Mittwoch, 29. Januar 2020

Wie wichtig ist das Tanzen? – How important is dancing? 5




Wie wichtig ist das Tanzen? – How important is dancing? 4
Wie wurde getanzt - how was dancing?

Die Polizeiordnungen sind voll von Verweisen gegen allzu ausgelassenes Tanzen, „wann die wohlanstaendigkeit, zucht, ordnung und ehrbarkeit dabey nicht mehr beobachtet wird“ und die „stellungen gebaehrden und kleidungen der tanzenden“ nicht der „ehrbarkeit“ entsprachen. Überhaupt wurde das „jauchzen und schreyen“ sowie „ein unerduldliches tumultiren“ untersagt[1].

The police regulations are full with hints against too animated dances „when the respectability, discipline, order and honourableness is no more observed” and the “positions gestures and clothes of the dancing persons” were not corresponding with the “honour”. In general the “cheering and crying” as much as the “unacceptable turmoil” was prohibited.


Leider erfährt man in hällischen Quellen nirgends, welche Tänze denn effektiv getanzt wurden.
Prinzipiell sind allerdings die Altländer „Noten- und Tourenbücher“ von 1791 und 1792 beredte Zeugnisse der Tanzkultur im ländlichen Raum. Wir haben diese Tanzmeisterschriften schon selber auf einigen Veranstaltungen vor allem im Freilichtmuseum am Kiekeberg genutzt. Sie verdeutlichen, dass sich die Landbevölkerung in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts offenbar an den modischen Tänzen des Bürgertums und Adels orientierte[2]. Die von Tanzmeistern für Landleute handschriftlich gefertigten Werke veranschaulichen, dass das Tanzrepertoire auf dem Dorf durchaus nicht einfach sein musste. Es finden sich in diesen Büchern auch aufwendigere Quadrillen, die einige Kenntnisse vorausgesetzt haben müssen.
An anderer Stelle habe ich den Hinweis gefunden, dass die Obrigkeit im 18. Jahrhundert die „Walzerischen Tänze“ streng verboten habe, da dort aufgekommen sei „die Weibsbilder und Tänzerinen dergestalt umzutreiben und zu drehen, daß hiedurch die Kleider sich so hoch erheben, daß derselben blosser Leib, nicht ohne Aergernißm ersehen werden mag“. Im städtischen Bereich habe sich dann der Einfluss dieses Volkstanzes im Ländlerischen oder Deutschen Tanz, einer stilisierten Form des Drehtanzes, niedergeschlagen[3].
Im oben genannten Altländer Tanzmeisterbuch von 1791 taucht das Walzen als Element innerhalb der üblichen Reihentänze auf, ist aber kein bestimmender Teil der Tänze. Es wurde also nicht fortwährend in diesen Tänzen „gewalzt“ sondern das Walzen gehörte bloß zu einer der Figuren.


Unfortunately I could not find in sources at Schwäbisch Hall, which dances were performed effectively.
However in general the Altländer “Noten- und Tourenbücher” (notes and rotation books) from 1791 and 1792 are a really convincing source for the dancing culture in the countryside. We used the dancing master’s writings for several events especially in the open air museum at the Kiekeberg (near Hamburg). They underline, that the rural population during the second half of the 18th century used the fashionable dancing of the bourgeoisie and noblesse as an example. These works, produced handwritten by dancing masters for the peasantry, illustrate, that the dancing repertoire in a village should not be very simple. There are some really complicated quadrilles, which demanded some knowledge at least.
I found some notes elsewhere, that the rulers strictly banned “waltzing dances”, because they tempted “the wenches and female dancers to drift and turn, causing the lift of the clothing, when the naked body was seen not without vexation”. These folkdances had an impact on a stylish form of a turning dance named the “Ländlerische” or German dance in the urban society.
The waltzing could be found in the Altländer dancing master book from 1791 as an element in an ordinary longways dance, but is not a very prominent part of the dances. That means that the dancers were not continuously “waltzing” but the waltz was just a figure of a dance.   
Wir selbst verwenden verschiedene Quellen, französische oder deutsche für unsere Veranstaltungen in Wackershofen oder anderswo. In Wackershofen sind wir bemüht zeitlich stimmige und regional glaubhafte Tänze etwa aus Durlach auszuwählen, die meistens Gassentänze sind.
Wir tanzen den französischen Gassentanz "La bonne amitié" vor dem Gasthaus, rechts der Musikant mit Tanzmeistergeige - we are dancing the French longways Dance "La bonne amitié" in front of the inn, at the right the musician with a dancing master's kit. (Foto Familie Paulick, 2015 Anno Domini 1765 - Bauernhochzeit)
We ourselves are using different sources – French and German – for our events at Wackershofen and elsewhere. We try to choose for Wackershofen contemporary and locally believable dances like those from Durlach, most of them are longways.


