1743 Veranstaltung 2018. Die Franzosen hatten bei der Belagerung von Philippsburg enorm hohe Verluste - wohl etwa 10.000 Mann an Toten und Verwundeten [8], was einer effizienten Verteidigung durch General Wutgenau (1674-1736) mit sogar zum Teil Kreistruppen zugerechnet wurde. -  A wounded French soldier (from the Lyonais regiment [7] ) on our Anno Domini 1743 event in 2018. The French had really high losses during the siege of Philippsburg - maybe 10.000 dead and wounded [8], which was caused by the highly effective defense by general G. F. Wutgenau (1674-1736) who even had to rely on troops of the Imperial circles. (photo: Stefan Winter, 2018)


Über 10 Monate versammelte sich diese bunt zusammengewürfelte Armee in Heilbronn. Im Mai schrieb Prinz Eugen nach Wien: "Ganz in dem schlechten Zustand, wie mein Bericht vom Heutigen lautet, habe ich die deutsche Armee gefunden. Die preußischen Truppen machen den Kern derselben aus, das übrige stellt beinahe das Bild der Unbrauchbarkeit dar." [9] Im Juni hatten sich hier 50.000 Mann zu Fuß und 20.000 zu Pferd versammelt [10]. Der junge österreichische Offizier Gudenus hat diese Armee in aller Farbenprächtigkeit abgebildet. Nach dem Fall von Philippsburg verlagerte Prinz Eugen sein Lager nach Bruchsal. Die Franzosen gingen nach Heidelberg.

This motley army gathered in Heilbronn for over 10 months. In May, Prince Eugen wrote to Vienna: "I found the German army in the very poor condition that my report says today. The Prussian troops make up the core of it, the rest is almost a picture of uselessness." [9] In June 50,000 men on foot and 20,000 on horseback gathered here [10]. The young Austrian officer Gudenus depicted this army in all its colours. After the fall of Philippsburg, Prince Eugen moved his camp to Bruchsal. The French went to Heidelberg.


Sponton der Truppen des Schwäbischen Kreises ca. 1740. - Spontoon of the troops of the Swabian Circle ca. 1740. (Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Foto: Cecilia Hanselmann)

Die Kriegszeiten boten offenbar auch Gelegenheit einer gerechten Strafe zu entkommen. Ein gewisser Hans Michel Hirsch aus Rieden (Amt Rosengarten), der eine Dienstmagd im Herbst 1733 geschwängert hatte, floh und begab sich in würzburgische Kriegsdienste. Zwar konnte man ihn deswegen nicht ins Gefängnis stecken wie beabsichtigt, verhing aber von Seiten des Magistrats eine Geldstrafe von 14 Gulden [11].

The times of war apparently also offered an opportunity to escape fair punishment. A certain Hans Michel Hirsch from Rieden (Rosengarten district), who had impregnated a maid in the fall of 1733, fled and went into military service in Würzburg. Although he could not be put in prison as intended, the magistrate did impose a fine of 14 guilders [11].


Würzburgischer Offizier und Mannschaften des Regiments Bamberg nach Gudenus auf unserer Veranstaltung 2022. - An officer and ordinary soldiers of the Würzburg regiment Bamberg following a sketch by Gudenus on our event in 2022. (photo: Menger/Preusser)

