Wir haben vor etlichen Jahren schonmal das Thema Räuber auf einer Veranstaltung in Wackershofen behandelt. Damals hieß es: "Anno Domini 1761, Jauner, Streifen und Gasthäuser im Amt Rosengarten". Einen ausführlichen Bericht (leider nur auf Deutsch) zur Veranstaltung findet ihr hier auf dem Blog [1]. Schon 1761 war die Mainhardter Bande tätig gewesen. Die nächsten Blogeinträge werden sich mit dieser Bande beschäftigen mit einem Hauptfokus auf das Ende der Bande in den Jahren 1772 und 1773.
Several years ago we dealt with the topic of robbers at an event in Wackershofen. At that time it was: "Anno Domini 1761, "Jauner", patrols and inns in the Rosengarten district". You can find a detailed report (unfortunately only in German) about the event here on the blog [1]. The Mainhardt gang had been active as early as 1761. The next few blog entries will deal with this gang with a main focus on the end of the gang in 1772 and 1773.
Es soll hier ersteinmal garnicht um die Anfänge der Bande gehen, sondern eher um die Rahmenbedingungen, welche offenbar begünstigten, dass eine der größten Räuberbanden in Deutschland in dieser Zeit genau in dieser Gegend ihr Unwesen und das über soviele Jahre treiben konnte. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es zahlreiche Räuberbanden auf dem Reichsgebiet. Als Beispiel will ich hier einmal den berühmten Bayerischen Hiasl Matthias Klostermayr (1736-1771) anführen, der seine Tätigkeit als Wilderer Anfang der 1760er aufnahm. Aus dem Jahr 1754 liegt uns eine gewaltige Diebesliste mit der Beschreibung von nicht weniger als 101 Räubern, Räuberinnen und Dieben und sogenannten Sackgreiferinnen aus Österreichisch Schwaben in Folge eines Postkutschenüberfalls vor [2]. Von all diesen Räubern hat es aber keiner zu solch einer Beliebtheit gebracht wie der zu seinen Zeiten so bekannte Cartouche, über den schon 1721 ein amüsantes Theaterstück erschien [3]. Im selben Jahr war Louis Dominique Garthausen, genannt Cartouche (1693-1721), hingerichtet worden.
We are not talking about the first years of the gang here, but rather the framework conditions that apparently favored one of the largest gangs of robbers in Germany at that time being able to do their mischief in this area for so many years. In the second half of the 18th century there were numerous bands of robbers on the territory of the empire. As an example, I would like to cite the famous Bavarian Hiasl Matthias Klostermayr (1736-1771), who began his activity as a poacher in the early 1760s. From 1754 we have an enormous list of thieves with the description of no fewer than 101 robbers and so-called bag grabbers from Austrian Swabia as a result of a stagecoach attack [2]. Of all these robbers, however, none became as popular as Cartouche, which was so well known in its day and about which an amusing play was published in 1721 [3]. In the same year, Louis Dominique Garthausen, known as Cartouche, (1693-1721) was executed.
