Das Thema Hochbau im 18.
Jahrhundert ist ein derart facettenreiches, dass ich in unserem Blog ähnlich
wie zum Straßenbau gewissermaßen nur an der Oberfläche kratzen kann. Ich selbst
bin im Rahmen des Freiwilligen Jahres in der Denkmalpflege an verschiedenen
Ausbildungsstätten wie im Kloster Johannesberg bei Fulda oder der
Denkmalakademie Görlitz mit historischen Bautechniken in Berührung gekommen.
The topic of the construction
of buildings is such a multifaceted, that I will only scratch on the surface as
I did in my posting about the road building process. I myself became contacted
with historical building technics during my “Freiwilliges Jahr in der
Denkmalpflege” (Voluntary year in the preservation of monuments) in different training
centers such as the Johannesberg monastery near Fulda and the Denkmalakademie Gorlitz.
Für unser konkretes Beispiel, das
Steigengasthaus an der Roten Steige ist vor allem das Thema Fachwerk
interessant. Es gibt zur Konstruktion und dem Bau selbst zahlreiche Bücher[1][2][3].
Man muss sich vor Augen führen,
dass das Gebäude, das wir heute im Freilandmuseum Wackershofen sehen nicht
gänzlich mit dem übereinstimmt wie es 1749 errichtet wurde. Der Tanzsaal von um
1800 ist eine für diese Zeit typische Ergänzung. Auf einem Schlussstein über
der Eingangstür des Hauses prangt die Jahreszahl 1800.
For our special
example, the tavern at the red steep road the topic of half-timbering buildings
is interesting. There are many books about the construction and building
process [1][2][3].
It’s important to
notice that the building, as it is today in the open air museum
Wackershofen, is not completely the same as it was built in 1749. The dancing hall
from 1800 is a complement, which is rather typical for the period. On a keystone
over the main entrance we can read the date 1800.
Wichtig für uns ist aber, dass auch die
zahlreichen Beweisstücke des von mir intensiv untersuchten Prozesses zwischen Schwäbisch
Hall und dem Erzbistum Würzburg wiederholt von einem völligen Neubau sprechen[4]. Die
finanzielle Grundlage für den Neubau muss der florierende Wirtshausbetrieb[5] und
eventuell weiteren Einnahmequellen gebildet haben.
Ich will kurz auf die
verschiedene Aspekte anhand des Aussehens des Hauses selbst eingehen.
Das Steigengasthaus heute, Aufnahme 2011 (Foto: Michael Paulick) |
It’s important for us,
that in the trial between the archbishop of Wurzburg and Schwäbisch Hall, which
I researched intensively, many documents are speaking about a completely new
building [4]. The financial foundation for the building was constituted by the prosperous
tavern [5] and maybe more sources of income.
I want to dive in more depth according to the several aspects of the look of the house itself.
Johann Conrad Körner: "Hall in Schwaben MDCCLV", Lavierte Tuschzeichnung. Der Ausschnitt zeigt Arbeiter im Steinbruch auf der westlichen Kocherseite. Archiv. (Foto: André Hanselmann) |
Das Wirtshaus ist nur zu einem
geringen Teil unterkellert. Im Keller lagerte im 18. Jh. der Wein. Ob auch
andere Getränke damals dort eingelagert wurden, ist mindestens fraglich. Denn
während des Übergriffs auf das Wirtshaus ist nur von Wein die Rede und auch die
Umgeldrechnungen verzeichnen nichts anderes. Das Erdgeschoss ist aus Naturstein
gemauert. Dieser musste wohl nicht von weit herangeschafft werden, denn die
Stadt verfügte über einen Steinbruch auf der Michelfeld zugewandten Stadtseite,
den man auch auf der detaillierten Stadtansicht von 1755 erkennen kann. Der Bau
solcher Stockwerke aus Naturstein und das Behauen desselben erreichte eine
qualitative und ästhetische Meisterschaft im 18. Jahrhundert. Dies war selbst
auf den Dörfern augenscheinlich wie etwa am Kleinbauernhaus aus Zirndorf im
Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim mit einem schönen Giebel von 1803 erkennbar
ist[6].
The tavern has only
a partly cellar. The wine was lying in the cellar during the 18th century.
