Mittwoch, 11. Januar 2023

Die einquartierten Württemberger 1622/23 - The soldiers from Württemberg in winter quarters

2023 wollen wir auf unserer Veranstaltung wieder das Thema Einquartierung ins Visier nehmen. Diesmal soll es aber weniger um Halls Gegenmaßnahmen gehen sondern um die Truppen, die einquartiert wurden. Chronologisch passend, wollen wir uns zuerst den Truppen zuwenden, die im Frühjahr 1622 nach Hall kamen. Es handelte sich dabei um zwei Kompanien Kreistruppen wie es bei Riegler heißt[1]. Nachdem das herzogliche Angebot 150 Mann zu stellen im April eingegangen waren, kamen zwei Kompanien am 22. Mai 1622 in Schwäbisch Hall an. Aus nicht näher bekannten Gründen zog eine der Kompanien bereits im Juli wieder ab, während die andere im Hällischen überwintern sollte. Details über die Einquartierung der Württemberger sind leider in Hall scheinbar verloren gegangen. Ihre Aufgabe die hällischen Bürger und Untertanen vor Plünderungen der durchziehenden ligistischen Truppen bewahrt zu haben, können die wenigen Württemberger wohl kaum erfüllt haben, denn sie standen mindestens 2.000 Mann zweier ligistischer Regimenter gegenüber. Wir wissen nicht wieviele die Württemberger über die Monate bis zum Abzug der Kompanie im Folgejahr waren. Gerhard Fritz berichtet von immerhin 23 "weiterer Leutnants, Fähnriche, Feldwebel, Capitaines des armes, Sergeanten und Korporale" die im Laufe des Jahres 1624/25 zur Kompanie unter Hans Hammer gekommen sein sollen [2] Die Sollstärke der Kompanien hatte nach einer Reduktion 1624 100 Mann plus 12 Mann Stab betragen [3]. Zwar sollten laut Beschluss vom Juni 1622 4 Regimenter Landesauswahl zu jeweils 10 Kompanien mit einer Kompaniestärke von 300 Mann gebildet werden [4] - aber inwiefern eine so stattliche Größe der Kompanien erreicht werden konnte, scheint recht fraglich. Außerdem dürfte es sich bei der Kompanie in Hall um Söldner gehandelt haben, weil Riegler ausdrücklich Kreiskompanien erwähnt, welche wohl die aus Unionsdiensten in die Dienste des Kreises übergegangene professionellen Truppen gewesen sein dürften [5]. Der in Hall als Kapitänleutnant bezeichnete Hans Hammer wird zwar in den hällischen Quellen als "von Marbach" benannt [6], was daraufhin deuten könnte, dass er adelig war. Wahrscheinlicher ist aber, dass er einfach nur aus Marbach stammte, denn seine Kompanie war die des Amtes Marbach im württembergischen Herzogtum [7].

In 2023 we want to focus on the topic of quartering again at our event. This time, however, it is less about Hall's countermeasures and more about the troops that have been billeted. In chronological order, let us first turn to the troops that came to Hall in the spring of 1622. It was about two companies of district troops as it is called by Ritter[1]. After the ducal offer to provide 150 men had been received in April, two companies arrived in Schwäbisch Hall on May 22, 1622. For reasons that are not known, one of the companies withdrew in July, while the other was to spend the winter in Hall. Unfortunately, details about the billeting of the Württembergers have been lost. The few Württembergers could hardly have fulfilled their task of protecting the citizens and subjects of Hall from plundering by the League troops passing through, because they faced at least 2,000 men from two regiments of the League. We do not know how many the Württembergers were over the months until the company left the following year. Gerhard Fritz reports at least 23 "additional lieutenants, ensigns, sergeants, captains des armes, sergeants and corporals" who are said to have joined Hans Hammer's company in the course of the year 1624/25 [2]. After a reduction in 1624, the target strength of the companies was 100 men plus 12 men [3]. According to the decision of June 1622, 4 regiments of state selection should be formed of 10 companies each with a company strength of 300 men [4] - but to what extent such an impressive size of the companies could be achieved seems quite questionable. In addition, the company in Hall may have been mercenaries, because Riegler expressly mentions district companies, which may well have been professional troops transferred from Union services to the services of the district [5]. Hans Hammer, described in Hall as a lieutenant captain, is named "von Marbach" in the Hall sources [6], which could indicate that he was a nobleman. However, it is more likely that he simply came from Marbach, because his company was that of the Marbach district in the Duchy of Württemberg [7].

