Als kleine Nebenthemen hatten wir auch
die Feuerordnung. Der Amtmann des Amtes Rosengarten, Johann Ernst
Mayer, hatte 1765 moniert, dass nur noch ein gedrucktes Exemplar
vorhanden war. Die Feuergefahr war eine ständige Bedrohung in Stadt
und Land wie zahlreiche Edikte aus der Zeit ebenso wie Berichte in
Chroniken über Großbrände berichten. Gerade 1765 wurde in
Schwäbisch Hall selber ein schrecklicher Brand glücklicherweise
durch Geistesgegenwart knapp verhindert.
Ziemlich kurzfristig vor der
Veranstaltung musste ich auch ein weiteres Thema finden, was mir auch
mit der Straßenausbesserung m.E. recht gut gelungen ist. 1765 war
Georg Heinrich Fellen, der Michelfelder Landtürmer, für die Wartung
der Landstraße in der Gegend der Roten Steige zuständig. Wir hatten
beschlossen fußend auf die Information vom 5. Januar 1737 ein paar
Straßenausbesserungen vorzunehmen.
Schultheiß Gunkel packt selber an. Zuwucherndes Gestrüpp wird entfernt, der Straßengraben von hineingefallener Erde befreit, dass das Wasser wieder abfließen kann, statt die Straße zu überspülen. |
Ab dem Mittwoch trafen die ersten
Darsteller ein, so dass wir am Donnerstagnachmittag bereits ziemlich
gut in beiden Gebäuden eingerichtet waren. In diesem Jahr wurden
nicht nur das Steigengasthaus und das Haus aus Zaisenhausen, sondern
noch vier weitere Gebäude zeitweise in die Darstellung
miteinbezogen.
Der Freitag stand ganz im
Zeichen der Vorbereitung der Hochzeit. Am Vormittag wurden vor dem
Steigengasthaus die Kränze für den Hochzeitstag gewunden, die so
schön wie noch nie gelangen. Daneben wurde im Haus aus Zaisenhausen
kräftig an der Aussteuer genäht. Die Zimmerleute bereiteten kleine
Bäumchen vor, die am Eingang beim Schulmeister aufgerichtet wurden.
Ich bemerkte rasch, dass beim Pfarrer,
sooft ich ihm auch die Zeitung brachte, kein müder Heller zu machen
war, da angeblich seine Gattin das Geld verwaltete. Dabei standen so
bedeutende Nachrichten in der Augsburger Post- und Erlanger
Realzeitung, dass es mit Geld kaum aufzuwiegen war.
Ich agierte das erste Mal als
Schultheiß unter dem Namen Andreas Gunkel. Als solcher leitete ich
die Ausbesserung von ein paar Schlaglöchern an unserer kleinen
Steige, das heißt am Eingang des Hohlweges an, der linkerhand am
Steigengasthaus vorbei Richtung Weinland den Berg ansteigt. Der
Fuhrmann transportierte für uns, nachdem wir uns einmal mit einem
Handkarren abgemüht hatten, zwei Körbe mit Kies vom etwa 600
Schritte entfernten Lager. (Wir hatten einen hölzernen Stampfer vom
Museum zur Verfügung gestellt bekommen und verfügten als Leihgabe
noch über zwei große geflochtene Körbe, einen Spaten und eine
Schaufel. Ein Darsteller brachte später noch weiteres Werkzeug mit.
Vielen Dank dafür an das Museum, Mike und Christoph für die
Unterstützung!)
Mit einer reichlich improvisierten Ramme (Bildmitte) wurde der neue Straßenbelag in den Schlaglöchern verdichtet. |
Fuhre um Fuhre mussten abgefahren werden. Ähnlich schafften wir das Material zum Ausbessern der Schlaglöcher heran. |
Später versammelten sich die
männlichen Einwohner, als der Schultheiß mangels gedruckter
Feuerordnung das Dekret vom 26. März 1762 zum vorsichtigen Umgang
mit Feuer insbesondere das Pfeiferauchen betreffend verlas.