It’s at least questionable if other drinks were stored. During the raid on the
tavern only wine was mentioned and the tax accounts are listing wine only too. The
ground floor was bricked with natural stones. These stones didn’t had a long
way, as the town had a quarry on the side of the town, which is facing
Michelfeld. The quarry is visible on a highly detailed picture of the town from
1755. The building of such a floor out of natural stones and the process of carving
these stones reached a qualitative and esthetic mastery during the 18th
century. This fact was noticeable even in a village. The small farmhouse from
Zirndorf at the Franconian open air museum Bad Windsheim with its beautiful gable
from 1803 is a very nice example for that [6].
Dorfmeister Gunkel auf einem Baumstamm auf unsere Veranstaltung "Anno Domini 1761 - Jauner, Streifen und Gasthäuser" 2011 (Foto: Michael Paulick) |
Die Handwerker rechneten in der
Frühen Neuzeit prinzipiell nach Gewerk ab. So kosteten in Linz 1624
beispielsweise 3 Fenster bei einem Steinmetz 33 fl[7]. Die
Arbeiter an einer Baustelle setzten sich aus Handwerkern und den Tagelöhnern
zusammen. Ein Tagelöhner bekam pro Tag im 17.Jh. beispielsweise 40 Pfennige[8].
Einen Architekt gab es für solche Bauten noch nicht. Selbst bedeutende
Baumeister wie Johannes Seiz (1717-1779) stammten aus dem Handwerk. Seiz Vater
beispielsweise war Maurer[9]. Maurer
und Zimmerleute waren nachweislich im Amt Rosengarten ansässig. So gab es Mitte
des 18. Jh. mindestens einen Zimmerermeister und vier weitere Zimmerleute sowie
3 Maurer. Die Zimmermänner waren oftmals nur Hausgenossen wie Johann Sprendel
aus Rollhof[10].
Obwohl es heimische Bauhandwerker gab, wollte man ausdrücklich den Tiroler
Zimmerleuten und Maurern „die Arbeit im Land nicht verwehren“, wenn sie dazu
eine vom „Haubtmann“ „des Handtwercks“ „glaubhafften Schein“ vorweisen konnten,
also die Genehmigung durch die städtische Zunft bekommen hatten[11]. Das
Zunftwesen war in Hall präzise geregelt und die jeweiligen Zünfte wurden durch
vom Magistrat gestellte Zunfthauptmänner überwacht[12]. Ein
paar Handwerker am Steigengasthaus kennen wir namentlich: den Tiroler
Maurermeister Antonis Wößmer, den Leoweiler Zimmerer Johannes Sandel und den
Michelfelder Schreinergesellen Georg Michel Kettmann. Es waren aber wohl noch
einige mehr auf der Baustelle wie eine Aussage Wößmers hervorgeht[13]. Es
scheint, dass die Tiroler Bauhandwerker in einem besonders guten Ruf gestanden
haben, weil sie mehrfach in Quellen auftauchen. Es ist interessant, dass der
Bauherr Kircher selber beim Bau scheinbar nicht Hand angelegt hat. Jedenfalls
taucht er in den zahlreichen Aussagen nicht als mitbauend auf. Es wäre
interessant, ob es eine Art Bauleiter gab. Am ehesten käme dafür bislang der
Tiroler Handwerksmeister Wößmer infrage.
Ein Baumstamm wird zugesägt auf der Veranstaltung Anno Domini 1761 (Foto: Michael Paulick) |
The craftsmen settled
up during the early modern period per product (Gewerk in German). Three windows
made by a stonemason costed 33 florins in Linz 1624 [7]. Usually the group of workers was composed of
craftsmen and day labourers. A day
labourer got 40 “Pfennige” per day in Linz during the 17th century [8]. An
architect was not there already for such buildings. Even important builders
like Johannes Seiz (1717-1779) were coming from the craft. Seiz’ father was a bricklayer
for example [9]. Bricklayers and carpenters were resident in the Rosengarten
district. There were at least one master carpenter, four carpenters and three
bricklayers during the mid-eighteenth century. The carpenters often were “Hausgenossen”
(housemates ?) only like a Johann
Sprendel in Rollhof [10]. Although there were these construction native workers,
the administration didn’t banned “the work within the land” for Tirolian
carpenters and bricklayers, if they could show a “believable certificate” by
the “captains” “of the craft” [11]. That means that they had to have the permission
by the town’s guild of their craft. The guild system was precisely regulated in
Hall and the different guilds were supervised by special guild’s captains,
which were posed by the Magistrate [12]. Some of the craftsmen at the tavern at the steep
road we know by their names such as: the Tirolian master of bricklayers Antonis
Wößmer, the carpenter Johannes Sandel from Leoweiler and the joiner Georg
Michel Kettmann from Michelfeld. But there were more workers at the building
area, as it is implicated by the testimony by Wößmer [13]. It seems that
Tirolian building workers had a particularly good reputation, because they plop
up repeatedly in the sources. It’s interesting that it seems that the client Kircher
didn’t worked on the building site, as he is not mentioned working in the testimonies.
