Samstag, 10. Oktober 2015

„Anno Domini 1761, Jauner Streifen und Gasthäuser im Amt Rosengarten“ 26.-28.08.2011



2011 ist der Veranstaltung eine umfangreiche Recherche im Stadtarchiv Schwäbisch Hall voraus gegangen. Es ging uns darum zum einen mehr über das Leben im Gasthaus zu erfahren und zum anderen uns in die Thematik des Räuberunwesens einzulesen.

Denn ab 1760 begann in der Gegend das Unwesen der großen Mainhardter Bande, welche neben Viehdiebstahl auch vor schwerwiegenderen Verbrechen nicht zurückschreckte. Wir fanden viel über die Ordnung in den Gemeinden heraus. So erfuhren wir, dass es in jedem Dorf ein bis zwei Schultheißen und obendrein die Dorfmeister gab. Verhängten erstere Strafen und übernahmen polizeiliche Aufgaben, führten Letztere die Gemeindekasse.
Ein spektakulärer Fall war der Überfall von 1752 auf einen reitenden Postillion, der lebend von den Posträubern im Wald an einen Baum gebunden wurde. Die Täter wurden verhaftet und warteten im Gefängnis in Schwäbisch Hall auf ihre Hinrichtung. Dieses Ereignis ist durch einen Holzschnitt mit der Darstellung des Tatherganges und durch ein im Stadtarchiv erhaltenes abgedrucktes Lied, geschrieben aus der Perspektive eines Täters, dokumentiert.


 Der Amtmann wird von seinem Bedienten, Jakob, gepudert. Auch auf dem Dorf will man angemessen auftreten.


Derweil wird die feine Dame aus dem Badischen von einer Magd des Hauses angekleidet.
 
Auf der Veranstaltung wurde der Wirt vom Amtmann zum Schultheiß erklärt (die Wahl des Schultheißen hatte theoretisch außerhalb der Veranstaltung stattgefunden). Daraufhin durfte der frischgebackene Schultheiß als eine seiner ersten Amtstaten die sogenannten Streifen anführen, welche damals nach herumziehenden „Jaunern“ und anderem fahrenden Volk Ausschau halten sollte. Ein fremder Tagelöhner aus dem Norden, der das Holz unweit der Steige bearbeitete, wurde als verdächtiges Subjekt im Auge behalten. Eine Kräuter- und Olitätenkrämerin wurde von der Streife aufgelesen und sollte öffentlich gestäupt werden, da sie keine Genehmigung des Magistrats ihre Waren auf dem Lande verkaufen zu dürfen vorweisen konnte. Zum Glück sprangen ein paar mitleidige Leute für sie ein und erlegten an ihrer Stelle die vom Amtmann verhängte Geldstrafe.

  






Die Gemeinsmänner müssen binnen einer gewissen Frist, abzulesen an der Uhr, zur Versammlung erscheinen. Sonst gibts Gemeindestrafen zu verhängen.


 

 

 Die Einwohner versammeln sich zur Streife unter Waffen. 
Der Schultheiß, der Musikant, der Schmied und der Heidejäger sind schon angetreten - vom Jakob verdeckt noch ein weiterer Gemeinsmann (v. l. n. r.).


 









Die Streife war erfolgreich und führt die fremde Olitätenhändlerin zum Amtmann.

Später soll sich der gewitzte Fremde indem er den Bedienten des Amtmannes überrumpelte mit einer bedeutenden Summe Geldes davon gemacht haben.
Aber auch der Dorfmeister Gunkel wurde verdächtigt, da er dem Amtmann weder die Dorfrechnung noch seine Kasse vorzeigen konnte. 

Als typische Strafen drohten den Verbrechern Arbeiten im städtischen Steinbruch oder an den Befestigungswerken in Heilbronn, welche kurz darauf vom Schwäbischen Kreis aufgegeben wurden.

Neben diesen von den Besuchern sehr gut angenommenen offiziellen Programmpunkten befand sich auch ein Vermesser im Gelände, der auf Anweisung des Stättmeisters Sanwald 2 Einwohner zur Verfügung gestellt bekam.
Der Dorfmeister Gunkel sägte zusammen mit anderen Einwohnern und dem fremden Tagelöhner auf einem hohen Gerüst einen Holzstamm.
Eine wohlhabende Dame machte im Gasthaus Halt, so dass der Amtmann auch ein wenig standesgemäße Gesellschaft hatte.

 Der Amtmann nimmt das Tagwerk des Dorfmeisters in Augenschein und befragt den fremden Tagelöhner.

Diesmal wurde das Gelände schon umfangreicher mit einbezogen. So sammelten sich die streifenden Einwohner unten am Haus aus Zaisenhausen. Da der Amtmann im Steigengasthaus nächtigte, war es freilich weiterhin der Besuchermagnet, denn hier fanden auch viele nicht angekündigte Programmhöhepunkte wie das Bestrafen der Krämerin statt. Anders als im Vorjahr verfügten wir leider über keine Pferde. Zum Glück war aber das Thema dermaßen publikumswirksam, dass dies nicht weiter ins Gewicht fiel. Eine weitere Besonderheit war, dass der Amtmann mit einem Bedienten reiste, war er sonst stattdessen in allen anderen Jahren (bis 2014) mit einem weiteren Beamten unterwegs.  





 Im Steigengasthaus gibt es auch Musik und es wird bei jeder Gelegenheit getanzt.

Texte: André Hanselmann
Fotos: Michael Paulick


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