"Soldat mit Lanze" - das Hällisch Fränkische Museum, welches diese Kachel aus dem 17.Jh. in eine Beziehung zum Porträt des Martin Schenk von Nideggen sieht, hält es aber auch für möglich, dass der Hafner möglicherweise nur einen Hauptmann darstellen wollte. [8] - "Soldier with a lance" - the Hällisch Fränkische Museum brings this tile in a relation with a portray of Martin Schenk of Nideggen although it can be possible that the potter only wanted to show a proud captain. (photo: Cecilia Hanselmann)

Leider wissen wir nicht viel näheres über die württembergische Kompanie für diese Monate des Garnisonsdienstes. Immerhin hat sich aber Gerhard Fritz in einer Publikation intensiv mit den württembergischen Truppen im Dreißigjährigen Krieg beschäftigt. Bei Hans Hammer wissen wir ein wenig über seinen familiären Hintergrund. Im 16. Jh. war ein Jakob Hammer Untervogt in Leonberg und ein weiterer Hammer nämlich Philipp Hammer Vogtsamtsverweser in Göppingen [9]. Auch wenn uns für etliche Jahrzehnte Hinweise zu weiteren Familienmitgliedern fehlen, passen diese Verwaltungsposten gut zu dem, was auch im Hällischen in der Frühen Neuzeit oft der Hintergrund der späteren Offiziere des hällischen Kreiskontingents waren, welche dann aus dem Patriziat und der Beamtenschaft bis hin zu namenhaften Ratsfamilien stammten [10]. Bei den Mannschaften dürfte es sich um Musketiere gehandelt haben, wenn man dies von Hammers Kompanie wie sie sich 1624 darstellt [11] auf die Truppe von 1622/23 überträgt. Hammers Kompanie von denen ein guter Teil schon 1622 gedient haben dürfte ist in ihrer Herkunft der Mannschaften von 1624 recht gut überliefert. Nicht einmal die Hälfte stammte aus Württemberg. Die Meisten der anderen kamen aber aus dem Schwäbischen [12]. Typisch für Söldner war der berufliche Hintergrund soweit auffindbar. Das Soldatenhandwerk war unter Bauern unbeliebt - nur ein einziger der verifizierbaren Söldner 1624 war zuvor Bauer, während die meisten anderen Handwerker v.a. aus dem Textilbereich waren [13]. Es kann nicht überraschen, dass diejenigen, welche zuvor bereits gedient hatten, oftmals unter dem Mansfelder [14] gestanden haben [15]. 

Unfortunately we do not know much more about the company from Württemberg for these months of garrison service. Nevertheless, Gerhard Fritz dealt intensively with the Württemberg troops in the Thirty Years' War in a publication. About Hans Hammer we know a little bit about his family background. In the 16th century, Jakob Hammer was sub-vogt in Leonberg and another Hammer, namely Philipp Hammer, was administrator in Göppingen [9]. Even if we have no information about other family members for several decades, these administrative posts fit well with what was often the background of the later officers of Hall's contingent in the early modern period, who then came from the patriciate and the civil service up to well-known Council families originated [10]. The teams must have been musketeers, if one transfers this from Hammer's company as it appears in 1624 [11] to the troops of 1622/23. Hammer's company, a good part of which may have served as early as 1622, has been handed down quite well in terms of the origin of the teams from 1624. Not even half came from Württemberg. Most of the others, however, came from Swabia [12]. The professional background was typical for mercenaries as far as they could be found. The soldier's trade was unpopular among farmers - only one of the verifiable mercenaries in 1624 had previously been a farmer, while most of the other craftsmen were mainly from the textile sector [13]. Not surprisingly, those who often had previously served under the command of the count of Mansfeld [14] [15].

Ausschuss aus dem Hällischen mit Langspießen. - Militia from the territory of Hall with long pikes. (photo: Stefan Winter, 2022)

Man kann für die Hällischen Bürger und Untertanen nur hoffen, dass sich die Württemberger besser im Hällischen als in Schwäbisch Gmünd 1619 aufführten, wo die übel behandelten Einwohner dazu gezwungen wurden den Einquartierten zu attestieren, dass sie sich wohl verhalten hätten [16]. Immerhin gab es auf Seiten der württembergischen Führung das Einsehen, dass man die Disziplin der eigenen Truppen auch schärfer untersuchen musste und es wurden strenge Maßnahmen beschlossen. Das kam nicht von Ungefähr, denn in dem Rescript heißt es, dass es wohl auch welche "von den Unsern", welche die württembergischen Untertanen aber auch "frembde Personen (darunter sich auch Fuhrleut befunden" auf den Straßen überfallen und ausgeraubt hätten [17].  

