Sonntag, 12. März 2023

Die Bande vom Mainhardter Wald - The gang of the Mainhardt forest p. 2

 Wer waren nun aber die Räuber und was trug noch zu ihrem Erfolg bei? In unserem ersten Beitrag zur Bande haben wir ja erwähnt, dass die Streifen auf Räuber scheinbar recht ungefährlich für diese waren  [1]. Im Fall der Mainhardter Bande kam hinzu, dass die Räuber zahlreichen verschiedenen Herren unterstanden. Einige waren aus dem Hällischen wie der Wirt von Bubenorbis, einige aus dem Württembergischen wie der Wirt Weiß aus Mainhardt, wieder andere unterstanden beispielsweise dem Schlossherrn von Maienfels, einem Freiherrn der Gemminger. Die verschiedenen Territorialherren behinderten oftmals Nachforschungen der Beamten des jeweils anderen und achteten peinlich auf ihre Rechte hinsichtlich der Jurisdiktion [2].  

But who were the robbers and what else contributed to their success? In our first post about the gang, we mentioned that the stripes on robbers were apparently quite harmless to them [1]. In the case of the Mainhardt gang, there was also the fact that the robbers were subordinate to numerous different masters. Some were from Hall, like the innkeeper from Bubenorbis, some from Württemberg, like the innkeeper Weiß from Mainhardt, while others were subordinate to the lord of the castle from Maienfels, a baron of the Gemmingen family. The different territorial lords often obstructed investigations by each other's officials and were scrupulous about their rights in terms of jurisdiction [2].

 

Ein bewaffneter Gastwirt Anno Domini 1757. - The armed owner of a tavern in 1757. (Foto: Claudia Behnke 2017)

 

Hinzu kommt, dass insbesondere der Wirt Heinrich Weiß von Mainhardt in seiner Funktion als württembergischer Zöllner und Richter sowie der Wirt Hans Jörg Ruth seinerseits als Zöllner in Burbenorbis hervorragend über die Warenströme und Geldtransporte informiert waren, weil sie ja selber der Obrigkeit in ihren jeweiligen Gebieten recht nahestanden. Ruth taucht schon 1759 in den Amtsrechnungen des Amtes Rosengarten auf, wo er damals bereits als "Zoller" bezeichnet wurde und ein Dienstgeld entrichtete, was bedeutete, dass er ein gewöhnlicher hällischer Untertan war [3]. Man sollte annehmen, dass die zahlreichen Zollstationen im Hällischen die Streifzüge und beispielsweise das Heimbringen der Beute behinderten. So gab es hällische Zollstationen für den Wöhrzoll neben der von Bubenorbis am Michelfelder Landturm, am Sanzenbacher Landturm, in Uttenhofen, Geislingen, Rieden, Rückertshausen, Ilshofen, Vellberg und Übrigshausen und daneben den Ilshofener Zoll, der in den Zollstellen von Ilshofen, Cröffelbach, Eckartshausen, Oberaspach und Lorenzenzimmer eingezogen wurde [4]. Die Zollstationen wurden aber auch bisweilen umgangen. So hat 1773 ein Ludwigsburger Metzgerssohn ein Paar Ochsen am Michelfelder Landturm vorbei getrieben ohne den Zoll zu zahlen, wofür er immerhin 7 fl 15 ß Strafe zahlen musste [5]. Anders als die beiden Zöllner waren die meisten Bandenmitglieder arme Teufel. Der Niedergang der Glasherstellung im Mainhardter Wald nach dem Dreißigjährigen Krieg hat die wirtschaftlichen Grundlagen verschlechtert. Hinzu kam für einige von ihnen das Prozessieren gegen ihren Landesherrn, dem Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein nachdem man gegen Steuerzahlung und Naturalabgaben rebelliert hatte. Der Kaiser entschied zu Gunsten des Fürsten, was die Landleute weiter ruinierte. Viele der armen Bandenmitglieder betätigten sich als Salzträger. Das hatte zum einen für sich, dass sie viel herum kamen und auch zufällig von manchem gewinnträchtigen Opfer auf der Straße erfuhren und zum anderen durch ihre Funktion recht unauffällig waren. Nach einer Tat, dem Überfall auf die Postkutsche an der Cröffelbacher Steige 1768, gingen sie einfach als Salzträger nach Hall und wurden offenbar garnicht beachtet [6]. 

In addition, the innkeeper Heinrich Weiß von Mainhardt, in his function as a Württemberg customs officer and judge, and the innkeeper Hans Jörg Ruth, in turn, as a customs officer in Burbenorbis, were excellently informed about the flow of goods and the transport of money, because they themselves were right with the authorities in their respective areas close. Ruth appears in the official accounts of the Rosengarten office as early as 1759, where he was already referred to as "Zoller" and paid a service fee, which meant that he was an ordinary subject from Hell [3]. One would assume that the numerous customs posts in the Hall hindered the forays and, for example, the bringing home of the booty. So there were customs stations for the Wöhrzoll in Hall next to the one from Bubenorbis at the Michelfelder Landturm, at the Sanzenbacher Landturm, in Uttenhofen, Geislingen, Rieden, Rückertshausen, Ilshofen, Vellberg and Resthausen and next to it the Ilshofen-customs, which was in the customs offices of Ilshofen, Cröffelbach, Eckartshausen , Oberaspach and Lorenzenzimmer [4]. The customs facilities were also sometimes bypassed. In 1773 a butcher's son from Ludwigsburg drove a pair of oxen past the Michelfelder Landturm without paying the customs duty, for which he had to pay a fine of 7 fl 15 ß [5]. Unlike the two tax collectors, most of the gang members were poor devils. The decline in glass production in the Mainhardt Forest after the Thirty Years' War worsened the economic situation. In addition, some of them had to take legal action against their ruler, the Prince of Hohenlohe-Bartenstein, after they had rebelled against paying taxes and payments in kind. The emperor decided in favor of the prince, which further ruined the country people. Many of the poor gang members worked as salt carriers. On the one hand, this meant that they got around a lot and also found out about some profitable victims on the street by chance and, on the other hand, they were quite inconspicuous due to their function. After one crime, the attack on the mail coach on the Cröffelbacher Steige in 1768, they simply went to Hall to carry salt and were apparently ignored [6].