Ein immer wieder auftauchender Aspekt bei Hochzeiten ist das Verbot im Hällischen, dass sich Personen „ausser denen Hochzeit-Gästen“ „sich selbst zum Tantzen eindringen“, das heißt von sich aus mitmachten[4]. Das ist meines Erachtens ein beredtes Zeugnis wie gern die Menschen damals tanzten.
Zumindest in der Gegend von Schmalkalden lässt sich im 17. Jahrhundert klar feststellen wie genau die Obrigkeit auf die Einhaltung ihrer Gebote achtete. So wurde 1619 bei der Hochzeit der Eheleute Anna und Wilhelm Liebaug der Tanz durch Stadtknechte abgeklopft und bei der Gelegenheit festgestellt, dass das Paar mit 29 Gästen in Form von 3 unverheirateten Freunden Wilhelm Liebaugs, die nicht auf der offiziellen Gästeliste standen, gegen die örtliche Vorschriften verstieß. Die Liebaugs mussten eine mehrere Gulden hohe Strafe zahlen[5].

Montag, 27. Januar 2020

Pfaffenhofen 1745 – Pfaffenhofen 1745. Teil 1/Part 1


ENGLISH TEXT BELOW!
Ich habe ja versprochen, dass es dann und wann Spielberichte geben wird. Die diesmal verwendeten Regeln werden Honours of War von Keith Flint sein, die bei Osprey erschienen sind[1].
Pfaffenhofen (15. April 1745) zählt zu den eher missverstandenen und schwerer zu fassenden Schlachten des Österreichischen Erbfolgekrieges. Entsprechend aufwändig war es ein Szenario zu kreieren.
Anfangs hatte ich den Eindruck, dass die Schlacht zwischen Franzosen und Bayern auf der einen und Österreichern auf der anderen Seite stattfand. Auf der englischen Wikipediaseite werden beispielsweise noch immer[2] auf der einen Seite unter „Belligerents“ „France, Bavaria and German allies“ angegeben.
Eine ausgesprochen wesentliche Quelle war eine in Pfaffenhofen 2014 präsentierte zeitgenössische französische Karte[3]. Diese Karte illustriere ausgezeichnet die Ausführungen, die ich in dem österreichischen Standartwerk zum Österreichischen Erbfolgekrieg über diese Schlacht fand[4]. Die dortigen Karten[5] konnten durch die zeitgenössische Karte überprüft werden. Ein Abgleich mit modernen Luftbildern oder Kartenmaterial wird von mir auch immer mit Vorsicht vorgenommen. Flüsse und Bäche können ihren Verlauf geändert haben, die Bebauung und die Auswirkungen des Menschen haben insbesondere im 20. Jahrhundert dramatisch in die Landschaft eingegriffen. Das Schlachtfeld von Simbach/Braunau ist auch ein gutes Beispiel dafür wie man an den Bildern von meinem Besuch erkennen kann[6].
Die Position der Truppen war also somit halbwegs geklärt.
Welche Einheiten konkret anwesend waren, konnte nur für die französische Armee zweifelsfrei geklärt werden, während bei den pfälzischen Truppen keine Einheiten und bei den österreichischen nur einige exakt identifiziert werden konnten. Auch zeitgenössische Zeitungsartikel haben diesmal nicht besonders weitergeholfen.
Der Ablauf der Ereignisse dieser Schlacht, die im Werk des k.u.k. Kriegsarchivs als „Treffen“ bezeichnet wird, erschien mir recht logisch. Nach einer Überrumpelung der Franzosen unter Ségur durch die Österreicher versuchte sich Ségur (1689-1751) mit seinem Heer abzusetzen. Dabei erwies sich insbesondere der in der Schlacht später gefallene General Rupelmonde als eine Art Fels in der Brandung und ein Teil der durchweg aus deutschen Fremdregimentern bestehenden Armee bestätigte ihren guten Ruf. Ich erinnere an der Stelle an die Aktion des Regiments Royal Suédois, die ich schonmal 2018 anführte[7]. Dennoch endete die Schlacht in einem einzigen Desaster und unter hohen Verlusten auf französischer Seite.
Anfangsaufstellung bei unserem letzten Versuch mit Pfaffenhofen 2017 - Initial deployment when we last tried the Pfaffenhofen scenario in 2017 (Foto: André Hanselmann)

