Donnerstag, 14. März 2024

Posthalter / Postmaster: Johann Caspar Schmidt

 Als 2. Teil unserer Serie von Recherchen für unsere Veranstaltung

"Anno Domini 1734 - Die Post kommt"

wenden wir uns diesmal dem Posthalter zu nachdem wir zuletzt Postreiter und Briefträger angeschaut haben [1]. Da wir im Fall des 1734 tätigen Posthalters Johann Caspar Schmidt erstaunlich viel über sein Leben wissen, werden wir weniger auf andere Beispiele schauen. Von den Haller Postreitern kennen wir ja aus der für uns interessanten Zeitspanne nur Philipp Reichart Grätter (gestorben 1724?) [2] [3] und Hans Caspar Schmidt.

 

As the 2nd part of our series of research for our event

"Anno Domini 1734 - The post is coming"

This time we turn to the postmaster after we last looked at the postman and letter carrier [1]. Since we know a surprising amount about the life of the postmaster Johann Caspar Schmidt, who worked in 1734, we will look less at other examples. Of the Hall post riders, we only know Philipp Reichart Grätter (died 1724?) [2] [3] and Hans Caspar Schmidt from the period that interests us.

Ansicht von Schwäbisch Hall nach dem großen Stadtbrand von 1728. Ganz links bei den zwei schmalen Türmen liegt die Gelbinger Gasse. - A view on Schwäbisch Hall after the great fire of 1728. At the far left near the two slim towers is the Gelbinger Gasse. (photo: André Hanselmann)


Der Posthalter war der Vorsteher einer Posthalterei. Im Falle von Schwäbisch Hall lässt sich nachweisen, dass Johann Caspar Schmidt beide Häuserhälften der heutigen Gelbinger Gasse 91 erwarb. Bereits 1692 hatte Hans Caspar Schmidt, der offenbar mit Johann Caspar Schmidt identisch ist, als Postreiter die eine Haushälfte, die seinem Vorgänger als Postreiter Phil. R. Grätter gehört hatte, der Stadt für 510 Gulden abgekauft. Am 13. September 1692 heiratete Schmidt zum ersten Mal [4]. Schmidt konnte schließlich für 490 Gulden auch die andere Haushälfte erwerben [5]. 1724 kam Schmidts Vorgänger als Posthalter namens Johann Michael Rohnfelder arbeitsunfähig ins Spital [6]. Offensichtlich war Johann Caspar Schmidt ein erfolgreicher Bürger der Reichsstadt, da er es sogar bis in das Amt eines Mitglieds des Äußeren Rates brachte. Der Äußere Rat hatte allerdings kaum Befugnisse, konnte weder in der Außenpolitik noch in der Rechtsprechung mitwirken [7], wozu freilich die oft juristisch gebildeten Mitglieder des Inneren Rates auch deutlich besser geeignet waren.

The postmaster was the head of a post office. In the case of Schwäbisch Hall, it can be proven that Johann Caspar Schmidt purchased both halves of the house at today's Gelbinger Gasse 91. As early as 1692, Hans Caspar Schmidt, who is apparently identical to Johann Caspar Schmidt, as "Postreiter", bought one half of the house that had belonged to his predecessor as Postreiter Phil. R. Grätter from the city for 510 guilders. On September 13, 1692, Schmidt married for the first time [4]. Schmidt was finally able to purchase the other half of the house for 490 guilders [5]. In 1724, Schmidt's predecessor as postmaster, Johann Michael Rohnfelder, was hospitalized because he was unable to work [6]. Apparently Johann Caspar Schmidt was a successful citizen of the imperial city, as he even achieved the position of member of the Outer Council. However, the Outer Council had hardly any powers and could neither participate in foreign policy nor in jurisprudence [7], for which the members of the Inner Council, who were often legally trained, were much better suited.


Schmidt war in einem aufwendigen Prozess mit dem Grabenreiter Michael Hoff verwickelt, der sich scheinbar mindestens über die Jahre 1719 bis 1721 hinzog. In den Prozessunterlagen wurde unterstrichen man müsse Sorge tragen, "damit die Proceß nicht unsterblich gemacht" werde [8]. 1725 konnte Schmidt zwei Eimer und 17 Maas Anteil an einem Erbsieden dem Barbier Leonhard Friedrich Groß abkaufen [9]. Schon ein Jahr darauf war Johann Caspar Schmidt in einem anderen Streit mit einem Mann namens Hermann aus Heilbronn verwickelt [10]. In beiden Streitigkeiten scheint es um den Verdacht der Unterschlagung von Geld gegangen zu sein. 1726 hieß es  Immerhin wurde einige Jahrzehnte später einem Haller Postmeister ähnliches vorgeworfen [11]. Der offenbar mittlerweile zu einigem Wohlstand gelangte Schmidt heiratete nach dem Tod seiner Frau Susanna Catharina die Witwe des Seilers Georg David Lienhardt im Jahre 1731 [12]. 

