Nun bin ich unlängst in Maïwenns neuem Film "Jeanne du Barry" gewesen, den ich hier in Freiburg im O-Ton mit deutschem Untertitel gesehen habe. Maïwenn selbst soll wohl bekundet haben, dass es um ihre Illusion von Madame du Barry gegangen sei. Das ist auch offensichtlich der Fall, denn selbst der Historizität suggerierende Erzähler aus dem Off berichtet unhistorische Details wie ein erste öffentlicher Auftritt der Comtesse du Barry mit offenen Haaren. Doch alles der Reihe nach!
Now I was recently in Maïwenn's new film "Jeanne du Barry", which I saw here in Freiburg in the original sound with German subtitles. Maïwenn herself is said to have stated that she was concerned with her illusion of Madame du Barry. This is also quite obviously the case, because even the narrator from the off, who suggests historicity, reports unhistorical details such as a first public appearance of the Comtesse du Barry with her hair loose. But first things first!
Wir begegnen Jeanne als Kind wie sie - warum auch immer ??? - bereits mit ihren für den Film charakteristischen offenen braunen Haaren von einem Künstler auf einem Feld gezeichnet wird. Hier im Film wird sie als junge Frau von ihrer Mutter (Marianne Basler) dazu gezwungen sich dem Laster hinzugeben, nachdem sie das Kloster verlassen muss. Die mittlerweile Mit-Vierzigerin Jeanne (Maïwenn selbst) wird von Monsieur Du Barry (Melvill Poupaud) umgarnt - offen gestanden ohne dass man erkennen könnte warum, da einfach nur ungehobelt und wenig geistreich scheint. Der Duc de Richelieu (Pierre Richard!) setzt sich aus persönlichen Gründen dafür ein Jeanne zur Mätresse des Königs zu etablieren. Dem König (Johnny Depp) fällt auch gleich Jeanne auf, als sie im Spiegelsaal rumsteht. Warum weiß man nicht. Er lässt sie von seinem Diener La Borde (Benjamin Lavernhe) an den Hof holen und in den Gepflogenheiten unterrichten. Man fragt sich an der Stelle wie eine Mit-Vierzigerin nicht davon mitbekommen haben soll wie man sich in gehobenen Kreisen verhältm wenn sie in einer adeligen Gesellschaft aufgewachsen ist wie es ja im Film gezeigt wird.
We meet Jeanne as a child like her - why always??? - is already being drawn by an artist on a field with her characteristic loose brown hair for the film. Here in the film, as a young woman, her mother (Marianne Basler) forces her to give in to vice after she has to leave the convent. Jeanne (Maïwenn herself), now in her forties, is being ensnared by Monsieur Du Barry (Melvill Poupaud) - frankly without one being able to see why, as she just seems uncouth and unwitty. For personal reasons, the Duc de Richelieu (Pierre Richard!) is committed to establishing Jeanne as the king's mistress. The king (Johnny Depp) immediately notices Jeanne as she stands around in the hall of mirrors. Nobody knows why. He has his servant La Borde (Benjamin Lavernhe) bring her to court and teach her the customs. One wonders at this point how a woman in her forties should not have noticed how one behaves in upper class circles if she grew up in a noble society as shown in the film.
Überhaupt scheint die Jeanne hier im Film komplett aus der Handlungszeit gefallen zu sein. Nicht nur, dass sie keine Ahnung von sowas wie einer "Reverence" hat, sie weiß nichtmal das Mindeste, was man von einer Frau ihres Alters erwarten würde. Dass sie sich mit offensichtlich modernen (oder irgendwie nach 1980ern aussehenden) Chanel-Kleidern, offenen Haaren usw. von der Hofgesellschaft absetzen will/soll gelingt dann aber doch nicht so ganz, da einfach zuviele Charaktere vollkommen unpassende Frisuren und dergleichen haben. Dass es in den 1760ern keine der hier gezeigten Hochfrisuren gab und auch mal ein Modejournal aus den 1780ern auftaucht, wären verzeihbare Details. Aber da sind die regelrecht hässlichen weißen Hüte, Broschen usw., die sich insgesamt doch sehr von den wunderschönen Räumlichkeiten abheben - es wurde nuneinmal in Versailles gedreht! Der Dauphin, Louis Auguste (Diego Le Fur), läuft fortwährend mit offenen Haaren rum und dann auch irgendwie wie in seine Klamotten reingeschmissen egal in welcher Szene. Die Kostüme selbst des Königs erinnern oft eher an eine Comicverfilmung [1].
In general, Jeanne in the film seems to have completely fallen out of time with her manners. Not only does she have no idea what "reverence" is, she doesn't even know the faintest thing you would expect from a woman her age. The fact that she wants to/should set herself apart from court society with obviously modern (or somehow 1980s-looking) Chanel dresses, loose hair, etc. doesn't quite work out, because too many characters simply have completely inappropriate hairstyles and the like. The fact that there are no high hairstyles shown here in the 1760s and that a fashion journal from the 1780s also appears would be forgivable details. But there are the downright ugly white hats, brooches, etc., all of which contrast very well with the beautiful setting - it was filmed in Versailles, after all! The dauphin, Louis Auguste, (Diego Le Fur) is constantly walking around with his hair loose and then somehow thrown in his clothes, no matter what scene. The king's costumes are often more reminiscent of a comic book film [1].
