Samstag, 2. März 2024

Postreiter und Briefboten - Post rider and letter carrier

Unsere nächste Anno Domini-Veranstaltung wird den Titel "Die Post ist da!" tragen. Daher werden wir uns verschiedenen Aspekten zu dem Thema zuwenden. Daneben wird das Jahr 1734 in Bezug auf Schwäbisch Hall eine große Rolle spielen. Die Ereignisse vor allem des Polnischen Thronfolgekrieges boten viel Material für die damaligen Zeitungen, die auch von der Post befördert wurde.

 

Our next Anno Domini event will be titled “The Post is here!”. We will therefore address various aspects of the topic. In addition, the year 1734 will play a major role in relation to Schwäbisch Hall. The events, especially the War of the Polish Succession, provided a lot of material for the newspapers of the time, which were also carried by the post office.

Diese Schützenscheibe zeigt neben einer weiblichen Postreiterin (wohl berittene Briefträgerin) auch zahlreiche interessante Details im Hintergrund wie die Landschaft mit einem Landturm rechts. - The shooting target shows a female rider (obviously it is a letter carrier) and there are some interesting details in the background such as the landscape and a land tower. (Schützenscheibe, Hällisch-Fränkisches Museum, Foto: Kim Krawiec)

Zuerst wollen wir bei der Post auf die untere Charge an Personal schauen: den Postreitern. Postreiter beförderten Post auf den Postcoursen von einer Poststation zur nächsten. Die Posthaltereien dienten vor allem zur Unterbringung der Postpferde für diese Reiter und als Übernachtungsmöglichkeit. Zahlreiche Postcourse wurden ja auch nur von Postreitern bedient. Im Fall von Schwäbisch Hall haben wir mindestens die Postlinie von Heilbronn nach Crailsheim, die über die Reichsstadt verlief [1].

 

First we want to look at the lower level of staff at the post office: the post riders. Post riders transported mail from one post station to the next on the post courses. The post offices were primarily used to accommodate the post horses for these riders and as a place to stay overnight. Many post courses were only served by post riders. In the case of Schwäbisch Hall we have at least the postal line from Heilbronn to Crailsheim, which ran via the imperial city [1].

Schon als Postreiter gehörte Johann Caspar Schmidt die Hälfte vom Haus Gelbinger Gasse 91. - Even as a postrider Johann Casper Schmidt already had half of the building Gelbinger Gasser 91. (photo: M. Leyendecker, 2024) 


Als Postreiter konnte man viel erleben. Interessant ist ein Postreiter namens Johann Georg Grätter, der versuchte auf Nebenwegen das Hohenloher Territorium zu durchqueren. Deswegen beschwerte sich die Regierung von Hohenlohe-Neuenstein 1698 bei Hall. Als der Postreiter ertappt wurde, ließ er sich zu "Scheltworten" hinreißen, was wohl zu weiterem Unmut führte [2]. 


Man lebte aber auch gefährlich. So ist 1678 der Postreiter Ernst Textor bei Nacht "erbärmlich" in einem See bei Buchklingen ertrunken [3]. Ein anderer wurde 1714 in Brachbach in eine Schlägerei verwickelt, weshalb Ermittlungen angestellt wurden [4]. Besonders hart traf es aber einen anderen nämlich Hans Lenhard Kuchßen, der 1700 Opfer eines Straßenraubes wurde [5].

 

As a post rider you could experience a lot. An interesting post rider named Johann Georg Grätter tried to cross the Hohenlohe territory on side paths. That's why the government of Hohenlohe-Neuenstein complained to Hall in 1698. When the post rider was caught, he resorted to "abusing words", which probably led to further dissatisfaction [2].

But the riders also lived dangerously. In 1678, the post rider Ernst Textor drowned "miserably" in a lake near Buchklingen at night [3]. Another was involved in a fight in Brachbach in 1714, which is why an investigation was carried out [4]. But it hit someone else particularly hard, namely Hans Lenhard Kuchßen, who was the victim of a street robbery in 1700 [5].

