Donnerstag, 2. Mai 2024

Historiker von nebenan/historians alongside: Daniel Klotz P2

Hier geht das Interview auch inhaltlich anschließend mit Daniel Klotz weiter.

We continue with the interview with Daniel Klotz.

Auch das Tragen von Wasser kann zum Dienst eines Musketiers gehören. - To carry water can be part of the service of a musketeer. (photo: Michael Leyendecker, 2024)


André Hanselmann: Die Frage ist aber auch, da Du das Thema praktisch ansprichst [1] wie es denn um die Disziplin im 17. Jahrhundert bestellt war? Ich denke da an das eine Duell von Jan von Werth [2], als ein ihm unterstellter Offizier ihn auf einer Kommandositzung angreift. Wir reden immer wieder von desertierenden Söldnern [das allerdings bis weit ins 18. Jh.], Insubordinationen, Amtsanmaßungen usw.. Manchmal finden wir harsche Bestrafungen und häufig aber auch eine große Nachsicht gegenüber Verhalten, das ein Jahrhundert später mit Haft oder gar Hinrichtung geendet hätte.

Daniel Klotz: Das ist wirklich eine gute Frage. Die Artikelbriefe (das Kriegsrecht) liefern eine Menge Gesetze (in den Bayerischen Artikelbriefen 72 Gesetze für den Infanteristen), wie sich die Soldaten zu verhalten haben, was alles verboten ist und welche Strafen bei Zuwiderhandlung drohen. Wie Du aber schon erwähnt hast, gibt es viele zeitgenössische Quellen, die belegen, dass diese Gesetze - auch von hohen Offizieren - gebrochen wurden. Ich habe oft den Eindruck, dass vieles toleriert wurde, solange es dem Offizier keine Probleme oder persönlichen Nachteile brachte. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass die Strafen einfach weniger gut dokumentiert sind als ein Jahrhundert später bzw. die Dokumentation der Strafen heute nicht so bekannt ist. Es gibt z. B. zwei Musterungslisten der Kompanien Hammer und Linck aus den Jahren 1622/23, in denen eine ganze Reihe von Strafen für die verschiedensten Vergehen der Soldaten dokumentiert sind [3]. Das reicht von Beleidigungen über kleine Wirtshausraufereien bis hin zum Erstechen eines Militärmetzgers bei einer Schlägerei.

Fähndrich und Sergeant an der Spitze einer Truppe Pikeniere. - The ensign and the sergeant at the head of a group of pike. (photo: Michael Leyendecker 2024)


André Hanselmann: But the question is also, since you address the topic practically [1] what was the state of discipline in the 17th century? I'm thinking of Jan von Werth's one duel [2] when an officer subordinate to him attacked him at a command meeting. We always talk about deserting mercenaries [this continued well into the 18th century], insubordination, presumption of office, etc. Sometimes we find harsh punishments and often a great deal of leniency towards behavior that ended in imprisonment or even execution a century later would have.

Daniel Klotz: That's a really good question. The Article Letters (the law of war) provide a lot of laws (in the Bavarian Article Letters 72 laws for the infantryman), how the soldiers should behave, what is forbidden and what punishments there are for violations. But as you already mentioned, there are many contemporary sources that prove that these laws were broken - even by high-ranking officers. I often have the impression that a lot of things were tolerated as long as they didn't cause any problems or personal disadvantages for the officer. But I can also well imagine that the punishments are simply less well documented than they were a century later or that the documentation of the punishments is not as well known today. There is e.g. B. two muster lists from the Hammer and Linck companies from 1622/23, in which a whole series of punishments for a wide variety of soldiers' offenses are documented [3]. This ranges from insults to small bar fights to the stabbing of a military butcher in a fight.

