Endlich haben wir unsere erste Veranstaltung hinter uns und wir wollen unseren Lesern gerne davon erzählen, was alles geschehen ist. Am Freitag hatten wir noch kein offizielles Programm, aber schon zahlreiche Aktionen im Museum soweit uns das der Feiertag erlaubt hat.
Finally we have our first event behind us and we would like to tell our readers about everything that happened. On Friday we didn't have an official program yet, but we did have numerous activities in the museum as far as the holiday allowed us.
Nachdem am Donnerstag schon die meisten Leute aus meinem Haus angekommen waren, feierten wir am Freitagmorgen den Feiertag mit einer kleinen Lesung zur Ostergeschichte aus einer Lutherbibel [1]. Wir sangen diesmal erstmalig "O Magdeburg, du feste", welches ja ganz ähnlich wie "Wach auf, Wach auf Du deutsches Land!" ein lutheranisches Kampflied der Reformationszeit ist, welches von daher gut zu der Stimmung im Hällischen im 17. Jh. passt. Auch die schon eingetroffenen Württemberger nahmen an der Lesung teil. Diese fand wegen der bitteren Kälte und dem verregneten Wetter im Inneren statt.
After most of the people from my house had already arrived on Thursday, we celebrated the holiday on Friday morning with a short reading of the Easter story from a Luther Bible [1]. This time we sang "O Magdeburg, du feste" O Magdeburg you solid [fortress]" for the first time, which is very similar to "Wake up, wake up, you German country!" as a Lutheran battle song from the time of the Reformation, which therefore goes well with the mood in Hall during the 17th century. Those from Württemberg who had already arrived also took part in the reading. This was held indoors because of the bitter cold and rainy weather.
Im Laufe des Tages traf ein Offizier vom ligistischen Reiterregiment von Schönberg sowie einige Pikeniere und ein zusätzlicher Musketier vom Regiment Truchsess ein, welche zum Glück nicht in meinem Wirtshaus einquartiert wurden. Der Bursche des Reiteroffiziers war schon früher angekommen und hatte in meiner Schankstube am Ofen geschlafen. Dieser versuchte sich nützlich zu machen, wo er nur konnte, weil ja sein Brotherr nicht da war ihn auszuhalten. Die Kuhstall musste ja auch ausgemistet werden, auch wenn es Feiertag war. Am Nachmittag wurde das Landvolk auf dem Dorfanger gemustert. Leider war das Bild, das sich bot recht erbärmlich. Drei Knechte aus meinem Haushalt, zwei mit Spießen und einer mit einem veralteten Handrohr waren angetreten nebst mir selbst als dem Dorfhauptmann mit dem Langspieß. Ein Bauer aus einem Weiler war immerhin mit seinem Brustpanzer gekommen, auch wenn er keinen Spieß vorweisen konnte. Der in der Nähe stehende Hauptmann Hans Hammer von Marbach [2] amüsierte sich nicht schlecht wie wenig die Landleute den Umgang mit den Piken verstanden und wie schadhaft die einzige Feuerwaffe im Dorf schien. Auf dem Weg griffen wir einen Schuhmacher auf, der eigentlich ebenfalls hätte zur Musterung antreten müssen. Immerhin hatten wir für ihn noch eine Pike und der württembergische Hauptmann war überrascht, als wir schließlich sogar um 2 Mann verstärkt vor meinem Wirtshause eintrafen. Er frötzelte gar, dass eine stattliche Streitmacht vielleicht bereit stünde, wenn wir noch ein paar Mal den Marsch durch das Gelände machten!
During the day, an officer from the von Schönberg League Cavalry Regiment arrived, as well as a few pikemen and an additional musketeer from the Truchsess Regiment, who fortunately were not billeted in my inn. The cavalry officer's boy had arrived earlier and slept in my taproom by the stove. He tried to make himself useful wherever he could, because his master wasn't there to put up with him. The cowshed also had to be mucked out, even if it was a holiday. In the afternoon the peasants were inspected on the village green. Unfortunately, the picture that presented itself was quite pathetic. Three servants from my household, two with spears and one with an outdated hand pipe, had lined up, along with myself as the village captain with the long spear. One peasant from another hamlet at least had a breastplate although he had no weapon at all. Captain Hans Hammer von Marbach [2], who was standing nearby, was amused at how little the country people understood how to use pikes and how defective the only firearm in the village seemed. On the way we picked up a shoemaker who actually should have also come to the examination. After all, we still had a pike for him and the Württemberg captain was surprised when we finally arrived in front of my inn with two more men. He even teased that a sizeable force might be ready if we made the march through the grounds a few more times!