 

Ein Postreiter auf der Post- und Ordinari Samstags-Zeitung 1723. Die wesentlichen Merkmale der Postreiter sind das Posthorn und der Sack (Felleisen) auf dem Hintern des Pferdes. - A post rider on the "Post- und Ordinari Samstags-Zeitung" (Post and Ordinary Saturday Newspaper) from 1723. The most important features of the postrider are his post horn and the sack (so-called "Felleisen") on the back of his horse. (Foto: Jasmin Guhl, 2023) [6]


Postreiter konnten wie der im nächsten Artikel näher beleuchtete Johann Caspar Schmidt zwar auch wohlhabend werden. Aber in dem Fall des Philipp Reichard Grätter kennen wir auch einen offenbar arm verstorbenen Reiters. Denn von seiner Witwe heißt es im Inventar 1724 von einem geringen Vermögen, das nur in Mobilien und Passiva Schulden bestanden habe. Leider sind in dem Inventar keine Kleider ihres Mannes enthalten. Das Vermögen belief sich auch nur auf 36 Gulden aus Kleidern, Weißzeug und Hausrat sowie 40 Gulden Passivschulden. Erstaunlicherweise hat sie immerhin 12 Druckwerke hinterlassen, wovon eine Bibel im Wert von 2 Gulden den größten Posten darstellte [7].

Postal riders, like Johann Caspar Schmidt, who will be discussed in more detail in the next article, were also able to become wealthy. But in the case of Philipp Reichard Grätter, we also know a rider who apparently died poor. In the 1724 inventory it is said that his widow had little assets, which consisted only of movable property and liabilities. Unfortunately, her husband's clothes are not included in the inventory. The assets only amounted to 36 guilders from clothes, white goods and household goods as well as 40 guilders in passive debts. Surprisingly, she left behind 12 printed works, of which a Bible worth 2 guilders was the largest item [7].


Der Adressat bekam dann den Brief vom Briefträger oder der Briefträgerin zugestellt. Die Schützenscheibe oben scheint erstmal eine Allegorie darzustellen. Der Text unter der Reiterin besagt: "Doch ist es mir als dem Courier, Erlaubet Was zu melden, So ist es diß jetzt gewiß, schieß man g[e]wiß, Sobalt mög der Brief nichts gelten". Die Reime sind also auf die Briefträgerin gemünzt und das Ziel ist es das in der Mitte der Scheibe erkennbare Siegel auf dem Brief zu treffen. Denn damit wäre der Brief nicht mehr sicher verschlossen und unbrauchbar.

Die Briefträger und -trägerinnen waren nicht von der Reichspost angestellt, sondern arbeiteten eher auf eigene Rechnung, was schonmal dazu führen konnte, dass die Reichsstadt Hall [8] verbot nicht dazu von der Stadt oder der Post mit Privilegien versehene Briefträger, Fuhrleute, Boten oder "Böthinnen" arbeiten zu lassen. Ebenso verboten war das Tragen von Livreen und Posthörner durch diese Personen. Briefträger sind auch oft Figuren in Theaterstücken des Jahrhunderts [9][10]. Im Ansbachischen Hofkalender von 1782 findet sich eine Helena Christina Weißmännin als offenbar vom Staat angestellte Briefträgerin [11].

Es war auch üblich Leuten, denen man begegnete, einfach einen Brief mitzugeben, wenn der Wohnort des Empfängers zufälligerweise am Weg lag. Der Transport von Post durch Fuhrleute bis hin zur fahrenden Post war ja auch so eine Entwicklung [12]. Wie sah nun die Bezahlung der Briefträger aus? Aus Schwäbisch Hall haben wir insbesondere aus dem 17. Jahrhundert ganz verschiedene Botenlöhne. So sollten Boten 1647 3 Batzen für einen nächtlichen Botengang bekommen und 10 Kreuzer pro Meile. 1637 sollten die Boten wegen der schlechten Lage nur 2 Batzen bekommen und dazu einen Trunk Wein und Essen wie es einem Tagelöhner zustand [13]. In einem Lustspiel des frühen 19. Jh. beschwert sich eine Briefträgerin darüber, dass ihr 1 Kreuzer entginge, wenn die Leute ihre Briefe selber von der Post abholten. Man kann also davon ausgehen, dass man von der Tätigkeit nicht reich wurde, aber wohl sein Auskommen hatte, wenn man die Bezahlung mit der von Knechten, Mägden und niederen Bediensteten der Reichsstadt vergleicht.