Kartenspielen war im Dreißigjährigen Krieg oft Anlass für Streitigkeiten. Hier sieht man ihn und eine Marketenderin vor unserem Wirtshaus im Jahre 1622. - Card games often were an ocassion for trouble during the TYW- Here you can see him with a sutler in front of our inn in the year 1622. (photo: Ulf Dahm, 2022)



Daniel hier inmitten weiterer Pikeniere. Vor allem die Pike spielte als Nahkampfwaffe im Dreißigjährigen Krieg noch eine wichtige Rolle. - Daniel in the midst of other pikemen. The pike still played an important role with other close combat weapons during the TYW. (photo: Ellie Wout)

A. Hanselmann: Um beim Militärischen zu bleiben. Ich kann mich daran erinnern, dass früher bedingt durch Grimmelshausens Aussage in seinem "Springinsfeld" über den Pikenier als Unschuldigen, der keiner Fliege was zu Leibe tut [4], die Ansicht kursierte, dass Nahkampfwaffen im Dreißigjährigen Krieg kaum noch eine Rolle spielten. Neuere Forschung wie die Untersuchung der Leichen vom Schlachtfeld von Wittstock [5] vermitteln einen anderen Eindruck [6]. Dr. Stefan Mäder hat in seinem Vortrag in Breisach die hohe Bedeutung der Waffen wie Pike und Stichwaffen untermauert [7]. Was ist Dein Eindruck auch durch Deinen Fokus auf das Thema als Pikenier? Der Einsatz des Spießes gegen gegnerisches Fußvolk ist doch nicht nur durch zeitgenössische Darstellungen [8] deutlich dokumentiert oder nicht?

D. Klotz: Die Aussage Grimmelshausens über die Pikeniere im „Springinsfeld“ scheint mir sehr übertrieben, um zu zeigen, dass das Leben eines Pikeniers nicht gerade leicht war. Immerhin musste er eine Rüstung und einen langen Spieß tragen. Außerdem ist so ein Pikenier allein ziemlich wirkungslos und hat nur in einer größeren Einheit einen wirklichen Kampfwert. Grimmelshausen vergleicht den Pikenier auch mit dem Musketier, den er als „wohlgeplagte, arme Kreatur“ bezeichnet. Das zeigt, dass er wohl ganz allgemein das harte Leben als Soldat - egal welcher Truppengattung - schildert. Wie Du richtig sagst, gibt es zahlreiche Belege für den Einsatz der Pike als Offensivwaffe gegen feindliches Fußvolk und nicht nur als Defensivwaffe gegen die Kavallerie. Ein Beispiel dafür sind die zahlreichen Schlachtendarstellungen und -beschreibungen von Merian oder Snayers. Auch in meiner Reenactment-Erfahrung als Pikenier macht der Einsatz gegen Fußvolk durchaus Sinn. Die Pike kann in der Masse eine sehr effektive Waffe sein. Vor allem bei Kräfteungleichgewichten zwischen angreifenden Pikenhaufen oder bei Flankenangriffen zeigen die Pikeniere, wie wertvoll sie auf dem Schlachtfeld sein können. Man muss aber auch bedenken, dass wir Schlachten heute anders darstellen, als sie wirklich waren. Beispielsweise haben wir heute nur selten Kavallerie auf dem Schlachtfeld, weshalb die Pikeniere ganz anders agieren können und müssen, als dies im Dreißigjährigen Krieg der Fall war.


Seite an Seite unter den spanischen Pikeniere. Man beachte die verschiedenen Helmformen und verschiedenen Rüstungen. - Side by side with Spanish pikemen. Please note the different forms of helmets and different armour.


A. Hanselmann: To stay with the military aspect. I can remember that earlier, due to Grimmelshausen's statement in his "Springinsfeld" about the pikeman as an innocent man who wouldn't harm a fly [4], the view was circulating that melee weapons hardly played any role in the Thirty Years' War. More recent research such as the examination of the bodies from the Wittstock battlefield [5] gives a different impression [6]. In his lecture in Breisach, Dr. Stefan Mäder underlined the great importance of weapons such as pikes and stabbing weapons [7]. What is your impression of your focus on the topic as a pikeman? The use of the pike against enemy infantry is not only clearly documented in contemporary depictions [8], isn't it?

