Dienstag, 4. Februar 2020

De Bande van Jan de Lichte / Thieves of the wood (2017)


Das wird nun ein etwas längerer Post. Da mich seit längerer Zeit, auch durch meine Publikation[1], die 1740er interessieren, fand ich es spannend, dass nun auch eine Miniserie in dieser Zeit spielen soll. Wenn man sich ein bisschen erinnert, merkt man, dass die 1740er offensichtlich eine für die Filmschaffenden sehr beliebte Zeit sind. Das liegt natürlich an folgenden Personen:
Bonnie prince Charlie und Louis XV auf zeitgenössischen Stichen.

Viele literarische Werke haben auch die Jakobitenrebellion als Hintergrund. Auf Anhieb fallen mir da „Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen“ (Richardson, 1963), „The History of Tom Jones, a Foundling“ (Hüseyin, 1997), „The master of Ballantrae“ (Hickox, 1984) und „Die Abenteuer des David Balfour“ (1978) ein, wobei diese Klassiker natürlich auch noch etliche weitere Verfilmungen erlebt haben.

Andere Filme haben oft die Hofhaltung in einer der führenden Mächte in den Blickpunkt genommen. Vor allem Madame de Pompadour und der französische Hof waren da scheinbar reizvoll. In die Kategorie fallen beispielsweise „Maria Theresia“ 2-4 (Dornhelm 2017, 2019), „Jeanne Poisson, Marquise de Pompadour“ (Davis, 2006). Der Krieg an sich bietet auch manchmal einen Hintergrund oder die signifikanten Teile der Handlung finden deswegen in den 1740ern statt wie in „Fanfan, der Husar“ (Christian-Jaque 1952, Krawczyk 2003) oder den „Trenck“-Mehrteilern (Umgelter 1973, Kärger 2003), „Rani“ (Sélignac 2011).

Es spielen aber einfach auch viele zeitgenössische Romane in dieser Zeit, die sich einer anhaltenden Beliebtheit erfreuen wie „Fanny Hill“ (Hawes 2007), „Mistress Pamela“ (O’Connoly 1974) oder „Clarissa“ (Loader 1991).

Fast alle dieser Filme haben miteinander gemein, dass die Filmschaffenden eigentlich mit der Mode dieser Zeit nichts anfangen konnten, da sie den Stereotypen über das 18. Jh. wie etwa hohe Frisuren nicht entspricht. Deswegen wird die Mode meistens in die 1770er verlegt („Chasing the deer“(1994), „Maria Theresia“(2019), „The History of Tom Jones, a Foundling“ (1997)).

 

Wie sieht es nun bei „Jan de Licht“ aus?

Der historische Hintergrund klingt schonmal beeindruckend. Flandern zur Zeit des Österreichischen Erbfolgekrieges. Die Niederlande und ihre Verbündeten haben gerade die Schlacht bei Rocoux verloren und 1747 folgte auf die Laffeldt eine Invasion der Franzosen in die Generalstaaten[2].

Gleich am Anfang wird das auch ganz klar gemacht. Jan de Licht (Matteo Simoni) ist ein Deserteur, der von einer Bande Kopfgeldjäger, die ziemlich abgerissen aussehen und stark an „Pakt der Wölfe“ (F 2001) erinnern, an einem Pferd durch einen Wald geschleift wird. Die Reiter geraten allerdings in einen Hinterhalt. Straßenräuber verhelfen durch den Überfall de Licht zur Freiheit, den wir danach in den Straßen der mittelalterlich befestigten Stadt Aalst wiedersehen. Hier verschiebt sich das teilweise eh schon sagenhafte Geschehen – was Lichts Hemd z.B, alles aushielt! – in eine Art Larp-Story. Denn nicht nur dass de Licht in einen seltsamen Kapuzenmantel gesteckt wird, der schwer an „Assassin’s Creed“ erinnert, sondern es taucht mitten auf dem Markt der Stadt eine Wahrsagerin mit ihrem Stand auf, der wirklich eher auf einer modernen Fantasy-Convention zu erwarten wäre.

