Samstag, 26. August 2017

"Anno Domini 1757 - Landleute auf Streife" 18.-20.August 2017



Nach einer ausgesprochen intensiven Phase der Vorbereitungen kamen wir am 17. August in Wackershofen an. Ungewöhnlich lange dauerte diesmal der Aufbau, vielleicht weil diesmal einige von denen, die von Näher kommen, nicht mit von der Partie waren.

After a phase of quite intesive preparations we arrived at Wackershofen the 17th August. The preparations there were unusually time consuming, maybe because those who came from near bye weren't present this time.

Am 18. August hatten wir viel Glück mit dem Wetter. Wir hatten uns am Vorabend verabredet, dass der Gunkel-Wirt und der Schultheiß Gunkel eine Art Wetternten auf der Wiese machen würden. Wessen Knechte würden rascher ihren Teil der Wiese bis zum Stock des Schultheißen abgemäht haben? Der Gunkel-Wirt bekam als Gastarbeiter unseren Heidejäger beigestellt, damit sein Feuerknecht im Wirtshaus weiterschaffen konnte. Nachdem der Schultheiß Gunkel seine Tochter zum Schulmeister gebracht hatte, konnte es losgehen. In all ihrer Arbeitswut begannen die Knechte ehe ihre Bauern da waren und daher just auf der falschen Wiese! 

Die Knechte beginnen mit der Ernte auf der falschen Wiese! - The farmhands start with the harvest at the wrong meadow!




Dieser Vormittag sollte ziemlich heiß werden. Die Wirtsknechte hatten den Vorteil, dass der Heidejäger offensichtlich schon einige Erfahrung mit der Sense hatte. Wir hatten übrigens einige Besucher-Jungs, die zu gern selbst mähen wollten und denen man die Sense dann kaum noch aus der Hand nehmen konnte.
Am Nachmittag begaben wir uns, nachdem wir uns im Wirtshaus gestärkt hatten zum Hof des Schultheißen Gunkel, wo wir begannen Reisigbesen herzustellen. Rasch waren die ersten Stiele soweit fertig. Die Schultheißin sammelte zusammen mit unserer Magd frische Weidenzweige mit denen wir die Zweige einbinden wollten. Das Holz für die Stiele war leider reichlich minderwertig. Zwischenzeitlich traf der Grabenreiter beim Schultheißen Kaiser an und übergab uns beiden Schultheißen einen Brief aus Schwäbisch Hall, wonach wir am 20. August zur Streife aufgeboten wurden.
Eine Weile später wurde am Gasthaus getanzt. Doch kaum hatte die Musik begonnen, setzte ein starker Regen ein, der uns ins Wirtshaus trieb. Hier machten wir noch 3 Tänze und beobachteten dann wie das Gewitter draußen tobte, just als der zweite Grabenreiter, Bonschab eintraf. 

At the 18th of August we were especially lucky with the weather. The night before the two Gunkel - brothers scheduled a kind of haymaking competition, whose farmhands would be faster in scything their part of the meadow? The inn-keeper-Gunkel got the huntsman as a farmhand, so his menial could still take care for the fire. The village-mayor-Gunkel brought his daughter to the village school and the games could begin. Because they were so keen on scything, the farmhands had already begun with the wrong meadow before the farmers arrived! This forenoon became quite hot. The menials of the inn-keeper had the advantage that the huntsman already was somewhat skilled with the scythe. By the way, there were some visitor boys that were so keen to learn scything, that we could hardly get our tool back from them!
After we had lunch at the inn, we went to the house of the village-mayor Gunkel to make besoms. The first handles were made  quite quickly. The village mayor's wife and her handmaiden collected fresh willow twiggs that were used to bind the brushwood together. Unfortunatelly the wood that was provided for the handels was of poor quality.
In the meantime the "Grabenreiter" arrived at the other village mayor's and handed out a letter from Schwäbisch Hall, that was calling for a patrol at the 20th August.
Some time later there should have been a dance in front of the inn, but just the moment the music began, a strong rain set in and forced us to go inside. On the inn's dancefloor we danced 3 dances for the visitors that had not already fled. We observed the thunderstorm and just in the middle of it the second "Grabenreiter" Bonschab arrived.

Der Schultheiß und sein Knecht an der Arbeit - the village mayor and his farmhand at work.