D. Klotz: Grimmelshausen's statement about the pikemen in the "Springinsfeld" seems to me to be very exaggerated to show that the life of a pikeman was not exactly easy. After all, he had to wear armor and carry a long spear. In addition, such a pikeman is pretty ineffective alone and only has real combat value in a larger unit. Grimmelshausen also compares the pikeman with the musketeer, whom he describes as a “well-suffered, poor creature”. This shows that he is probably describing the hard life as a soldier in general - regardless of the military branch. As you rightly say, there is ample evidence of the use of the pike as an offensive weapon against enemy infantry and not just as a defensive weapon against cavalry. An example of this are the numerous battle depictions and descriptions by Merian and Snayers. In my reenactment experience as a pikeman, the use against infantry also makes perfect sense. The pike can be a very effective weapon in bulk. Especially when there is a power imbalance between attacking pike groups or during flank attacks, the pikemen show how valuable they can be on the battlefield. But you also have to remember that today we portray battles differently than they really were. For example, we rarely have cavalry on the battlefield today, which is why the pikemen can and must act completely differently than was the case in the Thirty Years' War.

Daniel mit vielen Waren. Dennoch kann man das Feldzeichen an seinem Arm erkennen. - Daniel with many goods. However you can see his red sign at his arm. (photo: Marie Schlosser)

A. Hanselmann: Ich selber habe eine Nebenleidenschaft, die dazu führt, dass ich Liederbücher mit Liedern des 16./frühen 17. Jh. für alle Darsteller gemacht habe [9]. Die kann man sich bei mir bestellen, sich nach Gusto ausdrucken und auf die Veranstaltungen mitnehmen. Das ist so ein Mittelding, weil es nicht eine Kopie einer konkreten Quelle und auch nicht die damals besonders beliebten Einzelblätter mit je einem Lied drauf sind. Du hast in Wackershofen einen Backofen gebaut. Würdest Du das als einen Hauptfokus beschreiben oder die kleinen Dinge wie Stecknadeln, die Du selber herstellst?

D. Klotz: Für mich ist es vor allem die Vielfalt, die das Hobby und unsere Epoche so interessant macht. Das Anfertigen von Kleidung, das Kochen und Backen oder handwerkliche Tätigkeiten wie z. B. die Herstellung von Nadeln sind nur einige Beispiele, die mich so beschäftigen. Meiner Meinung nach gibt es so viel mehr als nur die militärische Darstellung. Meistens nimmt diese auch nur eine gewisse Zeit bei einer Veranstaltung ein und da finde ich es schön, wenn man sich auch mit anderen, zivilen Themen beschäftigen und den Besuchenden etwas zeigen kann. Zumal zu einer Armee im Dreißigjährigen Krieg auch immer Soldatenweiber, Trosskinder, Sudler, Marketenderinnen und Marketender gehörten und somit das zivile Leben seinen Platz in der Armee hatte. Auch meine Partnerin hat neben ihrer militärischen noch eine zivile Darstellung als Marketenderin, wozu ich regelmäßig recherchiere. Generell begrüße ich es sehr, wenn Leute eine rein zivile Darstellung machen und finde es eine echte Bereicherung für unser Hobby. Deine Landleben-Veranstaltungen in Wackershofen sind wegen des Fokus auf dem zivilen Leben und dem guten Mengenverhältnis aus Landvolk und einquartierten Soldaten auch deshalb für mich immer ein absolutes Highlight.


"1624" hat Daniel in Wackershofen einen kleinen Backofen gebaut wie er für Söldner typisch war. - Daniel built a small oven in "1624" in Wackershofen as it was typical for mercenaries from that period. (photo: Michael Leyendecker, 2024)


A. Hanselmann: I myself have a side passion that leads me to make songbooks with songs from the 16th/early 17th century for all the actors [9]. You can order them from me, print them out as you wish and take them with you to the events. This is something in between, because it is not a copy of a specific source and not the single sheets with a song on each that were particularly popular at the time. You built an oven in Wackershofen. Would you describe that as a main focus or the little things like pins that you make yourself?