Am Abend waren zahlreiche Leute: württembergische Musketiere mit ihrem Offizier aber auch ligistische Pikeniere und Musketiere in meiner Gaststube. Leider durfte durch die Feiertagsheiligung nicht getanzt werden. Da ich und einer meiner Knechte zahlreichen Gästen Kerbhölzer geschnitzt hatten um das Bier abzurechnen, hatte ich neben meinen Aufgaben als Dorfschullehrer und Dorfhauptmann [3] noch viel zu tun. Meine Frau, die Wirtin, hatte an diesem Tag selbst Bier gebraut, welches wir am Sonntag probieren wollten.
Einer meiner Knechte macht Kerbhölzer für das Bier. - One of my farmhands makes wooden records for the beer. (photo: Anna-Katharina Kemmer) |
In the evening there were numerous people: Württemberg musketeers with their officer, but also league pikemen and musketeers in my dining room. Unfortunately, due to the holiday sanctification, dancing was not allowed. Since I and one of my servants had carved tally sticks for numerous guests to account for the beer, I still had a lot to do in addition to my duties as village school teacher and village captain [3]. My wife, the landlady, brewed her own beer that day, which we wanted to try on Sunday.
Das ligistische Fußvolk auf dem Marsch. - The foot troops of the League marching. (photo: Michael Leyendecker) |
Wie schon am Vortag ging ich auch am Samstag nach dem Kuhstall und dem Frühstück zum Herrn Apotheker, der mich mit Schröpfköpfen courierte. Soviele Söldner auf so engem Raum beieinander führte aber auch zu reichlich Reibereien. Mir wurde als zuständigem Dorfhauptmann ein Wilderer vorgeführt, welcher aber verflixt wie ein ligistischer Pikenier aussah. Gegen eine kleine Prämie nahm ich ihn entgegen und steckte ihn in das Gefängnis, wo er aber wegen der Geringfügigkeit seines Deliktes in diesen Zeiten nicht lange verschmachtete. Nachdem die Wirtin an unserem Brunnen die Wäsche gewaschen hatte machte ich mich auf dem Weg zum Schuhmacher, der als Hausgenosse auf einem stattlichen Hof wohnte [4]. Als ich eben mit dem Schuhmacher über meine Schuhe sprach und ob man diese reparieren müsste, krachten plötzlich Schüsse. Die Württemberger waren mit den Bayern und Würzburgern aneinander geraten und versuchten den Bauernhof zu erstürmen. Aus allen Winkeln feuerten sie hinaus auf die Angreifer. Insbesondere der arme Bursche des Adjudanten Brandus hatte mit seinem Knüppel keinen leichten Stand. Wir Landleute verrammelten die Türe, während sich der Hausherr im Keller verbarg. Tatsächlich waren kleine Zusammenstöße wie dieser manchmal auch innerhalb einer Partei für den dreißigjährigen Krieg garnicht so ungewöhnlich und Überfälle auf Bauernhöfe wurden oft von Vrancx beispielsweise gemalt [5]. Die ligistischen Söldner waren trotz der Unterlegenheit an Musketen an Zahl deutlich überlegen. Danach präsentierten sie sich stolz dem Publico.
