Montag, 17. Juli 2023

Grenzsteine aus 3 Jahrhunderten - Boundary stones from 3 centuries

Wir haben viel über die Räuberbande im Mainhardter Wald geschrieben und auch schon hier und dort über die Schwierigkeiten bei der Verfolgung von Straftätern berichtet, welche sich über eine Grenze gerettet haben, weil sich die Behörden der verschiedenen deutschen Staaten oftmals gegenseitig in der Verbrechensbekämpfung behinderten. Besonders erhellend und unterhaltsam fand ich dazu den Text von Patrick Oelze [1]. Wenngleich die zahlreichen Karten der Landesvermessungen von Schwäbisch Hall [2] aus dem 18. Jahrhundert deutlich die Grenzsteine zeigen, haben sich doch nur wenige erhalten. Den auf einer Fotographie bei Mattern und Wolf wiedergegebenen Grenzstein unweit der Roten Steige [3] konnten wir auf unserer Wanderung 2020 leider nicht finden [4]. Auch die zahlreichen erhaltenen Amtsrechnungen dokumentieren die Zersplitterung der Gebiete sodass in Orten wie Bubenorbis gleich Bewohner von nicht weniger als 3 Landesherren in einem Ort lebten.

Südöstlich von Mainhardt stoßen auf dieser Karte von 1762 [5] die Grenzen von Hohenlohe-Waldenburg, Württemberg und Schwäbisch Hall aneinander. Doch so eindeutig wie diese Karte es andeutet, waren die Besitzverhältnisse auf keinen Fall. - On the map from 1762 you can find in the Southeast from Mainhardt that the borders of Hohenlohe-Waldenburg, Württemberg and Schwäbisch Hall are meeting each other. But the borders were not so obvious as it seems on this map. (photo: André Hanselmann, 2023)
 

We have written a lot about the gang of robbers in the Mainhardt Forest and have also reported here and there about the difficulties in pursuing criminals who have saved themselves across a border because the authorities of the various German states often hindered each other in fighting crime. I found the text by Patrick Oelze [1] particularly enlightening and entertaining. Although the numerous maps from the state surveys of Schwäbisch Hall [2] from the 18th century clearly show the boundary stones, only a few have survived. Unfortunately, we were not able to find the boundary stone reproduced in a photograph near Mattern and Wolf not far from the Rote Steige [3] on our hike in 2020 [4]. The numerous surviving official bills also document the fragmentation of the areas, so that in places like Bubenorbis, residents of no fewer than 3 sovereigns lived in one place.

 

Hier auf diesem Ausschnitt einer Postkarte von 1786 [6] sind die Herrschaftszentren einiger Territorien deutlich erkennbar. Bis 1741 war noch Sachsen-Eisenach selbstständig. Südlich davon Meiningen und Hildburghausen, östlich von Eisenach das mächtigste ernestinische Herzogtum S.-Gotha. Südöstlich von Gotha liegen die Gebiete der schwarzburgischen Grafschaften und späteren Fürstentümer. - Here on a detail of the post map from 1786 [6] you can see the centers of power of some territories. Saxon-Eisenach was an independent duchy until 1741. In the South you can notice Meiningen and Hildburghausen, eastwards lies the powerfull of the Ernestine-duchies Saxon-Gotha. In the South-East one of the counties and later principalities of Schwarzburg is located. (photo: André Hanselmann)

 

Besonders schön sind die Grenzsteine entlang dem Rennsteig erhalten, der sich durch weite Teile des Thüringer Waldes, des Frankenwaldes und Schiefergebirges erstreckt und entlang der Herrschaftsgrenzen zahlreicher Landesherren führt, die sogar verschiedenen Reichskreisen - dem Obersächsischen und dem Fränkischen - angehörten. Am häufigsten vertreten sind Grenzsteine der ernestinischen Herzogtümer, also von Sachsen-Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Hildburghausen. Insgesamt haben sich etwa 800 historisch wertvolle Grenzsteine erhalten [7], welche auch für die wechselhafte Geschichte Thüringens und Frankens stehen. Denn einige Staatsgebilde d.h. Herrschaften sind auch verschwunden bzw. haben sich deutlich verändert [8].

Ein sehr schlichter Stein am Rennsteig von 1765 in der Gegend vom Großen Inselsberg. - A very simple stone at the Rennstein from 1765 in the area of the Großer Inselsberg. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 
Die andere Seite des Steins zeigt das S.G. für Sachsen-Gotha. - The other front of the same stone shows the S.G. for Saxe-Gotha. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

The boundary stones along the Rennsteig, which stretches through large parts of the Thuringian Forest, the Franconian Forest and Slate Mountains and leads along the rulership borders of numerous sovereigns who even belonged to different imperial circles - the Upper Saxon and the Franconian - are particularly well preserved. Boundary stones of the Ernestine duchies, i.e. Saxe-Gotha, Saxe-Meiningen and Saxe-Hildburghausen, are most frequently represented. A total of around 800 historically valuable boundary stones have been preserved [7], which also stand for the checkered history of Thuringia and Franconia. Because some state structures, i.e. rulers, have also disappeared or have changed significantly [8].