D. Klotz: For me, it is above all the diversity that makes the hobby and our era so interesting. Making clothes, cooking and baking or craft activities such as B. the production of needles are just a few examples that keep me busy. In my opinion there is so much more than just the military representation. This usually only takes up a certain amount of time at an event and I think it's nice when you can also deal with other, civil topics and show visitors something. Especially since an army in the Thirty Years' War always included soldiers' wives, children in the train, sudlers, sutlers and so civilian life had its place in the army. My partner also has a civilian background as a sutler in addition to her military one, which I regularly research. In general, I very much welcome it when people make a purely civilian presentation and find it a real enrichment for our hobby. Your rural life events in Wackershofen are always an absolute highlight for me because of the focus on civilian life and the good ratio of rural people and billeted soldiers.

Daniel Klotz als Dragoner zu Pferd. Die Stärke der bayerischen Dragoner war ihre Beweglichkeit. Sie griffen auch am Ende der Schlacht bei Freiburg 1644 entscheidend ein. - Daniel Klotz representing a dragoon on horse. Their agility was a strengh of the Bavarian dragoons. They had a large impact at the end of the battle of Freiburg in 1644. (photo: Marie Schlosser, 2022)

Daniel auf dem Schlachtfeld von Freiburg. Im Hintergrund erkennt man Ebringen. Wir befanden uns nahe dem kleinen Denkmal am Bohl. - Daniel on the battlefield of Freiburg. Ebringen is in the background. We were next to the small monument at the Bohl hill. (photo: André Hanselmann/Daniel Klotz 2023)


A. Hanselmann: Ich finde es total faszinierend wie intensiv ihr euch mit dem Regiment von Wolf beschäftigt. Du warst schon mit mir auf dem Schlachtfeld von Freiburg [10], wo die Dragoner eine interessante Rolle gespielt haben am Schlachttag am Lorettoberg [11]. Dieses Jahr jährt sich die Schlacht zum 380. mal. Was würdest Du als eine Sternstunde für das Regiment bezeichnen und auf welche Weise spürt ihr als Reenactors dem Dragonerregiment nach? Folgt ihr auch auf den Spuren der Märsche des Regiments [12]?

D. Klotz: Neben der Tatsache, dass die Wolf-Dragoner Jan von Werth in einem Gefecht mit schwedischen Truppen 1642 bei Liedberg das Leben retteten, war wohl die Schlacht bei Tuttlingen 1643 die größte Sternstunde des Regiments. Hier gelang es den Wolf-Dragonern gleich zu Beginn der Schlacht, die französische Artillerie zu erobern, sie umzudrehen und die Franzosen mit eigenen Geschützen zu beschießen und so den Sieg einzuleiten. Wolf wurde dafür von Kurfürst Maximilian I. mit 1000 Dukaten belohnt. Diese entscheidende Tat fand sogar Eingang in zwei Strophen des Liedes “Ein newes Lied, Von der Hochlöblichen Chur Bayrischen Victori zu Duddlingen und Rottweil, wider die Frantzosen 1643, den 25. November”. Leider ist in der modernen Literatur nur wenig über Johann Wolf zu finden, obwohl er zu Lebzeiten ein bekannter Militär war und als „der tapferste Soldat der bayerischen Armee“ bezeichnet wurde. Wir haben es uns daher zur Aufgabe gemacht, so viel wie möglich über die Regimentsgeschichte unter Wolf und auch seinen Nachfolgern Georg Creutz und Johann Bärtl zu recherchieren. So konnten wir z.B. die Vorgängerregimenter, die Kriegsstärke, die Namen einiger Soldaten und ganz aktuell die Todesumstände und den Begräbnisort von Johann Wolf beim Sturm auf Bensheim 1644 herausfinden. Die Ergebnisse unserer Recherchen sind übrigens auf unserer Website [13] zu finden. Ich persönlich versuche, wann immer sich die Gelegenheit bietet, auf den Spuren des Regiments oder Johann Wolfs zu wandeln. Neben dem Besuch des Schlachtfeldes in Freiburg war ich z. B. erst kürzlich in Adelsheim, wo ein Epitaph Johann Wolfs steht. Mit dem Regiment versuchen wir ebenfalls auf dem Spuren unserer historischen Vorlage zu wandern. Letztes Jahr waren wir zum Beispiel mit dem Regiment in Zons. Dort kämpfte das Regiment bei der Belagerung Hessens 1642. Im November dieses Jahres werden wir anlässlich des 380. Todestages von Johann Wolf Bensheim besuchen. Im nächsten Jahr wollen wir am Reenactment der Schlacht bei Jankau in Tschechien teilnehmen, wo unser Regiment 1645 unter Johann Bärtl kämpfte.