Die Hochzeitsgesellschaft von 24 Personen nimmt die Morgensuppe vor dem Gang zur Kirche ein. Dies durfte noch im privaten Rahmen geschehen. Der Bräutigam, Schultheiß Gunkel, und sein Bruder heben sich durch ihre weißen Kirchenröcke ab. Jeder trägt, was er an Sonntagsstaat besitzt. |
Die Hochzeitsgesellschaft kehrt von der Trauung zurück. Die Braut auf dem Fuhrwerk, der Bräutigam zu Pferd. Die Musikanten beschlossen den Zug, den sie mit ihrer Musik alleweil begleiteten. |
Am Samstagmorgen begab sich die
ganze Hochzeitsgesellschaft zum herrlich geschmückten Haus des
Schulmeisters (Haus aus Zaisenhausen), wo die Suppe (eine einfache
Flädlesuppe) vor der Hochzeit gemeinsam eingenommen wurde, woraufhin
sich der lange Hochzeitszug in Richtung der Kapelle (in der Baugruppe
Weinberge) aufmachte. Die Spitze des Zuges bildete der Bräutigam,
also ich, hoch zu Ross. Dann folgte die Braut auf dem Fuhrwerk. Das
Pferd wurde von unserem Fuhrmann geführt. Hierauf kamen mein Bruder,
Johann Gunkel und so weiter. Die Spielleute bildeten den Schluss des
Zuges, wobei der Geiger beständig bergauf und bergab fiedelte.
Unsere Pferde und das Fuhrwerk waren festlich geschmückt, die
Hochzeitsgesellschaft trug ihren besten Staat. Oben an der Kapelle
wurden wir vom würdigen Herr Pfarrer getraut. Nach der Zeremonie,
die für mich erstaunlich rasch von statten ging, feuerten mein
Bruder und ein paar weitere Landleute einigen obrigkeitlichen
Dekreten wider dem Hochzeitsschießen zum Trotz ihre Gewehre ab. Dann
gingen wir alle wieder nach unten. Wir labten uns noch kurz beim
Schulmeister bis wir endlich zum Hochzeitsmahl reiten und schreiten
durften. Das Steigengasthaus war wirklich festlich geschmückt und
die drei Tische für die Hochzeitsgesellschaft waren eine Freude für
die Augen. Wir hatten entsprechend der Dorfordnung von um 1700 2
Tische für jeweils 10 Hochzeitsgäste und einen weiteren für bis zu
10 Personen vom Gesinde. Die Wirtin hatte sich nicht lumpen lassen
und viele köstliche Speisen wurden aufgetragen, so dass wir des
Lobes voll waren.
Nach dem Hochzeitsmahl führten ein
paar Landleute ein Puppentheater vor, das sich trotz der unrühmlichen
Rolle eines Geistlichen darin auch der Pfarrer Holpriger nicht
entgehen ließ.
Damit wurde trefflich die Zeit bis zu
einem beschwingten Tänzchen vor dem Steigengasthaus überbrückt.
Dieser Tanz wurde vom Hochzeitspaar mit einem Menuett eröffnet.
(Eine Koryphäe zu hist. Tanz hält Menuetts für die Landbevölkerung
für plausibel.)
Ein moralisches Puppenspiel zum Plaisir der Hochzeitsgesellschaft wurde vom Dorfschmied und seinem Eheweib gegeben. Dem Brautpaar hat es sehr gefallen. |
Am nächsten Morgen ließ ich mich
ebenso wie der Wirt vom Dorfbarbier rasieren. An seinem zweiten
Hochzeitstag muss man ja immernoch fesch ausschauen, dachte ich mir.
Außerdem wollte ich eine gute Figur machen, da ich wieder mit dem
Herrn Pfarrer an einem Tisch sitzen würde.
Man muss dazu sagen, dass diesmal der
Sonntag in der Darstellung nicht als ein Sonntag behandelt
wurde. Wir nahmen uns den historischen 23. August 1765 zum Vorbild,
der ein Freitag war (vgl. u.a. „Erlanger Realzeitung“ vom 22.