 

Ein besonders schöner Stein zwischen Neustadt am Rennsteig und Masserberg. Deutlich erkennbar die Jahreszahl 1616. - One of the special and very nice stones between Neustadt am Rennsteig and Masserberg. The number of the year 1616 is clearly visible. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 

Besondere Faszination haben über die Jahrhunderte die besonders alten und schönen Grenzsteine wie der zwischen Steinbach am Wald und Brennersgrün gelegene Kurfürstenstein von 1513 ausgestrahlt [9]. Aber auch die sogenannten Dreiherrensteine an den Stellen, wo drei Herrschaftsgrenzen aneinander stoßen haben eine gewisse Beühmtheit erlangt. Nicht selten befinden sich heute unweit solcher Steine wie am Großen Inselsberg oder in der Nähe von Neustadt am Rennsteig Gasthäuser. Der Große Dreiherrenstein bei Neustadt stammt aus dem 16. Jahrhundert, was später die preußische Seite nicht davon abhielt die Bezeichnung KP für Königreich Preußen hinein meißeln zu lassen, welche einfach unter das Hennebergische Wappen gesetzt wurde. 


Der im 19. Jahrhundert errichtete Dreistromstein. Unweit befindet sich ein Dreiherrenstein des 18. Jahrhunderts. - The stone of the three streams from the 19th century. There is a Dreiherrenstein from the 18th century next to this stone. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

Over the centuries, the particularly old and beautiful boundary stones, such as the Kurfürstenstein between Steinbach am Wald and Brennersgrün from 1513, have radiated particular fascination. But also the so-called Dreiherrensteine ​​at the places where three ruler borders meet have gained a certain fame. It is not uncommon for inns to be found not far from such stones, such as on the Großer Inselsberg or near Neustadt am Rennsteig. The Great Dreiherrenstein near Neustadt dates from the 16th century, which later did not prevent the Prussian side from having the designation KP for the Kingdom of Prussia carved into it, which was simply placed under the Henneberg coat of arms.

Eine Seite des beim Dreistromstein (nahe Limbach) stehenden Dreiherrensteins. Diese Seite zeigt eine Variante des Wappens von Schwarzburg-Rudolstadt. In den meisten Fällen sind die Verzierungen auf schwarzburgischer Seite deutlich schlichter gehalten als die auf sächsischer Seite der Steine. - One side of the "Dreiherrenstein" (stone of three masters) next to the stone of three streams (near Limbach). That side shows a version of the coat of arms of Schwarzburg-Rudolstadt. In most cases the decorations on the side of Schwarzburg are much more simple then on the Saxob side of the stones. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)


 

Wappen und Inschrift von Sachsen-Hildburghausen auf einer anderen Seite desselben Steines. - Coat of arms and inscription of Saxe-Hildburghausen on another side of the same stone. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)


Die verwitterte dritte Seite des Steines mit dem Wappen von Sachsen-Coburg und S C für den Namen des Herzogtums. Dieser Dreiherrenstein stammt aus dem Jahr 1733, dem Jahr des Ausbruchs des Polnischen Thronfolgekrieges. - The more ruined side of the stone with the coat of arms of Saxe-Coburg and the "S C" of the name of the duchy. That "Dreiherrenstein" (stone of three sovereigns) is from 1733 - the year when the war of the Polish succession broke out. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 

Am Rennsteig stehen auch weitere interessante Monumente wie etwa Geleitsteine. Ähnlich den Steigen im Hällischen gab es in Thüringen die sogenannten Ausspannen [10]. An den tieferen Einschnitten des Kammweges befanden sich Zollstellen oder beispielsweise die Teufelsbuche [11]. Das Wandern auf dem über 169 Kilometer langen Rennsteig können wir ausdauernden Wanderern nur empfehlen.

Einer der ältesten Steine an unserem Wegesrand bei Masserberg, hier mit sächsischem Wappen von 1598. Bisweilen sehen die älteren Steine neuer aus, da sie scheinbar nicht so schlechten Bedingungen ausgesetzt waren. - One of the oldest stones next to our track near Masserberg here with the Saxon coat of arms from 1598. Some of the older stones were looking much newer maybe because they servived under better cercumstances. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 

Einige Steine waren besonders fein ausgearbeitet wie dieser hier aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Es scheint sogar als ob die originale Farbigkeit noch erkennbar ist mit den typischen gelben Streifen des Wappens der Wettiner. Wie die Jahreszahl 1756 verkündet stammt der Stein aus dem Jahr des Ausbruches des Siebenjährigen Krieges! - Some stones were especially finely made such as this example from the middle of the 18th century. It seems that you can even see the original colour with these yellow strypes of the coat of arms of the Wettin-dynasty. The number of the year 1756 tells you, that the stone was eracted in the year when the Seven-Years-war broke out. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 
Erneut das schwarzburgische Wappen. Anders als bei den offiziellen Wappen mit Adler trugen zahlreiche der Grenzsteine wie dieser von 1756 nur die zwei Gabeln. Auf einigen Steinen waren die schwarzburgischen Gabeln auch komplett anders angeordnet oder nur eine Gabel mit Spitzen an beiden Enden. - Again the coat of arms of the Schwarzburg dynasty. Differently from the official large coat of arms with the eagle many stones such as this one from 1756 only had these two forks. On some older stones the forks are in a completely different shape and order and some even show one fork with two peaks on both ends of the fork. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