Die Frage war nun welche Phase der Verfolgungsgefechte ich widerspiegeln wollte. Ich entschied mich für die Situation wie sie vordergründig auf der zeitgenössischen Karte widergegeben wurde mit den Franzosen in einer Auffangstellung zwischen den bewaldeten Höhen und dem Pudelbach bei Scheyern. Ähnlich wie für Minucci bei Simbach 1743 bildeten die Waldungen eigentlich keine ausreichende Absicherung für Ségurs linke Flanke, insbesondere, da Batthyánys (1697-1772) Österreicher wie gewohnt über zahlreiche leichte Truppen verfügten.
Trenck führt seine Panduren auf der Rheininsel bei Breisach ins Gefecht (1743), hier Minis von Esci und Germania im Vordergrund - Trenck is leading his pandours during the Encounter on the Rhine Island near Breisach (1743), here miniatures from Esci and Germania in the foreground (Foto: André Hanselmann)
Trips Panduren in unserem letzten Spiel mit dem Pfaffenhofen Szenario 2017 - Trip's pandours in our last game with the Pfaffenhofen Scenario in 2017 (Foto: André Hanselmann)

Die Frage war wie ich die damaligen Truppen abbilden sollte. An Figuren für Österreicher war es weniger schwierig. Dabei war das Hauptproblem, dass es praktisch keine Hersteller für Kroaten und Panduren dieser Zeit gibt, weshalb ich auf Grenzer des Herstellers Germania zurückgreifen musste. Diese Figuren werden nun in der Folge durch Kosaken von Orion ergänzt, da diese ein irreguläreres Erscheinungsbild haben und in Details wie den weiten Hosen vielleicht besser zu den leichten Truppen dieser Periode passen.



Kosaken von Orion, bemalt als irreguläre Infanterie - Cossacks by Orion painted as irregular infantry (Fotos: André Hanselmann)

Die Franzosen verfügten außer ein paar Husaren durchweg über deutsche Fremdregimenter. Den Aspekt habe ich bei meinen ersten beiden Spielen ignoriert und einfach französische Linientruppen bzw. irische Fremdregimenter genommen. Zum 285. Jubiläum sollen es diesmal aber 2 Bataillone Royal-Suédois sein, die neben Royal-Bavière die prominenteste Rolle in dieser Schlacht spielten. Außerdem zeichnete sich das Regiment auch bei Rocoux 1746 aus. Die französischen Bataillone waren offensichtlich überwiegend bei nur schwachen Mannschaftsstärken, was ich durch die Option in Honours of War von „small units“ darstellte. Auch wenn ich keine deutschen berittenen Fremdtruppen wie Royal-Allemand habe, versuchte ich zumindest blau uniformierte Einheiten oder Fremdtruppen wie Pons Cavalerie zu verwenden.

