Donnerstag, 8. Februar 2024

1624 - ein gutes Jahr? / a good year?

Die Veranstaltung unserer Landleben-Reihe 2024 wird den Titel "1624 - ein gutes Jahr?" haben. Der Titel ist etwas herausfordernd gemeint. Was könnte 1624 zu einem guten Jahr machen? Das Jahr liegt zwischen dem blutigen Zusammenstoß mit den Söldnern bei Großallmerspann 1619 [1] und den bedrückenden Einquartierungen, die mit den Truppen unter Obrist Kratz und Obrist von Kronenberg in der 2. Hälfte der 1620er Jahre einsetzten [2]. Natürlich ist diese militärische Ruhe nur eingeschränkt zu begreifen, da auch von kleineren Einquartierungen ausgegangen werden muss [3]. Außerdem bezieht es sich nur auf die Umgegend von Hall. Schon im Ellwangischen Territorium, mit welchem Hall als Lehensträger verbunden war, erfahren wir aus den frühen 1620ern von großen Engpässen, welche zumindest für das von Holz sehr abhängige Hall mit seiner Saline gravierende Folgen haben konnte. Der hällische Bauschreiber Joseph Eisenmann erwähnt Soldaten, die wegen dem "kaldten wetter" einen Wagen Holz verbrennen würden und bis Weihnachten "für 1. thausent gulden holz" verschwendeten, wodurch Holz "klamm, hoch: und theyer" würde. Der Rat sollte überlegen, ob man nicht mit dem "Capitain" der Soldaten verhandeln könne. Auch der Preis für Eisen stiege durch den erhöhten Bedarf [4]. 

The event in our country life series 2024 will have the title: "1624 - a good year?". The title is meant to be somewhat challenging. What could make 1624 a good year? The year lies between the bloody clash with the mercenaries at Großallmerspann in 1619 [1] and the oppressive quartering that began with the troops under Colonel Kratz and Colonel von Kronenberg in the second half of the 1620s [2]. Of course, this military calm can only be understood to a limited extent, since smaller billetings must also be assumed [3]. Furthermore, it only refers to the area surrounding Hall. Already in the Ellwangian territory, to which Hall was connected as a fiefdom, we learned from the early 1620s of major bottlenecks, which could have serious consequences, at least for Hall, which was very dependent on wood. Hall's secretary for construction Joseph Eisenmann mentions soldiers who would burn a wagon of wood per day because of the "cold weather" and waste "for 1 thousand guilders of wood" until Christmas, which would cause wood to become "clammy, high: and expensive". The council should consider whether they could negotiate with the "Capitain" of the soldiers. The price of iron would also rise due to the increased demand [4].

 

Diese Söldner sehen recht friedlich aus. Bayerisches und württembergisches Fußvolk auf unserer Anno Domini 1623-Veranstaltung. - At least these mercenaries are looking peacefully. Bavarian and Württemberg foot on our Anno Domini 1623-event. (photo: Michael Leyendecker, 2023)
 

Andernorts im Schwäbischen Kreis wie im Umland von Ulm, wo Kriegsvolk übel hauste [5], war die Lage durchaus ernst. Aus dem Gebiet rund um Schmalkalden erfahren wir immerhin davon, dass dort scheinbar noch versucht wurde durch drakonische Strafen die Disziplin aufrecht zu erhalten. Aus unbekannten Gründen wurde in der Stadt ein Korporal vom Schönburgischen Regiment im Januar 1624 aufgehängt. Ein Soldat wurde ebenfalls auf dem Altmarkt von Schmalkalden 7 Monate später dafür hingerichtet, weil er eine Magd auf offener Straße vergewaltigt hatte [6]. Solche Greuel sind aus dem Jahre 1624 aus "unserer" Gegend nicht überliefert. Wie wir an den Beispielen in Schwaben und Thüringen gesehen haben, hat es aber nichts damit zu tun, dass es zu keinen größeren Kampfhandlungen kam und sich die kleineren in eine andere Region verlagerten. Denn auch einfach die Einquartierung von Truppen und ihr Durchmarsch verursachten gewaltige Sorgen und Probleme.

