Freitag, 25. April 2025

Wundersame Zeichen - Miracolous signs 1625 p.1

Dieses Jahr war wie kein anderes davon geprägt, dass wir auf unserer Veranstaltung auch Pferde benötigten. Denn der Fokus lag neben den Zeichen, die man am Himmel zu erkennen glaubte, auf ein Reiterregiment, das auf dem Land rund um Schwäbisch Hall ab Ostern 1625 einquartiert war [1]. Kurz vor der Veranstaltung erfuhr ich, dass wir diesmal sogar 5 Pferde haben sollten, was uns als Organisatoren natürlich sehr gefreut hat. Somit waren wir auch erleichtert, als am Aufbautag tatsächlich gleich 3 Pferde auf der Koppel standen. Diese sollten für den Kürassier, den Trompeter und den Quartiermeister genutzt werden. Später kamen noch zwei Pferde von denen eines von Landhauptmann Rauchhaupt geritten wurde [2].

Im Wirtshaus am ersten Abend nach unserer Ankunft. - In our tavern at the first evening after our arrival. (photo: C. Hanselmann)


This year, like no other, was characterized by the fact that we also needed horses for our event. In addition to the signs one thought one could see in the sky, the focus was on a cavalry regiment that had been quartered in the countryside around Schwäbisch Hall since Easter 1625 [1]. Shortly before the event, I learned that we would have five horses this time, which naturally made us, as organizers, very happy. So we were relieved when, on the day of setup, there were actually three horses in the paddock. These were to be used by the cuirassier, the trumpeter, and the quartermaster. Two more horses arrived later, one of which was ridden by Landhauptmann Rauchhaupt [2].

Bei der Andacht am Freitag. - At the service at Friday. (photo: M. Leyendecker)


Ich selbst musste rasch feststellen, dass ich statt 2 Knechten und 3 Mägden diesmal mit einem Knecht und zwei Mägden vorlieb nehmen musste. Deswegen suchte ich gleich von Anfang an für künftige Jahre Hausgesinde, denn vor allem am Morgen braucht man genug Leute, die rasch für Haushalt und Wirtshausgäste das Frühstück auf den Tisch bringen, das Feuer machen usw. [3]. Dank erstaunlich gutem Wetter konnte schon am Karfreitag die Andacht unter freiem Himmel stattfinden.

I quickly realized that instead of two farmhands and three maids, I would have to make do with one farmhand and two maids this time. Therefore, right from the start, I began looking for domestic servants for future years, because, especially in the morning, you need enough people to quickly bring breakfast to the table for the household and the inn guests, light the fire, etc. [3]. Thanks to surprisingly good weather, the service could already take place outdoors on Good Friday.


Gegen Mittag wurde in meiner Stube die neue Schützenscheibe vorgestellt, welche an diesem Karsamstag "beschossen" werden sollte.

At noon, the new shooting target, which was to be "shot at" on Holy Saturday, was presented in my room.

Der stolze Künstler präsentiert in meiner Schankstube die Schützenscheibe. - The proud artist presents the target in my taproom. (photo: S. Winter)

Von ferne habe ich davon gehört, dass sich die Kunde von wundersamen Zeichen verbreitete. Denn ich hatte wichtigeres zu tun indem ich vor dem Hof eines anderen Landmannes den Landhauptmann erwartete. Er traf ein und ich konnte ihm mitteilen, dass ich unlängst einem Trupp des Reiterregiments Wittenhorst begegnet war. Kurz darauf trafen die erwarteten Reiter ein. Der Hausvater des Hofes [4] ließ die Reiter absitzen und gab ihnen zu trinken. Danach ritten sie geführt von mir und dem Landhauptmann zu unserem Hof weiter. 

From afar, I heard that news of miraculous signs was spreading. I had more important things to do, waiting for the captain at another farmer's farm. He arrived, and I was able to tell him that I had recently encountered a troop of the Wittenhorst Cavalry Regiment. Shortly thereafter, the expected riders arrived. The head of the farm [4] had the riders dismount and gave them something to drink. Afterwards, they rode on to our farm, led by me and the captain.