Es ist offenbar eine Zugangsvoraussetzung bei der Provinzverwaltung dieser Gegend, dass man einen gewaltigen Bart hat, der sich eigenwillig mit der „sowas wie Allonge-Perücke“ beißt. Diese muss sich gerade mit den Forderungen der französischen Besatzer auseinandersetzen, deren ranghöchster Offizier nicht nur einen Ordre de Saint-Esprit sein eigen zu nennen scheint sondern auch zur Bartfraktion gehört. Damit man weiß, dass man hier definitiv im 18. Jahrhundert zuhause ist, tragen die meisten Herren hohe 1770er Perücken oder irgendwas in der Art. Die Beamten haben offensichtlich persönlich nichts gegen die französischen Offiziere, sie amüsieren sich auch dann später auf einer Auspeitschung (weiß jemand ob das zu der Zeit in den Niederlanden üblich war?). Der Bürgermeister scheint ein wahnsinnig hoher Adliger zu sein, denn er trägt sogar den Orden vom Goldenen Vlies(!).

Sodann wird der neue Vogt oder Polizeichef de Baru (Tom van Dyck) vorgestellt. Wieder soll so eine Art Burnside-Bart auch Baru scheinbar als tatkräftigen Militär auszeichnen. Er stellt fest, dass sein Vorgänger ziemlich geschlampt hat und versucht sich so gut es geht bei seiner Magd über den Zustand des Verbrechens zu informieren. Das war mal kurz eine Szene, die mir sogar inhaltlich gefiel (Die inhaltliche Frage ist hier generell woher Baru stammt. Manchmal werden die Staate der Niederlande erwähnt. Aber Baru wurde ja aus Brüssel geschickt, welches der Sitz des Statthalters der ÖSTERREICHISCHEN Niederlande ist und obendrein seit 1746 besetzt ist. Also hätte er, wenn er nicht von den Franzosen eingesetzt wurde, seinen Befehl von Kaunitz aus Antwerpen bekommen müssen).  

Unser Assassin oder Jan de Licht rennt unterdessen im Wald rum, wo er in eine seltsam rollenspielhaft dargestellte Kapelle tritt. Später locken ihn zwei Jungs in eine gewaltige Grube. Wahrscheinlich haben die örtlichen Räuber entweder ‘nen Bagger oder nichts Besseres zu tun, als mitten im Wald eine Falle zu graben. Später trifft er auf seinen Blutsbruder, der ihn ins Lager der Vertriebenen führt. Die Flamen haben in Scharen ihre Dörfer verlassen müssen, die von den Franzosen verwüstet wurden – die scheinen in der hiesigen Auffassung zumindest eine Art Vernichtungsfeldzug gegen Land und Leute durchzuführen. Im Camp findet sodann eine Art satanistische Beschwörungszeremonie statt. Scheinbar sind die Räuber jetzt auf der schwarzen Seite angekommen. Irgendein Freak liest im Blut eines Federviehs, das er sich aufs Gesicht laufen lässt, die Zukunft.

Derweil ist Baru dem Bürgermeister, der ihn beständig abwimmelt, auf den Versen. Dieser führt nämlich nachts auf seinem Schloss eine Art Orgie durch, wobei er und seine französischen Fiesling-Freunde wie Raubtiere über Mädels herfallen, die als Waisen vorgestellt werden. Eine der Damen kann mithilfe Barus entkommen, landet dann aber in einer Hütte von Prostituierten, die auch wieder auf 1770er getrimmt sind. In der Hütte wechseln sich Soldaten und Adelige ab.