The addressee then received the letter from the postman. The shooting target above seems to represent an allegory at first. The text under the rider says: "But I, as the courier, am allowed to report something, so it is certain now, let's be sure, the letter may not count for anything." The rhymes are aimed at the postwoman and the aim is to hit the seal on the letter that can be seen in the middle of the disc. Because then the letter would no longer be securely sealed and would be unusable.

The postmen and women were not employed by the Reichspost, but rather worked on their own account, which could sometimes lead to the Imperial City of Hall [8] decrets. One of them was written against cart drivers, Postmen, delivery boys and girls who had no privilege by the Imperial post or the town. Postmen are also often characters in plays of the century [9][10]. In the Ansbach court calendar from 1782, a Helena Christina Weißmännin can be found as a postwoman, apparently employed by the state [11].

It was also common practice to simply give a letter to people you met, if the recipient's home happened to be on the way. The transport of mail by carters to mobile mail was also a development [12]. So what did the postmen's pay look like? From Schwäbisch Hall we have very different messenger wages, especially from the 17th century. In 1647, messengers were supposed to receive 3 batzen for a nightly errand and 10 kreuzers per mile. In 1637, because of the poor situation, the messengers were only supposed to receive 2 batzen plus a drink of wine and food like a day laborer was entitled to [13]. In a comedy from the early 19th century, a postwoman complains that she would lose 1 kreuzer if people picked up their letters from the post office themselves. So you can assume that you didn't get rich from your work, but you did make a living if you compare the pay with that of servants, maids and lower servants in the imperial city.


Text: André Hanselmann

Fotos: Kim Krawiec, Jasmin Guhl, Michael Leyendecker


Notizen / Notes:

1) Entsprechend einer Postkarte von 1714, Johann Peter Nell: "Neu-vermehrte Post-Charte ..."

2) Erster Teil des Hohenlohischen Repertoriums, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0092, S. 347

3) Repertorium der Beziehungen zwischen Hall und Brandenburg-Ansbach, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0088, S. 87

4) ebenda S. 399

5) ebenda S. 345

6) Druckschrift Post- und Ordinari Samstags-Zeitung v. 22. Mai 1723, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. S01/1271

7) Inventur der Kunigunde Sibilla Gräter, Witwe des Philipp Reichart Gräter, Postreiter, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 14/2002

8) Wie 1757 geschehen. Sammlung von Statuten und Ratsdekreten, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0501, S. 509-512

9) S.B.J.: "Aus Neigung wird Liebe oder Der Namenstag" (Lustspiel) Stagesche Buchhandlung, Augsburg & Leipzig, ca. 1750

10) Tobias Philipp Freiherr von Gebler: "Die Versöhnung" Logenmeister, Wien, 1772

11) "Hochfürstlich Brandenburg-Onolzbach- und Culmbachischer Genealogischer Calender und Adresse-Buch" B. F. Haueisen, Ansbach, 1782, S. 194

12) Siehe dazu v.a.: Horst Diederich: "Die Boten und Fuhrleute im Dienste der Brief-, Fahr- und Extrapost zwischen 1692-1867" DASV, 2013

13) "Botten" in „Auszüge nach alphabetischer Ordnung der Rathsdecrete“ Tom. 1, 2 & 3, Stadtarchiv SHA, Sig. 4/0431, o. S.

2 Kommentare:

  1. Always fascinating, André. Thank you!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Thank you so much for all your comments. I'm still planing Parma for April although I will need a lot of time for the upload. Cheers!

      Löschen