Heute möchte ich euch ein bisschen Leonard Dorn vorstellen, den ich sozusagen bei seinen ersten
Schritten im Reenactment begleitet habe. Bei uns auf den Veranstaltungen war er schon als er noch
Schüler war sehr wichtig, da er wie beispielsweise im Museum am Kiekeberg auf einer
Veranstaltung, die das Thema Tanzen im Mittelpunkt hatte, als Geiger fungierte. Hierfür konnten
wir uns damals auch eine bereits publizierte Tanzschrift aus den 1790ern zunutze machen [1]. Das war
besonders toll, da wir dergleichen meines Wissens aus dem Hällischen nicht haben.
Neben der
zivilen Darstellung auf unseren Events in Wackershofen, Roscheider Hof und anderswo, war
Leonard Dorn auch schon auf anderen Veranstaltungen dabei und hat auch bei der Schaumburg-
Bückeburgischen Artillerie mitgewirkt.
Leonard Dorn hat an der Universität Bonn Geschichte studiert und arbeitet derzeit am Deutschen
Historischen Institut Paris an seiner Promotion. Verschiedene Publikationen sind von ihm bereits
erschienen wie seine Bachelorarbeit zu General Dietrich Goswin von Bockum-Dolffs [2]. Schon sehr
früh während seinem Studium hat Leonard Dorn an der bedeutenden Ausstellung "Wider
Napoleon!" in Lüdenscheid mitgewirkt [3].
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Leonard
Dorn als Dorfmusiker mit Geige auf unserer Anno Domini 1743
Veranstaltung 2018 vor dem Hintergrund des Scharmützels bei
Übrigshausen. - Leonard Dorn as a musician of our village on our Anno
Domini 1743 event in 2018 which had the encounter at Übrigshausen as
the historical background. (photo: Claudia Behnke 2018)
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Today I would like to introduce you to Leonard Dorn, who I
accompanied on his first steps in reenactment. Even as a student, he played an
important role in our events, for example as a violinist at the Museum am
Kiekeberg during an event focusing on dance. We were also able to use an
already published dance book from the 1790s [1]. That was especially great because,
as far as I know, we don't have anything like that in the region of Schwäbisch Hall.
In addition to the civilian presentation at our events in Wackershofen,
Roscheider Hof and elsewhere, Leonard Dorn was also present at other events and
participated in the Schaumburg-Bückeburg Artillery.
Leonard Dorn studied
history at the University of Bonn and is currently working on his doctorate at
the German Historical Institute in Paris. He is the author of several
publications, including his bachelor's thesis on the Prussian general Dietrich
Goswin von Bockum-Dolffs [2]. Very early in his studies, Leonard Dorn
participated in the important exhibition "Against Napoleon!" in
Lüdenscheid [3].
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Schloss Friedenstein Gotha. - Friedenstein Castle in Gotha. (Foto: L. Dorn, CC BY-SA 4.0)
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André Hanselmann: Hallo Leo, wie geht es Dir? Wie bist Du durch die Corona-Zeit gekommen?
André Hanselmann: Hello Leo, how are you? How did you get through the Corona period?
Leonard Dorn: Hallo André, gut, Danke der Nachfrage. Die Corona-Zeit war für meine Recherchen gar kein
so starker Einschnitt, da ich für mein aktuelles Projekt zeitgleich zum Pandemieausbruch in
Deutschland den letzten Archivaufenthalt in Berlin abgeschlossen hatte. Gegen Ende der
Pandemie konnte ich dann noch Recherchen an den Forschungsbibliotheken Wolfenbüttel
und Gotha durchführen und habe dabei viele sehr nette Forschende kennenlernen dürfen.
André Hanselmann: Hello Leo, how are you? How did you get through the Corona period?
Leonard Dorn: Hi André, well, thanks for asking. The Corona period was not
such a big break in my research, as I had just finished my last archival stay
in Berlin for my current project when the pandemic broke out in Germany.
Towards the end of the pandemic, I was able to do research at the scientific libraries
in Wolfenbüttel and Gotha, and met many very kind researchers.
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Bildcollage mit Motiven aus dem Musée Condé. - Pictures out of the musée Condé. (Foto: Leonard Dorn, CC BY-SA 4.0) |
2- André Hanselmann: Du hast ja ein Faible besonders für die französische Armee, hast auch - übrigens so wie auch
unser erster Interviewpartner Günter Schneider [4] - die Gelegenheit gehabt in Frankreich zu
forschen.
Mit Spannung warte ich offengestanden auf eine Publikation von Dir zur französischen
Armee im Siebenjährigen Krieg. Habe ich da gute Karten? Hast Du etwas im Petto?