Ich treffe erst auf den Landhauptmann und dann treffen - hier links im Bild - die drei Reiter des Regiments Wittenhorst ein. Der Kürisser trägt noch nicht seine Rüstung. - I'm meeting first the Landhauptmann (captain) and afterwards - at the left in the picture - the three riders of the Wittenhorst regiment are arriving. The cuirassier has not his armour. (photo: M. Leyendecker)

 


Freitag, 11. April 2025

Viel erlebt im März - A lot in March

Dieses Jahr habe ich viel für das nächste Jahr recherchiert. Das ist eher ungewöhnlich, liegt aber nicht zuletzt daran, weil ich das Buch von Wilhelm German [1] relativ günstig erwerben konnte. In diesem Versuch einer Haller Chronik gibt es einfach Hinweise auf Ereignisse, die man anderswo nicht findet. In derselben Zeit waren auch unsere Mitstreiter nicht untätig. Ein Darsteller bereitet die Schützenscheibe für 1625 [2] zu.

This year I've done a lot of research for next year. This is rather unusual, but it's not least because I was able to acquire Wilhelm German's book [1] relatively inexpensively. This attempt at a Hall chronicle simply contains references to events that cannot be found elsewhere. During this same period, our fellow campaigners were also not idle. A performer prepares the shooting target for 1625 [2].

Einer unserer Darsteller [3] hat die Ausstattung als Kürisser begonnen fertigzustellen. Das passt natürlich zu den 1625 einquartierten Kürissern. - One of our participants had started to finish his equipment for a cuirassier. Naturaly that's for our 1625 event. (photo: Daniel Klotz, 2025)




Wir waren auch in Köln, wo ich mich davon überzeugen ließ, dass es in der Stadt ein paar aus unserem Blickwinkel interessante Ecken gibt - sogar ein paar Stadthäuser aus dem 17. Jahrhundert. Wir haben in diesem Monat noch ein wenig Honours of War gespielt und sogar zwei verschiedene Schlachten. Von einer der beiden kann ich hier Bilder zeigen.

We also went to Cologne, where I was convinced that the city has a few interesting spots from our perspective—even a few 17th-century townhouses. We played a bit of Honours of War this month and even played two different battles. I can show pictures of one of them here.

Hier die preußische Wagenkolonne in dem Gefecht bei Domstadtl 1758. - Here the Prussian column of waggons at the encounter at Domstadtl in 1758. (photo: L. Fischer)

Zieten kommt heran um die Kolonne vor dem Angriff der Österreicher unter Laudon zu retten. - Zieten is coming to rescue the column while Laudon's Austrians are attacking. (photo: L. Fischer)

Ich spielte einen Teil der Österreicher unter Siskowitz und wir hatten kaum eine Chance gegen die preußische Infanterie. Daher konzentrierten wir uns darauf so schnell wie möglich Wagen zu erobern und die weniger gute Eskorte des Zuges zu schlagen. - I played a section of the Austrians under Siskowitz and we had little chance against the Prussian infantry. Therefor we were much focussed on taking the waggons and to rout the weaker parts of the escort. (photo: L. Fischer)

Donnerstag, 3. April 2025

Die Achtung vor dem Amtmann - The respect for the bailiff (in 1775)

Es ist spannend wie penibel die Amtspersonen im 18. Jahrhundert auf ihre Würde achteten. So bestand man darauf, dass dem Amtmann die nötige Achtung entgegen gebracht wurde. Wir versuchen das auch auf unseren Veranstaltungen in unserem Verhalten widerzuspiegeln. Normalerweise findet man keine Vergehen, die sich gegen die Würde der Obrigkeit verging, was auch heißen kann, dass man früher nicht so akribisch darauf geachtet hatte. Es ist indessen auch nicht so, dass die Vertreter der Reichsstadt in der Fläche wie die Schultheißen selbst immer ganz vorbildlich sich verhielten. So habe ich in den Jahren meiner Recherchen schon einmal einen Schultheiß gefunden, der mehrfach straffällig wurde indem er einfach so Einwohner seines Dorfes mit seiner Flinte bedrohte und beschimpfte.

It is exciting how meticulously officials in the 18th century paid attention to their dignity. So it was insisted that the bailiff was shown the necessary respect. We also try to reflect this in our behavior at our events. Normally you don't find any offenses against the dignity of the authorities, which may also mean that they weren't so meticulous in the past. However, it is not the case that the representatives of the imperial city in the area, like the mayors themselves, always behaved in an exemplary manner. In the years of my research, I have already found a mayor who committed multiple crimes by simply threatening and insulting the residents of his village with his gun.