Die einzige Nebenhandlung, die mir zusagt, ist das ehrgeizige Projekt des Bürgermeisters trotz des Krieges das Straßennetz ausbauen zu wollen. Es fragt sich zwar, wozu das just jetzt, da der Warenverkehr wahrscheinlich weitesgehend zum Erliegen gekommen ist sinnvoll sein soll und wo der Magistrat das Geld hernehmen soll, wo man selbst die Kriegsschatzungen kaum aufbringen kann(wobei den Filmmachern vielleicht garnicht klar ist, dass der Straßenbau in der Form den Bürgermeister garnichts angeht). Aber immerhin hat das Projekt und die Zielstrebigkeit des Vlies-Trägers eine gewisse logische Komponente in all dem Gewirr von sinnlosem Sadismus und anachronistischem Verhalten.

Etwas skurril, dass laufend eine viel zu moderne Taschenuhr im Fokus steht. Fanden die Verantwortlichen wohl eine tolle Idee.

 

Die Produktion macht in der Tat den Eindruck eines überlangen Musikvideos oder eines PC-Games. Die Dialoge sind so lala. Was mir hier und da gefällt sind die, wenn auch spärlichen, authentischen Eindrücke wie in der Druckerei – ein Handwerker mit einer Ärmelweste, der mal nicht abgeranzt ausschaut! – oder in Barus Wohnung. Die Handlung ist halt schon schwer trashig mit zahlreichen Stereotypen ähnlich wie bei „Turn“. Bislang hat es mich aber noch nicht sosehr gelangweilt wie „Turn“ oder auch „Harlots“.

 

That will be a longer post. As I’m very much interested in the 1740s, I was excited when I read that a miniseries would be playing in this period. My own publication maybe was one of my reasons for that interest. You will realize that the filmmakers love the 1740s since a long time, if you remember a lot of productions. That somehow depends naturally on these two persons:

Bonnie Prince Charlie and king Louis XV on contemporary prints.


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Many works of the literature have the Jacobite-rebellion as their background. Right off, I remember “Tom Jones” (Richardson, 1963), “The History of Tom Jones, a Foundling“ (Hüseyin, 1997), „The master of Ballantrae“ (Hickox, 1984) and „Kidnapped“ (1978), although these classics naturally had some more film versions.

Other movies are focused on the court of one of the leading powers. Especially Madame de Pompadour and the French court seemingly were appealing. “Maria Theresia” episode 2-4 (Dornhelm 2017, 2019), “Jeanne Poisson, Marquise de Pompadour” (Davis, 2006). The war sometimes offers the background or a significant part of the plot took place during the 1740s like in “Fanfan la tulipe” ((Christian-Jaque 1952, Krawczyk 2003) or both Trenck-miniseries (Umgelter 1973, Kärger 2003) or even “Rani” (Sélignac, 2011).   

But there are some contemporary novels from that time, which are still in the public’s favour like “Fanny Hill” (Hawes, 2007 – one of many versions of that classic), “Mistress Pamela” (O’Connoly, 1974) or “Clarissa” (Loader, 1991).

Nearly all these movies have in common that the filmmakers don’t really get along with the fashion of that period, because it doesn’t fit into the stereotypes about the 18th century like high hairstyles. Therefor the fashion is mostly shifted into the 1770s (as in “Chasing the deer” (1994), “Maria Theresia” ep. 3-4 (2019), “The story of Tom Jones, a foundling” (1997)).

 

How it is looking now in “De bande van Jan de Lichte” (Thieves of the wood)?

The historical background, which I had in mind, sounds impressive. Flanders during the War of the Austrian succession. The Dutch and their Allies just have lost the battle of Rocoux and after the battle of Laffeldt in 1747 the French invaded the States General of the Netherlands.

Right at the beginning of the first episode everything is made clear. Jan de Licht (Matteo Simoni) is a deserter, who is the prisoner of a band of bounty hunters, who are very much looking like these guys in leather overcoats in “Brotherhood of the Wolf” (F 2001), and which are dragging him on a horse through a wood. Although the riders are stumbling in an ambush. The highwaymen help Jan de Licht by accident to become free. Later we see him in the medieval fortified town of Aalst. Here the anyway very much fantasy-sounding plot – how much can de Licht’s endure! – turns into a LARP-story. Not only that de Licht is now dressed in a weird hooded cloak, which reminds in Assassin’s Creed, no, there is even a female fortune-teller in the middle of the town’s market with a booth, which would be plausible for a fantasy-convention.