It would be interesting, if there was a construction manager. Most likely the
Tirolian master Wößmer comes into question.
Das Erdgeschoss verfügt heute
über Stall, Remise und einen Eingangsbereich mit einer großen Luke, die zur
Verbringung der Weinfässer in den Keller diente. Außerdem gibt es eine enge
Treppe, die hinauf in eine große Kammer im Obergeschoss führte und die
Schlafkammer mit dem Weinkeller direkt verbunden haben mochte. Eine breitere
Treppe führte die Wirtshausgäste hinauf zur Schankstube. Das erste Obergeschoss
und das Dachgeschoss sind in Fachwerk ausgeführt. Hier befanden sich
Schankräume sowie eine große Küche. Nahe der Küche liegt ein kleiner Abort an
der Rückseite des Hauses. Der Rauch zog durch einen gemauerten Schornstein ab. Typisch
für Schankräume sind die zahlreichen großen Fenster, die schon damals verglast
waren. Im Dachgeschoss befinden sich weitere kleinere Kammern sowie ein
größerer Raum.
Im Juni 1749 waren die Handwerker
auf jeden Fall schon mit dem Decken des Daches beschäftigt.
Das Material stellte einen
wesentlichen Kostenfaktor dar. 2000 Mauerziegel kosteten in Linz 1624 16 fl,
2.500 Dachziegel 25 fl, 67 Fuder Sand 16 fl, 2 „Muth“ Kalk aus Enns samt
Fuhrlohn 25 fl[14].
Johann Martin Kircher hat dem Amt Rosengarten 1749 50 fl für das Bauholz
bezahlt[15].
Nicht nur durch den Einfluss auf
die Zünfte überwachte der Haller Rat das Bauwesen. Es gab zahlreiche Dekrete,
welche insbesondere die Brandgefahr reduzieren sollten. Die Polizeiordnung von
1703 enthielt eine umfangreiche Bauordnung. Diese enthält auch einen Passus
welcher die Weitergabe der Arbeit eines beauftragten Handwerkers an Dritte –
heute würden wir sagen Subunternehmer – untersagte[16]. Für
das Bauwesen auf dem Land wurden ebenfalls Vorschriften erlassen. Während die
älteren Dorfordnungen noch wenig umfangreich waren, umfasste die Anfang des 18.
Jh. zahlreiche Artikel so auch zum Brandschutz und zum Bauen[17]. Bislang
habe ich allerdings bei all der Regulierung durch den Rat eigentlich erstaunlich,
noch keine Art Festpreise für bestimmte Bauleistungen gefunden.
Aus meiner Sicht, endlich mal
wieder ein Beitrag, der ganz explizit mit diesem Blog zusammenhängt. Vielen
Dank fürs Lesen und Teilen.
The ground floor
includes today a stable, a „Remise“ (garage for coaches) and an entrance room with
a large hatchway leading to the cellar, to bring the barrels of wine into the
cellar. Besides there is a very narrow staircase leading to large chamber upstairs,
maybe to connect the sleeping chamber of the innkeeper with the wine cellar. A wider
staircase was built for the guests to reach the barroom upstairs. Upstairs and
the attic were built in timbering. There were the barrooms and the kitchen
upstairs. The lavatory is situated next to the kitchen at the backside of the
house. The smoke runs through a chimney built of bricks. The large windows are
typical for barrooms from the period and already had glass. There are smaller
chambers and a bigger room in the attic.
In June 1749 the
craftsmen were busy with covering the roof.
Material was a substantial
factor of the costs. 2000 building bricks costed 16 florins at Linz in 1624,
2500 roof tiles 25 florins, 67 “Fuder” sand 16 florins and 2 “Muth” of lime
from Enns 25 florins including the costs for transport [14]. Johann Michael
Kircher payed 50 florins in 1749 for the building timber to the Rosengarten district
[15].
