Von Anfang an in meiner Karriere in der Zivildarstellung habe ich mich mit dem Thema Dienstboten beschäftigt. Es ist ein faszinierendes Thema. Wie fühlt es sich an einem anderen Menschen oder einer Familie zu gehorchen? Ist es ein einsames Dasein? Was ist daran vielleicht angenehm? Was stört am stärksten? Über etliche Jahre war ich in verschiedenen Dienstbotenrollen für verschiedene "Herrschaften" im 18. Jahrhundert und im Empire unterwegs.
Right from the start of my career in the civilian reenactment (living history) I have dealt with the topic of servants' lifes. It's a fascinating subject. How does it feel to obey another person or family? Is it a lonely existence to be a servant? What is pleasant about it? What is the most annoying? For several years I was on the road in various servant roles for different "masters" in the 18th century and in the Empire (period of the reign of Napoléon I).
Quellensuche / Research for sources
Von Anfang an standen wir der Problematik gegenüber, dass wir Quellen zum Leben der Dienstboten gesucht haben. Wie war der Tagesablauf eines Lakaien oder Reitknechts? Welche Arten von Quellen gibt es?
From the start we faced the problem of looking for sources on the servant's lives. What was the daily routine of a lackey or groom? What types of sources are there?
Sehr spannend sind natürlich Quellen aus erster Hand. Es gibt ja vereinzelt Dienstboten, die später über ihr Leben als Dienstboten berichtet haben. Ulrich Bräker fungierte beispielsweise in seiner Lebenserzählung zeitweilig als Laufbursche eines preußischen Werbeoffiziers[1].
Fast aus erster Hand sind Memoiren von Personen, die vielleicht selbst keine Dienstboten waren, aber nebenbei Dienstboten und ihr Verhalten kommentierten. Diese nach Aussagen über Dienstboten zu durchforsten kann mühsam sein. Erquicklicher ist es, wenn man einfach Notizen nebenbei macht, während man eh Tagebücher einer Person liest. Mir war beispielsweise in den Tagebüchern des Kammerherrn Graf Lehndorff aufgefallen, dass er wiederholt erwähnte, dass er zugegen war, wenn Kinder von Dienstboten getauft wurden[2].
First-hand accounts are of course very exciting. There are a few servants who later reported on their lives as servants. Ulrich Bräker, for example, acted temporarily in his life story as an errand boy for a Prussian recruiting officer [1].
Almost first-hand are memoirs of people who may not have been servants themselves, but who commented on servants and their behavior on the side. Sifting through these for statements about servants can be tedious. It's more refreshing if you just take notes on the side while reading someone's diaries anyway. For example, I noticed in the diaries of the chamberlain Count Lehndorff that he repeatedly mentioned that he was present when children of servants were baptized [2].
Außerdem gibt es Quellen die von Seiten der Obrigkeit verfasst wurden und bestimmte Aspekte des Hofstaates illustrieren. Hof- oder Staatskalender können dazu heran gezogen werden den Umfang der Hofhaltungen sowie die verschiedenen Dienstbotenchargen miteinander zu vergleichen[3]. Wir wollen uns zwar hier in der Serie vorrangig mit den Dienstboten eines bürgerlichen oder kleinadeligen Haushalts beschäftigen, aber dennoch sind einige Aussagen dieser Quellen auch allgemein nützlich. Sehr spannend fanden wir beispielsweise ein umfangreiches Werk zur Hofhaltung von Schwarzburg-Rudolstadt, welches auch bemerkenswerte Einblicke in zahlreiche Aspekte der Welt der Dienerschaft liefert[4].
There are also sources that were written by the authorities and illustrate certain aspects of the court. Court or state calendars can be used to compare the extent of the court holdings as well as the different batches of servants [3]. Although we want to deal primarily with the servants of a middle-class or petty aristocratic household here in the series, some statements from these sources are also generally useful. For example, we found an extensive work on the court of Schwarzburg-Rudolstadt very exciting, which also provides remarkable insights into numerous aspects of the world of servants [4].
