Sonntag, 18. Oktober 2015

„Anno Domini 1762, Jagdstreitigkeiten im Hällischen“ 24.-26.08.2012



Ursprünglich bin ich durch einen kleinen Text von Patrick Oelze "Am Rande der Stadt – Grenzkonflikte und herrschaftliche Integration im Umland von Schwäbisch Hall" auf das Thema so richtig aufmerksam geworden. 1759 hatte eine weitere Episode im Streit um Jagdgerechtigkeiten zwischen den Hohenloher Fürsten und der Stadt Schwäbisch Hall stattgefunden. Der Fürst hatte es gewagt bis in die Stadt zu kommen und hatte auf der Henkersbrücke auf einen toten Hasen schießen lassen, um sozusagen die Jagdrechte weiter auszudehnen. Zwei hällische Chroniken erwähnen ebenfalls diesen Vorfall. Nun war die Frage, wo man die hohenlohischen Prinzen und Jägermeister und das Gefolge hernehmen sollte, die offensichtlich rund um Michelfeld 1759 jagten. Das Organisationsteam hat lange herumgefragt und nach berittenen Jägern gesucht, die auch äußerlich was hermachen würden, aber keine bzw. nicht ausreichende gefunden.

Typische abendliche Stimmung im Schankraum.


Daher beschlossen wir, diese spezielle Thematik nur am Rande zu streifen und stattdessen die typisch bäuerliche Jagd in Szene zu setzen, welche durch die Amtsrechnungen belegt ist. Denn darin findet man Einnahmen in Form von „Jagdgeldern“, die von Untertanen oder gleich ganzen Gemeinden entrichtet wurden.

Daneben sollte diesmal eine Heuernte vorgeführt werden.

Wie es sein muss: Schultheiß und Amtmann in bester Gesellschaft.

Am Freitag fiel  die Heuernte wegen starken Regens buchstäblich ins Wasser. Immerhin konnten wir am Nachmittag noch die Aufnahme des Hausgenossen vorführen. Er hatte vor dem Amtmann den Hausgenosseneid zu schwören und wurde vom Dorfmeister Gunkel bei sich auch in Dienste aufgenommen. Dabei wurde doch tatsächlich das schöne Schriftstück in den Händen des Amtmannes verdorben da erneute Regentropfen darauf fielen. 

Der Amtmann verliest den Hausgenosseneid und ... (links als Zeuge der Schultheiß, in der Mitte Hausgenosse und Amtmann, rechts der Dorfmeister Gunkel)
... lässt den Hausgenossen auf die Bibel schwören; nutzen wird auch das nichts.
Am Samstagmorgen hub das Jagen an. Weithin vernahm man das Krachen der Flinten und Büchsen, als die Landleute durch die Gegend zogen.

Jäger und Treiber rüsten sich zur Jagd. Einer der Jäger ist übrigens der gute Amtsschreiber Müller.

Die beiden Treiber, Gunkel und Rügenwalder, streifen durch das Gelände.




Einer der Jäger: unser Gastwirt und Schultheiß.

Auch ohne helfenden Hausgenossen am Schaffen: der Dorfmeister Gunkel. Immerhin geht ihm der Schmied beim Sägen zur Hand.

Der neu vereidigte Hausgenosse bezeigte wenig Lust beim Dorfmeister zu dienen und hängte sich rasch an einen reisenden Herrn aus dem Ansbachischen. Als der Amtmann den Reisenden aufmerksam darauf machte, dass dies ein Verstoß gegen die hällische Gesindeordnung (zu finden in der „Polizeiordnung“ von 1702) sei, versuchte der Herr zwar auf seine guten Beziehungen und seinen Roten Adlerorden zu pochen. Doch vermochte er damit freilich nicht Amtmann und Amtsschreiber in der Ausübung ihrer Pflichten zu behindern. Der untreue Hausgenosse sollte, da dies ja ohnehin ehedem seine Profession war, als Diener mit dem Fremden hinweggehen, aber auch eine stattliche Strafe von 4 Gulden erlegen. Offenbar war der Dorfmeister auch ganz froh, den losen Gesellen los zu sein.