Würdest Du Dich
als Militärhistoriker sehen? Deine bisherigen Publikationen weisen ja eher in die Richtung.
Leonard Dorn: Ich sehe mich auch als Militärhistoriker und Konfliktforscher, vor allem aber als 18.-
Jahrhundert-Forscher.
Es kann gut sein, dass ich nach meinem aktuellen Projekt thematisch
etwas anderes ausprobiere.
Langfristig ist mein nächstes Buch natürlich meine Dissertation zu Kriegsgefangenschaft im
Westen des Heiligen Römischen Reiches im Siebenjährigen Krieg. Viele französische
Soldaten wurden in diesem Konflikt im heutigen Niedersachsen gefangen gehalten und
wurden teilweise in die Häuser der Landbevölkerung einquartiert. In meiner Studie geht es
sehr viel um das Königreich Frankreich, aber auch um Großbritannien-Hannover, Kurköln,
Sachsen-Gotha und viele weitere Fürstentümer des Alten Reiches. Es dauert aber durchaus
seine Zeit bis größere Publikation fertiggestellt sind.
Daher habe noch etwas anderes im
Petto:
Demnächst steht ein kurzer Beitrag an, der den Umgang mit Gefangenen in einer Schlacht
des Siebenjährigen Krieges aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Bebilderung ist
dafür natürlich ein Muss, aber du kennst als Blogbetreiber ja die Schwierigkeit mit den
Bildrechten. Ich bin dafür am Wochenende zum Château de Chantilly im Umland von Paris
gefahren und habe im Musée Condé ein paar, wie ich finde, sehr schöne Aufnahmen
machen können. Der Text ist im Themenportal der „Max Weber Stiftung – Deutsche
Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland“ erschienen [5]. Das 18. Jahrhundert ist in dem
Themenportal bisher kaum vertreten. Das Publikum kann also vermutlich mit dem
Siebenjährigen Krieg im ersten Moment nicht viel anfangen.
Im Text wird deshalb alles möglichst ‚einfach‘ erklärt. Das ist beim Schreiben zunächst
ungewohnt und auch ein bisschen herausfordernd.
Bei Living History stehen wir oft vor
demselben Problem: Es ist viel Interesse bei den Besucher:innen da, aber du kannst kein
Vorwissen über die Gesellschaft und Kultur des 18. Jahrhunderts voraussetzen. Du musst dir
überlegen, welche Begriffe du umschreibst und welche Begriffe so wichtig sind, dass du sie
erklärst und die Besucher:innen dadurch im Idealfall die Zeit etwas besser verstehen. Statt
zeitspezifischer und an sich richtigen Begriffen wie „Bagage“, muss es dann eben „Gepäck
der Armee“ sein.
Meine neuen Publikationen zum Siebenjährigen Krieg liste ich seit kurzem in meinem Blog
auf: https://dsk.hypotheses.org/publikationen. Zuletzt ist z.B. ein Aufsatz zum Thema
Zivilisationsbehauptungen und Barbareivorwürfen im Krieg online erschienen: https://kath-
akademie-bayern.de/wp-content/uploads/debatte_2022-4.pdf Kriegsgefangenschaft ist in
den letzten Jahren leider wieder ein sehr aktuelles Thema geworden.
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Auf einer privaten Veranstaltung in Bayreuth 2009. - On a privat event in Bayreuth in 2009.
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2- André Hanselmann: You have a particular soft spot for the French army and -
like our first interviewee Günter Schneider [4] - you also had the opportunity
to do research in France.
To be honest, I am eagerly awaiting an upcoming
publication from you on the French Army in the Seven Years' War. Do I have a
good chance there? Do you have anything up your sleeve?
Would you consider
yourself a military historian? Your previous publications point more in that
direction.
Leonard Dorn: I also see myself as a military historian and conflict
scientist, but above all as an 18th century researcher. t may well be that
after my current project I will try something else thematically.
In the long
term, my next book is of course my dissertation on captivity in the western
part of the Holy Roman Empire during the Seven Years' War. During this
conflict, many French soldiers were held prisoner in what is now Lower Saxony,
sometimes in the homes of the rural population. My study is very much about the
Kingdom of France, but also about Great Britain-Hannover, the Electorate of
Cologne, Saxony-Gotha and many other principalities of the Holy Roman Empire.
However, it will definitely take some time to publish larger works.
