Samstag, 3. Dezember 2016

Viehmarkt 1756 - 19.-21.August 2016

Dieses Jahr hatten wir uns mit dem Viehmarkt einen besonders großen Brocken vorgenommen, der viel Aufwand bedeutete. Sämtliche Gunkels nächtigten nun im Haus aus Zaisenhausen.

Ein neuer Modus sollte gewährleisten, dass diesmal alle Darsteller ab Freitags 9 Uhr bis Sonntags 18 Uhr anwesend sein sollten.

Der Freitag wurde vom Regen des Vortages überschattet, welcher die Heuernte um 11 Uhr leider ausfallen ließ. Dafür gelang es uns rascher als erwartet die Koppel für den Viehmarkt auszubessern. Wir das waren die beiden Gunkels und mein Knecht sowie Paul, der neue Jäger. Die beiden letzteren schmückten anschließend die Eingänge der Koppel, während wir uns um anderes kümmerten.
Am Morgen hatte ich mich schon mit dem Schultheißen Kaiser ausgetauscht welche Passagen er bei der Gemeindeversammlung vorlesen sollte. Tatsächlich erschienen zahlreiche Männer zur Einteilung der Gemeindewache, auch der Winter, der später ein sonderbares Schicksal haben sollte. Leider konnten wir nicht die Steinschlossflinten vorführen, auch wenn diese als Bewaffnung der Dorfwachse sicherlich plausibel gewesen wäre.
Gegen 4 wurde vor dem Steigenwirtshaus getanzt und dem Puffspiel gefrönt. Das machte wie gewohnt viel Laune. Zum ersten Mal seit langem durfte ich mit Marie, einer Magd des Hauses, tanzen.
Am Abend wurde die Fahne von mir mit Nägeln an die Stange geheftet und von der Magd Kathrina aus dem Schulmeisterhaushalt zuende genäht. Fahne schwingend zogen wir dann auf zum Gasthaus. Die Fahne ist nur ein aus Gelb und Rot zusammengenähtes Fähnchen, das am „Zollhaus“ zum Viehmarkt aufgesteckt werden sollte. Der Abend wurde trommelschlagend und gut gelaunt im Gasthaus beschlossen.

Die beiden Gunkelbrüder und einige Mägde vom Steigenwirtshaus beim Puff-Spiel.



Die Fahne für den Viehmarkt ist fertig!

Wäschewaschen nahe dem Haus des Schulmeisters, hier seine Magd und ein Landmann, der für das Fehlen einer Flinten vom Schultheiß ehedem hart gescholten wurde.
In diesem Behältnis konnten ein paar Ferkel ein Stückchen transportiert werden. Darin gelangten sie auch auf den Viehmarkt. Der Schultheiß, Kaiser, nimmt die Tiere in Augenschein (2. v.l.)



Die Obrigkeit zieht die Accise ein. V.l.n.r.: der jüdische Viehhändler, der Amtsschreiber, der Amtmann, der Wachtmeister, stets mit Obacht auf die Amtskasse, dann in Braun der Fruchtpfleger Beschen.
Zeit für den Amtmann heim zu kehren. Hier in Begleitung seines zuverlässigen Grabenreiters.


Am Samstag waren wir recht früh auf den Beinen. Die beiden Gunkelbrüder schnitzten vor dem Haus kleine Quirle – vielleicht kann man damit ja mal reich werden, wenn alle Gasthäuser der Umgebung die Qualität gunkelscher Wertarbeit erkannt haben. Die Träger probierten aus wie sich in einem Behältnis lebende Ferkel herumtragen lassen, die bald zum Viehmarkt geschafft werden sollten. Schultheiß Kaiser kontrollierte in einem Weiler Reisende, während wir auf einen Mann mit den Schweinen warteten. Direkt an unserem Haus wurde die Wäsche gewaschen. Ich fand es erstaunlich wie schlecht das Holz brannte. Noch erstaunlicher war es allerdings, dass ich scheinbar trotz Pfeifenrauchens die beste Puste zum Entfachen des Feuers hatte! Besser als mit dem Blasebalg. Na, das üben wir noch. Immerhin hatte ich mir nicht auf den Finger gehackt, als ich Holz gemacht habe…
Am Nachmittag kam der Amtmann an. Selten soviele Schaulustige deswegen gesehen. Wir waren auch eine ansehnlich Menge, die da hinter dem Amtmann her ging: der Fruchtpfleger, der Amtsschreiber, der Wachtmeister, der Grabenreiter und der Jäger. Vor dem Wirtshaus eingetroffen, sah sich der Amtmann genötigt auf das Wohl des Wirts ehe er abstieg noch ein ganzes Glas Wein zu leeren. Diese Römer sind schon große Gläser. Äußerst dienstbeflissen wurde auch diesmal unser Gepäck herauf gebracht. Der Amtsschreiber versuchte der Gesellschaft um Amtmann und Pfarrerin seine Steckenpferde wie das Sammeln antiker Münzer näher zu bringen. Der Amtmann genoss den Abend bis sich zusehends seine Entourage verflüchtigte. Zum Glück eilte der Grabenreiter später an seine Seite, so dass der Amtmann ihm zeigen konnte wie man beim Pfeifenrauchen schöne Wölkchen macht.

