Montag, 18. April 2016

"Anno Domini 1749 - Landfriedensbruch an der Roten Steige?" Teil 2 22.-24. August 2014


Eine besondere Herausforderung bestand in der Fülle der nahezu oder tatsächlich gleichzeitig damals stattgefundenen Ereignisse. Am Freitag sollte also der für die Bibersfelder damals sicherlich denkwürdige 13. August 1749 dargestellt werden.

Als das Museum am Freitag die Tore öffnete, war die Uhrzeit des eigentlichen Überfalls praktisch schon vorüber. So konnten die Besucher nur noch gegen 10 Uhr die letzten Alarmschüsse vernehmen, die wie damals von der Anhöhe (1749 vom heute nicht mehr erhaltenen Michelfelder Landturm aus) abgegeben wurden. Eine Weile später traf gegen Mittag (eine Interpretation meinerseits) der Amtmann Sanwald zu Pferde ein und begann sogleich die anwesenden Zeugen zu befragen (bei den Aussagen orientierten wir uns an den Reichskammergerichtsakten). Vor allem der Handwerker Sprandel, der auf der Baustelle am Wirtshaus tätig war, hatte viel zu erzählen. Die überall verstreut liegenden Federn des vom würzburgischen Militär geraubten Geflügels und die Unordnung in den Kammern waren beredte Zeugnisse der Plünderung. Nachdem am Wirtshaus die wichtigsten Augenzeugen wie Wirt und Wirtin zu Protokoll genommen waren, begab sich der Amtmann mit seinem Amtsschreiber zu den Bibersfelder Opfern. Nachdem er auch sie in Augenschein genommen hatte, schrieb der Amtmann sogleich nach Schwäbisch Hall um den Chirurgus Thüringer von dort anzufordern. So ging ein ereignisreicher Tag zu Ende, freilich nicht ohne dass langsam in der Schmiede und am Backofen auch wieder Normalität eingekehrt wären.

Der Amtmann wird vom Wirt empfangen.



Die erste Zeugenbefragung.


In Erwartung eines Trinkgelds schafft die eifrige Magd das Gepäck ins Wirtshaus.


Gegen Mittag kam an unserem 14. August 1749 (also am Samstag, dem 23. August 2014) der Chirurgus am Wirtshaus an, wo er den Amtmann antraf. Beide berieten sich wegen der Vorfälle und ehe der Chirurgus zu seiner eigentlichen Aufgabe aufbrach, versorgte er noch den Amtmann selbst mit wohltuenden Mitteln gegen seine Rückenleiden – alle Tage im Sattel ist auch kein Zuckerschlecken! Zum Glück hatte der Chirurgus ausreichend Scharpie bei sich, denn die notdürftig vom Barbier aus der Gegend versorgten Landleute, Weidner und Kaiser, benötigten dringend neue Verbände. Dabei wurde fachkundigst jede Blessur an den Verwundeten verzeichnet (entsprechend dem im Original erhaltenen Verzeichnis Thüringers). 

Die Landmänner schildern ihre Verletzungen.


Der Chirurgus nimmt sie in Augenschein.


Das hätte ins Auge gehen können!

Während die Untersuchung der Geschehnisse vom Vortag also mit aller Kraft fortgesetzt wurde, durfte auch die Arbeit der Landleute nicht brach liegen bleiben. Die Kinder gingen in die Dorfschule, es wurde Wäsche gewaschen und eine Obsternte sorgte für reichlich frische Zutaten für die Küche der Wirtsleute.

Die Arbeit im Haus geht weiter.

In der Schmiede wurden Haken und andere Kleinteile hergestellt.



An diesen beiden Tagen bewährte sich erneut, dass wir so ein eingespieltes und zugleich flexibles Team haben. Unser Darsteller des Chirurgus war nämlich ausgefallen und dankenswerterweise sprang derjenige des Schankknechts kurzerhand für die Rolle ein, was er auch publikumswirksam und fachlich versiert so gut bewerkstelligte wie ich es mir besser hätte garnicht denken können. Vielen Dank Ignaz Peter Dengel!

Nach getaner Arbeit wird dem Kartenspiel gefrönt.


Vanitas.
Texte: André Hanselmann
Bilder: Michael Paulick

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