Der untreue Bursche vor dem gestrengen Amtmann, der fremde Herr wird trotz Streuben die Strafe erlegen (v.l.n.r.: Hausgenosse, Dorfwache, ansbachischer Reisender, Amtsschreiber, Amtmann, Dorfmeister Gunkel)

Der Amtmann ließ sich auch nicht die Gelegenheit nehmen die Sommerschule (im Haus aus Zaisenhausen) zu besichtigen, wo er dem Schulmeister ein Vorbild sein wollte, indem er die Kinder ermunterte nur immer frisch gute christliche Lieder wie „Lobet den Herrn“ zu singen.
Der Amtmann besichtigt die Stube des Schulmeisters mit seinen fleißigen Schülerinnen.

Derweil wurde am Steigengasthaus alles für das Fest am nächsten Tag vorbereitet indem Kränze gewunden wurden.

Der Amtmann verzeichnet die Treffer, im Gespräch mit dem Dorfmeister. Im Hintergrund feuert der Sieger des Tages.

Der Amtmann erläutert dem Grabenreiter das Prozedere; der Sieger Ignaz Dengel zeigt dem Dorfmeister seine Treffer auf der schönen Schützenscheibe.
Denn der Sonntag stand ganz im Zeichen des traditionellen Scheibenschießens. Diesmal hatten wir das erste Mal eine sehr schöne Schießscheibe. Johann Gunkel, der Dorfmeister wies auf den Passus zum Scheibenschießen in der Land- und Dorfordnung hin. Ein Preisgeld von einem Taler wurde vom Amtmann ausgelobt. Selbst der Amtsschreiber ließ es sich nicht nehmen mitzuschießen. Der tüchtige Schmied, Rügenwalder, betätigte sich als Scheibenknecht, der die Treffer markierte. Nach dem Schießen war der Amtmann höchst erbaut, dass soviele stattliche Schützen angetreten waren (Die männlichen Untertanen waren im Hällischen verpflichtet Gewehre zu haben; der Herzog von Württemberg schärfte seinen Untertanen immer wieder das Üben im Schießen ein.). Der Schankknecht vom Steigengasthaus hatte gewonnen, bekam Schützenscheibe und Taler ausgehändigt und führte dann einen fröhlichen Zug durch die Umliegenden Höfe an, wobei er seinen Sieg feierte.


Die Dorfwache hatte immer viel zu tun, führte dem Amtmann die Missetäter vor. Da man mit Personenbeschreibungen auskommen musste, nicht immer eine einfache Aufgabe. (rechts Franz Moser, reisender Bänderhändler, links Helmolth, Musikant und Dorfwache an einem der Tage)

Im Gasthaus wurde anschließend zum Tanz aufgespielt und viel getanzt.
Nach dem Tanz war doch tatsächlich ein reisender Bändelkrämer so dreist vor den Augen des Amtmannes seine Waren den weiblichen Untertanen anzupreisen und brachte natürlich allerhand Tand an die Frau. So wurder wieder eine kleine für den Amtmann einträgliche Strafe fällig.

Der Bändelhändler Moser verkauft seine schönen Waren - allerdings allzu offensichtlich mitten in der Schankstube und ohne Genehmigung der Obrigkeit!
Der Amtmann auf einem seiner jährlichen Umritte.

In diesem Jahr hatten wir soviele Pferde wie noch nie. So schwang sich der Amtmann auf eines von ihnen und machte zusammen mit einem Grabenreiter einen Umritt durch die Landschaft.

Beeindruckend waren diesmal die vielen Pferde, so dass im Hof vor dem Steigengasthaus ständig aus und eingespannt wurde. Dauernd hörte man das Trappeln der Hufe und das Wiehern der Pferde. Denn wir hatten 6 Pferde und bis zu drei Fuhrwerke im Einsatz. Einmal wurde sogar ein Baum mit Pferdekraft gerückt. Ein andermal sah man einen hoch aufgeladenen Heuwagen. Auch ritten immer wieder der Grabenreiter und ein weitere Reiter durchs Gelände.

Viele Pferde waren immer wieder im Hof zu sehen. Ihre Geräusche erfüllten die Szene.

Ein Novum war auch, dass der Amtmann als Unterstützung einen Amtsschreiber dabei hatte, der Schriftstücke des Amtmannes kopieren sollte und sich in allem sehr dienstbeflissen zeigte.

Texte: André Hanselmann
Bilder: Cecilia Hanselmann & Michael Paulick 

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