So I have
something else up my sleeve: A short article will be published soon that will
look at the treatment of prisoners in a battle of the Seven Years' War from
different perspectives. Illustrations are a must, of course, but as a blog host
you know the difficulties with image rights. I went to the Château de Chantilly
in the outskirts of Paris over the weekend and was able to take what I thought
were some very nice photos in the Musée Condé. The text appeared in the thematic
portal of the "Max Weber Foundation - German Humanities Institutes
Abroad" [5]. The 18th century is hardly represented in the thematic portal
so far. So the audience probably won't be able to make much of the Seven Years'
War at first. Therefore, everything in the text is explained as plain and
concise as possible. This is unusual at first and a bit challenging to write.
With Living History we often face the same problem: there is a lot of interest
among visitors, but you cannot assume any prior knowledge of 18th century
society and culture. You have to think about which terms to describe, and which
terms are important enough to explain and ideally help visitors understand the
period a little better. Instead of using time-specific and inherently correct
terms like "bagage," you need to use "army luggage" [at
least in German]. I have recently started listing my new publications on the
Seven Years' War in my blog: https://dsk.hypotheses.org/publikationen.
Recently, for example, an essay on the subject of claims of civilization and
accusations of barbarism during war appeared online:
https://kath-akademie-bayern.de/wp-content/uploads/debatte_2022-4.pdf War
captivity has unfortunately become a very current topic again in recent years.
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In Bottrop 2010 als Gehilfe eines Preußischen Ingenieuroffiziers. - At Bottrop in 2010 as an assistant of a Prussian officer of the engineers. |
3 - André Hanselmann: Apropos: ich hatte auch einmal mitbekommen, dass Du auch an der großartigen kronoskaf-
Seite [6] mit Artikeln mitwirkst. Bist Du da noch sehr aktiv? Was meinst Du, wird es nachdem auch
was zu Spanischen Erbfolgekrieg [7] dazu kam, auch ein eigener Bereich zum Österreichischen
Erbfolgekrieg kommen?
Leonard Dorn: Ich habe bei kronoskaf bisher nur einige kleine Quellenhinweise gegeben.
Ich war bisher
mehr auf Wikipedia aktiv. Ich habe unter anderem etwas zu den Artikeln Vertrag von
Versailles (1756), Schlacht bei Saint-Cast, Tacky’s Rebellion und Mousquetaires de la garde
beigetragen. Der Artikel zu den zwei Kompanien der Musketiere des Königs ist sicherlich bei
Interesse am Österreichischen Erbfolgekrieg interessant. Dazu kann ich auch einen
Buchtipp geben: „Les mousquetaires du roi: Une troupe d’élite au coeur du pouvoir“. Der
Autor ist einer der historischen Berater der Arte Doku „D'Artagnan, Musketier im Dienst des
Sonnenkönigs“ sowie des französischen Kinofilms, den du in deiner Rezension ganz schön
verrissen hast [8].
Derzeit läuft zu dem Thema auch eine Ausstellung im Archiv des
französischen Verteidigungsministeriums.
Auch in meinen eigenen Forschungen zum Siebenjährigen Krieg spielt der Österreichische
Erbfolgekrieg eine wichtige Rolle. Für die Offiziere der kriegführenden Mächte war er ein
wichtiger Referenzpunkt. Der Umgang mit Kriegsgefangenschaft war vor allem ein
Kriegsbrauch. Die Akteure beriefen sich häufig auf Präzedenzfälle aus den 1740er Jahren
und versuchten an Verträge von damals anzuknüpfen. Französische und britische Offiziere
erinnerten besonders Episoden der Schlachten bei Dettingen (1743) und Fontenoy (1745).
Bei Dettingen stellte der Herzog von Cumberland den französischen Gefangenen seine
Ärzte zur Verfügung und bei Fontenoy soll Ludwig XV. auf dem Schlachtfeld Tränen für seine
Gegner vergossen haben. Mildes Verhalten gegenüber besiegten Feinden wurde in der
Logik von Gabe und Gegengabe mit Verweisen auf Dettingen und Fontenoy begründet. Die
Interaktion mit hochrangigen Gefangenen entfaltete also langfristige Wirkungen.
3 - André Hanselmann: Speaking of which: I also noticed that you used to
contribute articles to the terrific kronoskaf [6] site. Are you still active
there? What do you think, after what was added to the War of the Spanish
Succession [7], will there also be a separate area for the War of the Austrian
Succession?
Leonard Dorn: So far I have only given a few small references to sources
at kronoskaf.