Mein erstes Bataillon Royal Suédois, die Bemalung folgt dem Vorbild von Gudenus (als Regiment Apfelgrün) 1735, Revellfiguren mit zahlreichen Änderungen - my first bn. of Royal-Suédos, the painting is following the drawing by Gudenus (as regiment Apfelgrün) in 1735, models by Revell with many conversions (Fotos: André Hanselmann)

Die pfälzischen Verbündeten unter Generalleutnant von Zastrow werden durch Bayern – erkennbar am völlig anderen Bemalstil nicht von mir bemalt – vertreten. Ich habe leider nur wenige Infos über die Pfälzer gefunden. Sie wurden im 19. Jh. bisweilen in Abhandlungen über die bayerische Armee eingeschlossen[8]. Es gibt immerhin einen erhellenden Aufsatz über die pfälzisch-französischen Beziehungen in einem neueren Werk über Kurfürst Carl Theodor[9].

Mittwoch, 22. Januar 2020

Künftige Filmrezensionen / Upcoming reviews



Da meine Rezension zum Film über Zwingli hier ganz gut angekommen ist, wird es auch künftig weitere geben, so sie zum Interessenschwerpunkt dieses Blogs passen. Ich möchte darum bitten mir nachzusehen, dass ich keine Szenenfotos einfügen werde, da ich mir über die Bildrechte nicht im Klaren bin. Plakate an der Straße oder sowas finde ich OK, aber keine Mitschnitte von Filmen. Ich weiß, dass diese wie etwa auf dem empfehlenswerten und unterhaltsamen Blog Frock Flicks ungemein zur Illustration des Gesagten nutzen.
Warum interessieren mich aber Filme und welche schaue ich an und wo?
1. Mich interessieren historische Filme, weil ich einfach ein neugieriger Mensch bin. Wie haben die Filmemacher versucht die entsprechende Zeit oder etwa eine Biographie wieder zu geben? Welche Aspekte waren ihnen wichtig? Welche waren unwichtig?
Außerdem finde ich insbesondere den Vergleich von Filmen – egal ob Dokumentationen oder Spielfilmen – miteinander interessant. Inwiefern spiegeln sie die Zeitumstände und die Ästhetik der Entstehungszeit des Films wider?

Es gibt verschiedene Dinge, die auch aus dem Blickwinkel des Reenactors spannend sein können wie etwa die Chance historische Bauwerke zu sehen, die man sonst nicht zu Gesicht bekommt.

Dann ist aber sicher auch ein Punkt, dass Filme wie fast alles was wir mit mehreren Sinnen zugleich aufnehmen stärker prägen als Bücher. Viele Menschen kämen überhaupt nicht auf den Gedanken ein Buch über ein bestimmtes historisches Ereignis zu lesen, auch wenn sie einen Film darüber vielleicht anschauen würden. Das heißt also auch, dass ich durch Filme erfahre, welches Bild etwa Museumsbesucher vor einem Event von einem bestimmten Zeitschnitt vermittelt bekommen haben. Weiter unten will ich kurz ein Beispiel dazu liefern.

2. Mich interessiert eine weite Zeitspanne etwa ab der griechischen Antike bis ungefähr in die Napoleonischen Kriege. Was davor und danach geschah, gucke ich mir vielleicht als Doku an – „They should not grow old“ wäre da ein gutes Beispiel.


Die Qualität der Filme spielt dabei keine Rolle. Viele Bekannte im Internet oder aus dem persönlichen Umfeld fragen mich immer wieder, warum ich mir so manchen Schund denn antue. Aber das erklärt sich ja aus Punkt 1, dass ich ein möglichst breites Spektrum sehen will, um mir meine Meinung zu bilden.