One can only hope for the Hällische citizens and subjects that the Württembergers behaved better in the territory of Hall than in Schwäbisch Gmünd in 1619, where the badly treated inhabitants were forced to certify to those quartered that they had behaved well [16]. At least the Württemberg leadership realized that the discipline of their own troops had to be examined more closely, and strict measures were decided upon. That was no coincidence, because the rescript states that there were also some "of our own" who attacked and robbed the Württemberg subjects but also "foreign persons (including carters)" on the roads [17].

Muskete & Stützgabel (Nürnberg 1630), Pulverflasche und Pulverkapseln aus dem 17. Jahrhundert. Solche Dinge gehörten wohl zur Ausrüstung der württembergischen Musketiere im Hällischen. - Musket & support (Nuremberg 1630), powderflask and powder capsules from the 17th century. Such things were part of the equipment of Württemberg's musketeers in the territory of Hall. (photo: Cecilia Hanselmann, Wehrgeschichtliches Museum Rastatt)

Sonntag, 1. Januar 2023

Jahresausklang und Blick zurück - End of the year and a look back

Dieses Jahr hat uns endlich wieder ermöglicht beide Veranstaltung der Reihen Landleben- und Anno-Domini durchzuführen. Beide Veranstaltungen haben noch wegen der Lage und auf Wunsch des Museums ohne gedrucktes Programm mit festen Zeitpunkten für Spielszenen stattgefunden. Dennoch hatten wir auf den zwei Veranstaltungen soviele Besucher wie lange nicht mehr, was uns sehr gefreut hat. Ich will da auch garnicht soviel drauf eingehen, weil man die Veranstaltungsberichte ja auf unserem Blog nachlesen kann [1] [2]. 

This year has finally enabled us to hold both events in the Landleben and Anno-Domini series again. Due to the location and at the request of the museum, both events took place without a printed program with fixed times for scenes. Nevertheless, we had more visitors at the two events than we have had in a long time, which made us very happy. I don't want to go into too much detail because you can read the event reports on our blog [1] [2].

Der Adler steht eingereiht in der Linie, entsprechend stehe ich als Guide génèral à droite hinter dem rechten Flügel unseres Bataillons. Dieses Bataillon besteht organisatorisch nur aus 3 Pelotons. In der Soldatenschule von 1791 werden 9 Pelotons pro Bataillon gezeigt [3]. - The eagle is positioned in the line. As the guide génèral à droite I'm standing behind the right wing of our batallion. That bataillon is organized in 3 pelotons. In the école des soldats from 1791 9 pelotons are presented. 


Ich will jetzt lieber erzählen, was sonst noch geschehen ist. Ich selber habe die Chance genutzt einmal wieder an einer größeren Veranstaltung teilzunehmen bei welcher einige der Organisatoren treue Anno Domini-Darsteller sind. Ich spreche von der 1806er Veranstaltung in Vierzehnheiligen. Einen Bericht aus der Sicht meiner Gruppe 22e demi-brigade findet man auf der entsprechenden Homepage [4]. Den Chef du Bataillon, den ich als Vorgesetzten hatte, haben wir hier auf dem Blog bereits interviewt [5]. Es war sehr spannend das Funktionieren eines Bataillons aus der Perspektive eines Guide Géneral à Droite zu erleben.

Unser Bataillon uni im "Feuergefecht". Ich selbst stehe fast verdeckt hinter einem Adjudant des Chef du Bataillon. - Our bataillon uni in a "fire fight". I myself covered by the adjudant of our chef du bataillon.

I'd rather tell you what else happened. I myself took the chance to take part in a larger event where some of the organizers are faithful Anno Domini actors. I'm talking about the 1806 event in Fourteen Saints. A report from the point of view of my group 22e demi-brigade can be found on the relevant homepage [4]. We have already interviewed the Chef du Bataillon, who was my superior, here on the blog [5]. It was very exciting to experience the functioning of a battalion from the perspective of a Guide Géneral à Droite.



Als Gehilfe beim Schröpfen eines Söldners. - As a mate when a soldier get crupping. (Foto: Daniel Klotz)