Die Zeit um 1760 war natürlich auch stark von den Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges beeinflusst. Nicht nur in Hall sondern auch andernorts waren mit dem Abmarsch des Kreiskontingents die Kleinstaaten ihres regulären Militärs beraubt. Im Haller Rat wurde Alarm geschlagen, als schon 1757 am Einkorn zwei Reisende überfallen worden waren. Daraufhin wurden Streifen aufgeboten um den Tätern auf die Schliche zu kommen [5]. Diese Streifen braucht man sich als keine allzugroßen Unternehmen vorstellen. In den 1740ern finden wir einmal eine Streife aus 8 Mann "und zwar in jedes Amt Zwey" [6]. Auch wenn die Reichsstadt penibel auf ihr Recht Streifen aufzubieten und dazu sogar eventuell fremde Untertanen innerhalb der Heeg aufzubieten beharrte [7], scheinen diese wenig genutzt zu haben. Mir ist noch in keinem Fall im Ratsprotokoll untergekommen, dass man bei einer solchen Streife einen Räuber ergriffen hätte, was um so bemerkenswerter ist, weil der Aufwand des Magistrats sogar soweit ging mit dem sogenannten "Schindersfritze" einen Fachmann anzuwerben. Dieser sollte pro verhafteten Täter eine Belohnung von 10 Reichstalern bekommen und die Streifen im Jahre 1750 anleiten [8]. Aus dem Jahr 1760 wissen wir von einem Paul Gerber, der von einer Streife im Mai bei Gelbingen verhaftet wurde und damit er sich nicht für den offensichtlichen Fehler der Obrigkeit rächte, Urfehde schwören musste [9]. Zwar wurde in einigen Fällen wie bei dem Überfall am Einkorn bei Hessental durchaus nach konkreten Tätern gestreift. Aber eigentlich sollten wie zeitgenössische Dokumente offenbaren alle möglichen Menschen aus dem Schwäbischen Kreis verbannt werden, die man in irgendeiner Weise für verdächtig, gefährlich oder auch nur störend hielt. So umreißt ein Jaunerpatent von 1751 die Gruppe der unerwünschten Personen, die man aus dem Lande vertreiben wollte mit: "ausländische Bettler und Vaganten, es seyen Christen oder Juden, Deserteurs und abgedanckte Soldaten, Hausierer oder solche Leute, welche zum Verkauff allerhand geringe Lumpen-Sachen, als Zahn-Stierer, Zahn-Pulver, Haar-Buder, Blumen-Sträuß [...] und dergleichen herumtragen, und unter diesem Schein eigentlich betteln, hauptsächlich auch die schändliche Lieder absingen ...". Diese armen Leute sollten entweder binnen 14 Tagen das Land verlassen oder verhaftet und beispielsweise in Zuchthäuser gesperrt werden. Als ein geeignetes Mittel gegen "Jauner- und Ziegeuner-Volk" wurde eine "General-Streiffe" und Patroullien angesehen [10] [11].
The period around 1760 was of course also heavily influenced by the effects of the Seven Years' War. Not only in Hall, but also elsewhere, the small states were robbed of their regular military when the district contingent left. The council of Hall raised an alarm when two travelers were attacked on the Einkorn in 1757. As a result, patrols were deployed to track down the perpetrators [5]. You don't have to think of these patrols as very big companies. In the 1740s we find a patrol of 8 men "in each district two" [6]. Even if the imperial city meticulously insisted on its right to mobilize patrols and even to mobilize foreign subjects within the Heeg [7], these seem to have been of little use. I have never come across a case in which the council mentions that a robber was caught during such a patrol, which is all the more remarkable because the magistrate even went so far as to recruit a specialist with the so-called "Schindersfritze". He was to receive a reward of 10 Reichstaler for each arrested perpetrator and to direct the patrols in 1750 [8]. From the year 1760 we know of a Paul Gerber who was arrested by a patrol near Gelbingen in May and had to swear an "original feud" (Urfehde) so that he would not take revenge for the obvious mistake of the authorities [9]. In some cases, such as the robbery at the Einkorn hill near Hessental, specific perpetrators were searched for. But actually, as contemporary documents reveal, all sorts of people who were in any way considered suspicious, dangerous or just annoying should be banished from the Swabian district. A "Jauner Patent" from 1751 describes the group of undesirable people who were to be driven out of the country as follows: "foreign beggars and vagabonds, be they Christians or Jews, deserters and discharged soldiers, peddlers or people who sell all sorts of small rags carrying things around as tooth bulls, tooth powder, hair powder, bouquets of flowers [...] and the like, and actually begging under this appearance, mainly singing the shameful songs...". These poor people should either leave the country within 14 days or be arrested and locked up in prisons, for example. A "general patrol" and patrols were considered as suitable measures against "Jauner and Ziegeuner people" [10].