I've been more active on Wikipedia. I contributed to the articles
Treaty of Versailles (1756), Battle of Saint-Cast, Tacky's Rebellion and
Mousquetaires de la garde. The article on the two companies of the King's
Musketeers is certainly worth reading if you are interested in the War of the
Austrian Succession. I can also give you a book tip: "Les mousquetaires du
roi: Une troupe d'élite au coeur du pouvoir". The author is one of the historical
consultants for the Arte documentary "D'Artagnan, Musketeer in the Service
of the Sun King" and for the French film that you really panned in your
review [8].
There is currently an exhibition on the subject in the archives of
the French Ministry of Defense.
The War of the Austrian Succession also plays
an important role in my own research on the Seven Years' War. It was an
important point of reference for the officers of the warring powers. The
treatment of prisoners of war was first and foremost a wartime custom. The
protagonists often referred to precedents from the 1740s and tried to build on
treaties from that time. French and British officers particularly remembered
episodes from the battles of Dettingen (1743) and Fontenoy (1745). At Dettingen,
the Duke of Cumberland made his doctors available to the French prisoners, and
at Fontenoy, Louis XV is said to have shed tears for his enemies on the
battlefield. Mild treatment of defeated enemies was justified in the logic of
reciprocity with references to Dettingen and Fontenoy. Interaction with
high-ranking prisoners therefore had long-term effects.
4 - André Hanselmann Ich will ein bisschen auf Dein Studium zurück kommen. Bonn ist ja eine Stadt, welche durchaus
im 18. Jh. einige Bedeutung als Residenzstadt hatte. Im Beethoven-Film aus dem lJahr 2020 ("Louis
van Beethoven" [9]) kam das ein bisschen vor. Hat Dich Bonn ein bisschen als Historiker
geprägt? Bei mir selber ist es ja so, dass es schwer ist in meinen Recherchen sowas wie die
Schlacht bei Freiburg 1644 [10] oder die Belagerung von Freiburg 1744 [11] außen vor zu lassen,
wenn es einfach vor der Haustür liegt.
Leonard Dorn: Ja, absolut. Über das Kurfürstentum Köln mit seiner Residenzstadt Bonn wusste ich vor
meinem Bachelor- und Masterstudium im Prinzip nichts.
Auch unabhängig von
werbewirksamen Größen wie Beethoven – den Film habe ich übrigens noch nicht gesehen,
vielleicht muss ich es mal nachholen – gibt es bei der Beschäftigung mit rheinischer
Geschichte viel zu entdecken.
Einige der Bonner Hofkünstler, etwa Georg Desmarées, Robert de Cotte und François
Rousseau, haben großartige Werke geschaffen. Es gibt ein François Rousseau
zugeschriebenes Gemälde aus den 1740er Jahren, dass eine Kirmes vor dem Poppelsdorfer
Schloss in Bonn zeigt. Darauf sind viele Details, die für auch als Inspiration für Living History
dienen können. Es ist fast eine Art Wimmelbild. Außerdem ist im Stadtmuseum eine
umfangreiche Bilderserie zu Rheinfahrt und Einzug des Koadjutors (=zu Lebzeiten
gewählter Nachfolger des regierenden Erzbischofs gewählter Nachfolger) Maximilian Franz
von Habsburg, einer der Söhne Kaiserin-Königin Maria Theresias.
Außerdem waren die Kurfürsten und Erzbischöfe von Köln in Personalunion Herrscher
verschiedener anderer Fürstbistümern.
Kurköln ist ein gutes Studienobjekt, wenn man das
Phänomen zusammengesetzte Staatlichkeit verstehen möchte. Das bedeutete ein Fürst
vereinte die Herrschaft über mehrere Territorien in seiner Person, diese blieben aber
eigenständig und hatten jeweils ihre eigenen Ständeversammlungen, Gesetze und
Gepflogenheiten. Außerdem war Kurköln ein geistliches Fürstentum, was im Heiligen
Römischen Reich, nichts Ungewöhnliches war. Die geistlichen Fürstentümer in der
Forschung lange im Schatten der großen „Machtstaaten“ wie Preußen. Das Studium in Bonn
hat mich für diese eher weniger beachteten Fürstentümer sensibilisiert und ich Räume
ihnen in meiner Arbeit entsprechend nun auch Platz ein.
In Bonn gab es zum Beethovenjahr 2020, das leider durch Corona ein ziemlicher Flop war,
auch eine Ausstellung zum Thema „Bonns Goldenes Zeitalter“ zur kurkölnischen
Residenzstadt im späten 18. Jahrhundert.
4 - André Hanselmann: I would like to come back a little bit to your studies. Bonn
is a city that had some importance as a princely residence city in the 18th
century. This was a bit of a theme in the Beethoven movie 2020 ("Louis van
Beethoven" [9]). Has Bonn influenced you as a historian? It's hard for me to ignore
something like the Battle of Freiburg in 1644 [10] or the Siege of Freiburg in
1744 [11] in my research when it's right on my doorstep.
