Donnerstag, 16. Juni 2022

Wie klaut man ein Wirtshausschild? - How you can steel the sign of a tavern? 1749

"Mit klingendem Spiel" überquerten die Würzburger Soldaten die Grenze zum hällischen Nachbarn [1]. Die Soldaten waren so einen Einfall ins benachbarte Territorium gewohnt. Mit ihrem Offizier, Grill von Grimmenstein, hatten sie einen entschlossenen Kommandeur, der bereit war notfalls die Interessen von Ritterstift und Fürstbischof mit Waffengewalt durchzusetzen. Der Weg war nicht weit, aber weiter als zu ihren letzten Einsätzen [2]. Vom Kochertal marschierten sie herauf auf die Hochebene auf der die Dörfer Michelfeld, Bibersfeld und Rieden verstreut lagen. Eine Kompanie stark rückten sie auf das Wirtshaus an der Roten Steige heran. Die Aufgabe war klar. Man hatte die Klagen vom Michelfelder Wirt gehört [3]. Aus Würzburger Sicht war die Sache klar: mit dem Wirtshaus an der Steige musste Schluss sein. So drangen sie ohne irgendeinen Widerstand brechen zu müssen ins Wirtshaus ein. Soldaten schwärmten aus und durchsuchten das Anwesen, an dem noch immer gebaut wurde. Endlich wurden sie fündig. Als alle Versuche das verhasste Wirtshausschild [4] zu zerstören gescheitert waren, beschloss man es mitzunehmen. Die Wirtsleute wurden bedroht. Das Haus, so hieß es, dürfe weiter fertiggestellt werden, wenn daraus kein Wirtshaus würde.

The Würzburg soldiers crossed the border to their neighbor Hall [1] "with a ringing game". The soldiers were used to such an incursion into neighboring territory. With their officer, Grill von Grimmenstein, they had a resolute commander who was prepared, if necessary, to assert the interests of the knights' monastery and the prince-bishop by force of arms. The way wasn't far, but further than in her last assignments [2]. From the Kochertal they marched up to the plateau on which the villages of Michelfeld, Bibersfeld and Rieden were scattered. A company strong, they approached the inn on the Rote Steige. The task was clear. One had heard the complaints from the innkeeper in Michelfeld [3]. From the Würzburg point of view, the matter was clear: the inn on the Steige had to end. So they entered the inn without having to put up any resistance. Soldiers swarmed out and searched the property, which was still under construction. Finally they found what they were looking for. When all attempts to destroy the hated inn sign [4] failed, it was decided to take it with them. The innkeepers were threatened. The house, it was said, could continue to be completed if it did not become an inn.

Bauarbeiten in der Nähe des Steigengasthauses, das noch im Hintergrund zu erkennen ist. - Working on wood near the steep track inn which is visible in the background. (Foto: Diana/Michael Paulick)

 

Die ungebetenen Gäste vergaßen nicht auf dem Rückmarsch in Michelfeld einzumarschieren, wo man dem lutheranischen Pfarrer drohte, den "Kommunionswein" zu entwenden, wenn der Pfarrer für seine Abendmahlsfeiern den Wein aus der Roten Steige nehmen würde.

The uninvited guests did not forget to march back into Michelfeld, where the Lutheran pastor was threatened with stealing the "communion wine" if the pastor took the wine from the Rote Steige for his communion celebrations.

Der Grabenreiter trifft am Wirtshaus an der Roten Steige ein, um mehr über die Ereignisse im Wirtshaus zu erfahren. - The ditch rider arrives at the tavern at the red steep track to learn more about the incident at the inn. (Foto: Michael Paulick)

 

Man kann sich die Ratlosigkeit und Erschütterung der Familie Kircher nach dem Einfall in ihrem Wirtshaus am 16. Juni 1749 vorstellen. Verunsichert fragte der Wirt Johann Kircher beim Haller Magistrat an wie er handeln sollte, der seinerseits anordnete sich um die Drohungen garnicht zu scheren. Stattdessen sollte bei einem neuerlichen Einfall Alarm geschlagen und die Landleute aufgeboten werden um den Eindringlingen die Stirn zu bieten [5].

One can imagine the helplessness and shock of the Kircher family after the attack on their inn on June 20, 1749. Confused, the innkeeper Johann Kircher asked the magistrate of Hall how he should act, who in turn ordered not to give a damn about the threats. Instead, the alarm should be sounded in the event of a renewed invasion and the peasants should be summoned to stand up to the invaders [5].