Schmidt was involved in a complex trial with the trench rider Michael Hoff, which apparently lasted at least from 1719 to 1721. In the trial documents it was emphasized that care must be taken “so that the trial is not made immortal” [8]. In 1725 Schmidt was able to buy two buckets and 17 "Maas" share in a hereditary boiling house from the barber Leonhard Friedrich Groß [9]. Just a year later, Johann Caspar Schmidt was involved in another dispute with a man named Hermann from Heilbronn [10]. After the death of his wife Susanna Catharina, Schmidt, who had apparently now become somewhat wealthy, married the widow of the rope maker Georg David Lienhardt in 1731 [11].

 

Gelbinger Gasse 91 war zu Schmidts Zeiten die Posthalterei. - In the time of Schmidt Gelbinger Gasse 91 was the post office. (photo: M. Leyendecker, 2024)

 

Schmidts Aufstieg vom Postreiter zum Posthalter und Ratsmitglied ist sehr spannend. Ich weiß nicht, was die konkreten Ursachen dafür waren, dass Schmidt sein Geld etwa in die Erbsieden investieren konnte. Die umfangreichen Archivalien zu den Streitigkeiten um sein Erbe nach Schmidts Tod 1735 verdeutlichen sein Vermögen [13]. Im Gegensatz dazu hat der zuletzt im Spital untergebrachte Vorgänger Rohnfelder nur 197 fl. hinterlassen [14].

Schmidt's rise from post rider to post keeper and council member is very exciting. I don't know what the specific reasons were for Schmidt being able to invest his money in the "Erbsieden" (heriditary boiling of the salt production). The extensive archives on the disputes over his inheritance after Schmidt's death in 1735 illustrate his assets [13]. In contrast his poor predecessor Rhonfelder had only 197 florins to leave behind [14].

 

Text: André Hanselmann

Fotos: André Hanselmann, Michael Leyendecker


Notizen / Notes:

1) siehe: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2024/03/postreiter-und-briefboten-post-rider.html

2) Schr. Inventur der Kunigunda Sibilla Gräter, Witwe des Philipp Reichard Gräter, Postreiter, 1724, SHA Sig. 14/2002

3) Vielleicht verwandt mit Postreiter Johann Georg Grätter. Siehe hier:  

4) Laut Beetliste, siehe Häuserlexikon des Stadtarchivs Schwäbisch Hall - according to the tax lists, look in the house lexicon:

https://www.haeuserlexikon.de/haeuserlexikon/gebaeudeverzeichnis/gelbinger-gasse-91

5) ebenda, unter Erstes Haus - there too under the article about the first book

6) Schr. Aufnahme des Hans Michel Rohnfelder, gewesenen Posthalters, in das Spital, 1724-1725, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Signatur: H03/601

7) Der Äußere Rat trat auf Geheiß des Inneren Rates zusammen. Er war bspw. zuständig für Steuerangelegenheiten. - The Outer Council is assembling following the orders of the Inner Council. For example the council was responsible for the decissions about taxation.  dazu: Beate Iländer: "Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Schwäbisch Hall vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zum Ende der Reichsstadtzeit" Stadtarchiv, Schwäbisch Hall, 2001, S. 106-108

8) Rechtsgutachten Tomus VIII, 1713-1738, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/0512, o.S.

9) Verkauf von zwei Eimern 17 Maas freieigenes Erbsieden im einfachen Haalhaus bei der Suhle durch Leonhard Friedrich Groß, Bürger und Barbier, an Johann Caspar Schmidt ..., Stadtachiv SHA Sig. 13/99

10) Repertorium über die Beziehungen zw. Hall und Brandenburg-Ansbach, Stadtarchiv SHA Sig. 4/0088

11) Dem Postmeister Meissner wurde 1767 das Verschwinden von u.a. 4 Geldpaketen zur Last gelegt, die ihm angeblich laut Meissner gestohlen worden waren. Aus: Auszüge zur Postgeschichte von Schwäbisch Hall von P. Esslinger, Postdirektor a.D. (Nürnberg), Stadtarchiv SHA Sig. S01/0555

12) 1731, Ehevertrag zw. Johann Caspar Schmidt, Mitglied des Äußeren Rats und kaiserlicher Posthalter zu Schwäbisch Hall, Witwer der Susanna Catharina Schmidt, und Catharina Barbara Lienhardt, Witwe des Georg David Lienhardt, Bürger und Seiler zu Schwäbisch Hall, Stadtachiv SHA Sig. 8/0780

13) Streitigkeiten um Siedenjahre 1677-1911, Stadtarchiv SHA, Sig. HA/A 0649 

14) Schr. Aufnahme des Hans Michel Rohnfelder ... in das Spital, Signatur: H03/601

2 Kommentare:

  1. A couple of really interesting posts (pardon the pun), thank you! Especially this one at the level of a more individual story.
    Regards, James

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    1. I'm so glad that you like these small stories which I find by the way when researching for our events. Nobody will ever think about that random gent from Hall. But that's history.

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