Leonard Dorn: Yes, absolutely. Before my bachelor's and master's degrees,
I knew virtually nothing about the Electorate of Cologne and its capital, Bonn.
Even if you don't look at Beethoven - I haven't seen the movie yet, maybe I'll
have to - there's a lot to discover when you look at the history of the
Rhineland. Some of the Bonn court artists, such as Georg Desmarées, Robert de
Cotte and François Rousseau, created magnificent works. There is a painting
from the 1740s attributed to François Rousseau that shows a fair in front of
Poppelsdorf Castle in Bonn. It has a lot of details that can be used as
inspiration for Living History. It's almost like a hidden object picture. There
is also an extensive series of pictures in the City Museum depicting the Rhine
journey and the entrance of the coadjutor (=successor to the reigning
archbishop elected during his lifetime) Maximilian Franz of Habsburg, one of
the sons of Empress Queen Maria Theresia. In addition, the prince-electors and
archbishops of Cologne were rulers of several other prince-bishoprics in
personal union.
The Electorate of Cologne is a fine object of study if you want
to understand the phenomenon of composite statehood. This meant that a prince
combined the rule of several territories in his person, but these territories
remained independent and each had its own assemblies, laws and customs. Moreover,
Electoral Cologne was an ecclesiastical principality, which was nothing unusual
in the Holy Roman Empire. In research, the ecclesiastical principalities were
long overshadowed by the great "power states" such as Prussia. My
studies in Bonn made me more aware of these somewhat less noticed
principalities and I now give them a place in my work.
In Bonn, there was also
an exhibition on the topic of "Bonn's Golden Age" as princely
residence city in the late 18th century for the Beethoven Year 2020, , which
unfortunately was quite a flop due to corona.
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Auf unserer Anno Domini-Veranstaltung in Wackershofen 2012. Auf dem Bild ist rechts auch ein weiterer Darsteller zu sehen, der hier bereits interviewt wurde. - On our Anno Domini event in Wackershofen in 2012. You can see one of our other participants from our interviews at the right. |
5 - André Hanselmann: Du bist einer unserer näheren Bekannten, der noch mit beiden Beinen im akademischen Betrieb
steht.
Wie wird bei Dir auf der Uni unser Hobby gesehen? Bist Du dort auch auf viele andere
Reenactors getroffen?
Leonard Dorn: Ich glaube an den Universitäten kennen viele Living History oder Reenactment nicht.
Das
Wort Reenactment wird auch häufig anders benutzt. Eine Spielszene in einer
geschichtlichen Dokumentation wird zum Beispiel als Reenactment bezeichnet. Aus unserer
Perspektive wäre das nur der Fall, wenn es Personen sind, die zu ihrer Rolle recherchiert
haben und sich passende Kleidung selber beschafft oder angefertigt haben. Man nimmt
natürlich immer ein paar Dinge aus dem Hobby Living History in den sonstigen Alltag und
witzigerweise bin ich dadurch an der Uni dann auch manchmal anderen Reenactors
begegnet.
5 - André Hanselmann: You are one of our closest acquaintances who still has both
feet planted firmly in academia. How is our hobby viewed at university? Did you
meet many other reenactors there?
Leonard Dorn: I think a
lot of people at universities don't know about living history or reenactment.
The word reenactment is also often used in different ways. For example, a
re-enacted scene in a historical documentary is called a reenactment. From our
point of view, this would only be the case if the people involved had actually
researched their roles and bought or made their own clothes. Of course, you
always take a few things from your living history hobby into your everyday life
and, funnily enough, I sometimes met other reenactors at university as a
result.
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Auf einer privaten Veranstaltung in Minden an Silvester 2015. - On a private event in Minden on New Year's Eve in 2015. |
6 - André Hanselmann: Ich habe den Eindruck, dass man als Historiker einen gewissen Vorteil hat, wenn man bei uns im
Hobby Lebendige Geschichte ist.
Nimmst Du viel aus Deinem Wissen, das man als Historiker
bekommt, für Dich mit um Dich auf einer Veranstaltung und Deine Rolle vorzubereiten?
Leonard Dorn: Ja und nein. Ich habe durch das Geschichtsstudium häufig viel Hintergrundwissen zur
dargestellten Zeit und noch ein paar andere Vorteile. Ich kann alte Schriften
lesen/schreiben und zu historischen Themen natürlich leicht recherchieren und die nötigen
Fachbücher auftreiben.
