Dr. Hildegund Bemmann hat sich
wissenschaftlich intensiv mit dem Thema Materialkultur beschäftigt. Ihre
Doktorarbeit ist unter dem Titel "Rheinisches Tafelsilber - Silbernes
Prunk- und Tafelgerät des nördlichen Rheinlandes von 1550 bis 1800"[1] im
Druck erschienen. Beruflich war sie in den letzten Jahren in der Gegend von
Passau im Antiquitätenhandel als Expertin tätig. Daneben nahm sie bereits an
zahlreichen unserer Anno Domini- und Landleben-Veranstaltungen im Hohenloher
Freilandmuseum Wackershofen teil.
Dr. Hildegund Bemmann has dealt intensively with the topic of material culture. Her doctoral thesis has appeared in print under the title "Rheinisches Tafelsilber - Silbernes Prunk- und Tafelgerät... " [1]. Professionally she has worked as an expert in the antique trade in the Passau area in recent years. In addition she has already participated in numerous of our Anno Domini and country life events in the Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen.
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Hildegund Bemmann auf einem der Pferde während einer unserer Anno Domini Veranstaltungen. Die Tracht ist typisch für die Region von Schwäbisch Hall im 18. Jahrhundert. - Hildegund Bemmann on one of the horses during one of our Anno Domini events. The costume is typical of the Schwäbisch Hall region in the 18th century.
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1. Hallo liebe Gundi! Ich hoffe, Du bist
gesund und munter. Jetzt hätte ich gleich mal eine ganz aktuelle Frage: was
machst Du so während des Lockdowns? Liest Du auch viele Bücher?
Vielen
Dank, bislang hat mich das Virus noch verschont. Zum
Glück bin ich jemand, der niemals Langeweile hat. Für meine neue Aufgabe im
Evangelischen Bildungswerk, von dem ich mit der Entwicklung eines pädagogischen
Konzepts für die Bildungsarbeit auf Schloss Ortenburg beauftragt wurde, habe
ich viel über die Reformationsgeschichte der Region Niederbayern und
Oberösterreich gelesen.
Im Sommer entdeckte ich in einem oberösterreichischen
Stadtmuseum zufällig einen Schatz wundervoll erhaltener Kleidungstücke aus dem
18. und frühen 19. Jahrhundert. Zusammen mit einer Hobbykollegin habe ich diese
untersucht, beschrieben, fotografiert und z. T. die Schnitte abgenommen. Einige
Stücke habe ich für mich reproduziert.
Daneben habe ich Projekte angepackt, die ich wegen des hohen
Zeitaufwandes immer beiseite geschoben hatte, mich aber eigentlich gereizt
haben, und sogar fertiggestellt! In der Hauptsache waren dies Stickarbeiten.
Weil ich jetzt erst mal wirklich genug zum Anziehen habe, habe
ich mich aktuell an die Anfertigung und Ausstattung einer Modepuppe für die
Darstellung im 18. Jahrhundert gewagt. Man könnte also sagen, dass ich die Zeit
gut genutzt habe...
1. Hello dear Gundi! I hope you are safe and sound. Now I would have a very topical question: what are you doing during the lockdown? Do you also read a lot of books?
Thank you, so far the virus has spared me. Fortunately, I'm someone who is never bored. For my new job at the Evangelical Educational Organization, from which I was commissioned to develop a pedagogical concept for educational work at Ortenburg Castle, I read a lot about the history of the Reformation in the Lower Bavaria and Upper Austria region.
In the summer I accidentally discovered a treasure trove of wonderfully preserved pieces of clothing from the 18th and early 19th centuries in an Upper Austrian city museum. Together with a hobby colleague, I examined, described, photographed and partly took the patterns. I have reproduced some pieces for myself.
In addition, I tackled projects that I had always pushed aside due to the high expenditure of time, but actually tickled me, and even finished! Mainly this was embroidery.
Because I now really have enough to wear, I have currently dared to make and equip a fashion doll for representation in the 18th century. So you could say that I used the time well ...
2.
Ich
glaube wir sind vor vielen Jahren miteinander dadurch in Kontakt miteinander
gekommen, weil Du für Cecilia einen Stecker bestickt hast. Damals warst Du auf
jeden Fall noch nicht bei uns auf den Veranstaltungen. War das für Dich die
Initialzündung?
Ich hatte die Szene im Netz schon eine Weile beobachtet, mir
aber lange Zeit nicht zugetraut da mitzumachen. In sofern war der Kontakt durch
die Stickarbeit für Cecilia die erste persönliche „Tuchfühlung“.
