Mittwoch, 29. August 2018

Anno Domini 1743 – Freud und Leid Teil 2 / Part 2


Am nächsten Tag fungierte ich wieder als Schultheiß von Übrigshausen. Wir stellten nach, was wohl am 7. Juli 1743 passiert sein kann. Nach einem hervorragenden Frühstück mit Musmehl und Früchten, die es in diesem Jahr in solch einer Fülle gab, begannen die Mägde Johanna und Kathrina vor unserem Haus mit der Wäsche. Leider setzte just in dem Augenblick der Regen ein. Wir fragten uns natürlich wie die Wäsche trocken werden sollte.
Unsere Tochter kam zur Schule und es gefiel ihr sehr gut, weil es lustig gewesen sein soll, was der Lehrer beibrachte. Die Kinder lernten „Geh aus mein Herz und suche Freud“ (Paul Gerhardt). 

Eine unserer Mägde bei der Wäsche - one of our maids making the laundry.


Next day I was again the Schultheiß of Übrigshausen. We recreated what maybe happened at the july 7th 1743. After a very delicious breakfast with “Musmehl” and fruits – we had plenty of them especially this year – the maids Johanna and Kathrina started to make the laundry. Unfortunately the rain came and we feared that the laundry could not dry.
Our daughter went to the school and she was very pleased with it because it was so funny there. The kids learned “Geh aus mein Herz und suche Freud” by Paul Gerhardt). 

Wir stellten Dachschindeln her, zuerst auf dem Hackklotz - we produced roofing shingles at the chopping block.
 
Dann die Feinarbeit an unserer Scheune - then the details at our barn.

Da der Regen eher stärker als schwächer wurde, mussten wir uns dazu entschließen statt der Getreideernte zu dreschen. Dies fand in der Scheune beim Schulmeister Weidner statt und wir hatten alle unseren Spaß damit. Es war spannend zu erleben wieviel Körner man in gewisser Weise heraus dreschen konnte und wir versuchten zu dritt und zu viert mit verschiedenen Sprüchen wie „Die Worscht hoat zwoa Zipfal“ oder „Och-sen-kopf“ im Takt zu bleiben, um möglichst rasch viel zu dreschen.

As the rain became more and more heavy, we decided to make threshing instead of our grain harvest. This took place in schoolmaster Weidner’s barn and we all had our fun. It was interesting to learn how many grain we get and we tried out several mottos like “Die Worscht hoat zwoa Zipfal” or “Och-sen-kopf”. We were three or four men.

Die französischen Soldaten im Wirtshaus - French soldiers at the inn.


Später war es an der Zeit die Verwundeten nach Hall zu schaffen. Etwas verspätet kam ein Fuhrwerk an, das von einem österreichischen Husaren bewacht wurde. Der Husar bot uns Bauern verschiedene Waffen wie Degen, Säbel und eine Flinte aber auch Kleidung wie einen roten Dragonerrock und mehr zum Kauf an. Aber wir konnten nichts damit anfangen und hatten wohl auch schon gehört, dass der Rat solche Waren wieder einziehen könnte. Die meisten Einwohner bis auf ein paar Mägde zeigten sich froh, dass die Franzosen endlich fort waren.
Die Verwundungen waren laut einem neuen Barbier, der sie beschaute nicht so schlimm wie es zuvor der Barbier von Übrigshausen gesagt hatte. Dennoch ächzte ein grauhaariger Füsilier doch so ziemlich während ein Grenadier mit seinem Schnurbart recht munter wirkte. Wir vermuteten, dass einer der Verwundeten ein Dagroneroffizier war. Denn er hatte einen langen grauen Mantel und schien mit den Soldaten nicht viel gemein zu haben. Es war nicht schwierig alle auf den Wagen zu laden.
Wie gewohnt klang der Abend im Wirtshaus aus. Dort war nun auch ein jüdischer Krämer angekommen, der seine Bänder anbot und jüdische Lieder zum Besten gab.

Das Fuhrwerk bereit zum Abtransport - the waggon ready for the transport of the French soldiers.



Later it was time to send the wounded to Hall. A bit too late the waggon arrived. It was guarded by an Austrian hussar. The hussar wanted to sell us weapons like a small sword, a saber and a musket but garments like a red dragoon’s coat and more too. But we could not set about and had heard that the magistrate of Schwäbisch Hall would punish us for buying stolen Goods. Most of our inhabitants were happy about the French departure except some maids.
The wounds were not too serious as a new barber told us. Nevertheless a grey haired fusilier groaned loadly, while a grenadier with his moustache next to him looked a lot better. We suspected that one of them in his grey cape was a officer of the dragoons, because he seemed to have not much to do with the ordinary soldiers. It was easy to load all of them on the waggon.
As before the evening was passed at the inn. There a Jewish chandler had arrived and wanted to trade with silk laces and he sung Jewish songs.

Vor dem Gang zum Wirtshaus, Knecht Christoph repariert Schuhe, der Schultheiß Gunkel probiert sich auf dem Scheitholt - shortly before walking to the inn: Christoph repairing shoes and the Schultheiß Gunkel with a Scheitholt.

Text: André Hanselmann
Fotos: Stefan Winter

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