Elsewhere in the Swabian district, such as in the surrounding area of ​​Ulm, where warriors lived badly [5], the situation was quite serious. From the area around Schmalkalden we learn that attempts were apparently still being made to maintain discipline through draconian punishments. For unknown reasons, a corporal from the Schönburg Regiment was hanged in the city in January 1624. A soldier was also executed on the AltmarktB in Schmalkalden 7 months later for raping a maid on the street [6]. There are no reports of such atrocities from “our” area in 1624. As we have seen from the examples in Swabia and Thuringia, it has nothing to do with the fact that there were no major fighting operations and that the smaller ones were relocated to another region. Simply billeting troops and marching through them caused enormous worries and problems.


Ein wildernder Söldner wurde auf unserer Landleben 1623 Veranstaltung ergriffen und mir als zuständigem Dorfhauptmann übergeben. Später wurde er in ein Gefängnis nach "Schwäbisch Hall" abgeführt. - A poaching mercenary was caught at out Landleben 1623 event and handed over to me as the responsible captain of the village. He was later taken to a prison in "Schwäbisch Hall". (photo: M. Leyendecker, 2023)



Wir wollen aber auch auf andere Weise abklopfen, ob das Jahr 1624 nicht gerade für den Landmann ein gutes war. So erfahren wir aus einer Haller Chronik von überwiegend guter Ernte. Zwar wird dort eine verhältnismäßig große Dürre im Sommer erwähnt, doch was an Obst beispielsweise gedieh war sehr gut und besonders Eicheln, die für die wichtige Schweinemast nötig waren, gab es zu Hauf. Wein war keineswegs rar und der Preis sank auf 30 Gulden pro Fuder von 36 wie 1617 [7]. In anderen Regionen war das Wetter offenbar ähnlich. Im Raum um Schmalkalden war es im Juli und August 1624 warm und der Sommer brachte eine gute Ernte [8].

But we also want to find out in another way whether the year 1624 wasn't a good one for the farmer. We learn from a chronicle in Hall that the harvest was mostly good. Although there is mention of a relatively severe drought in the summer, the fruit that grew, for example, was very good and there were especially plenty of acorns, which were necessary for the important fattening of pigs. Wine was by no means rare and the price fell to 30 guilders per fuder from 36 as in 1617 [7]. The weather was apparently similar in other regions. In the area around Schmalkalden it was warm in July and August 1624 and the summer brought a good harvest [8].

Diese Mägde brauchen keine Geldzuwendungen vom Haller Rat. Hier in unserer Küche auf unserer Landleben Veranstaltung 2023. - These maids don't need money from the magistrate of Hall. Here in our kitchen on our Landleben event in 2023. (photo: A.-K. Kemmer, 2023)


Der Haller Rat war auch noch soweit liquide, dass er beispielsweise einer armen Frau namens Katharina Dieschmann mit "Kindt" zumindest 2 Taler "verehren" konnte. Sie war offenbar die Witwe eines Joß Dieschmann [9].

The Hall council was also sufficiently liquid that, for example, it was able to “devote” at least 2 thalers to a poor woman named Katharina Dieschmann with “Kindt” (child). She was apparently the widow of a Joß Dieschmann [9].


Text: André Hanselmann

Fotos: Michael Leyendecker, A.-K. Kemmer


Notizen / Notes:

1) siehe: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2019/03/29-juni-161929th-of-june-1619-das.html

2)  Franz Riegler: „Schwäbisch Hall im Dreißigjährigen Krieg“ W. Kolhammer, Stuttgart, 1911, S.41

3) So erwähnt in: Schüler’sche Chronik, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Signatur HV HS 89, S. 634

4) Brief des Joseph Eisenmann an den Haller Rat, undatiert wohl um 1625, in: "Belehnung der Reichsstadt Schwäbisch Hall und des Spitals mit den Lehen der Fürtprobstei Ellwangen" ... Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/3754

5) Peter Milger: „Der Dreißigjährige Krieg - Gegen Land und Leute“ Orbis Verlag, Niedernhausen, 2001, S. 158

6) Kai Lehmann: "Leben und Sterben im Dreißigjährigen Krieg" wehry Verlag, Untermaßfeld, 2014, S. 65-66

7) Schüler'sche Chronik S. 634

8) Kai Lehmann S. 66

9) Ratsprotokoll 1624, hier: 31. Mai 1624, Stadtachiv Schwäbisch Hall Sig. 4/0228, S. 1

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