A. Hanselmann: I find it totally fascinating how intensively you deal with Wolf's regiment. You were already with me on the battlefield of Freiburg [9], where the dragoons played an interesting role on the day of the battle at Lorettoberg [11]. This year marks the 380th anniversary of the battle. What would you describe as a great moment for the regiment and in what way do you as reenactors trace the dragoon regiment? Are you also following in the footsteps of the regiment's marches [12]?

D. Klotz: In addition to the fact that the Wolf Dragoons saved Jan von Werth's life in a battle with Swedish troops near Liedberg in 1642, the Battle of Tuttlingen in 1643 was probably the regiment's greatest moment. Here, right at the beginning of the battle, the Wolf Dragoons managed to capture the French artillery, turn it around and fire at the French with their own guns, thus initiating victory. Wolf was rewarded with 1,000 ducats by Elector Maximilian I. This decisive act even found its way into two verses of the song “A new song, From the Hochlaubliche Chur Bavarian Victori to Duddlingen and Rottweil, gegen die Frantzosen 1643, November 25th”. Unfortunately, there is little about Johann Wolf in modern literature, even though he was a well-known military man during his lifetime and was described as “the bravest soldier in the Bavarian army.” We have therefore made it our mission to research as much as possible about the regimental history under Wolf and also his successors Georg Creutz and Johann Bärtl. For example, we were able to find out the previous regiments, the military strength, the names of some soldiers and, most recently, the circumstances of Johann Wolf's death and burial place during the storming of Bensheim in 1644. The results of our research can be found on our website [13]. Personally, whenever I get the opportunity, I try to follow in the footsteps of the regiment or Johann Wolf. In addition to visiting the battlefield in Freiburg, I was e.g. B. recently in Adelsheim, where there is an epitaph by Johann Wolf. With the regiment we are also trying to follow in the footsteps of our historical original. Last year, for example, we were in Zons with the regiment. The regiment fought there during the siege of Hesse in 1642. In November of this year we will visit Bensheim on the occasion of the 380th anniversary of Johann Wolf's death. Next year we want to take part in the reenactment of the Battle of Jankau in the Czech Republic, where our regiment fought under Johann Bärtl in 1645. 


Als Sergeant im Festungsdienst. - As a sergeant serving at a fortress. (photo: Maximilian Gröger)


A. Hanselmann: Hier nun meine abschließende Frage. Wir leben ja in einer höchst spannenden Zeit. In den letzten 10-15 Jahren sind zahlreiche Publikationen von Militärhistorikern [14] und Politikwissenschaftlern [15], gute [16] und weniger gute Dokumentationen erschienen. Die neueste große Veröffentlichung ist die von Dr. Markus Junkelmann zu den Soldaten des Dreißigjährigen Krieges [17]. Wie bewertest Du diese Entwicklung und wie sind Deine neuen Projekte, eventuell Gebiete, die Du Dir ganz neu erschließen willst?