3. Ich sehe mir Spielfilme am liebsten im Kino an. Oftmals interessieren sie mich dann auf DVD oder einem anderen Medium dann garnicht mehr. Einfach weil es mir scheint, als ob wir Filme ganz anders im Kino wahrnehmen. Dankbarerweise laufen in Freiburg sehr viele auch eher ungewöhnliche Filme, die eher in Independent Kinos gezeigt werden wie z.B. „Licht“, „L’échange des princesses“ oder „Zwingli“ insbesondere in den Kinos Friedrichsbau und Kandelhof.

Dokumentationen sehe ich oft in der Mediathek von Arte oder 3sat, seltener wenn sie von Sendern wie ARD auf Youtube zur Verfügung gestellt werden.


Ein gutes Beispiel für ein offensichtlich völlig einseitiges und falsches Bild von einem geschichtlichen Aspekt (oder eigentlich zahlreichen Aspekten) ist der damals ausgezeichnete Film „Ridicule“(1996). Der französische Adel wird hier überwiegend als vollkommen degeneriert und lächerlich abgebildet und beinahe kein Klischee ausgelassen. Da schminken sich Männer wie Frauen intensiv und beispielsweise in der Ankleideszene bei Madame de Blayac (Fanny Ardant) wird ein vollkommen fiktives Verhalten und Kleid dargestellt. Dass das Kostümbild extrem antiquiert wirkt und etwa an „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ oder ähnlich gelagerte Filme erinnert, änderte nichts daran, dass der Streifen 1997 mit dem César für bestes Kostümbild ausgezeichnet wurde. Wenn die Filmkritik bis heute die besondere „Authentizität“ der Kostüme in einem Film unterstreicht, heißt das nicht, dass die Filmkostüme tatsächlich historisch passenden Originalen nachempfunden sind.

Solche Filme verraten also denkbar wenig über die dargestellte Zeit, tragen aber sicherlich insbesondere wenn sie durch Filmpreise erhöhte Aufmerksamkeit bekommen, zum Geschichtsbild der Zuschauer bei. Die zeitgenössischen Filmkritiken etwa bei „Ridicule“ , die voller Lob waren,  im „Spiegel“, der „Chicago Sun Times“ und dann der „TV Movie“ sind ein beredtes Zeugnis, dass der Film, die ohnehin verzerrte Vorstellung über das Ancien Régime vollauf bestätigte.
Was könnten künftige „Opfer“ meiner Rezensionen werden? Ich denke da beispielsweise an die Fortsetzung der Historienkomödie/-farce (?) „Maria Theresia“ von 2017. Im letzten Dezember (2019) wurden Teil 3 und 4 bereits auf ORF ausgestrahlt. Ich erhoffe mir, dass die zahlreichen historischen Fehler fortgesetzt und an dem vollkommen unpassenden Bild des Habsburgerhofes unter Karl VI. und dann Maria Theresia festgehalten wurden.


As my review of the movie about Zwingli was very well recorded, there will come more in the future, if they match the focus of this blog. I want to beg you to apologize, that I will not include shots of film scenes. I’m not sure about the rights on such pictures. I think that posters and so on are OK, but no shots. I know that those are very useful to illustrate, what the reviewing blogger says, as the very entertaining and recommended blog Frock Flicks use them perfectly.   
Why I’m interested in movies? Which movies do I watch? Where do I watch movies?


1st: I’m interested in movies, because I’m a curious person. How managed the producers of the movie to reflect the time period or a biography for example?
Besides I find it interesting to compare films – no matter if they are documentaries or movies. How do they reflect certain aspects of the period and the aesthetic of the time, when the film was produced?