Sonntag, 8. Oktober 2023

Ausblick auf das nächste Jahr - A view into the next year

Wie sich das einige Blogleser gewünscht haben, wird sich der Blog nächstes Jahr mit dem Polnischen Thronfolgekrieg beschäftigen. Obwohl mich die Geschichte des Hauses Wettin immer sehr beschäftigt hat, will ich da aber nicht allzu tief ins Detail gehen um nicht allzusehr vom Sinn unseres Blogs abzuweichen. Mit dem frühen Tod König August II. von Polen am 1. Februar 1733 in Warschau bahnt sich rasch ein großer Konflikt an. Anders als bei seinem Vater musste sich Kurfürst Friedrich August II. (1696-1763) nicht sosehr mit einem Widerstand in Kursachsen gegen seinen Versuch die polnische Krone zu erwerben durchsetzen [1]. Anfänglich schien aber ein Sieg des Schwiegervaters von König Louis XV im Kampf um die Krone, der natürlich von Frankreich unterstützt wurde, durchaus in greifbare Nähe zu rücken. Stanisław Leszczyński (1677-1766) war kurz vor dem sächsischen Bewerber bereits am 11. September 1733 zum König gewählt worden. Vor allem Russland, welches bereits im Großen Nordischen Krieg auf der Seite Sachsens gekämpft hatte, gelang es maßgeblich an der Vertreibung von König Stanisław mitzuwirken und dadurch den ohnehin schon enormen Einfluss in Polen auszuweiten. 

As some blog readers have requested, next year's blog will deal with the War of the Polish Succession. Although the history of the House of Wettin has always occupied me very much, I don't want to go into too much detail so as not to deviate too much from the spirit of our blog. With the early death of King August II of Poland on February 1, 1733 in Warsaw, a major conflict quickly developed. In contrast to his father, Elector Friedrich August II (1696-1763) did not have to resist his attempt to acquire the Polish crown so much in Electoral Saxony [1]. Initially, however, a victory for King Louis XV's father-in-law in the battle for the crown, which was of course supported by France, seemed within reach. Stanisław Leszczyński (1677-1766) had been elected king on September 11, 1733, shortly before the Saxon candidate. Above all, Russia, which had already fought on the side of Saxony in the Great Northern War, was able to play a key role in the expulsion of King Stanisław and thereby expand the already enormous influence in Poland.

Die Festung Kehl am Rhein mit der Stadt Straßburg im Hintergrund auf dem großen plan relief. - The fortress of Kehl and the city of Strasbourg in the background on the great plan relief. (Musée d'Histoire, Strasbourg, photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 

Schon kurz nach Stanisławs Wahl kam es in Deutschland zu ersten Kriegshandlungen indem die schwäbische Kreisfestung Kehl von den Franzosen belagert wurde. Über 30.000 Mann unter dem kampferfahrenen Maréchal duc de Berwick (1670-1734) schlossen die kleine von Kreistruppen schwach besetzte Festung ein und erreichten nach etwa 2 Wochen Belagerung die Einnahme derselben. Da ich kein Experte für Festungsbelagerungen bin, werde ich auf diese wie auch auf die folgenden von Pizzighettone, Danzig, Trarbach und Gaeta nicht näher eingehen. 

Links eine Fahnenspitze des Schwäbischen Kreises von 1716. Wehrgeschichtliches Museum Rastatt. - At the left a flag tip of the Swabian circle from 1716. WGM Rastatt. (photo: Cecilia Hanselmann 2023)


Shortly after Stanisław's election, the first acts of war broke out in Germany, with the Swabian district fortress of Kehl being besieged by the French. More than 30,000 men under the battle-experienced Maréchal duc de Berwick (1670-1734) surrounded the small, weakly by troops of the circle occupied fortress and managed to capture it after a siege of about 2 weeks. Not being an expert on fortress sieges, I won't go into detail about this one, nor the ones that followed from Pizzighettone, Danzig, Trarbach and Gaeta.

Ein näherer Blick auf die Festung Kehl im Zustand vor 1734 auf dem zeitgenössischen Modell. - A closer look on the fortress of Kehl in the situation around 1734 on the contemporary model. (Musée d'histoire, Strasbourg, photo: Cecilia Hanselmann)

 

Sehr bedeutend nicht zuletzt für den Schwäbischen Kreis der direkt durch das französische Heer bedroht wurde, sollte die Reaktion des Kaisers auf den Konflikt werden. Karl VI. (1685-1740) hatte bereits für einen künftigen Krieg mit Frankreich vorgesorgt indem er mit dem militärisch erstarkten Preußen einen Vertrag über die Stellung eines Heeres von 30.000 Mann im Kriegsfall abschloss. Dieser Vertrag verdeutlicht aber auch die Ohnmacht des Reiches, die nicht zuletzt daher rührte, dass die kurbrandenburgischen Herrscher seit dem Großen Kurfürst jegliche Stellung von Truppen für die Reichsarmee abgelehnt hatten. Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth berichtete in ihren Memoiren recht eindrücklich von den Verhandlungen ihres Vaters Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) mit dem Kaiser [2]. 