D. Klotz: Generell finde ich die Entwicklung, dass es ein größeres Interesse an unserer Epoche gibt, sehr gut. Auch einige der neueren Publikationen finde ich sehr gelungen. Die drei kürzlich erschienenen Bücher von Dr. Markus Junkelmann über die Soldaten des Dreißigjährigen Krieges bieten meiner Meinung nach einen guten Überblick, vor allem über die militärische Theorie. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass auch die Umsetzung in der Praxis ausführlicher diskutiert worden wäre. Auch Weiterentwicklungen und Veränderungen im zeitlichen Verlauf des Krieges oder der spezifische Einsatz verschiedener Techniken und Ausrüstungen bestimmter Kriegsparteien hätten meiner Meinung nach noch ausführlicher dargestellt werden können. Freilich ist es sehr schwierig, ein so umfangreiches Thema in drei kleinen Büchern unterzubringen. Aber gerade weil die Bücher den Anspruch haben, auch für die Reenactmentszene geschrieben zu sein, finde ich sie einfach zu wenig ausführlich um belastbare Infos für eine vollständige Darstellung daraus zu gewinnen.

Zu den Themen, mit denen ich mich in Zukunft verstärkt beschäftigen möchte, gehört vor allem das Leben der Zivilisten im Tross der Armee. Leider gibt es dazu bisher nur wenige Veröffentlichungen [18]. Außerdem möchte ich mit meiner Partnerin ein eigenes kleines Forschungsprojekt starten. Dabei wollen wir Quellen aller Art sichten und eine statistische Erhebung über die Häufigkeit verschiedener soldatischer Ausrüstungs- und Bekleidungsgegenstände durchführen. Wir erhoffen uns dadurch eine belastbare Aussage über die tatsächliche Verbreitung von z.B. verschiedenen Kleidungsstilen, Stofffarben oder Bewaffnungstypen.

Lieben Dank für die Einladung zu diesem Interview und bis demnächst!

Inmitten spanischen Fußvolks in einer Darstellung der Schlacht bei Grolle. - In the midst of Spanish foot at the battle of Grolle. (photo: Stephan Vroom)
 

A. Hanselmann: Here my final questions. We live in extremely exciting times. In the last 10-15 years, numerous publications by military historians [14] and political scientists [15], good [16] and less good documentation have appeared. cThe latest major publication is that of Dr. Markus Junkelmann on the soldiers of the Thirty Years' War [17]. How do you assess this development and what are your new projects, perhaps areas that you want to explore in a completely new way?

D. Klotz: In general, I think the development that there is greater interest in our era is very good. I also think some of the more recent publications are very successful. The three recently published books by Dr. In my opinion, Markus Junkelmann on the soldiers of the Thirty Years' War provides a good overview, especially of military theory. However, I would have liked the implementation in practice to have been discussed in more detail. In my opinion, further developments and changes over the course of the war or the specific use of different techniques and equipment by certain warring parties could have been presented in more detail. Of course, it is very difficult to fit such a comprehensive topic into three small books. But precisely because the books claim to be written for the reenactment scene, I find them simply not detailed enough to extract reliable information from them for a complete presentation.

One of the topics that I would like to focus more on in the future is the lives of civilians in the army's entourage. Unfortunately, there are only a few publications on this subject so far [18]. I would also like to start my own small research project with my partner. We want to look at all kinds of sources and carry out a statistical survey about the frequency of various items of military equipment and clothing. We hope that this will provide us with a reliable statement about the actual distribution of, for example, different clothing styles, fabric colors or types of weapons.

Thank you very much for inviting me to this interview and see you soon!


A. Hanselmann: Vielen Dank auch von mir für die sehr anschaulichen Antworten. Ich freue mich schon sehr auf künftige Veranstaltungen.

Many thanks from me too for the very clear answers. I'm really looking forward to future events.