Am nächsten Tag war es mal wieder schwierig den Knecht Albrecht auf die Beine zu bekommen, der jede freie Minute auch am Tage zum Schlafen nutzte. Glücklicherweise brannte am 19. August nicht mehr die Sonne so heiß auf uns herunter. So schafften wir auf dem Hof des Schultheißen Gunkel immerhin 4 Besen fertig zu stellen, derweil unten beim Schulmeister Wäsche gewaschen wurde.
Nach Kartoffeln und Quark auf dem Steigengasthaus waren wir rechtzeitig an meinem Hof. Denn auf der Straße wurden Reisende durch den Wachtmeister aus Hall kontrolliert. Der Amtmann hatte ihm Steckbriefe herumziehender „Jauner“ mitgegeben. Außerdem sollte er besonders nach Deserteuren Ausschau halten für deren Auslieferung 6 Taler bei einem Fußsoldaten und 12 für einen Reiter mit Pferd ausgelobt worden waren. Nebenbei konnte ein wenig Landzoll eingezogen werden, als die Schulmeisterin einen angeblich dünnen, doch nach Bescheiden von Schultheiß Gunkel und Wachtmeister überaus fetten Hasen nach Hall auf den Markt bringen wollte. Ein holländischer Krämer mit Tonwaren machte sich durch seine weißen Beinkleider verdächtig, hatte aber gültige Reisepapiere. Ein jüdischer Krämer hatte offenbar ordentlich seinen Juden-Leibzoll entrichtet und wurde von einem angeworbenen Knecht herumgekarrt, weil er nur 1.000 Schritte am Tag gehen durfte.
Als er noch ein wenig beim Steigenwirt gezecht hatte, bezahlte der Wachtmeister und reiste gutgelaunt ab. Die mit Gewehren bewaffneten Landleute übten sich im Schießen. Der Abend wurde mit viel Gesang, Puffspiel und allerlei Spaß genossen.  

The next day it was difficult to move farmhand Albrecht to get up, he used every free minute to take a nap... Fortunatelly the 19th August the sun wasn't burning that hot anymore. So we managed to finish 4 besoms! Meanwhile at the schoolmaster's house the laundry was done.
We had potatoes and curds at the inn and came back to our house just in time. On the road in front of the house travellers were being controlled by the constable. The bailiff had given him a warrant of apprehension. He should watch out for travelling people and especially for deserters. He would get a bounty of 6 Taler for an infantrist and 12 for a cavallery man with his horse. Additionally he could collect some taxes as the schoolmaster's wife wanted to bring a rabbit to the market in Hall. She said it was lean but the village mayor Gunkel claimed that is was very fat! A dutch huckster made himself somewhat suspect because of his white breeches, but he had valid identification papers. There was also a jewish huckster that also already had payed his taxes, he was carried on a wheelbarrow by a hired gofer, because it was sabbath and he was only allowed to do 1000 steps.
The constable did have another drink at the inn, payed the inn-keeper and went his way in a cheerfull mood. The countryman did practise their shooting skilles and the evening ended with lots of singing, gambling and merrymaking.

Am 20. August, dem Tag nachdem – historisch betrachtet – die hällischen Deserteure aus Schwäbisch Hall abgeholt worden waren, kam der Amtmann Beyschlag mit dem Grabenreiter Bonschab ins Steigengasthaus. Der Amtmann zeigte sein Befremden darüber, dass der Wirt zu fortgeschrittener Uhrzeit immernoch nicht bereit war ihm aufzuwarten. Immerhin freute sich der Amtmann darüber, dass der Herr Pfarrer und die Frau Pfarrerin mit ihm den Tisch teilten. So hatte er angenehme Gesellschaft. Es war ihm zu Ohren gekommen, dass in diesem Jahr der Schulmeister sehr pflichtbewusst seine Schule abhielt. 

Der Krämer wird aufgegriffen - they catched the chandler.

Nun hat der Krämer glücklich wieder seine Reisepapiere - Now the chandler is happy to have his passport.

Der Amtmann am Tisch mit dem Grabenreiter rechts - the bailiff with the "Grabenreiter" at  his table.

Ein Detail des köstlichen Mahls - a detail of the delicious meal.

