Donnerstag, 13. Juni 2019

Mobilität im 18. Jahrhundert (Teil 2) Auswanderung in die Ferne – mobility during the 18th century (part 2) – emigration to foreign lands


Wenn man sich die Auswanderung in Deutschland anschaut, dann überlegt man natürlich zuerst, warum kam es etwa zu Auswanderung? Religiöse Ursachen wie die Unterdrückung des Protestantismus in Salzburg und Österreich fallen einem da sogleich ein. Aber natürlich gab es auch wirtschaftliche Gründe wie etwa der Niedergang eines bestimmten Gewerbes oder aber Überbevölkerung.

Wenn man sich die Entwicklung der Einwohnerzahl der Reichsstadt im 18. Jahrhundert anschaut, fallen keine großen Schwankungen auf. Nennenswerte Einbrüche in der Bevölkerungszahl haben Epidemien wie die in den 1760ern grassierende Ruhr gebracht. So starben 1765 bei nur 178 Geburten 292 Menschen[1]. Folglich waren die Städte durch solche Ereignisse auf Zuzug angewiesen, wenn sie nicht aussterben wollten, da die Zahl der Geburten und Sterbenden sich in anderen Zeiten in etwa die Waage hielt.
Anhand der Beetlisten wurden auch konkrete Einwohnerschätzungen unternommen, die aber laut Wunder zweifelhaft bleiben. Immerhin gibt die Anzahl der Haushalte in der Stadt einen gewissen Anhaltspunkt. So waren es 1680 919, 1750 1063 und 1800 1476[2].


Ansicht von Hall Richtung „Neubau“ (Zeughaus), diese Teil der Stadt blieb 1728 von der Feuersbrunst verschont, 2017 – view on Hall in the direction oft he „Neubau“ (armory), this quarter oft he town was spared from the great fire in 1728, 2017 (Foto: Cecilia Hanselmann)


If we are looking on the emigration in Germany, we are naturally thinking first, why did people emigrate? Soon we have religious reasons in mind – for example the repressions on Protestantism in Salzburg and Austria. But certainly there were economic reasons too. Like for example the decline of some sort of trait or overpopulation.

When we observe the process of the population of the Imperial town during the 18th century, no great fluctuations are showy. Remarkable collapses were caused by epidemics like the dysentery during the 1760s. In 1765 178 persons were born but 292 died. Therefore the towns needed emigration, if they wanted not to die out, because the numbers of births and deaths during other times were balanced.
Some historians tried to estimate the population using the registers of taxation. But the results are questionable. Nevertheless the number of households provide a source. There were 919 in 1680, 1.063 in 1750 and 1.476 in 1800.

Jakob Franz Beyschlag, Gemälde in der Stadtkirche Sankt Michael – Jakob Franz Beyschlag, painting in the town’s church St. Michael


Religiöse Zusammenstöße sind untypisch für Schwäbisch Hall. Die letzten schwerwiegenden inneren Probleme dieser Art fanden während den Schneck’schen Unruhen ab 1602 statt. Nennenswert wäre auch der Versuch einer Gegenreformation im Hällischen durch die Kaiserlichen während des 30-jährigen Krieges.
Im 18. Jahrhundert aber wäre höchstens die Konfrontation des Magistrats und Konsistoriums mit den Anhängern des Pietisten und späteren Haller Predigers Jakob Franz Beyschlag (1701-1766) 1730 von einigem Einfluss. Hierbei tat sich wiederum Nikolaus David Müller hervor, der im Rat die Partei Beyschlags ergriff und dafür von Johann Baltasar Wibel als „Schelm“ beschimpft wurde. Den Höhepunkt der Auseinandersetzung bildete eine Aktion der Anhängerschaft Beyschlags, als 50 von ihnen die Eingänge des provisorischen Rathauses besetzen, um die Übergabe einer Bittschrift an den Rat zu erzwingen[3].
Dennoch gab es scheinbar keine konfessionellen Gründe zu Gehen in Schwäbisch Hall.
Wenn wir uns nun die wirtschaftliche Seite ansehen, so ist als eine der bedeutenden Einschnitte sicherlich die Errichtung des Gradierhauses 1739 zu bewerten. Der Verbrauch an Holz verringerte sich massiv. Statt 20.000 Zentnern Salz im Jahr wie zuvor, konnten fortan um die Mitte des 18. Jahrhunderts 50.000 und Ende des Jahrhunderts gar 85.000 gewonnen werden[4].
Dennoch finden sich einige Einwohner der Reichsstadt, die teilweise in weit entfernte Gegenden ausgewandert sind. Zwischen 1730 und 1769 gingen allein 36 nach Amerika[5].