Der Amtsschreiber traf bei uns auf der Anno Domini Veranstaltung 2014 hoch zu Ross am Wirtshaus ein. - The secretary of the bailiff arrived at the inn on horseback during our event in 2014. (Foto: Michael Paulick)

Das ist also dieses Jahr das Thema unserer Veranstaltung Anno Domini 1749. 2014 haben wir bereits die Ereignisse vom August 1749 mit dem gewaltsamen Zusammenstoß zwischen Würzburger Dragonern und hällischen Bauern thematisiert [6]. Wer noch mehr dazu erfahren will, kann beim Freilandmuseum Wackershofen eine kleine Publikation über das Thema kaufen [7]. Wir freuen uns auf spannende Erlebnisse dann auf unserer Anno Domini Veranstaltung am 2-2 August und viele tolle Fragen von den Besuchern.

Damals vernahm auch der Amtmann Sanwald - hier rechts im Bild - einen Schultheiß aus der Umgegend. - Back then the bailiff Sanwald questioned - here at the right in the picture - one "Schultheiß" from the territory. (Foto: Michael Paulick 2014)

So that is the topic of our event Anno Domini 1749 this year. In 2014 we already addressed the events of August 1749 with the violent clash between Würzburg dragoons and Hall's peasants [6]. If you want to find out more about this, you can buy a small publication on the subject from the Freilandmuseum Wackershofen [7]. We look forward to exciting experiences at our Anno Domini event on August 26-28 and lots of great questions from visitors.

 

Das Leben im Gasthaus wie hier mit Kartenspiel ging weiter. - The life in the tavern - playing cards for example - was continued. (Foto: Michael Paulick 2014)

 

Text: André Hanselmann

Fotos: Michael und Diana Paulick


Notizen / Notes:

1) “Lit. K. Copia Vorstell und BeschwehrungsSchreibens ... an die hochfürstl. Regierung zu Würzburg ... 2. Julij 1749.” Aktenstück 13, S. 5-6, Prozess zwischen Schwäbisch Hall und dem Bischof von Würzburg und dem Dechant von Comburg (Staatsarchiv Stuttgart Sig. C3 Bü 1627)

2)  Etwa in Tüngental, was nur wenige Kilometer von Steinbach entfernt liegt, wo die Würzburger Soldaten einquartiert waren.

3) “Pro Copia Actum Comburg d. 12. t. Junij 1748” Aktenstück 32, S. 1, Prozess zwischen Schwäbisch Hall und dem Bischof von Würzburg und dem Dechant von Comburg (Staatsarchiv Stuttgart Sig. C3 Bü 1627)

4) Ein solches war schon einmal 1747 angebracht und wieder abgehangen worden als Würzburger Husaren in die Gegend kamen. 

5) Ratsprotokoll 16. Juni 1749 (Stadtarchiv Schwäbisch Hall Die Ratsprotokolle des Jahres 1749 Sig. 4/358

6) https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2016/04/anno-domini-1749-landfriedensbruch-der.html

7) André Hanselmann: "Anno Domini 1749 - Landfriedensbruch an der Roten Steige?" Kleine Schriften aus dem Hohenloher Freilandmuseum, 2014

 Anno Domini 1749, Landfriedensbruch an der Roten Steige?
André Hanselmann, Kleine Schriften aus dem Hohenloher Freilandmuseum Nr. 21, 2014
Anno Domini 1749, Landfriedensbruch an der Roten Steige?
André Hanselmann, Kleine Schriften aus dem Hohenloher Freilandmuseum Nr. 21, 2014
Anno Domini 1749, Landfriedensbruch an der Roten Steige?
André Hanselmann, Kleine Schriften aus dem Hohenloher Freilandmuseum Nr. 21, 2014
Anno Domini 1749, Landfriedensbruch an der Roten Steige?
André Hanselmann, Kleine Schriften aus dem Hohenloher Freilandmuseum Nr. 21, 2014

Z.B. hier oder im Shop direkt im Museum: https://www.wackershofen.de/informationen/publikationen/

2 Kommentare:

  1. An exciting small story! Many congratulations for reenacting this special event! And the pictures are so atmospheric! Cheers!

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    1. Thank you very much for your comment. I'm very excited to see how our plans to recreate aspects of the events in 1749.

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