The reaction of the emperor to the conflict was to be very important, not least for the Swabian district, which was directly threatened by the French army. Charles VI (1685-1740) had already prepared for a future war with France by concluding a contract with the militarily strengthened Prussia on the deployment of an army of 30,000 men in the event of war. However, this contract also illustrates the impotence of the empire, which was not least due to the fact that the Electoral Brandenburg rulers had rejected any deployment of troops for the imperial army since the Great Elector. In her memoirs, Margravine Wilhelmine von Bayreuth gave an impressive account of the agreements between her father Friedrich Wilhelm I (1688-1740) and the Emperor [2].

Im Jahr 1734 versammelte dann Prinz Eugen sein Heer aus Reichstruppen und Verbündeten bei Heilbronn. Doch dazu mehr im nächsten Jahr!

In 1734, Prince Eugene assembled his army of imperial troops and allies near Heilbronn. But more on that next year!

Text: André Hanselmann

Fotos: André Hanselmann, Cecilia Hanselmann


Notizen / Notes:

1)  Karl Czok: "August der Starke und seine Zeit" Piper, München, 2006, S. 72-74

2) Wilhelmine von Bayreuth: Memoiren, insel, Frankfurt, 1990, S.113

Samstag, 16. Juli 2022

Historiker von nebenan / historians alongside with Dr. Oliver Heyn

Heute habe ich das Vergnügen den Historiker Dr. Oliver Heyn vorzustellen, dessen Arbeit mir schon  für die Vorbereitung einer Veranstaltung sehr nützlich war. Außerdem haben wir zusammen einen Fachartikel veröffentlicht. Hier aber gleich das Interview:

Today I have the pleasure of intoducing the historian D. Oliver Heyn, whose work was very useful to me when preparing for an event. We also published a specialist article together [1]. But here is the interview: 


Hallo Herr Dr. Heyn, da ich Sie ja als erster meiner Interviewpartner noch nie persönlich getroffen habe, würde ich Sie gerne fragen, ob Sie sich hinsichtlich Ihrer Arbeit kurz vorstellen würden.

OLIVER HEYN: Ich studierte Mittelalterliche Geschichte, Neuere Geschichte sowie Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an den Universitäten Freiburg i. Br. und Bamberg. Nach dem Abschluss als Magister Artium entschloss ich mich zu einem Promotionsprojekt im Fach Neuere Geschichte, das ich 2014 abschloss. Bereits seit meiner letzten Studienphase war ich als freiberuflicher Historiker tätig, später aber an Museen in Bayern und Sachsen. Ich habe den Museumsdienst dann 2019 nach mehreren Jahren aus freien Stücken verlassen, weil ich vorerst keinen Sinn mehr in dieser Arbeit erkannt habe. Lassen Sie mich dazu einige Worte sagen: Fast alle Museen verzeichnen massiv rückläufige Besucherzahlen, aber die wenigsten Häuser setzen sich wirklich kritisch mit den Gründen dafür auseinander. Meiner Ansicht nach läuft die Institution des Museums in Deutschland derzeit auf einen toten Punkt zu. Solange man nämlich glaubt, Museen im Stile einer Wunderkammer des 18. Jahrhunderts aufzustellen, wird man keine neuen Besucher anlocken. Der moderne, multimediale Mensch möchte keine altbackenen Frontalausstellungen mit ellenlangen Objekttexten. Er fordert vielmehr neue Methoden der Wissensvermittlung und das Nachdenken darüber verlangt den Museen eine allzu unbequeme Selbstkritik ab. Ich habe daher fast überall Innovationsresistenz, Starrheit und Unwillen oder Unvermögen zur Rezeption moderner museologischer Erkenntnisse angetroffen. Im anglo-amerikanischen Raum ist man da bereits viel weiter, während es hier noch daran hapert, sich einmal in die Perspektive des Besuchers zu versetzen und zu überlegen: Ist das wirklich sinnvoll, wie wir das hier machen? Aus diesem Grund bin ich auch von Ihrem Engagement in Wackershofen und der Zusammenarbeit mit dem dortigen Freilichtmuseum sehr beeindruckt. Ich glaube, dass das, was Sie dort im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen tun, einer von vielen Ansätzen in die richtige Richtung ist, um Museen wieder zu beleben, Menschen anzulocken und Geschichte seriös greifbar zu machen. Aber mit Innovation stößt man, wie gesagt, leider vielerorts nach wie vor auf taube Ohren. Aus diesem Grund bin ich bis auf weiteres wieder in die Freiberuflichkeit zurückgekehrt und mit Archivrecherchen, Lektoraten und meiner eigenen Schreibarbeit befasst. Eine sehr sinnvolle Tätigkeit! 