Der Amtmann 1763 im Steigengasthaus mit dem damaligen Pfarrer und seiner Frau. Bei Kirchenvisitationen speiste der Amtmann regelmäßig mit den Pfarrern in den Wirtshäusern in seinem Amt. - The bailiff in the tavern together with the vicar and his wife in 1763. At the occassion of the "Kirchenvisitationen" the bailiff regulary took his meal with the priests in the inns of his district. (photo: M. Paulick 2013)

 

Konkrete Beispiele findet man immer wieder in einer der besten Quellen zum Leben der Bauern untereinander und mit der Obrigkeit in Form der Amtsrechnungen. Die Häufung solcher Fälle von scheinbar gedemütigtem Stolz der Vertreter des Staates ist 1775 aber wirklich ungewöhnlich. Ich habe ja zuvor bereits viele Amtsrechnungen anderer Jahre durchgesehen. Ein Bauer aus Hegenau[1] beispielsweise trat am 25. Juli vor eine Deputation ohne seinen Hut abzuziehen, wobei es scheinbar allein schon schlimm genug war, dass er die „HeydStuben“ betrat mit Hut auf dem Kopfe. Der Bauer sollte 1775 1 fl. Strafe für diese „Grobheit“ bezahlen[2]

Concrete examples can always be found in one of the best sources on the lives of farmers among themselves and with the authorities in the form of official accounts. The accumulation of such cases of seemingly humiliated pride among state representatives is really unusual in 1775. I have already looked through many official accounts from other years. A farmer from Hegenau[1], for example, appeared before a deputation on July 25th without taking off his hat, although it was apparently bad enough that he entered the “HeydStuben” with a hat on his head. In 1775 the farmer had to pay a fine of 1 fl. for this “rudeness” [2].

 

Der Amtmann siegelt 1769 ein Schreiben. - The bailiff put his seal on a writing in 1769. (photo: C. Behnke, 2019)

Ebenso wollte auch ein Schultheiß keinen Schimpf auf sich sitzen lassen. So verklagte der Schultheiß des kleinen Dorfes Rieden einen Hans Jörg Weidner, ebenfalls von dort, der ihn damit beleidigt haben soll, dass er angeblich besser zum „Eselstreiber“ statt zum Schultheißen getaugt hätte[3]. Wenige Tage danach am 12. August verging sich auch ein Bauer, Jörg Adam Haug, aus Biebersfeld, welcher die Herrschaften in der Amtsstube geärgert habe indem er ohne anzuklopfen und mit dem Hut auf dem Kopf eingetreten sei[4]. Leider wird die Amtsstube nicht näher beschrieben und ich habe bislang nichts weiter darüber gefunden. Der Amtmann des Amtes Rosengarten selbst hatte auf dem Land keinen Amtssitz[5] sondern wohnten in den Mauern der Reichsstadt, wo sie bei Anliegen der Untertanen wie Anzeigen von Straftaten scheinbar in ihrer Privatwohnung aufgesucht wurden.

Beleidigungen mit groben Worten wurden aber härter geahndet. Ähnlich wie es dem Riedener Schultheiß ergangen war, wurden auch die beiden Schultheißen [6] von Uttenhofen und auch der dortige Wirt Seckel durch Friedrich Zörn "elende Tropfen" genannt, wofür Zörn immerhin 3 fl. Strafe zahlen musste [7].

Likewise, a mayor (Schultheiß) did not want to endure any insults. The mayor of the small village of Rieden sued Hans Jörg Weidner, also from there, who is said to have insulted him by saying that he would have been better suited to be a “donkey driver” instead of a mayor[3]. A few days later, on August 12th, a farmer, Jörg Adam Haug, from Biebersfeld, also committed himself because he annoyed the people in the office by entering without knocking and with his hat on his head[4]. Unfortunately, the office is not described in more detail and I have not found anything further about it so far. The bailiff of the Rosengarten office himself did not have an official residence in the countryside[5] but lived within the walls of the imperial city, where they were apparently visited in their private apartment if their subjects had concerns such as reporting crimes.

However, insults with harsh words were punished more severely. Similar to what happened to the Rieden mayor, the two mayors [6] of Uttenhofen and the local innkeeper Seckel were called "miserable drops" by Friedrich Zörn, for which Zörn had to pay a fine of 3 fl. [7].