„Der
Deutsche ist weder gedrückt genug – wenn man etwa die Pfalz und besonders den
reformirten Theil der Pfalz, der wohl der grösste ist, ausnimmt – um sich den
vielen Übeln, die eine jede Revolution zur Folge hat, unterziehen zu müssen …“
schrieb Reichardt in seinen Briefen 1792[1].
Tatsächlich lässt sich nach dem Deutschen Bauernkrieg feststellen, dass die
Bauern im Hällischen mit der Herrschaft nie ernsthaft unzufrieden waren. Man hört nicht einmal etwas von
"Aufruhr und Beschwerden"[2].
„The German is neither too much pressed – when we exclude the Palatine
and especially the reformed portion, which is the biggest – to undergo the
evils of a revolution …” wrote Reichardt in his letters in 1792. Indeed it is
noticeable after the German Peasant’s war, the peasants in the territory
of Hall were never earnestly dissatisfied with their rulers. You even don’t hear of "revolt or complaints".
Während
um 1600 die Bauern Leibeigene waren, ging die Zahl der Leibeigenen danach
zurück. Leibeigene durften allerdings ohne vorherige Aufhebung der
Leibeigenschaft Bürger in einer anderen Stadt werden, auch wenn sie das in Hall
selbst nicht durften[3]. Der
Freikauf aus der Leibeigenschaft war für erst 20 dann 15 Gulden jederzeit
möglich. Man hatte schon im späten 17. Jahrhundert, aber auch im frühen
18.Jahrhundert verstärkt darüber im beraten, ob man die Leibeigenschaft nicht
ganz aufheben wolle, da sie als unrentabel galt und der Verwaltungsaufwand
größer als der Nutzen schien[4].
In 1600 the peasants were serfs, but
the number of them declined afterwards. Though the serfs could become citizen of
another town without a previous abolition of the serfdom, however they could
not do so in Hall itself. The ransoming from serfdom was always possible for 20
and later 15 florins. The rulers had debated during the late 17th and
early 18th century about the complete abolition of serfdom, because it
was noticed as unprofitable and the administrative expenses were bigger then
the benefit.
Der größte Wandel in der Landwirtschaft in der
Gegend rund um Hall, war wohl die Aufgabe des Weinanbaus. Im 17. Jahrhundert
wurde der Weinanbau noch von Seiten der Stadt durch Subventionen gefördert.
Nach 1750 wurde das eingestellt. Die Weinberge wurden in Grasraine und
Obstgärten umgewandelt[5]. Darüber
hinaus kam es zu zahlreichen Innovationen, die vor allem durch den Kupferzeller
Pfarrer Johann Friedrich Mayer (1719-1798) vorangetrieben und durch seine
Publikationen wie „Beyträge und Abhandlungen zur Aufnahme der Land- und
Hauswirthschaft nach den Grundsätzen der Naturlehre…“ (1769-1784) einer
breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. So untersuchte Mayer
beispielsweise den Einsatz des Haberrechens und die wirtschaftlichen Vorteile
gegenüber der Sichel bei der Getreideernte[6].
Nicht nur in die landwirtschaftlichen Abläufe
sondern auch in die dörflichen Gemeinschaften griff die Abschaffung der
Allmenden ab den 1760ern ein. Verschiedene Faktoren trugen allerdings dazu bei,
dass in der Gegend der Anteil der Landleute mit einem auskömmlichen Bauerngut
innerhalb der Dörfer immer stärker zurückging. Eine Statistik von um 1720 gibt für das hällische Territorium nur "65 ganze Bauern, 480 halbe Bauern, 364 Viertelsbauern, 612 Söldner [Kleinstbauern ohne Besitz von dem man leben konnte] und 97 Beisitzer" an[7].
Die vielen Amtsrechnungen, die ich über ein Jahrzehnt durchgeschaut habe, geben auch einen Eindruck vom Wert der ganzen und halben Höfe. So hat ein großer Hof zumeist etwa einen Wert von etwa 1.400 Gulden, während ein halber Hof zwischen 700 und 800 Gulden wert war.