Ich möchte auch ein paar mehr Einblicke über die 30-jähriger-Kriegsszene über den Tellerrand hinweg gewinnen. Deswegen bin ich ein Wochenende nach der Veranstaltung in Jena zur Slag om Grolle gefahren. Dies ist vor allem in den Maßstäben der Darstellung des 30-jährigen Krieges eine wahre Großveranstaltung [6]. 2027 jährt sich dann die in Grolle etwa alle 2 Jahre dargestellte Belagerung der Stadt zum 400. Mal, weshalb es dann wohl eine nochmal größere Veranstaltung geben wird. Ich habe die Zeit in Grolle genutzt mir die verschiedenen Militärgruppen anzuschauen und vielleicht auch Kontakte zu knüpfen. Es gab auch ein paar gut eventuell zu unseren Landleben-Veranstaltungen passenden Zivildarsteller zu sehen. Insgesamt ist es eine Erfahrung gewesen, die ich doch recht besonders nennen kann. Vor vielen Jahren waren solche Events in modernen Städten, wo auch das Zeltlager einfach in einer modernen Stadt lag für mich sehr gewohnt. Aus Italien kannte ich das beispielsweise. "Historische Momente" wie ich das manchmal nenne, hatte ich von daher keine. Es war aber schön die Gelegenheit auch zu haben Eindrücke als Gehilfe des Apothekers [7] zu sammeln, welcher mitten in der Stadt neben einer großen Kirche sein Zelt aufgeschlagen hatte. Es gelang uns immerhin einen der Söldner dazu zu bewegen sich mit Schröpfköpfen behandeln zu lassen [8]. Manche Aufgaben als Gehilfe wie etwa das Austragen von Briefen oder das Abholen einer Bestellung für meinen Herrn haben mir durchaus auch Spaß gemacht. Solche Veranstaltungen wie Grolle sind aber durchaus etwas ganz anderes als das, was wir normalerweise besuchen und organisieren und ich weiß daher nicht so richtig, ob ich nochmal hinfahren würde. 
 
Ich bin in Grolle beim Barbier. - I'm at the barber in Grolle. (Foto: Daniel Klotz)
 
 
I would also like to get some more insights about the 30 year war scene outside of the box. That's why I went to the Slag om Grolle one weekend after the event in Jena. This is a truly major event, especially in terms of the depiction of the 30-year war [6]. 2027 will be the 400th anniversary of the siege of the city, which is shown in Grolle about every 2 years, which is why there will probably be an even bigger event then. I used the time in Grolle to look at the various military groups and maybe make contacts. There were also a couple of civilian actors who might well fit in with our country life events. All in all, it was an experience that I can call quite special. Many years ago, such events in modern cities, where the tent camp was simply in a modern city, were very familiar to me. I knew that from Italy, for example. That's why I didn't have any "historical moments", as I sometimes call them. But it was nice to have the opportunity to gather impressions as an assistant to the pharmacist [7], who had pitched his tent in the middle of the city next to a large church. At least we managed to persuade one of the mercenaries to have himself treated with cupping glasses [8]. Some of the tasks as an assistant, such as delivering letters or picking up an order for my master, were definitely fun. Events like Grolle are something completely different than what we usually attend and organize, so I don't really know if I would go there again.




Wir machten auch Schattenrisse 1772. - We made silhouettes in 1772. (photo: Cecilia Hanselmann)


Ein wirklicher Saisonhöhepunkt war für uns allerdings ein privates Treffen in Frankreich. Ich konnte wie schon letztes Jahr [9] auf ein tolles Team bauen, welches als Dienstboten das ganze Erlebnis einen Haushalt auf einem Schloss im Jahre 1772 zu genießen erst möglich machte. Das Szenario war ganz ähnlich wie im Vorjahr. Ich generierte mich als verärgerter Beamter. Mein Charakter träumt von der Stelle des Stellvertreters des Statthalters von Mömpelgard. Die Stelle des Vice-Président, also Stellvertreter des Statthalters bzw. Gouverneurs, wurde 1771/1772 übrigens als vergeben an Baron Jean Jacques de Grol dargestellt [10] [11]. Einer meiner Gäste war ein bayerischer Offizier des Regiments Kurprinz, welches in Amberg 1772 stationiert war. Das war von daher ein wenig plausibel, da Max Joseph von Zweibrücken im Régiment Alsace diente. Wir hatten diesmal aber auch ein französisches Paar, welches grob aus der Region stammte, was natürlich schön stimmig als unsere Gäste war. 
 
Am Spieltisch im Jahr 1772. - At the gaming table in 1772. (photo: T. Bernath zu Bernathfalva)

 
 
Die Tage vergingen mit Kartenspiel, Fechten, Tanzen, ein wenig Kunst und wir übten uns auch in gesellschaftlichem Umgang. Zwei Bücher hatte ich mitgebracht, welche schön die Umgangsformen am Ende und am Anfang des Jahrhunderts widerspiegelten wie das von Menantes [12]. Es ist sehr angenehm wenigstens dann und wann die Chance zu haben verschiedene Facetten aus dem Leben eines Mannes wie dem Amtmann oder eines anderen Beamten zu erleben. 
 
Diesmal hatten wir den Kamin in Benutzung. Eifrige Dienstboten. - For this time we used the fireplace. (photo: Cecilia Hanselmann)