Freitag, 10. Januar 2020

Wie wichtig ist das Tanzen? – How important is dancing? 4






Wie wichtig ist das Tanzen? – How important is dancing? 4


Die Musikanten – the musicians



Wie müssen wir uns nun die Musiker auf solchen Tanzveranstaltungen vorstellen? Wenn wir primär die Tänze auf dem Land und kleinere Tänze in Städten anschauen, dann fällt auf, dass es zumeist nur sehr wenige Musiker gab. Dabei hätten Zeitgenossen schon an dem Begriff „Musiker“ Anstoß genommen. Denn zu Tänzen spielten für gewöhnlich Spielleute[1] oder Musikanten auf. Den Unterschied zwischen Musikanten und Musikern erkennt man darin, dass Erstere zumeist nur mit ihrem Namen genannt wurden, während letztere zusätzlich beispielsweise in den Haller Steuerrechnungen mit „Herr“ bezeichnet wurden. Ordentliche Stadtmusiker (wenngleich in der Rechnung verwirrenderweise als „Musicant“ bezeichnet) erhielten etwa 23 Gulden, während ein einfacher „Musicus“ nur 22 ß bekam[2]. Auch von einem Gehalt von 23 fl. konnte man offensichtlich nicht leben, was die Notwendigkeit zum Tanz aufzuspielen erklärt[3].

Während die Entlohnung in Schwäbisch Hall für die Musik während der Trauung sehr genau geregelt war[4], heißt es zu den Musikanten, die im Wirtshaus aufspielten nur sie sollten vom „Hochzeiter“ „eine billiche Ergötzlichkeit an Geld“ erhalten.

Bildnis des Stadtmusikers und "Stadtzinkenist" Josef Conrad Meyer, Gemälde von H. Heinsius 1792 - portray of the town's musician and "town's zink-player" Josef Conrad Meyer, painting by H. Heinsius 1792 (Hällisch Fränkisches Museum, Foto: Cecilia Hanselmann)

How we must imagine the musicians on such dancing events? When we are focusing on dances on the land or smaller dances in town, than we have to notice, that there were only few musicians. Besides the contemporaries would have argued about the word “Musiker”. Because for dancing normally “Spielleute” or “Musikanten” played their instruments. The difference between ordinary “Musikanten” and professional “Musiker” is remarkable when the one were mentioned with their name only but the other got additionally the term “Herr”. Proper town’s musicians (however the counts in Schwäbisch Hall name them “Musicant”) got 23 florins, while an ordinary “Musicus” got 22 shillings only. However even from a salary of 23 florins they had no living and had the necessity to play for dancing.

Although the pay for the music in Schwäbisch Hall during the wedding in church was very clearly regulated, we find about the musicians in the tavern who played on the party only that they should “receive a fair satisfaction in money” by the groom.

Verkompliziert wurde die Bezahlung der Musikanten auf Hochzeiten durch die unterschiedliche Handhabe in den verschiedenen Territorien und insbesondere in einem Dorf in dem Untertanen verschiedener Reichsstände nebeneinander lebten. Wir wissen ja schon einiges über die Konflikte wegen Tüngental zwischen Hall und dem Ritterstift Comburg bezüglich der Pfarrstelle. Aber auch die Musikanten waren durch diese Verhältnisse direkt betroffen. So war es „von jeher gebräuchlich“, dass auch hällische bzw. comburgische Untertanen im Wirtshaus des jeweils anderen Landesherrn Hochzeit feierten. Kamen nun die Musikanten aus den Reihen des Hochzeiters, so hatte dieser solche zu bezahlen. Waren die Musikanten aber „Mit-Unterthanen“ des Wirtes, mussten diese durch den Wirt „belohnt und verpfleegt werden“. Noch schwieriger war der Fall aber, als 1786 in einem Tüngentaler Wirtshaus der Hochzeiter Hällische Musikanten „vom Wirth aber ein Comburgischer Musicant … bestellt“ wurde. Es wurde anschließend von amtlicher Seite entschieden, dass es den Wirten überhaupt nicht zukäme Musikanten zu bestellen, sondern dies die reine Aufgabe der Hochzeiter sei. Außerdem beschied man, dass wenn nicht die „hällischen Concessions Gebühren“ bezahlt würden, die Gäste neben einer Strafe von 3 Gulden darauf ausweichen sollten sich zum „Exempel“ in eine „scheuren“ zu „verfügen und sich dort lustig machen sollen“[5].