Das Urfehdeprotokoll berichtet uns auch von kleineren Vergehen. Eine Diebin Anna Margaretha Krauß, die man als Anhang des ebenfalls inhaftierten Diebes "Vogel Caspars" bezeichnete, wurde dazu verurteilt für ihre Taten auf dem Lasterstein zu stehen, vom "Zuchtmeister" ausgepeitscht und daraufhin außer Landes verwiesen zu werden [13]. Solche Fälle von Dieben und Räubern sind wohl eher die Regel gewesen, als die großen Banden mit denen sich schon die Geschichtswissenschaft beschäftigt hat.
Wir werden in dem nächsten Beitrag in der Serie über die Probleme der Verfolgung von Tätern im Hällischen zu sprechen kommen. Ich wollte diesen Blogbeitrag nicht zu lang machen.
The original feud log also tells us about minor offenses. A thief Anna Margaretha Krauss, who was described as an appendage of the also imprisoned thief "Vogel Caspars", was sentenced to stand on the Lasterstein for her deeds, to be whipped by the "disciplinarian" and then expelled from the country [13]. Such cases of thieves and robbers were probably more the rule than the big gangs with which historical science has already dealt.
We will discuss the problems of prosecuting perpetrators in the territory of Hall in the next post in the series. I didn't want to make this blog post too long.
Text: André Hanselmann
Foto: Claudia Behnke
Notizen/Notes:
1) https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2015/10/anno-domini-1761-jauner-streifen-und.html
2) "Lista und Beschreibung Deren, aus denen bey dem Kays. Königl. Oest. Landgericht der Gefürsteten Margrafschaft Burgau vollführten Inquisitions-Processen und sonderlich des in Anno 1753 ... schweren Postraub verstrickten Frantz Antoni Frischholtz gezogenen, Annoch auf dem Land herum schwermenden ... Jauner-Purschen" Joseph Antoni Labhart, Constanz, 1754
3) Marc-Antoine Le Grand "Cartouche ou Les voleurs" 1721 - sogar noch vor Cartouches Hinrichtung am 20. Oktober 1721 uraufgeführt. - it was premiered even before Cartouche's execution on October 20th 1721.
4) siehe auch / look here: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2017/08/anno-domini-1757-landleute-auf-streife.html#more
5) Ratsprotokoll 20. Juni 1757 Sig. 4/373
6) Extrakt Ratsprotokoll vom 13. März 1741, Sig. 5/2301
7) so "Fragenkatalog und Berichte zu den Rechten der Stadt im Amt Rosengarten" (1670-1754) Sig. 5/0210a
8) Extrakt Ratsprotokoll 15. Juni 1750, Sig. 5/2301
9) Urfehdeprotokoll vom 7. Mai, im Urfehdebuch, S. 172, Sig. 4/0062
10) "Jauner-Patent" Schwäbischer Kreis, 10. Juli 1751
11) Eine solche allgemeine Streife in Schwaben wurde auch durch ein kaiserliches Schreiben zur "Verhütung weiterer Postraubungen" angeordnet nachdem der Überfall an der Cröffelbacher Steige durch die Mainhardter Bande 1768 stattgefunden hatte. - Such a large patrol was ordered by the emperor "to prevent more mail robberies" after the foray at the Cröffelbacher Steige by the Mainhardt gang in 1768. Kreis-Convents-Dictata De Annis 1768/69, o.S., Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/5186
12) Stich aus / print from: "Leben und Ende des berüchtigten Anführers einer Wildschützenbande, Mathias Klostermayrs, oder des sogenannten Bayerischen Hiesels ..." J. A. Friedrich, Augsburg - Frankfurt - Leipzig, 1772
13) Urfehdeproktoll 3. Mai 1760 S. 171, ebenda
Prosecuting perpetrators in hell? Await the story with anticipation.
AntwortenLöschenI suppose that you mean the city of Hall (very similar like Halle (Saale) and Halle (in Westphalia) and Hall in Tirol. Hall is often a name of a german town where they found salt (there are some strange stories about the origin of the salt springs in Hall).
AntwortenLöschenMaybe it was the translation to English?
Löschen“We will discuss the problems of prosecuting perpetrators in hell in the next post in the series. I didn't want to make this blog post too long.”
Right! Thank you for bringing that up. I have to reread more of my postings. ;-)
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