Dieses Jahr hatten wir
uns mit dem Viehmarkt einen besonders großen Brocken vorgenommen,
der viel Aufwand bedeutete. Sämtliche Gunkels nächtigten nun im
Haus aus Zaisenhausen.
Ein neuer Modus sollte
gewährleisten, dass diesmal alle Darsteller ab Freitags 9 Uhr bis
Sonntags 18 Uhr anwesend sein sollten.
Der Freitag wurde vom
Regen des Vortages überschattet, welcher die Heuernte um 11 Uhr
leider ausfallen ließ. Dafür gelang es uns rascher als erwartet die
Koppel für den Viehmarkt auszubessern. Wir das waren die beiden
Gunkels und mein Knecht sowie Paul, der neue Jäger. Die beiden
letzteren schmückten anschließend die Eingänge der Koppel, während
wir uns um anderes kümmerten.
Am Morgen hatte ich mich
schon mit dem Schultheißen Kaiser ausgetauscht welche Passagen er
bei der Gemeindeversammlung vorlesen sollte. Tatsächlich erschienen
zahlreiche Männer zur Einteilung der Gemeindewache, auch der Winter,
der später ein sonderbares Schicksal haben sollte. Leider konnten
wir nicht die Steinschlossflinten vorführen, auch wenn diese als
Bewaffnung der Dorfwachse sicherlich plausibel gewesen wäre.
Gegen 4 wurde vor dem
Steigenwirtshaus getanzt und dem Puffspiel gefrönt. Das machte wie
gewohnt viel Laune. Zum ersten Mal seit langem durfte ich mit Marie,
einer Magd des Hauses, tanzen.
Am Abend wurde die Fahne
von mir mit Nägeln an die Stange geheftet und von der Magd Kathrina
aus dem Schulmeisterhaushalt zuende genäht. Fahne schwingend zogen
wir dann auf zum Gasthaus. Die Fahne ist nur ein aus Gelb und Rot
zusammengenähtes Fähnchen, das am „Zollhaus“ zum Viehmarkt
aufgesteckt werden sollte. Der Abend wurde trommelschlagend und gut
gelaunt im Gasthaus beschlossen.
Die beiden Gunkelbrüder und einige Mägde vom Steigenwirtshaus beim Puff-Spiel. |
Die Fahne für den Viehmarkt ist fertig! |
Wäschewaschen nahe dem Haus des Schulmeisters, hier seine Magd und ein Landmann, der für das Fehlen einer Flinten vom Schultheiß ehedem hart gescholten wurde. |
In diesem Behältnis konnten ein paar Ferkel ein Stückchen transportiert werden. Darin gelangten sie auch auf den Viehmarkt. Der Schultheiß, Kaiser, nimmt die Tiere in Augenschein (2. v.l.) |
Die Obrigkeit zieht die Accise ein. V.l.n.r.: der jüdische Viehhändler, der Amtsschreiber, der Amtmann, der Wachtmeister, stets mit Obacht auf die Amtskasse, dann in Braun der Fruchtpfleger Beschen. |
Zeit für den Amtmann heim zu kehren. Hier in Begleitung seines zuverlässigen Grabenreiters. |
Am Samstag waren wir
recht früh auf den Beinen. Die beiden Gunkelbrüder schnitzten vor
dem Haus kleine Quirle – vielleicht kann man damit ja mal reich
werden, wenn alle Gasthäuser der Umgebung die Qualität gunkelscher
Wertarbeit erkannt haben. Die Träger probierten aus wie sich in
einem Behältnis lebende Ferkel herumtragen lassen, die bald zum
Viehmarkt geschafft werden sollten. Schultheiß Kaiser kontrollierte
in einem Weiler Reisende, während wir auf einen Mann mit den
Schweinen warteten. Direkt an unserem Haus wurde die Wäsche
gewaschen. Ich fand es erstaunlich wie schlecht das Holz brannte.
Noch erstaunlicher war es allerdings, dass ich scheinbar trotz
Pfeifenrauchens die beste Puste zum Entfachen des Feuers hatte!