Das Los der hällischen Bauern scheint aber immerhin nicht ganz so hart gewesen zu sein wie das der Leute der Mainhardter Gegend, die unter dem Niedergang der Glasherstellung nach dem Dreißigjährigen Krieg litten und ab 1750 erfolglos gegen ihre Herrschaften aufbegehrten[8].
Die vielen Amtsrechnungen, die ich über ein Jahrzehnt durchgeschaut habe, geben auch einen Eindruck vom Wert der ganzen und halben Höfe. So hat ein großer Hof zumeist etwa einen Wert von etwa 1.400 Gulden, während ein halber Hof zwischen 700 und 800 Gulden wert war.
Das Los der hällischen Bauern scheint aber immerhin nicht ganz so hart gewesen zu sein wie das der Leute der Mainhardter Gegend, die unter dem Niedergang der Glasherstellung nach dem Dreißigjährigen Krieg litten und ab 1750 erfolglos gegen ihre Herrschaften aufbegehrten[8].
The greatest change in the agriculture
of the area around Schwäbisch Hall was the abandonment of the wine growing. During
the 17th century the wine growing was still encouraged by subventions.
After 1750 that was stopped forever. The vineyards were replaced by grass and orchards.
Furthermore many innovations came, which were supported by the pastor of Kupferzell
Johann Friedrich Mayer (1719-1798) and presented to a bigger public by books
like „Beyträge und Abhandlungen zur Aufnahme der Land- und Hauswirthschaft nach
den Grundsätzen der Naturlehre…“ (1769-1784). For example Mayer examined
the use of the oats rakes and the economic advantage in comparison with the sickle
for the grain harvest.
The abolition of the commons in the
1760s had not only a great impact on the agricultural procedures but on the rustic
community too. Different factors led to
the problem that in the area the proportion of peasants who had a farm, from which
they could live, was in decline. Statistics from around 1720 list only "65 complete peasants, 480 halve peasants, 346 quarter peasants, 612 "Söldner" (peasants with a very small farm, from which they could not live) and 97 housemates".
These many registers of the districts, which I used for research over a decade, give an impression for the value of the complete and halve farms. A complete farm normally had the value of 1.400 florins, halve a farm was valued 700-800 florins*.
It seems that the situation of the peasantry of Hall was not as harsh as the situation in the area of Mainhardt, who suffered under the decline of the glassmaking industry after the 30-years war and who rebelled without success against their rulers since 1750.
These many registers of the districts, which I used for research over a decade, give an impression for the value of the complete and halve farms. A complete farm normally had the value of 1.400 florins, halve a farm was valued 700-800 florins*.
It seems that the situation of the peasantry of Hall was not as harsh as the situation in the area of Mainhardt, who suffered under the decline of the glassmaking industry after the 30-years war and who rebelled without success against their rulers since 1750.
Eine solche Bedrückung lässt sich im Hällischen
nicht ausmachen. Die Amtsrechnungen liefern einige Hinweise auf die
tatsächliche Auswanderung indem die Auswanderer ihre Habe im Zuge der Nachsteuer
versteuern oder Handlöhne zahlen mussten. Die Leute zogen oft aus familiären
Gründen wie einer Vermählung in benachbarte Territorien. Ein ganz typisches
Beispiel ist der Hausgenosse Leonhard Engelert, der sich nach Mainhardt
verheiratete. Das zu versteuernde Erbe seiner Mutter betrug lediglich 73 Gulden
und 10 Schillinge[9].
Ausgesprochen weit hat es die arme Tochter des Jacob Hoffmann verschlagen, die
anlässlich einer Hochzeit 1769 in die Kurpfalz ging[10]
Such a oppression isn’t noticeable in
the territory of Hall. The accounts of the district’s administration give hints
of actual emigration, because the emigrants had to tax their belongings or to
pay the “Handlöhne”. The folks often moved in neighboring territories due to
family affairs or marriages. A typical example is the housemate Leonhard
Engelert, who married to Mainhardt. His maternal heritage was 73 florins and 10
shillings only. Particularly far moved the poor daughter of Jacob Hoffmann, who
went to the electorate of Palatine in 1769 by marriage.