Andererseits arbeiten wir in der Geschichtswissenschaft immer
exemplarisch und versuchen nicht uns ein möglichst allumfassendes Wissen zu einer
Epoche anzueignen. Das klappt sowieso nicht. Um hingegen eine Rolle in einem Dorf um
1750 einzunehmen, brauchst du Wissen, dass dir ein Geschichtsstudium nur in
Ausnahmefällen vermitteln kann. In der Wissenschaft ist keine Zeit um detailliert
Tagesrhythmus, Kleidung und Verhaltensweisen einer einzelnen Person nachzuvollziehen.
Da wäre schnell die Frage gestellt, was der Mehrwert davon sein soll.
6 - André Hanselmann: It seems to
me that as a historian, you have a certain advantage in the living history
hobby.
Do you use much of the knowledge you gain as a historian to prepare for
an event and your role?
Leonard Dorn: Both
yes and no. Thanks to the study of history, I often have a lot of background
knowledge about the period depicted and a few other advantages. I can
read/write old scriptures, and of course I can easily research historical
topics and find the necessary reference books.
On the other hand, in history we
always work by example and do not try to acquire the most comprehensive
knowledge possible about an era. That doesn't work anyway. But to play a role
in a village around 1750, you need knowledge that a history degree can only
give you in exceptional cases. In science, there is no time to understand in
detail the daily rhythm, clothing and behavior of a single person. The question
would quickly arise as to what the benefit would be.
7 - André Hanselmann: Wie ich eingangs bereits angedeutet habe, hast Du schon viele verschiedene Rollen auf
Veranstaltungen gehabt. Gibt es für Dich da etwas, was Du besonders gern gemacht hast?
Leonard Dorn: Mir haben besonders verschiedene Musiker- und Dienstbotenrollen gefallen.
7 - André Hanselmann: As I
mentioned at the beginning, you have had many different roles at events. Is
there anything you particularly enjoyed doing?
Leonard Dorn: The various
musician and servant roles were particularly enjoyable.
8 - André Hanselmann: Wie ich in unserer Serie zum Thema Dienstboten angesprochen habe, gibt es doch je nach
Aspekt des 18. Jahrhunderts Veranstaltungen, die unbedingte Highlights, die mir einfallen. Wenn ich
an meine Darstellung als Amtmann denke [12], dann kann ich das mit dem Umritt beispielsweise ja
eigentlich nur in Wackershofen irgendwie ausleben. Hast Du da auch so besondere Höhepunkte
schon in Deiner "Karriere" als Darsteller gehabt?
Leonard Dorn: Mir behagen die privaten Veranstaltungen in
Schlössern in Frankreich wie in Deutschland ebenso wie die
publikumswirksamen Museumsveranstaltungen wie im Hohenloher
Freilandmuseum Wackershofen. Die privaten Veranstaltungen sind
entspannter, da man sich ganz auf das Rollenspiel einlassen kann.
8 - André Hanselmann: As I
mentioned in our series on servants, depending on the aspect of the 18th
century, there are events that come to mind as absolute high points. When I
think of my portrayal of a bailiff [12], for example, I can only really
practise riding around in Wackershofen. Do you have special highlights in your
"career" as a re-enactor?
Leonard Dorn: I love
public museum events like the Hohenlohe Open Air Museum in Wackershofen as well
as private events in castles in France and Germany. The private events are more
relaxed because you can fully immerse yourself in the role play.
9 - André Hanselmann: Ich will hier auch nicht vergessen auf Deine eigenen Blogeinträge auf Hypotheses zu verweisen.
Du hast dort beispielsweise über die habsburgische Festung Karlsburg im heutigen Rumänien
geschrieben [13]. Magst Du kurz etwas über die Vorzüge dieser Form von Blog schreiben?
Leonard Dorn: Hypotheses kennen viele deiner Leser:innen vermutlich noch nicht, daher hier die
Kurzerklärung: Es ist eine Plattform für wissenschaftliche Blogs auf WordPress-Basis. Die
Sprachen sind Französisch, Englisch, Deutsch und Spanisch.
Um darüber ein Blog zu nutzen,
musst Du Wissenschaftler:in sein und einen kleinen Antrag stellen. Du kannst die Plattform
nur nutzen, wenn Du in einer wissenschaftlichen Institution arbeitest. Das soll die Qualität
der Inhalte sichern.