Dr. Oliver Heyn.

 

Hello D. Heyn, since I am the first of my interviewees to have never met you in person, I would like to ask you if you would like to introduce yourself briefly regarding your work.

OLIVER HEYN: I studied Medieval History, Modern History and Medieval and Modern Archeology at the Universities of Freiburg i. Br. and Bamberg. After graduating with a Magister Artium, I decided to do a doctoral project in modern history, which I completed in 2014. I have been working as a freelance historian since the last phase of my studies, but later at museums in Bavaria and Saxony. In 2019, after several years, I left the museum service of my own free will because I no longer saw any point in this work. Allow me to say a few words about this: Almost all museums are registering massive declines in visitor numbers, but very few museums are really critical about the reasons for this. In my opinion, the institution of the museum in Germany is currently coming to a dead end. As long as you think you are setting up museums in the style of an 18th-century cabinet of curiosities, you will not attract new visitors. The modern, multi-media person doesn't want stale frontal exhibitions with lengthy object texts. Rather, it calls for new methods of knowledge transfer, and thinking about it requires museums to engage in all too uncomfortable self-criticism. I have therefore encountered resistance to innovation, rigidity and unwillingness or inability to accept modern museological findings almost everywhere. In the Anglo-American world, people are already a lot further, while here it is still difficult to put yourself in the perspective of the visitor and to think: does it really make sense how we do it here? For this reason, I am also very impressed by your commitment in Wackershofen and the cooperation with the open-air museum there. I believe that what you are doing there in the context of public events is one of many approaches in the right direction to revive museums, to attract people and to make history seriously tangible. But, as I said, innovation still falls on deaf ears in many places. For this reason, I have returned to freelance work for the time being and dealt with archival research, editing and my own paperwork. A very worthwhile activity!

 

 

2. Ich bin ja durch Ihr Buch "Das Militär des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen 1680-1806" auf Sie gestoßen, als ich unsere Veranstaltung 2019 für das Hohenloher Freilandmuseum "Aus Hall in die Fremde" vorbereitet habe [2]. Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen? Ich fand diesen Mikrokosmos mit einem kleinen Staat mit eigener Festung winzigen Militär und so weiter faszinierend.