Karte des Aktionsgebietes der Bande vom Mainhardter Wald. Orte mit unterstrichenen Ortsnamen sind Herkunftsorte von Bandenmitgliedern. Quadrate markieren nachweisbare Tatorte der Räuber. Fettgedruckte Quadrate stehen für größere Überfälle. - Map of the area of activities of the gang from the Mainhardt forest. Places with underlined names are place of origin of gang members. Squares are marking scenes of crimes of the robbers. Bigger raids are highlighted. (map: André Hanselmann, all rights reserved)

 


Die Bande hatte offenbar keine Schwierigkeiten neue Mitglieder anzuwerben, auch wenn die einfachen Beteiligten an einem Raubzug nur wenig von der Beute bekamen, während der Anführer Weiß beispielsweise im Fall des Raubmordes an einem Schultheißen mit 50 Gulden den Löwenanteil erhielten bekamen die ausführenden Täter kaum mehr als 4 Gulden pro Mann [7]. Sogar ein Aufnahmezeremoniell ist überliefert. Die größeren Coups wurden in einer ziemlichen Entfernung der Wohnorte der Räuber durchgeführt, während kleinere Diebstähle wie dem, der schließlich auch zum Auffliegen der Bande führte, auch im näheren Umkreis begangen wurden. Der wohl aufsehenerregendste und am weitesten entfernt stattgefunden Raubzug war 1772 auf die Landkutsche bei Germersheim am Rhein gerichtet [8]. Eine Karte soll das Tätigkeitsfeld der Bande veranschaulichen. Es sind natürlich noch mehr Überfälle denkbar, die nicht in den Prozessakten und anderen Quellen auftauchen.

Donnerstag, 2. März 2023

Die Bande vom Mainhardter Wald - The gang of the Mainhardt forest 1773 Part 1

Wir haben vor etlichen Jahren schonmal das Thema Räuber auf einer Veranstaltung in Wackershofen behandelt. Damals hieß es: "Anno Domini 1761, Jauner, Streifen und Gasthäuser im Amt Rosengarten". Einen ausführlichen Bericht (leider nur auf Deutsch) zur Veranstaltung findet ihr hier auf dem Blog [1]. Schon 1761 war die Mainhardter Bande tätig gewesen. Die nächsten Blogeinträge werden sich mit dieser Bande beschäftigen mit einem Hauptfokus auf das Ende der Bande in den Jahren 1772 und 1773.

Several years ago we dealt with the topic of robbers at an event in Wackershofen. At that time it was: "Anno Domini 1761, "Jauner", patrols and inns in the Rosengarten district". You can find a detailed report (unfortunately only in German) about the event here on the blog [1]. The Mainhardt gang had been active as early as 1761. The next few blog entries will deal with this gang with a main focus on the end of the gang in 1772 and 1773.

Es soll hier ersteinmal garnicht um die Anfänge der Bande gehen, sondern eher um die Rahmenbedingungen, welche offenbar begünstigten, dass eine der größten Räuberbanden in Deutschland in dieser Zeit genau in dieser Gegend ihr Unwesen und das über soviele Jahre treiben konnte. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es zahlreiche Räuberbanden auf dem Reichsgebiet. Als Beispiel will ich hier einmal den berühmten Bayerischen Hiasl Matthias Klostermayr (1736-1771) anführen, der seine Tätigkeit als Wilderer Anfang der 1760er aufnahm. Aus dem Jahr 1754 liegt uns eine gewaltige Diebesliste mit der Beschreibung von nicht weniger als 101 Räubern, Räuberinnen und Dieben und sogenannten Sackgreiferinnen aus Österreichisch Schwaben in Folge eines Postkutschenüberfalls vor [2]. Von all diesen Räubern hat es aber keiner zu solch einer Beliebtheit gebracht wie der zu seinen Zeiten so bekannte Cartouche, über den schon 1721 ein amüsantes Theaterstück erschien [3]. Im selben Jahr war Louis Dominique Garthausen, genannt Cartouche (1693-1721), hingerichtet worden.

Ein Gefangener und die, die ihn gefangen haben Anno Domini 1757, bei den Landleuten auf Streife [4]. - A prisoner and those who captured him in 1757 when the country people where on patrol [4]. (photo: Claudia Behnke)

We are not talking about the first years of the gang here, but rather the framework conditions that apparently favored one of the largest gangs of robbers in Germany at that time being able to do their mischief in this area for so many years. In the second half of the 18th century there were numerous bands of robbers on the territory of the empire. As an example, I would like to cite the famous Bavarian Hiasl Matthias Klostermayr (1736-1771), who began his activity as a poacher in the early 1760s. From 1754 we have an enormous list of thieves with the description of no fewer than 101 robbers and so-called bag grabbers from Austrian Swabia as a result of a stagecoach attack [2]. Of all these robbers, however, none became as popular as Cartouche, which was so well known in its day and about which an amusing play was published in 1721 [3]. In the same year, Louis Dominique Garthausen, known as Cartouche, (1693-1721) was executed.