Die sich anschließende Handlung erinnert eher an einen Groschenroman. Die Existenz der Madame du Barry bei Hofe wird auf ihr brüskierendes Verhalten gegenüber der königlichen Familie beschränkt. Der König, der doch seine Szenen hat, wird als träger Monarch geschildert. So gelang eine komplett unpolitische Darstellung des Königs just für die 1770er, als er nicht nur - nach damaliger Meinung auf auf Betreiben von Madame du Barry - den allmächtigen Duc de Choiseul stürzte, sondern auch 1770 die Parlamente reformierte und eine vollkommene Reformpolitik und Konsolidierung der Position des Königs und der Finanzen anstrebte. Alle politischen Interessen des Königs werden auf den Ausgleich mit Österreich beschränkt. Amüsanterweise hat just die Darstellerin der Dauphine Marie Antoinette (Pauline Pollmann) den Charme, der dieser Du Barry des Films abgeht.
The plot that follows is more reminiscent of a dime novel. The existence of Madame du Barry at court is limited to her offensive behavior towards the royal family. The king, who does have his scenes, is portrayed as a lazy monarch. Thus, a completely apolitical representation of the king [2] succeeded for the 1770s, when he not only overthrew the almighty duc de Choiseul - according to the opinion of the time at the instigation of Madame du Barry - but also reformed the parliaments in 1770 and implemented a complete reform policy and consolidation the king's position and finances. All of the king's political interests are limited to a settlement with Austria. Amusingly, the actress who played the Dauphine Marie Antoinette (Pauline Pollmann) has the charm that Du Barry in the film lacks.
Es ist eben die Krux einer Verfilmung, wenn eine Mit-Vierzigerin eine End-Zwanzigerin spielen soll und weder den Charakter der dargestellten Protagonistin treffen kann noch will. Dass die Chronologie der Ereignisse teilweise nichtmal stimmt, wenn Mme. du Barry vor 1770 [3] Zamor auch nicht vom Duc de Richelieu sondern dem König geschenkt bekommt ... Allein ein Blick in ein populärwissenschaftliches Werk wie "Galantes Versailles" [4] hätte genügt die gröbsten Schnitzer zu vermeiden, wenn man das denn überhaupt gewollt hätte und nicht etwa die Ungereimtheiten für das Drehbuch essentiell gewesen wären um das gewünschte Bild zu kreieren.
It's the crux of a film adaptation when a woman in her forties is supposed to play a woman in her late twenties and neither can nor wants to match the character of the protagonist portrayed. That the chronology of events is sometimes not correct, if Mme. du Barry before 1770 [3] did not receive Zamor as a gift from the Duc de Richelieu but from the king ... Just a look at a popular scientific work like "Galantes Versailles" [4] would have It's enough to avoid the worst blunders, if that's what you wanted at all and if the inconsistencies weren't essential for the screenplay to create the desired picture...
Am Ende bleibt ein ungenauer Historienfilm, welcher fast alle Figuren karikiert abbildet und wenig neue Einblicke in das Leben am Hofe von Louis XV gestattet. Einzig ein paar schauspielerische Leistungen (Lavernhe & Pollmann) sowie schöne Aufnahmen von Versailles aus zahlreichen Perspektiven wussten zu überzeugen [5].
In the end, what remains is an imprecise historical film, which caricatures almost all of the characters and provides little new insight into life at the court of Louis XV. Only a few acting performances (Lavernhe & Pollmann) and beautiful shots of Versailles from numerous perspectives knew how to convince [5].
Text: André Hanselmann
Foto: André Hanselmann
Notizen / Notes:
1) v.a. wenn man Gemälde oder Hofkleidung aus Ausstellungen kennt wie in: P. Ariziolli-Clémentel (u.a.): "Fastes de Cour et Ceremonies Royales" RMN, Versailles, 2009
2) Dabei hat schon Olivier Bernier dem Bild vom faulen, dummen König entschieden widersprochen in: Olivier Bernier: "Ludwig XV." Benziger, Zürich, 1986
3) Die Vermählung des Dauphin fand 1770 statt und nicht nach 1773, als Mme. du Barry Zamor erhielt.
4) Sylvia Jurewitz-Freischmidt: "Galantes Versailles" Piper, 2006
5) Einen anderen Blickwinkel hat ein Gespräch zur Frankreichpremiere des Films von Frock Flicks: https://frockflicks.com/jeanne-du-barry-video/
Not a great recommendation then André. It's always frustrating when films makers cannot be bothered, or do not care enough, to get the basics right with historical films.
AntwortenLöschenThank you for reading. Unfortunately not much better for my period in the cinemas here in Germany. I hope that our next posting will be more amusing. :-)
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