Donnerstag, 18. September 2025

Anno Domini 1775 - Wie das Salz getragen wurde P 2

Am nächsten Morgen begab sich der Schultheiß zum Zöllner. Er hatte ja den Steckbrief erhalten und war nun angehalten wie in den Land- und Dorfordnungen zu lesen [1] nach herum streunendem Gesindel wie Räuber, Diebe und "Landtsknecht" Ausschau zu halten. Daher wurde ein reisender Fuhrmann besonders scharf untersucht, welcher zwar das Chausseegeld am Gelbinger Tor [2] entrichtet hatte, aber offenbar teures Glas schmuggeln wollte, zumal der mitreisenden Krämerin nicht im Traume einzufallen schien, dass sie die teuren Seiden- und Baumwollstoffe in ihrem Gepäck verzollen musste. Ein armer Salzträger erkaufte sich einen Landzollzettel.

The next morning, the mayor went to the customs officer. He had received the warrant and was now required, as stated in the rural and village regulations [1], to be on the lookout for vagrant rabble such as robbers, thieves, and "landsknechts." Therefore, a traveling cart driver was particularly closely investigated. He had paid the toll at the Gelbinger Gate [2] but was apparently trying to smuggle expensive glass, especially since the accompanying shopkeeper didn't seem to dream that she would have to pay customs duty on the expensive silk and cotton fabrics in her luggage. A poor salt carrier bought himself a rural customs slip.


Anschließend ging ich zu meinem Nachbar hinter dessen Schweinestall eine schöne Wiese liegt, wo wir mit einem seiner Knechte und meinem Knecht das Heu ernteten. Das machten wir diesmal weitaus geschwinder als in den Vorjahren. Vielleicht sind die Landleute auch motivierter, wenn sie nicht die Herrschaftliche Wiese, sondern ihre eigene, abmähen müssen [3].

Afterwards, I went to my neighbour, behind whose pigpen lies a beautiful meadow, where we harvested the hay with one of his farmhands and my farmhand. This time, we did it much faster than in previous years. Perhaps the farmers are also more motivated when they have to mow their own meadow, not the lord's meadow [3].

Die drei Schmiede an der Arbeit. - The three blacksmiths working. (photo: S. Winter)


Später stellte ich als Schultheiß eine Streife aus 2 Gemeinsmännern, dem Schmied und 2 Knechten auf, die entsprechend der Aufforderung des Amtmannes vom Vortag nach dem Dieb suchten. Wir wurden zwar weder in Scheune noch Haus fündig, trafen dann aber zufällig einen Burschen, der sich als Handwerker ausgab, aber keine gültigen Papiere [4] vorweisen konnte, was dazu führte, dass wir ihn gefangen nahmen. Wir führten den Gefangenen zum Steigengasthaus, wo wir ihn in eine Stube sperrten, worinnen er von 2 Bewaffneten beaufsichtigt wurde und die nur eine Tür hatte wodurch er nur durch einen Sprung aus dem Fenster hätte flüchten können. Wir behielten von einem der Tische der großen Schankstube den Verdächtigen im Auge. Nach einem Glas Wein für jeden Streifer marschierten wir weiter nach Hall, wo wir ihn dem Magistrat übergeben wollten. Als wir den städtischen Schuldturm schon beinahe sahen, wollte der Gefangene davon rennen. Er kam aber nicht weit...

Ein Gemeinsmann und ein Knecht brechen zur Streife auf. - A commoner and a farmshand are going out for patrol. (photo: S. Winter)

 

Later, as mayor, I set up a patrol consisting of two commoners, the blacksmith, and two farmhands, who, in accordance with the bailiff's request the previous day, searched for the thief. Although we found nothing in the barn or the house, we then happened upon a young man who claimed to be a craftsman but could not produce any valid papers [4], which led to our capture. We led the prisoner to the Steigen Inn, where we locked him in a room, supervised by two armed men, which had only one door, meaning he could have escaped only by jumping out the window. We kept an eye on the suspect from one of the tables in the large bar. After a glass of wine for each patrolman, we marched on to Hall, where we intended to hand him over to the magistrate. When we almost saw the city debtors' tower, the prisoner tried to run away. But he didn't get far...

Die Streifer sitzen nach der Streife zusammen im Gasthaus. - After the patrol we were sitting in the local inn. (photo: S. Winter)


Erschöpft kehrten wir von dem Marsch ins Gasthaus an der Roten Steige zurück, wo wir den Tag mit einem Tanz vor dem Wirtshaus ausklingen ließen. 


Exhausted, we returned from the march to the inn on the Red Steige, where we ended the day with a dance in front of the inn. 


Text: André Hanselmann

Fotos: Stefan Winter

 

Notizen / Notes: 

1) Land- und Dorfordnung S. 22-23 Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. HV II / 18

2) Dieser Zettel ist winzig. - This chit of paper is very tiny. Stadtarchiv. SHA Sig. S01/1072 

3) So hier beispielsweise: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2015/11/anno-domini-1763-endlich-frieden-23-25.html 

4) Wie die sogenannten Kundschaften, die Handwerkern von den Meistern ihrer letzten Anstellung ausgestellt wurden entsprechend der Reichszunftordnung von 1731. - The last masters had to give their journeyman a so called "Kundschaft" according to the Reichszunftordnung in 1731.

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