Obviously it’s a requirement to get a position in the provincial administration to sport an enormous beard, which makes an unpleasant contrast with a “something like an allonge-wig” on the head of the local leaders. The magistrate has to deal with the demands of the French occupiers, of whom the most high ranked commander not only has an ordre de Saint-Esprit but is a member of the beard-fraction too. That you may know that we are definitely in the 18th century most of the men here have a high 1770s wig or some sort of that. The local officials are feeling no aversion towards the French officers, as they have their fun looking at a public lashing (does somebody know if that punishment was normal in the Austrian Netherlands at this time?). The mayor seems to be from the highest aristocracy, as he carries the order of the Golden Fleece (!).

Afterwards the new bailiff de Baru (Tom van Dyck) is to be introduced to us. Again a significant Burnside-beard identifies him to us as an energetic military. He has to notice that his predecessor had acted very sloppy and so he has to ask his housemaid to learn more about the situation of crimes in the area. That was one of the rare scenes, which I liked. (However there is a big content question where he comes from. It was said that he came from Brussels. But sometimes the people mention the States of the Netherlands. Although Brussels was the capital and residence of the gouverneur of the AUSTRIAN Netherlands. And if he was not send by the French and is a French by himself, how can he come from Brussels, as Brussels was captured by the French in 1746 and the Austrian government under Kaunitz was at Antwerp in 1747.) 

Our Assassin-Jan de Licht is now running through the wood, where he steps into a chapel, which again is very much looking like scenery from a roleplay event. Later two boys lure him in an enormous pit. The local robbers have either an excavator or just nothing better to do then to dig a laaaaarge hole somewhere in the wood. Later he finds his brother in blood, who leads him to the camp of the displaced local population. The Flemings have left their villages in droves, which were devastated by the French – which are carrying out a campaign of destruction against land and inhabitants, at least in the view of that series. There is an odd satanic ceremony in the camp than. A certain freak finally reads the future in the blood running out of a poultry on his face.

Meanwhile de Baru is researching behind the mayor, who gets rid of him continuously. The mayor has organized an orgy on his castle, where he and his French villain-friends are raping several girls, which were introduced as orphans. One of the ladies can escape with the help of Baru, but she has to end up in a hut of some whores, which are again just into the 1770s fashion. Noblemen and soldiers are rotating in this small brothel.

The only side plot which I like is the ambitious project of the mayor to extend the roads in spite of the war. However it’s questionable why that project should be sensible, as the despatch of goods most possibly is coming to a standstill and where should the magistrate get the money for the Project (by the way, I fear, that the filmmakers didn't know, that to built a road is not a decission of a Mayor at all)? They even have no chance to get the money for the French war demands. But at least this project and the determination of the Fleece-carrier have a logical component in all that mix of senseless sadism and anachronistic behaviour.     

It’s strange, that an obviously modern pocket watch is always in the focus. The filmmaker maybe thought that this is a good idea?

 

The production gives the impression of an overlong music video or of a PC-game. The dialogues are a mixed bag. I like some sparse authentic impacts as in the printing house – a craftsman with a sleeved waistcoat, which is not looking too sordid! – or in Baru’s apartment. Although the plot is very very trashy with a large amount of stereotypes similar like in “Turn”. At least I’m not so bored as by the series like it was with “Turn” or “Harlots”.

 

Text: André Hanselmann

Foto: André Hanselmann 



[1] André Hanselmann:  „Landfriedensbruch an der Roten Steige?“ Kleine Schriften aus dem Hohenloher Freilandmuseum Nr. 21, 2014
[2] Vergleiche zum Zustand der Niederlande auch die letzten Kapitel in Reed Brownings Buch: „Reed Browning: „The War of the Austrian Succession“ St. Martin's Press, New York, 2008 / compare it with the final chapters of Reed Browning’s book „The War of the Austrian Succession“ St. Martin's Press, New York, 2008

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