August 1765!). Dies war auch von daher sinnig, weil an einem Sonntag
umfangreiche Beschränkungen bezüglich dem Feiern gegolten hätten.
Ohne diese Einschränkungen eines
Sonntags konnten wir sehr viele Aktionen bieten. So wurde in einem
kleinen Haus (Spielhaus für Kinder, Gebäude von ca. 1450) eine
Schneiderwerkstatt eingerichtet. Unweit dem Steigengasthaus wurde
gegen 11 Uhr Wäsche gewaschen.
Eine kleine feine Stube, passt sehr gut zum wenig einträglichen Handwerk eines Dorfschneiders. |
Bis zum Mittagsmahl hatten wir noch
genug Zeit wieder an der Straße zum Einsatz zu kommen. Diesmal
brachten wir nicht weniger als 7 Männer zusammen, welche Geleise und
Schlaglöcher auffüllten und den Graben in einem kleinen Abschnitt
ausbesserten. Diesmal versuchten wir mit feuchter Erde den Kies etwas
besser haftend zu machen. Das Problem war, dass es eigentlich für
die Arbeiten schon wieder zu trocken war. Allerdings war das Datum
unserer Arbeiten absolut authentisch. Ab dem 20. August sollten die
Untertanen laut der Information von 1737 wieder die Ausbesserung der
Straßen aufnehmen. Als wir 2 Körbe mit Kies aufgebracht hatten, war
es auch schon wieder für mich an der Zeit als Bräutigam zu Tisch zu
eilen.
Dort hatte ich eine vergnügliche
Gesellschaft mit dem Pfarrer und seiner Gattin, wobei sich dieser
nicht genug über meine etwas groben Manieren verwundern konnte.
(Verflixt, dass ich das Rülpsen nicht geübt habe.) Am zweiten
Hochzeitstag wurde wie damals scheinbar üblich in kleinerem Rahmen
gefeiert. Gegen 2 Uhr wurde ein Bett und etwas Gepäck auf das
Fuhrwerk vor dem Gasthaus geladen, das nun als eine Art verkleinerte
Form eines Kammerwagens fungierte. Damit fuhren wir zurück zu
unserem neuen Heim, wo alles abgeladen wurde. Mein Bruderherz und die
anderen schossen wieder in die Luft. Zum Beschluss machten wir noch
ein hübsches Tänzchen (vor vielen, vielen Zuschauern!). Damit war
die Hochzeit vorüber.
Pferde und Fuhrwerk dominierten oft das Bild. |
Es war ein bisschen schade, dass es
danach nicht noch zu ein paar Aktionen kam. Ich hätte mir auch gern
nochmal das Puppenspiel aus dem Hause Rügenwalder angeschaut.
Fazit: Eine Veranstaltung mit sehr
vielen Facetten und vielen Aktionen wobei an jedem Tag das Hauptthema
Bauernhochzeit vorkam. Manches funktionierte besser als im Vorjahr
manches schlechter. Als Novum außer der kurzen April-Veranstaltung
im Vorjahr gab es diesmal keinen Amtmann zu sehen. Dafür war
beispielsweise der Pfarrer schon allein dadurch, dass er diesmal eine
Studierstube bekam und durch die Hochzeit, stärker im Focus.
Erstmalig wurde auch rasiert, sehr schön von Christoph praktiziert –
der Dorfbarbier ist eine Darstellung, die nachweisbar und unbedingt
wünschenswert ist. Gut war, dass wir schön improvisieren konnten
oder auch bspw. einfach am Samstagnachmittag noch ein zweites Mal
tanzten, auch wenn das nicht im Programm stand. Prima war es auch,
als uns die Holzbearbeiter flugs einen zerbrochenen Griff des einen
leichteren Stampfers ersetzten. Weitaus stärker als in den anderen
Jahren wurden zahlreiche Orte und Objekte im Freilandmuseum
Wackershofen in die Darstellung einbezogen bis hin zu den Wegen auf
denen wir arbeiteten.
Text: André Hanselmann
Fotos: Claudia Behnke und Michael Paulick
Text: André Hanselmann
Fotos: Claudia Behnke und Michael Paulick
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