The payment of the musicians became even more complicated in the different territories especially if there were living subjects of different Imperial estates in one village together. We know much about the conflict of Schwäbisch Hall and the knight’s convent Comburg about the pastor. But the musicians were affected by these relations too. It was “always common” that subjects of Hall and Comburg in the tavern of the other sovereign. If the musicians came from the same sovereign like the groom, the groom had to pay for them. But if the musicians were “fellow subjects” of the host, they were to be “paid and catered” by the host. The case was even more difficult, when in 1786 the groom booked some musicians of Hall for a tavern in Tüngental, but “the host ordered however one musician, who was a subject of Comburg”. Afterwards it was decided by the magistrate, that the host has no right to book the musicians, rather that was the task for the groom only. Besides the rulers declared that those guests, who didn’t payed “Hall’s concession fee”, should pay a punishment of 3 florins and should “dispose themselves for example into a barn and amuse themselves there”.
In Augsburg wurde darauf Wert gelegt, dass die Spielleute sich „wegen des lohns“ „vergleichen“ und „was mit ihnen gedingt worden ist dem wirth zum voraus bezahlen“[6].


At Augsburg there was some attention for the fact, that the bandsmen should settle themselves regarding the pay and what “was said before to pay the host before”.



Tanz um den Maibaum auf einem der 4 Monatsbilder, 2. Hälfte 17. Jh. - dancing around the maypole, on one of the 4 Pictures of the months, 2nd half of the 17th century (Ausschnitt/ Detail, Fränkisch-Hällisches Museum Schwäbisch Hall, Foto: Cecilia Hanselmann)
 


Auf Haller Bauernhochzeiten tauchen in der Regel 2-3 Musikanten auf, die durchweg aus der Region stammen. Die Quellen zu Tänzen auf dem Land erwähnen laufend Pfeifer, soweit dass mancher einfach nur „der Pfeiffer“ als Zusatz zu seinem Namen erwähnt wird. Bezeichnenderweise zeigt auch eines der Monatsbilder aus dem Hällisch-Fränkischen Museum einen Dudelsackpfeifer und einen anderen Pfeifer.

Für die Hochzeiten in der Stadt Hall liefert die Polizeiordnung von 1703 einige Hinweise auf die üblichen Instrumente der Musikanten. So sollten alle Bürgerklassen bis auf die oberste sich bei der Prozession zur Kirche „mit dem Saitenspiel vergnügen“. Für die „Tafel-Music“ selbst wurden Zinken und Posaunen den „vornehmen Hochzeiten“ vorbehalten[7].

Bei der Hochzeit eines Comburgischen Untertanen 1786 auf dem Comburger Wirtshaus in Tüngental nahm „ein hiesiger Musicant“ einem hällischen Musikanten in Steinbach die Geige weg[8].

Donnerstag, 2. Januar 2020

Wie wichtig ist das Tanzen? – How important is dancing? 3


Tanzverbote – dancing prohibitions. (2)

Ein Blick in die Polizeiordnungen anderer Reichsstände demonstriert, dass dort ebenso gegen Übertretung von Tanzverboten oder zeitliche Beschränkungen vorgegangen wurde. In Kempten konzentrierte man sich in dem Passus über die Tänze auf die Sonntagsheiligung: „Des spielens und tanzens, fürnemlich solange der sonntähliche gottesdienst währet, solle man sich gänzlich enthalten[1]. Prinzipiell gilt 1764 in Augsburg das Tanzen „an sich selbsten unter die erlaubte erlustigungen[2].