Einer meiner Knechte in Behandlung bei dem Apotheker. - One of my male servants in the pharmacist's care. (photo: Michael Leyendecker) |
As on the previous day, I went to the pharmacist on Saturday after the cowshed and breakfast, and he gave me cupping glasses. But so many mercenaries in such a small space together led to a lot of friction. A poacher was presented to me as the responsible village captain, but he looked like a damned league pikeman. For a small premium I took him and put him in jail, where he did not languish for long because of the petty nature of his crime. After the landlady had washed the laundry at our well, I made my way to the shoemaker, who lived as a housemate on a stately farm [4]. Just as I was talking to the shoemaker about my shoes and whether they needed to be repaired, shots suddenly rang out. The Württembergers had clashed with the Bavarians and Würzburgers and tried to storm the farm. They fired at the attackers from all angles. Adjutant Brandus' poor fellow, in particular, had a hard time with his club. We country folk barricaded the door while the master of the house hid in the cellar. In fact, small clashes like this were sometimes not so unusual even within a party for the Thirty Years' War and raids on farms were often painted by Vrancx, for example [5]. The league mercenaries were clearly superior in number despite the inferiority of muskets. Then they proudly presented themselves to the public.
Hauptmann Hammer. - Captain Hammer. (photo: Michael Leyendecker) |
Ich machte einen Schaft für unsere Fahne. - I produced a pole for our flag. (photo: Michael Leyendecker) |
Am Abend ging es im Wirtshaus hoch her, denn es wurde insbesondere von den Württembergern viel gewürfelt und lauthals nach dem "Schlemmerlied" [6] gefordert, welches dann auch angestimmt wurde. Ich selber spielte auch Karnöffeln mit dem Hauptmann Hans Hammer und ein paar Landleuten. Was ich einmal gewann verlor ich danach wieder.
Das schöne junge Pferd, das bei mir im Stall stand. - The nice young horse which was in my stable. (photo: Michael Leyendecker) |
In the evening there was a lot going on in the tavern, because the Württembergers in particular played a lot of dice and loudly demanded the "Schlemmerlied" [6], which was then also sung. I myself also played Karnöffeln with Captain Hans Hammer and a few country folk. What I once won, I lost afterwards.
Ich konnte an dem Abend ja noch nicht ahnen, was alles noch am Ostersonntag geschehen würde, um die Gegend in Unordnung zu versetzen.
That evening I had no idea what was going to happen on Easter Sunday to throw the area into disarray.
Text: André Hanselmann
Fotos: Cecilia Hanselmann, Michael Leyendecker, Anna-Katharina Kemmer
Notizen / Notes:
1) Martin Luther: "Das Newe Testament" Wittenberg, 1534, XXVII. Kap., Evangelium Matthäus
2) siehe dazu: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2023/01/die-einquartierten-wurttemberger-162223.html
3) Im 18. Jahrhundert gab es dann den Schultheiß. Zur Funktion des Dorfhauptmannes empfehle ich: Beate Iländer: "Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Schwäbisch Hall vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zum Ende der Reichsstadtzeit (1648-1806)" F. Steinmeier, Nördlingen, 2001, S. 243
4) Das Kernstück bildet das Winzerhaus aus Sachsenflur von 1562, siehe dazu: Albrecht Bedal: "Bei uns daheim - Ein Wegweiser durch das Hohenloher Freilandmuseum" Hohenloher Freilandmuseum, Schwäbisch Hall, 2008, S. 175-181
5) Sebastian Vrancx (1573-1647): "Soldaten plündern einen Bauernhof, Gemälde 1620, DHM
6) Auch genannt "Wo soll ich mich hinkehren" - Altes Vagantenlied aus dem Bergkreyen, 1535, im Zupfgeigenhansl 1908 erschienen
André, this is a fascinating look into the re-enactment work you do in your Living Museum.
AntwortenLöschenA few questions, if I may:
1. What is the pharmacist treating and what is the procedure.
2. How do the beer tally sticks function?
3. How was the homemade beer?
4. Do you actually lodge guests overnight in your inn?
Thanks!
Löschen1. The apothecary warms clay cupping cups over a flame and then places them on their backs. It's not dangerous. But he makes sointment too which was very well for my hands after working in the barn and in the cowshed.
2. You have two parts of the stick. One stays with the innkeeper and the other is for the drinker. You make a mark with a sharp knife over both pieces. After some days the client pays for the number of marks. In historical money it would be some "Kreuzer" only.
3. The beer was OK. It doesn't had much of alcohol. I will ask my wife to write a better answer.
4. I mostly had mercenaries. And mercenaries don't have to pay unfortunately ;-) .