Besser als mit dem Blasebalg. Na, das üben wir noch. Immerhin hatte
ich mir nicht auf den Finger gehackt, als ich Holz gemacht habe…
Am Nachmittag kam der
Amtmann an. Selten soviele Schaulustige deswegen gesehen. Wir waren
auch eine ansehnlich Menge, die da hinter dem Amtmann her ging: der
Fruchtpfleger, der Amtsschreiber, der Wachtmeister, der Grabenreiter
und der Jäger. Vor dem Wirtshaus eingetroffen, sah sich der Amtmann
genötigt auf das Wohl des Wirts ehe er abstieg noch ein ganzes Glas
Wein zu leeren. Diese Römer sind schon große Gläser. Äußerst
dienstbeflissen wurde auch diesmal unser Gepäck herauf gebracht. Der
Amtsschreiber versuchte der Gesellschaft um Amtmann und Pfarrerin
seine Steckenpferde wie das Sammeln antiker Münzer näher zu
bringen. Der Amtmann genoss den Abend bis sich zusehends seine
Entourage verflüchtigte. Zum Glück eilte der Grabenreiter später
an seine Seite, so dass der Amtmann ihm zeigen konnte wie man beim
Pfeifenrauchen schöne Wölkchen macht.
Gleich am Morgen war der
Amtmann auf dem Weg zur Koppel, wo das Meiste an Rindvieh stehen
sollte. Gut, dass er geschaut hatte, denn es stand ein gutes Stück
weiter. So verging die Zeit wie im Fluge bis die Fahne vom
Grabenreiter aufgerichtet und somit der Viehmarkt begonnen wurde. Der
einzige auswärtige Viehhändler entrichtete sogleich seinen
Leibzoll. Der Landzoll wurde für das eingeführte Vieh eingezogen,
was ausgezeichnet funktionierte.
Danach musste man sich
schon beinahe zur Mittagsmahlzeit sputen, die pünktlich um 12 Uhr
auf den Tisch kam. Besten Dank Frau Wirtin und die guten Mägde nicht
zu vergessen! Binnen einer Stunde schaffte es die Gesellschaft
dummerweise nicht sich durch sämtliche Gänge zu schlemmen, die
vorzüglich mundeten. Voller Bedauern mussten wir vor dem Dessert
aufbrechen, da schon um 1 Uhr die ersten Tiere verhandelt wurden. Und
was für ein stattliches Kalb!
So verlief der ganze
Nachmittag mit vielerlei Verkäufen, Einzug von Akzise und
dergleichen. Wir hatten Gänse, Kühe, Kälbchen, Pferde, Hühner,
Ziegen, Schafe, ein Muli und Schweine auf dem Markt! Es war ein
herrlicher Anblick. Die Akziseeinnahmen beliefen sich bei all dem
Vieh aber nur auf unter 3 Gulden. Da sieht man mal wieviele Tiere
damals vor 260 Jahren alles verhandelt sein mussten, weil damals 166
Gulden an Akzise eingezogen wurden! Angesichts der Kriegsgefahr
kaufte sogar der Amtmann für die Dragoner des Kreiskontingents zwei
ziemlich große Pferde für eine beachtliche Summe von über 50
Gulden.
Nachdem der Markt beendet
worden war durfte der Amtmann, der Fruchtpfleger und all die anderen
aus der Stadt abreisen.
Der Tag wurde im
Museumsgasthof zum Ochsen beschlossen. Danach wurde noch ein bisschen
gekegelt.
Ich muss sagen, dass ich
am Sonntag keinen Moment des Müßigganges hatte. Selbst zu sowas
alltäglichen wie Kartenspiel kam ich als Amtmann garnicht.
Stattdessen war ich beständig mit dem Unterschreiben der herrlich
ausgefüllten Akzisescheine und den Verhandlungen mit den
Viehhändlern beschäftigt, während der Fruchtpfleger laufend die
Tiere in Augenschein zu nehmen hatte. Das klappte wie am Schnürchen.
Wie immer was das
Improvisationstalent das A und O. Gerade wenn man mit zahlreichen
Tieren umgeht, muss man sich an deren Bedürfnisse anpassen. Der
enorme Besucherandrang am Sonntag war natürlich sehr schön. Ich
glaube, wir konnten schon sehr viel von dem Thema vermitteln, die
visuellen Eindrücke mit den vielen Tieren bis hin zu den Bauern,
Bäuerinnen und Mägden in schöner Tracht waren ebenfalls herrlich.
Mein Dank geht an alle Akteure und ebenso ans Museum dieses besondere
Ereignis möglich gemacht zu haben!
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