Üblich war es das Tanzen prinzipiell nur bis zu einer gewissen Abendzeit zu gestatten. Bisweilen wurde aber auch soweit gegangen die genaue Dauer des erlaubten Tanzens festzulegen, etwa bei „ehrlichen hochzeiten“ „nicht über zwoo oder längst dritthalb stunden“ zu tanzen. Kindern wurde in Lindau bei solchen Tanzveranstaltungen prinzipiell das Tanzen verboten[3]. Solche engen zeitlichen Rahmen von 1 ½ bis 2 Stunden des Tanzens und auch eine Reihenfolge wann auf einer Hochzeit getanzt werden sollte, da dies oftmals während der Mahlzeit verboten wurde, erscheint im Spiegel der Verstöße als ziemlich fruchtlose Utopie der Obrigkeit.


A view in the police-regulations of other Imperial estates demonstrates, that there the government was dealing similar with the violation of prohibited dancing and temporary restrictions. At Kempten the focus was on the observance of the holy Sunday: “You should stay away from gambling and dancing, especially during the sermons." Generally in 1764 dancing was noted as “for itself a permissible pleasure” at Augsburg.

It was common that dancing was allowed until a certain time in the evening. Sometimes dancing was viewed as permissible for a defined duration – for example at Lindau for “honourable weddings” for two to three half-hours.

Tanzen auf einer Dorfhochzeit bei der Veranstaltung "Anno Domini 1743 - Freud und Leid" - Dancing on a peasant's wedding at the Event "Anno Domini 1743 - Freud und Leid" (Foto: Claudia Behnke, 2018)



Ein großes Problem stellten offenbar die zahlreichen Kirchweihen dar. Schon 1710 wurde im Hällischen verhängt, dass durch die Untertanen die „Kirchweyh-Täntz nicht an denen Sonntägen / sondern Montags darauf gehalten“ werden sollten. Bedenkt man, dass die Landleute an den Werktagen zur Arbeit angehalten waren und nicht etwa zum Müßiggang scheint diese Festlegung keineswegs praktikabel und so wundert es vielleicht nicht, dass dieselbe Verordnung auch feststellte, dass in „einigen angräntzenden Orten“ nach wie vor auf „Sonn- und Fest-tags-Märckten“ Tänze abgehalten wurden. Die Teilnahme und das „Auslauffen“ zu solchen Anlässen wurde freilich untersagt[4].


Fairs were a big contemporary problem. In 1710 it was ordered in the territory of Hall, that “fairs-dancing was not to take place on Sundays but on the following Mondays”. If you take in concern that the peasantry was forced to work on the work-days and that they should not be idle on these days that rule doesn’t seem practicable and therefor it’s no surprise that the same regulation noticed, that dances happened on “Sunday- and holiday fairs” in “some adjacent places”. Naturally to “run out” to such events was forbidden.

Text: André Hanselmann
Foto: Claudia Behnke




[1] Kempten: „Polizei Ordnung der Reichsstadt Kempten, erste Hälfte 18. Jh. (vor 1748 mit späteren Ergänzungen) in Wolfgang Wüst: „Die gute Policey im Reichskreis“, Bd. 1 Der Schwäbische Reichskreis, Akademie Verlag, Berlin, 2001S. 141-143
[2] Augsburg, Hl. Geist-Hospital: „von denen wohlverordneten Tit. Tit. Pl. Pl. Herren hospital-pflegeren zu Ausgburg erneuerte zucht- und policey-ordnung …“ 20.11.1764 in  Wolfgang Wüst: „Die gute Policey im Reichskreis“, Bd. 1 Der Schwäbische Reichskreis, S. 217
[3] „Reformirte Policey-Ordnung Lindaw“ 1673/1697 in  Wolfgang Wüst: „Die gute Policey im Reichskreis“, Bd. 1 Der Schwäbische Reichskreis, S. 172
[4] „Obrigkeitliche Verordnung … auf dem Land“ Georg Michael Mayer, Schwäbisch Hall, 1710, S. 5