O. HEYN: Ich bin und war schon immer ein regelmäßiger Archivgänger, der sich gerne in alte Manuskripte vergräbt und versucht, Neues zu erschließen. Teilweise durchkämme ich ganze Bestände in der Hoffnung, vielversprechende Dinge anzutreffen. Im Zuge dessen stieß ich im Jahr 2010 im Thüringischen Staatsarchiv Meiningen auf die militärischen Unterlagen des ehemaligen Fürstentums Sachsen-Hildburghausen. Diese Akten waren so gut wie unerschlossen, folgten noch der Registratur des 18. Jahrhunderts und nicht einmal die Archivmitarbeiter wussten, was sich in den Papieren verbarg. Man hatte durchweg schon den Eindruck, dass die Aktendeckel 1765 von irgendeinem Geheimen Sekretär geschlossen wurden und seitdem ungeöffnet geblieben waren. Im Rahmen meiner Durchsicht erkannte ich recht schnell, dass der Inhalt ungewöhnlich lebendige Einblicke in die militärische Lebenswelt des 18. Jahrhunderts erlaubt und zudem Bezüge zu aktuellen Forschungsfragen aufwies. Für jemanden wie mich, der an Militärgeschichte sowie an Sozial- und Alltagsgeschichte interessiert ist, war das ein Hauptgewinn. Ich ermittelte dann den Umfang des Materials und stellte fest, dass es für mich als Einzelperson durchaus möglich sein sollte, die Dutzenden von Akten durchzuarbeiten und auszuwerten. Das tat ich dann über etwa vier Jahre hinweg im Zuge meines Promotionsprojektes. Neben diesem Glücksfund gab es aber auch widrige Umstände: So war es damals in den Thüringischen Staatsarchiven noch verboten, Fotoaufnahmen mit eigener Digitalkamera anzufertigen. Das hat meine Arbeit etwas verzögert, da ich einen großen Teil der Zeit mit der Anfertigung von Abschriften aus dem Material befasst war. Von extrem wichtigen Dokumenten wie kriegsgerichtlichen Verhörprotokollen, Musterungslisten (für die statistische Auswertung) und besonderen Korrespondenzen ließ ich Kopien anfertigen, um diese zuhause in Ruhe auszuwerten. In Ruhe, sage ich, denn über dem Lesesaal des Archivs befand sich eine Musikschule. Kein Witz!  

 

2. I came across you through your book "The military of the Principality of Saxony-Hildburghausen 1680-1806" when I was preparing our 2019 event for the Hohenlohe open-air museum "From Hall to Foreign Countries" [2]. How did you come up with this topic? I found this microcosm fascinating with a small state with its own fortress, tiny military and so on. 

O. HEYN: I am, and always have been, a regular archivist who enjoys digging into old manuscripts and trying to discover new things. Sometimes I comb through entire stocks in the hope of finding promising things. In the course of this, in 2010, I came across the military documents of the former Principality of Sachsen-Hildburghausen in the Thuringian State Archive in Meiningen. These files were as good as untapped, still followed the 18th century registry and not even the archive staff knew what was hidden in the papers. One had the impression throughout that the files were closed by some secret secretary in 1765 and had remained unopened ever since. As part of my review, I quickly realized that the content provided unusually lively insights into the military world of the 18th century and also had references to current research questions. For someone like me who is interested in military history as well as social and everyday history, this was a major win. I then assessed the volume of material and found that it should be perfectly possible for me as an individual to work through and evaluate the dozens of files. I did that for about four years as part of my doctoral project. In addition to this lucky find, there were also adverse circumstances: At that time, it was still forbidden in the Thuringian State Archives to take photos with your own digital camera. This delayed my work somewhat, as I was busy making transcripts of the material for a large part of the time. I had copies made of extremely important documents such as court-martial interrogation records, draft lists (for statistical evaluation) and special correspondence so that I could evaluate them at my leisure at home. Quietly, I say, because there was a music school above the archive reading room. No joke!

 

 

 

Eine Kompanie der Landmiliz des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen, um 1750. Keine Alibi-Truppen: Sowohl Milizen als auch stehende Truppen fungierten in den zahlreichen Kleinstaaten als fürstliches Instrument zur Durchsetzung regionaler machtpolitischer Ziele. Als Reichskontingente nahm das kleinstaatliche Militär auch an der Verteidigung des Reiches gegen äußere Feinde teil. - A company of land militia of the Sachsen-Hildburghausen principality around 1750. No alibi troops: both militias and standing troops functioned in the numerous small states as a princely instrument for enforcing regional power-political goals. As imperial contingents, the small-state military also took part in defending the empire against external enemies.   (Kreisarchiv Hildburghausen, Bestand 381b, Nr. 7208)