The building processes
were not only overseen by the magistrate by their influence on the guilds. There
were many decrees which should especially reduce the risk of fire. The police regulation
from 1703 included an extensive building ordinance. These rules banned for
example to hand over the work by a craftsmen who had the contract to another
craftsmen [16]. Today we would say that subcontractors were forbidden. There
were regulations for building in the territory too. Although older village orders
were not extensive at all, these included at the beginning of the 18th
century many articles on building and fire protection [17]. So far I didn’t
found regulations by the magistrate to regulate the prices for building
contracts, which is surprisingly to me, as they regulated so much.
From my point of view,
finally a new posting which is dedicated explicitly to the topic of the blog. Many
thanks for reading and sharing.
Text: André Hanselmann, Hilfe bei Übersetzung: Cecilia Hanselmann
Fotos: André
Hanselmann und Michael Paulick
[1]
Wilhelm Fiedler: „Das Fachwerkhaus in Deutschland, Frankreich und England“
Volker Henning, 1995
[2]
Manfred Gerner: „Fachwerk: Entwicklung, Instandsetzung, Neubau“ Deutsche
Verlags-Anstalt, 2007
[3]
Walter Weiss: „Fachwerk: Bautradition in Mitteleuropa“ Fraunhofer IRB Verlag,
2018
[4]
Prozess zwischen Schwäbisch Hall und
dem Bischof von Würzburg und dem Dechant von Comburg (Staatsarchiv Stuttgart
Sig. C3 Bü 1627)
[5]
Dazu auch: Sibylle Frenz: “War das Steigengasthaus ein Räubernest?” in „
Mitteilungshefte des Vereins Hohenloher Freilandmuseum“ Bd. 16, Freilandmuseum
Wackershofen, Schwäbisch Hall, 1995, S. 85
[6]
Siehe dazu den schönen Giebel: https://freilandmuseum.de/besuch/haeuserinformationen/baugruppen/haus?tx_decihouses_houses%5Baction%5D=show&tx_decihouses_houses%5Bcontroller%5D=House&tx_decihouses_houses%5Bhouse%5D=41&cHash=9bbd8671a79deae3bdfa0bd580194df4
(abgerufen: 08.06.2020)
[7]
Ludwig Rumpl: „Preise und Löhne im 17. Und 18. Jahrhundert“ in: „Jahrbuch des
Oberösterreichischen Musealvereins, 1962, S. 330
[8]
Ebenda
[9]
Rheinland-Pfälzische Personendatenbank https://rpb.lbz-rlp.de/cgi-bin/wwwalleg/srchrnam.pl?db=rnam&recnums=0008196
(abgerufen 08.06.2020)
[10]
Amtsrechnung Amt Rosengarten 1759/60, Sig. 4/4580
[11]
„Hällischer Schultheißen Instruction auf dem Land“ Johann Heinrich Müller,
Schwäbisch Hall, 1756, Artikel 13
[12]
Beate Iländer: „Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Schwäbisch Hall vom
Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zum Ende der Reichsstadtzeit (1648-1806)“ F.
Steinmeier, Nördlingen, 2001, S. 158
[13]
Beweisstück 4, Prozess zwischen Schwäbisch Hall und
dem Bischof von Würzburg und dem Dechant von Comburg (Staatsarchiv Stuttgart
Sig. C3 Bü 1627)
[14]
Ludwig Rumpl, 1962, S. 330
[15]
„Rechnung über Einnahm und Außgaab Amts Roßengarten Von Georgij Anno 1749 biß
1750.“ (Stadtarchiv Schwä-bisch Hall Sig 4/4570)
[16]
„Ob ein Werck-Meister aus einem verdingten Werck stehen möge oder nicht“ in „Erneuerte
Policey-Ordnung Des Heil. Reichs-Stadt Schwäbisch Hall“ Georg Michael Mayer,
1703, S. 104-106
[17]
Hällische Landts- und Dorffsordnung Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. HV II/18
Encore une fois de très belles photos, dignes d'un merveileux passé oublié...ou presque!
AntwortenLöschenJe suis heureux que tu aime notre photos. Maintenant je veux envoyer une E-Mail à toi. Il faut que je trouver votre contact.
LöschenWackershofen looks like a great outdoor museum. Some of those buildings are just crying out to be made for the wargaming table. I've been to a similar museum at Cloppenburg in Lower Saxony. Cheers Greg
AntwortenLöschenThere are some buildings made for model trains in the German H0 scale such as the house of Zaisenhausen. Busch 1501. You may find some photos with soldiers in 1:1 scale in the open air Museum too.
LöschenI knew a lot of nice open air museums, but I never was in Cloppenburg. Many thanks for the hint.