Dafür bekommst Du einiges an Service, zum Beispiel musst Du dich nicht um WordPress-
Updates kümmern und es gibt einen technischen Support. Deine Beiträge können
außerdem über Social Media-Accounts der Plattform beworben werden und die hat einige
Tausend Follower auf Facebook, X und Mastodon. Deine Inhalte bleiben außerdem
langfristig sichtbar und erreichbar, auch wenn das Blogprojekt beendet ist. Alle Beiträge
haben eine stabile URL. Wenn dein Blog klar definierte Kriterien erfüllt, kannst Du sogar
eine ISSN erhalten („Internationale Standardnummer für fortlaufende Sammelwerke“). Die
bekommen sonst Zeitschriften und Schriftenreihen. Damit ist dein Blog dann auch über
wissenschaftliche Literaturdatenbanken auffindbar.
Ich nutze mein Blog „Der Siebenjährige Krieg“, um meine Forschungen zu begleiten und
Hinweise auf Publikationen und Veranstaltungen zu posten. Außerdem habe vor kurzem
noch ein zweites Blogprojekt angefangen, „Hellweg-Armageddon. Der Erste Weltkrieg in
Unna“. Es dient vorallem dazu historische Quellen zugänglich zu machen. Derzeit gibt es
dort eine Auswahl von Zeitungsartikeln zum Jahr 1918, die bisher als Volltext noch nicht
digitalisiert waren [13]. Du siehst also, Hypotheses-Blogs sind auf ganz unterschiedliche
Weisen nutzbar. Das einzige was nicht geht, sind Blogs zu deiner Person. Du musst ein klar
umrissenes Thema haben.
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Leonard Dorns Blog auf Hypotheses. - Leonard Dorn's blog on Hypotheses. (Foto: Leonard Dorn, CC BY-SA 4.0)
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9 - André Hanselmann: I don't
want to forget to refer to your own blog entries on Hypotheses. For example,
you wrote about the Habsburg fortress Karlsburg in present-day Romania [13].
Would you like to say something about the advantages of this form of blogging?
Leonard Dorn: Many of
your readers probably don't know Hypotheses yet, so here's the short
explanation: It's a scientific blogging platform based on WordPress. The
languages are English, French, German and Spanish. To use it, you have to be a
scientist and submit a small application.
You can only use the platform if you
work in an academic institution. This is to ensure the quality of the content.
In return you get a lot of services, for example you don't have to worry about
WordPress updates and there is technical support. Your posts can also be
promoted through the platform's social media accounts, which have thousands of
followers on Facebook, X and Mastodon. Your content remains visible and
accessible long after the blog project is complete. All posts have a persistent
URL. If your blog meets clearly defined criteria, you can even get an ISSN
(International Standard Serial Number). Otherwise journals and publication
series get this. This means that your blog can be found in scholarly literature
databases. I use my blog "The Seven Years' War" to accompany my
research and to post information about publications and events. I have also
recently started a second blog project, "Hellweg-Armageddon. The First
World War in Unna". Its main purpose is to make historical sources
accessible. Currently, there is a selection of newspaper articles from 1918
that have not yet been digitized in full text [13]. As you can see, hypothesis
blogs can be used in many different ways. The only thing that doesn't work is
blogging about yourself. You need to have a clearly defined topic.
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Ein Blick in Hypotheses. - A view into the Hypotheses-blog. (Foto: Leonard Dorn, CC BY-SA 4.0)
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10 - André Hanselmann: Du arbeitest ja an Deiner Doktorarbeit. Bleibt da noch viel Zeit für Themen neben den
akademischen Betrieb? Gibt es eine Facette des 18. Jahrhunderts, die Dir unter den Nägeln brennt
und zu der Du mehr recherchieren würdest?
Leonard Dorn: So viel Zeit bleibt mir daneben nicht. Vielen, die im Bereich Geschichtswissenschaft
arbeiten, geht es ähnlich. Das ist für mich auch eine überzeugende Erklärung, warum nur
wenige Historiker:innen neben der Arbeit aktiv Living History betreiben.
Für eine Karriere im Wissenschaftssystem muss man sehr viel Leistung bringen und die
eigene Forschung an den ungeschriebenen Regeln des Wissenschaftsbetriebs orientieren.
Du solltest in der Habilitationsschrift zum Beispiel einen anderen Zeitraum als vorher in der
Doktorarbeit untersuchen, etwa in meinem Fall ein im 16. oder 17. Jahrhundert
angesiedeltes Thema.
Im französischen Wissenschaftssystem ist es hingegen leichter
möglich, sich stark auf ein Jahrhundert zu spezialisieren.
Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich gerne den Nachlass des französischen
Intendanten François-Marie Gayot auswerten, der in der Bibliothèque Stanislas in Nancy
aufbewahrt wird. Als Itendant spielte Gayot bei den Feldzügen der französischen Armee im
Alten Reich während des Siebenjährigen Krieges eine zentrale Rolle. Über diesen
Quellenbestand habe ich schon öfter in der Forschungsliteratur gelesen und ich wüsste
gerne, was sich darin alles findet. Ansonsten finde ich es immer spannend, in Archiven und
Bibliotheken unbeachtete Selbstzeugnisse, also Chroniken und Tagebücher, zu entdecken.
Vielen Dank für das Interview.
Gerne!
André
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Auf einer unserer privaten Veranstaltungen in Scey-Maisières. Weiter unterhalb befindet sich der Fluss Loue. Die Landschaft ist herrlich. - On one of our private events in Scey-Maissières. There is the river Loue. The landscape is wonderful. |
10 - André Hanselmann: You are
working on your doctoral thesis. Is there still a lot of time left for topics
besides academic work? Is there a facet of the 18th century that you are
passionate about and would like to explore more?
Leonard Dorn: I don't
have that much time left. Many people who work in history feel the same way. To
me, this is a convincing explanation for why so few historians actively pursue
living history in addition to their work. To have a career in the scientific
system, you have to achieve a lot and base your research on the unwritten rules
of academia. For example, you have to study a different period in your habilitation
than in your doctoral thesis, in my case a topic from the 16th or 17th century.
In the French scientific system, however, it is easier to specialize in one
century. If I had the chance, I would like to study the papers of
François-Marie Gayot, quartermaster general of the French army, which are kept
at the Bibliothèque Stanislas in Nancy. As an intendant, Gayot played a central
role in the campaigns of the French army in the Old Kingdom during the Seven
Years' War. I have often read about this set of sources in the research
literature and I would like to know what can be found in it. Otherwise, I
always find it exciting to discover neglected personal testimonies, i.e.
chronicles and diaries, in archives and libraries. Thank you for this
interview. With pleasure! André!
Text: André Hanselmann, Leonard Dorn
Fotos: Leonard Dorn, Claudia Behnke
Notizen / Notes:
1) Hinrich Behr (Hrsg.): „Die Altländer Noten- und Tourenbücher von 1791 und 1792“ Publikationen
der Kulturstiftung Altes Land, Bd. 4, Husum-Verlag, 2009
2) Leonard Dorn: "Regimentskultur und Netzwerk. Dietrich Goswin von Bockum-Dolffs und das
Kürassier-Regiment No. 1 in Breslau 1788-1805" (Vereinigte Westfälische Adelsarchive e.V.,
Veröffentlichung 20), Münster 2016
3) Leonard Dorn: Vier biographische Studien aus der Grafschaft Mark während der napoleonischen
Herrschaft. Gisbert von Romberg, Barthold von Rappard, Ludwig Freiherr Vincke und Florens von
Bockum-Dolffs, in: Eckhard Trox/Susanne Conzen (Hg.): Wider Napoleon! Die Geburtsstunde von
Demokratie, Emanzipationsbewegung und nationaler Bewegung in der Grafschaft Mark (1813 –
1815) (Forschungen zur Geschichte Preußens im südlichen Westfalen 9), Lüdenscheid 2013, S. 113-
145.
4) Unser Interview mit dem Aachener Historiker Günter Schneider/ our interview with the historian
Günter Schneider: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2020/03/historiker-von-nebenan-
mit-gunter.html
5) https://www.maxweberstiftung.de/themenportal/unser-netzwerk/leonard-dorn.html
6) https://www.kronoskaf.com/syw/index.php?title=Main_Page
7) http://kronoskaf.com/wss/index.php?title=Main_Page
8) https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2023/04/les-trois-mousquetaires-dartagnan-
2023.html
9) Nikolaus Stein von Kamienski (Regie) : "Louis van Beethoven" D 2020, TV-Film
10) https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2019/10/the-siege-of-freiburg-in-1744-part-1.html
11) https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2021/02/schlacht-bei-freiburg-1644-teil-1.html
12) So in meiner Rolle als Amtmann Sanwald in der Untersuchung des Übergriffes auf die Rote
Steige: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2016/01/anno-domini-1749-
landfriedensbruch-der.html
13) Hier z.B.: Leonard Dorn: Alba Carolina – Ordensleute, Füsiliere und alte Römer in einer
Festungsstadt des Habsburgerreiches, in: Der Siebenjährige Krieg, https://dsk.hypotheses.org/1244,
30.03.2023.
14) Hellweg-Armageddon. Der Erste Weltkrieg in Unna, hg. von Leonard Dorn,
https://unna1914.hypotheses.org/.
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