 

Text: André Hanselmann, Daniel Klotz

Fotos: Marie Schlosser, Daniel Klotz, André Hanselmann, Ellie Wout, Michael Leyendecker, Ulf Dahm, Stephan Vroom, Maximilian Gröger


Notiz / Notes:

1) siehe hier / look here: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2024/04/historiker-von-nebenanhistorians.html

2) Helmut Lahrkamp: "Jan von Werth" Verlag Der Löwe, Köln, 1962

3) Gerhard Fritz: „Studien zum Dreißigjährigen Krieg“ Kohlhammer, Stuttgart, 2022

4) Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: "Der seltzame Springinßfeld" Paphlagonia, 1670, 13. Kapitel, S. 403-404

5) Dr. Sabine Eickhoff (u.a.): "1636 - Ihre letzte Schlacht" Theiss, 2012

6) Auch das Massengrab in Lützen wäre hier zu erwähnen. Publiziert hier: "FIELDS OF CONFLICT - Schlachtfeldarchäologie" siehe hier: Landesmuseum für Vorgeschichte  -  Archaeofilm  -  Schlachtfeldarchäologie (landesmuseum-vorgeschichte.de)

7)  Dr. Stefan Mäder: [leider nicht in die Publikation aufgenommen]: "Viel Rüstung und wenig Ehr - Zur Bewaffnung und ihrem Einsatz im 17. und 18. Jahrhundert" (Symposium 15.06.2018 "Im Krieg ist weder Glück noch Stern" Breisach am Rhein)

8) Schwedische Karte zur Schlacht bei Wittstock in - Swedish map at the battle of Wittstock in: "1632 - Ihre letzte Schlacht" S. 130

9) https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2023/11/liedgut-fur-das-17-jh-songs-for-17th.html

10) siehe hier: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2023/12/ruckblick-auf-die-saison-view-back-on.html

11) Zur Rolle der bayerischen Dragoner hier / about the function of Bavarian dragoonshttps://wackershofenannodomini.blogspot.com/2021/04/schlacht-bei-freiburg-1644-t-4-battle.html

12) "Meine" 22e demi-brigade hat in Form von mir und einem Mitstreiter beispielsweise die Umgehung von Fort Bard nachvollzogen. - "My" 22e demi-brigade tried to recreate the bypass of the fort Bard - which were me and a friend only: Siehe hier:  https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2022/01/historiker-von-nebenan-historians.html

13) Zur Homepage: https://regimentjohannwolf.de/johann-wolf/

14) Peter H. Wilson: "Der Dreißigjährige Krieg: Eine europäische Tragödie" Theiss, 2017

15) Herfried Münkler: "Der Dreißigjährige Krieg: Europäische Katastrophe, deutsches Trauma ..." rororo, 2019

16) "Der zweite Prager Fenstersturz" Dokumentation, arte, Ceská Televize, ORF (Regie: Zdenek Jeraski) 2018

17) Dr. Marcus Junkelmann: "Soldaten des Dreißigjährigen Krieges" 3 Bände, Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, 2024

18) Immerhin zu dem Thema erschienen, wenn auch nur wenige Quellen verwendend - At least there is a small book although using only a few sources:  Pia-Loreen Kramm: "Die Trossfrauen und Marketenderinnen des Dreißigjährigen Krieges" Grin, Norderstedt, 2012

4 Kommentare:

  1. I learn so much and gain a deeper understanding of your re-enacting efforts with each of your in-depth and interesting interviews. I am especially interested in the construction and use of the small oven.

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    1. I have to ask Daniel. Maybe he can tell something or has a good link. Thank you for your comment. We will post our next report in 3 weeks.

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    2. Hello Jonathan, this is Daniel. The clay oven consists of a framework of willow branches that are woven together to form a dome. A layer of moist clay is then applied to the framework. Wood ash and/or straw are suitable additives. This makes the body more stable. Bricks are very suitable as a floor covering and closure. A small fire is then lit in the oven and the oven is slowly dried for several hours. The fire must be kept burning. A large fire is lit in the oven for use. Once this has burnt down, you can bake using indirect heat. If the indirect heat is not sufficient, it is also possible to have a small fire or embers in the oven chamber.

      During our first oven construction two years ago, we documented all the necessary work steps, including many pictures. You can find a report in German on our website:

      https://regimentjohannwolf.de/uncategorized/bericht-living-history-workshop-marketenderei-anno-1622/

      Best regards
      Daniel

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