There are also other interesting monuments on the Rennsteig, such as sliding stones. In Thuringia there were so-called Ausspannen [10], similar to the "Steigen" in the former territory of Hall. At the deeper incisions of the ridge path there were customs posts or, for example, the devil's beech [11]. We can only recommend hiking on the more than 169 km long Rennsteig trail to persevering hikers.

 

Dieser Brandenburg-Bayreuthische Grenzstein steht unweit der heutigen bayerisch-thüringischen Grenze. Er stammt von 1725 also aus der Regierungszeit von Markgraf Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth (1678-1726). - This boundary stone of Brandenburg-Bayreuth stands next to the doday border of Bavaria and Thuringia. It came from 1725 so to speak from the reign of Margrave Georg Wilhelm of Brandenburg-Bayreuth (1678-1726). (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)


Hier die sächsisch-coburg-saalfeldische Seite desselben Steins. - Here the Saxon-Coburg-Saalfeld side of the same stone. (photo: Cecilia Hanselmann, 2023)

 

Der älteste Grenzstein am Rennsteig. Der sogenannte Kurfürstenstein markiert die Grenze zwischen dem damals ernestinischen Kurfürstentum Sachsen (1547 ging die Kurwürde ja auf die albertinische Linie über) und dem Bistum Bamberg. Wie der Stein ausweist unterstanden die sächsischen Lande damals Friedrich (dem Weisen) und Johann, seinem Bruder. - The oldest boundary stone at the Rennsteig trail. The so called "Kurfürstenstein" marks the border of the Ernestine electorate of Saxony (1547 the rank of elector was given to the Albertine-line) and the Bishopic of Bamberg. As the stone tells us the Saxon territories were ruled by the elector Frederick the Wise and his brother John. (photo: J.G.F. Hanselmann 2023)

Die andere Seite des Steines von 1513 zeigt das Wappen des Bischofs von Bamberg. Bischof Georg III. stammte aus dem Hause der Schenken von Limpurg und war somit ein Nachbar von Schwäbisch Hall. Zwei der Wappenfelder zeigen den Bamberger Löwen, eines zeigt das Wappen Frankens und eines die Turnierkolben, die wie das fränkische Wappen zum Wappen der Schenken von Limpurg gehören. - The other side of the stone from 1513 shows the coat of arms of the bishop of Bamberg. Bishop George III was from the house of the "Schenken" of Limpurg and sofar a neighbour of the imperial city of Hall in Swabia. Two fields of the coat of arms show the lion of Bamberg and one of the other the coat of arms of Franconia. The fourth field shows the tournament flasks which form the coat of arms of the "Schenken" of Limpurg together with the Franconian coat of arms. (photo: J.G.F. Hanselmann 2023)

 

 

Some work in progress. Please guess what I try to do! :-) (photo: André Hanselmann)

Text: André Hanselmann

Fotos: André Hanselmann, Cecilia Hanselmann, J.G.F. Hanselmann

 

Notizen/Notes:

1) Patrick Oelze: "Am Rande der Stadt . Grenzkonflikte und herrschaftliche Integration im Umland von Schwäbisch Hall" in P.Schmidt, H. Carl (Hrsg.): "Stadtgemeinde und Ständegesellschaft" LiT, Berlin, 2007, 140-165

2) siehe hier: Hans Mattern & Reinhard Wolf: "Die Haller Landheg" Thorbecke, Sigmaringen, 1990, S. 15

3) ebenda S. 69

4) siehe: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2020/09/auf-den-spuren-der-rauber-on-traces-of_21.html

5) Ferdinand Cnopf & Homannische Erben "Tabula Geographica ..." 1762

6) Homanische Erben: "Nouvelle Carte Geographique des Postes d'Allemagne" 1786

7) So auch auf einer Tafel entlang des Rennsteiges bei der Suhler Hütte zu lesen. - As you can read on a board at the Rennsteig near the "Suhler Hütte".

8) Wie etwa die Grafschaft Henneberg 1583. - As it happened to the Henneberg county in 1583.

9) Zahlreiche Informationen zu den Grenzsteinen am Schönwappenweg mit den Inschriften finden sich hier - Many more informations (in German only) can be found here by the Rennsteigverein: http://www.rennsteigverein.de/schoenwappenweg.html

10) Etwa die Neue und Alte Ausspanne zwischen der Ebertswiese und dem Gasthof Grenzadler (Oberhof). - Such as the New and old "Ausspanne" between the Ebertswiese and the Grenzadler inn (Oberhof).

11) Zwischen Kahlert und Triniusbaude. - It is located between Kahlert and Triniusbaude.

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