Insgesamt kann man sagen, dass entgegen der
Tendenz, dass das Leben auf dem Land durch verschiedene Faktoren nicht
einfacher wurde, es im Hällischen Territorium zu keiner großen Auswanderung in
ferne Länder kam. Die Landleute gingen bisweilen aus verschiedenen Gründen in
benachbarte Gebiete. Dabei spielte natürlich die Konfessionelle Bindung auch eine
Rolle. So ging man nicht in katholische Nachbarstaaten.
Dass das bei den Anwerbungen fürs Militär ganz
anders war, werden wir in unserem finalen Beitrag zu dem Thema untersuchen.
All in all you can say, that the
tendency that the life in the countryside didn’t became easier, didn’t forced the
rural folks of Hall into emigration. The countrymen sometimes went in
neighboring territories due to different reasons. The confessional ties played
a role too. So they didn’t go in catholic neighboring states.
That this was different in the case
of recruitment for the professional military will be a topic for our final
post.
Text: André Hanselmann
Fotos: Cecilia Hanselmann, Michael Paulick und Kim Krawiec
* Um eine so große Summe zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass der Stättmeister (Bürgermeister) von Hall 1771 225 Gulden im Jahr bekam[11], eine Magd um die 8-12 Gulden und ein Diener 50-80 Gulden (abhängig von der Stadt, wo er diente).
To understand such a great deal of money, you have to remember that the mayor of Hall got 225 florins per annum, a housemaid in Hall ca. 8-12 florins per anum, a manservant 50-80 florins per anum (depending on the town where he served in Germany).
* Um eine so große Summe zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass der Stättmeister (Bürgermeister) von Hall 1771 225 Gulden im Jahr bekam[11], eine Magd um die 8-12 Gulden und ein Diener 50-80 Gulden (abhängig von der Stadt, wo er diente).
To understand such a great deal of money, you have to remember that the mayor of Hall got 225 florins per annum, a housemaid in Hall ca. 8-12 florins per anum, a manservant 50-80 florins per anum (depending on the town where he served in Germany).
[1]
Johann Friedrich Reichardt. „Vertraute Briefe Über Frankreich: Auf Einer Reise
Im Jahr 1792 geschrieben“ Unger, Berlin, 1792, S. 46
[2]
Gerd Wunder: „Stadt und Land“ S. 31
[3]
Beate Iländer: „Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Schwäbisch Hall vom
Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zum Ende der Reichsstadtzeit (1648-1806)“
Steinmeier, Nördlingen, 2001, S. 93
[4]
Iländer, S. 255
[5]
Dr. Andreas Maisch: „Ochsen nach Paris?“ S. 36
[6]
Kurt Meider: „Vom Feldbau zur Landwirtschaft“ in: Badisches Landesmuseum (Hrsg.)
„Barock in Baden-Württemberg“ Band 2, G. Braun, Karlsruhe, 1981, S. 427-443
[7]
Heinrich Mehl: „Das ländliche Hohenlohe im Zeitalter Napoleons“ in: „Baden und
Württemberg im Zeitalter Napoleons“ Band 2, Edition Cantz, Stuttgart, 1987, S. 701-702
[8]
Gerhard Fritz: Vaganten, „Jauner, Räuber in Hohenlohe, insbesondere im 18. Jahrhundert“
in Historischer Verein für Württembergisch Franken“ (Hrsg.) „Jahrburch
Württembergisch Franken“ 2002, S. 424
[9]
Amtsrechnung Amt Rosengarten 1768/69, S. 14 f, Stadtarchiv Schwäbisch Hall Sig.
4/4589
[10]
Amtsrechnung Amt Rosengarten 1769/70, S. 13 f, Stadtarchiv Schwäbisch Hall Sig.
4/4590
[11] Iländer, S. 305
[11] Iländer, S. 305
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