2. I think we came into contact with each other many years ago because you embroidered a stomacher for Cecilia. At that time you were definitely not at the events with us. Was that the initial spark for you?
I had been watching the scene on the net for a while, but for a long time I didn't trust myself to take part. In this respect, the contact through the embroidery was the first personal "touch" for Cecilia.
3. Du
hast ja in dem Sinne das Hobby nicht allein angefangen, sondern von der ersten
Anno Domini-Veranstaltung an war Dein Ehemann als Pfarrer mit dabei. Ich habe
selber festgestellt bei meiner Recherche für "meinen" Ratsherrn, dass
es unheimlich schwierig ist Details über die Kleidung heraus zu finden - das
wird nicht einfacher dadurch, dass die scheinbar offizielle Kleidung der Ratsherren auf den Bildern
im Museum[2] [3] schwarz ist. Ich habe praktisch keine Originale gefunden, sondern nur
Bildquellen und Inventare genutzt. Ging es Dir da besser für die Kleidung des
Pfarrers?
Zum Glück gibt es zahlreiche Darstellungen von Pfarrern aus dem
18. Jh. Die Stoffwahl war auch nicht so kompliziert, weil diese ja nur schwarz
gekleidet waren. Der Schnitt entsprach dem der herrschenden Mode – vielleicht
etwas konservativer. Rüschen oder gar Spitzengarnituren am Hemd findet man eher
selten oder gar nicht.
3. In that sense, you didn't start your hobby alone, but your husband was there as a pastor from the first Anno Domini event. During my research for "my" councilor, I found out that it is incredibly difficult to find out details about the clothing - this is not made easier by the fact that the apparently official clothing of the councilors in the pictures in the museum [2] [3] is black. I practically didn't find any originals, just used image sources and inventories. Have you been luckyer for the priest's clothes?
Fortunately, there are numerous depictions of pastors from the 18th century. The choice of fabric was also not that complicated, because they were only dressed in black. The cut corresponded to that of the prevailing fashion - perhaps a little more conservative. Ruffles or even lace trimmings on shirts are scarce or not existing at all.
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Brot wie es bei uns in Wackershofen gebacken wurde. - Bread like it was baked in Wackershofen. |
4. Sehr
beeindruckend fand ich immer, dass Du trotz Deiner akademischen Ausrichtung als
Historikerin doch sehr praktisch veranlagt bist. Du kannst prima Brot backen in
unseren Backöfen in Wackershofen und sammelst auch Kräuter. Woher kommt Deine
Affinität und praktische Begabung?
Warum sollte man als Kunsthistorikerin nicht auch praktisch
veranlagt sein? Ich muss zugeben, dass ich das Fach nie so „verkopft“ betrieben
habe. Daher habe ich auch für meine Dissertation ein „handfestes“ Thema
gewählt. Die Geschichte praktisch und unmittelbar erfahrbar darzustellen, kommt
mir deshalb auch so entgegen.
4. I always found it very impressive that despite your academic orientation as a historian, you are very practical. You can bake bread in our ovens in Wackershofen and also collect herbs. Where does your affinity and practical talent come from?
As an art historian, why shouldn't you have a practical disposition? I have to admit that I have never been so “heady” about the subject. That's why I chose a “tangible” topic for my dissertation. So presenting the story in a practical and directly tangible way suits me.
5. Du bist ja mittlerweile irgendwie ein Teil
der Familie geworden und ich finde es daher stimmig, dass wir zumindest bei den
Landleben-Veranstaltungen auch eine Familie zusammen spielen. Nun muss ich
eventuell erklären, warum meine Mutter im April nicht dabei ist (falls unsere
Veranstaltung stattfindet). Hast Du eine historisch schlüssige Erklärung?
Vielleicht ein Besuch bei Verwandten?
Das ist doch eine gute Idee! Die Nichte im Nachbardorf hat ihr
erstes Kind bekommen und braucht Unterstützung. Meine „Kinder“ sind ja schon
„groß“ und brauchen mich nicht mehr so dringend.
5. In the meantime you have somehow become part of the family and I therefore think it is right that we play a family together at least at the country life events. Now I might have to explain why my mother won't be there in April (if our event takes place). Do you have a historically conclusive explanation? Maybe a visit to relatives?
That's a good idea! The niece in the neighboring village has had her first child and needs support. My "children" are already "fully grown" and no longer need me so badly.
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Als Frau Pfarrerin im Sonntagsstaat. - As the wife of a pastor in her Sunday best. |