Gleich am Morgen war der Amtmann auf dem Weg zur Koppel, wo das Meiste an Rindvieh stehen sollte. Gut, dass er geschaut hatte, denn es stand ein gutes Stück weiter. So verging die Zeit wie im Fluge bis die Fahne vom Grabenreiter aufgerichtet und somit der Viehmarkt begonnen wurde. Der einzige auswärtige Viehhändler entrichtete sogleich seinen Leibzoll. Der Landzoll wurde für das eingeführte Vieh eingezogen, was ausgezeichnet funktionierte.
Danach musste man sich schon beinahe zur Mittagsmahlzeit sputen, die pünktlich um 12 Uhr auf den Tisch kam. Besten Dank Frau Wirtin und die guten Mägde nicht zu vergessen! Binnen einer Stunde schaffte es die Gesellschaft dummerweise nicht sich durch sämtliche Gänge zu schlemmen, die vorzüglich mundeten. Voller Bedauern mussten wir vor dem Dessert aufbrechen, da schon um 1 Uhr die ersten Tiere verhandelt wurden. Und was für ein stattliches Kalb!
So verlief der ganze Nachmittag mit vielerlei Verkäufen, Einzug von Akzise und dergleichen. Wir hatten Gänse, Kühe, Kälbchen, Pferde, Hühner, Ziegen, Schafe, ein Muli und Schweine auf dem Markt! Es war ein herrlicher Anblick. Die Akziseeinnahmen beliefen sich bei all dem Vieh aber nur auf unter 3 Gulden. Da sieht man mal wieviele Tiere damals vor 260 Jahren alles verhandelt sein mussten, weil damals 166 Gulden an Akzise eingezogen wurden! Angesichts der Kriegsgefahr kaufte sogar der Amtmann für die Dragoner des Kreiskontingents zwei ziemlich große Pferde für eine beachtliche Summe von über 50 Gulden.
Nachdem der Markt beendet worden war durfte der Amtmann, der Fruchtpfleger und all die anderen aus der Stadt abreisen.

Der Tag wurde im Museumsgasthof zum Ochsen beschlossen. Danach wurde noch ein bisschen gekegelt.

Ich muss sagen, dass ich am Sonntag keinen Moment des Müßigganges hatte. Selbst zu sowas alltäglichen wie Kartenspiel kam ich als Amtmann garnicht. Stattdessen war ich beständig mit dem Unterschreiben der herrlich ausgefüllten Akzisescheine und den Verhandlungen mit den Viehhändlern beschäftigt, während der Fruchtpfleger laufend die Tiere in Augenschein zu nehmen hatte. Das klappte wie am Schnürchen.

Wie immer was das Improvisationstalent das A und O. Gerade wenn man mit zahlreichen Tieren umgeht, muss man sich an deren Bedürfnisse anpassen. Der enorme Besucherandrang am Sonntag war natürlich sehr schön. Ich glaube, wir konnten schon sehr viel von dem Thema vermitteln, die visuellen Eindrücke mit den vielen Tieren bis hin zu den Bauern, Bäuerinnen und Mägden in schöner Tracht waren ebenfalls herrlich. Mein Dank geht an alle Akteure und ebenso ans Museum dieses besondere Ereignis möglich gemacht zu haben!

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