Mit dem Heidejäger und dem Grabenreiter begab sich der Amtmann bald darauf zum Schultheißen Kaiser, der alle verfügbaren Männer in seinem Dorf zusammentrommeln sollte, um die Gegend zu durchsuchen. Sogleich wurde man auch in der Scheune des Schulmeisters fündig, wo sich der holländische Krämer verborgen hielt. Er gab an, man habe ihm seine Reisepapiere gestohlen. Der Amtmann war sehr froh, dass der Holländer immerhin ein wenig Französisch sprach. Für eine geringe Strafe wurde dem glaubwürdigen Krämer ein neuer Passeport ausgestellt. Der Amtmann speiste fortrefflich zusammen mit Grabenreiter und Jäger. Es gab zuerst Fisch, dann im Ofen gebackenes Huhn und schließlich ein köstliches Dessert von Creme mit Früchten.
Solchermaßen gestärkt ritt man zum Weiler Leoweiler. Der Hof des dortigen Schultheißen wurde von den Streifern durchkämmt, wobei ein Deserteur des Schwäbischen Kreiskontingents ergriffen wurde. Als der Deserteur in die Luft schoss, wurden sogar die Pferde von Grabenreiter und Amtmann ein wenig unruhig. Endlich wurde aber der Deserteur überwältigt und nach der Steige abgeführt. Der Heidejäger durfte noch ein nahes Wäldchen nach weiteren Deserteuren durchsuchen. Erfolglos. 

Amtmann, Grabenreiter und Jäger unterwegs - bailiff, "Grabenreiter" and huntsman.

Noch ist der Deserteur guter Dinge - the deserter, still happy.

Nun in Ketten - but now in irons.
Gegen Abend erhielt der Knecht des Schulmeisters 4 Taler für die Verhaftung des Deserteurs und der Schankknecht Andreas die übrigen 2 Taler dafür, dass er dem anderen so gut beigestanden hatte. Der Deserteur wurde auf einem kleinen Fuhrwerk nach Hall abtransportiert. Der Amtmann zahlte seine 3 Gulden Rechnung für Speis und Trank und zeigte sich überaus zufrieden mit dem Ausgang der Streifen.
Der Abend wurde mit dem beinahe traditionellen Kegelspiel beschlossen.

Der Wirt bereitet die Rechnung vor - The inn keeper prepares the bill.


The 20th August the bailiff  arrived at the inn together with the "Grabenreiter" Bonschab. (Historicallywise this was the day after the deserters had been picked up from Schwäbisch Hall.) The bailiff was very surprised that the inn-keeper wasn't already awake at this late hour. But he was happy that the vicar and his wife accompanied him at his table. So he was in agreeable company. He had heared that the schoolmaster did hold school very dutifull this year.
Together with the huntsman and the "Grabenreiter" the bailiff went to the village mayor Kaiser who should then summon all the men for the patrol. They were soon successfull and found a dutch huckster in the schoolmaster's barn. He said that his papers had been stolen. The bailiff was happy that this Dutchman at least understood a little bit of French. For a small fine he wrote him new pasports.
The bailiff had an excellent lunch together with the huntsman and the "Grabenreiter". For the first course there was fish, than chicken baked in the oven and at last a delicious cream with fruits for desert.
After this recreation the rode to "Leoweiler" and searched this village. There a deserter was found! He did shoot into the air and the horses did get uneasy. But he was overpowered at last and brought to the inn. The huntsman was allowed to search a nearby wood for more deserters but he wasn' successfull.
In the evening the schoolmaster's farmhand got 4 Talers for arresting the deserter and the inn-keeper's menial got another 2 Talers because that he had helped him very well. The deserter was brought to Hall on a cart.
The bailiff was very satisfied with the patrol and now payed 3 Talers for his meals at the "Steigengasthaus".
Later we had our annual game at the historical skittle alley which is always a great ending of the event.
Im Hause des Schultheißen Gunkel - inside the house of the "Schultheiß"Gunkel.

Die Programmpunkte haben meistenteils sehr gut funktioniert und die Stimmung war sehr harmonisch. Das Gasthaus arbeitete hervorragend. Wenn man etwas zu trinken wollte, brachten es der Wirt oder dessen Mägde oder der Schankknecht immer rasch. Auch mit Speisen wurde geschwind aufgewartet. Aber auch das Zusammenspiel zwischen Amtmann, Grabenreiter und Jäger, die allesamt im Zusammenhang mit den Umritten des Amtmannes auftauchen, funktionierte hervorragend. Danke an alle Teilnehmer und natürlich an Stefan Winter und Claudia Behnke für das zeitnahe Bereitstellen der Fotos! 

Most of our scheduled activities worked very well and the atmosphere was harmonic. The team at the inn worked excellent! Whenever you wanted something to drink the inn-keeper or his handmaidens would bring it asap. Also the meals were brought at once. The acting between bailiff, Grabenreiter and huntsman was great.
Thank you to all participants and our photographers Stefan Winter and Claudia Behnke for providing your pictures so quickly.

Text: André Hanselmann
Fotos: Stefan Winter / Claudia Behnke

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