Eine sehr lebhafte Sichtweise auf Dienstboten wirft das Theater. Es gibt Theaterstücke, welche ganz vorwiegend Dienstboten als Protagonisten haben wie etwa Destouches "Das Gespenst mit der Trummel"[5]. Hier besteht natürlich die Gefahr Klischees und dergleichen aufzusitzen. Aber man wird sich wohl nicht als damaliger Zuschauer in den Stücken zurechtgefunden haben, wenn nicht wenigstens Grundsätzliches der Realität entsprochen hätte. Sehr spannend sind Theaterstücke, da sie das doch sehr unterschiedliche Miteinander von Dienstboten mit ihrer Herrschaft und insbesondere im Falle realitätsbetonter Dramatik die damalige Sprache vor Augen führen. Wie sprach ein Herr oder eine Dame nämlich zu einem Dienstboten oder wie der Dienstbote zur Herrschaft? Ähnlich geartet sind Erwähnungen in Romanen. Besonders hilfreich war für mich Schnabels "Der im Irrgarten der Liebe herumtaumelnde Kavalier"[6].
The theater throws a very lively view on servants. There are plays that have mostly servants as protagonists, such as Destouche's "The Ghost with the Drum" [5]. There is of course the risk of stereotypes and the like. But as a spectator at the time, you will probably not have found your way through the plays if at least some of the basic principles had not corresponded to reality. Plays are very exciting because they show the very different interaction between servants and their masters and, especially in the case of reality-based drama, the language of the time[6]. For how did a gentleman or lady speak to a servant, or how did the servant speak to the master? Mentions in novels are similar. Schnabel's "The Cavalier Staggering Around in the Maze of Love" [7] was particularly helpful to me.
Daneben gibt es zeitgenössische Traktate und so etwas wie Fachbücher zu dem Thema. Manchmal können Titel allerdings irreführend sein wie z.B. Mosers "Der Herr und der Diener"[8] - ein Buch des Vielschreibers das sich eher mit Staatsführung beschäftigt und mit Moral. In Deutscher Sprache ist uns bislang noch nichts erschöpfendes zu den Tätigkeitsfeldern der Dienstboten untergekommen wie es etwa "The complete servant" liefert[9]. Wenn dieses sehr aufschlussreiche Werk auch etwas später erschienen ist, spiegelt es doch wohl auch den Zustand zumindest im späten 18. Jh. wider, als die Autoren bereits als Dienstboten in Großbritannien tätig waren. Immerhin in der für uns relevanten Zeit ist Swifts "Anweisung für Dienstboten" in Deutschland 1748 erschienen[10]. Die Frage ist zwar in wiefern sich die englischen Verhältnisse auf Deutschland übertragen lassen - da es aber in der deutschen Fassung offenbar keiner Erläuterungen bedurfte, ist das Buch sicherlich auch für uns sehr nützlich trotz seines satirischen Charakters. Leider sind deutsche Traktate oftmals eher moralisierender Natur und bringen wenige Einblicke. Nützlicher sind da Eintragungen in zeitgenössische Lexika wie etwa in Krünitz "Oekonomische Encyklopädie" [11], auch wenn sich diese stark auf die verschiedenen Gesindeordnungen konzentrieren können, was wenig erstaunt, weil diese leicht verfügbar waren.
Beim weihnachtlichen Souper probierten wir ein Rezept einer Kartoffelsuppe aus dem 18. Jahrhundert aus. - We tried out a cooking recipe of a potato soup from the 18th century. |
There are also contemporary tracts and something like specialist books on the subject. Sometimes titles, however, can be misleading, such as Moser's "The Master and His Servant" [8] - a book by the prolific writer that deals more with governance and morals. In the German language, we have not yet come across anything exhaustive about the fields of activity of the servants, such as "The complete servant" provides [9]. Even if this very revealing work was published a little later, it probably also reflects the state at least in the late 18th century, when the authors were already working as servants in Great Britain. At least in the time that is relevant to us, Swift's "Instructions for Servants" appeared in Germany in 1748 [10]. The question is to what extent the English conditions can be transferred to Germany - but since the German version apparently did not need any explanations, the book is certainly very useful for us, despite its satirical character. Unfortunately, German tracts are often of a moralizing nature and provide little insight. Entries in contemporary encyclopedias such as Krünitz "Oekonomische Encyklopädie" [11] are more useful, even if they can concentrate heavily on the various servant orders, which is not surprising because these were easily available.
"Gesindeordnungen" und andere obrigkeitliche Verordnungen und Archivalien bilden eine weitere unschätzbare Quelle, auch wenn diese eher zwischen den Zeilen sehr aufschlussreich sein können, da sie uns ja ein Ideal und oftmals die Kritik an angeblich verfallenen Sitten immer wieder replizieren.
Seltener verwenden wir Sekundärliteratur, auch wenn insbesondere Werke wie die von Fleischer, welche vor allem Primärquellen zusammentragen und uns zugänglich machen natürlich auch dazu zählen. Als eine recht spannende Quelle haben wir bereits an anderer Stelle auf Renate Dürrs "Mägde in der Stadt" hingewiesen[12].
Das ist erstmal eine Menge Theorie auf einmal, zeigt aber einfach auch den Aufwand, den die Recherche mit dem Thema bedeuten kann.
"Servants' ordinances" and other official ordinances and archives form another invaluable source, even if they can be very informative between the lines, since they replicate an ideal and often the criticism of allegedly decayed morals. We use secondary literature less often, even if works like those by Fleischer, which mainly collect primary sources and make them accessible to us, are of course also included. We have already referred to Renate Dürr's "Maids in the City" as a very exciting source [12]. That's a lot of theory at once, but it simply shows the effort that researching the topic can mean.
Text: André Hanselmann
Fotos: Cecilia und A.-A. Hanselmann
1) Ulrich Bräker: "Der arme Mann im Tockenburg" Philipp Reclam, Stuttgart, 1983
2) Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff: "Die Tagebücher des Grafen Lehndorff" Berlin Story Verlag, Berlin, 2007, S. 74
3) Zahlreiche Hofkalender lassen sich heute als Digitalisate finden. Z.B. hier: https://de.wikisource.org/wiki/Staatshandb%C3%BCcher_und_-kalender
4) Horst Fleischer: "Vom Leben in der Residenz - Rudolstadt 1648-1816" Thüringischer Landesmuseum Rudolstadt, Rudolstadt, 1996
5) Destouches: "Das Gespenst mit der Trummel" (übersetzt von L.A.V. Gottsched) Kraußische Buchhandlung, Wien, 1740
6) z.B./for example: J.M.R. Lenz: "Der Hofmeister" Philipp Reclam, Stuttgart, 2007
7) Johann Gottfried Schnabel: "Der im Irrgarten der Liebe herumtaumelnde Kavalier" Wilhelm Heyne, München, 1972
8) Friedrich Carl von Moser: "Der Herr und der Diener" Raspe, Frankfurt, 1759
9) Samuel & Sarah Adams: "The complete servant" Knight & Lacey, London, 1825
10) Jonathan Swift: "Anweisung für Dienstboten" Insel, Baden-Baden, 1990
11) Johann Georg Krünitz: "Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft"
12) Renate Dürr: "Mägde in der Stadt" Campus, Frankfurt am Main, 1995
Andrè, your re-enactment posts are always so interesting. How was the potato soup?
AntwortenLöschenIt was delicious. The source was the book by the Frederike Luise Löfflerin from 1795. However the recipte most probably is older. I would recommend white wine from Franconia to the soup. I will continue that series until I will have access to Corel Draw again and can produce such maps as I did before. My book for the battle of Freiburg (1644) just arrived. Great reading and I hope you will find it interesting too as it is exactly the same period like the ECW.
AntwortenLöschenDes costumes fantastiques et un repas très appétissant...Belle et chaleureuse ambiance!
AntwortenLöschenMerci. Je veux continuer cet série avec des peintures contemporaires et des sources intéressants. Plus dese photos des evenements anciens en Mars 2021. A bientôt!
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