Wappen der Famile Wibel auf einem Porträt des J.V. Wibel, 18. Jh. – arms of the family Wibel on a portrait of J. V. Wibel, 18th century (Hällisch-Fränkisches Museum Schwäbisch Hall, Foto: Cecilia Hanselmann)

Religious motivated encounters are not typical for Schwäbisch Hall. The last serious intern problems of this kind were the “Schnecken’schen” riots since 1602. The try of the Imperialists to achieve a counterreformation during the Thirty Years war is noticeable too.
But during the 18th century was not more than a confrontation of the followers of the Pietist and later preacher Jakob Franz Beyschlag (1701-1766) against the magistrate and consistory in 1730 of some impact. Nikolaus David Müller stood out again, when he defended Beyschlag in the magistrate and then he was insulted to be a rogue by Johann Balthasar Wibel. On the climax of the conflict 50 followers of Beyschlag occupied the entrances of the provisionally town hall to force the magistrate to except their petition.
When we look at the economic development, we have to recognize the erection of the "Gradierhaus" in 1739. Instead of 20.000 quintals of Salt per year, the Haller could obtain 50.000 in the mid 18th century and 85.000 at the end of the century.
It seems that there were no real confessional reasons to leave in Schwäbisch Hall. Nevertheless there were some inhabitants of the Imperial town, who left the city sometimes for far locations. Betwixt 1730 and 1769 36 alone went to America.

Zu Auswanderern ist beim Stadtarchiv bereits eine Veröffentlichung erschienen[6]. Viel tiefer will ich auf diese fernen Ziele für Reichsstädter auch nicht eingehen, da wir uns vorwiegend mit der Landbevölkerung beschäftigen wollen. Hier lässt sich leider nicht auf eine solche Datenbank wie zu den Bürgern zurückgreifen. Aber wir werden dennoch im nächsten Beitrag darlegen, was wir bereits dazu gefunden haben.
Besonders werden wir noch auf die Anwerbungen eingehen, die Landbevölkerung und Bürger betrafen.
There is a publication about emigrants published yet by the town’s archives. I don’t want to pay more attention to the far destinations of Imperial citizens as we want to deal mainly with the rural population. Here we unfortunately cannot rely on a database as that of the citizens. But we will however expound in our next post, what we found out.
We will focus especially on the recruitment for foreign powers, which involved the rural population and the citizens as well.



Text: André Hanselmann
Fotos: Cecilia Hanselmann


[1] Schüler’sche Chronik, S. 445, Stadtarchiv Schwäbisch Hall Sig. HV HS90
[2] Gerd Wunder: "Die Bürger in Zahlen" in "Die Bürger von Hall" Thorbecke, Sigmaringen, 1980, S. 186-187[3] Heike Krause-Schmidt: „Nikolaus David Müller – Vom Leben eines Pietisten in Schwäbisch Hall in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ Thorbecke, Sigmaringen, 1997, S. 30-36
[4] Wunder: "Die Salzsieder" in "Die Bürger von Hall" S. 35 
[5] siehe HP des Stadtarchivs: http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/stadtarchiv/auswanderer.html
[6] Dr. Andreas Maisch(Hrsg.): „Migrationen. Zuwanderung nach und Auswanderung aus Schwäbisch Hall“ Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schwäbisch Hall, Heft 33, 2018

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen