Heute will ich euch Sophia Brandus vorstellen, die bereits mehrere Romane veröffentlicht hat, die im 17. Jahrhundert spielen.
Today I want to introduce you to Sophia Brandus, who has already published several novels set in the 17th century.
André Hanselmann: Erst einmal eine ganz obligatorische Frage, die ich mir bei mir selbst nicht beantworten kann. Wie bist Du auf die Zeit des Dreißigjährigen Krieges gekommen?
André Hanselmann: First of all, a very obligatory question that I can't answer for myself. How did you come to know the time of the Thirty Years' War?
Sophia Brandus: Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts hat mich mehr und mehr, ohne dass ich es mir speziell ausgesucht habe, in seinen Bann gezogen. Es fühlt sich für mich eher so an, also habe die Zeit mich ausgesucht und nicht ich sie. Es mag etwas seltsam klingen, aber ich realisierte das, als ich begann die in meinem Kopf entstehende Geschichte aufzuschreiben und mich parallel in zunehmendem Maße mit der Zeit beschäftigt habe.
Sophia Brandus: The first half of the 17th century captivated me more and more, without me specifically choosing it. It feels more like this to me, so time chose me and not I chose it. It may sound a bit strange, but I realized this as I began to write down the story that was emerging in my head and, at the same time, became increasingly occupied with the period.
André Hanselmann: Ich habe bislang "Euch zum Urteil - Kein gerader Weg" gelesen [1]. Der Roman scheint mir sehr detailliert recherchiert, sei es nun das Aussehen von bspw. Freiburg im 17. Jh. oder auch die Rechtssprechung in der Zeit. Hast Du Dich vor dem Roman damit beschäftigt wie eine Historikerin Quellen zu sichten?
André Hanselmann: So far I have read "Euch zum Urteil - Kein gerader Weg" [1]. The novel seems to me to have been researched in great detail, be it the appearance of Freiburg in the 17th century or the jurisprudence at that time. Before writing the novel, did you spend time sifting through sources like a historian?
Sophia Bandus: Mein Schreiben folgt nicht dem klassischen Weg (Idee für eine Geschichte, Plotten, Recherche und dann Schreiben) und somit verhält sich das auch mit der Recherche. Ich berühre so viele Themen, dass ich (abgesehen von generellen Recherchen zur Zeit) das zumeist dann angehe, wenn ich bereits am Schreiben bin. Ich gehe also eher parallel vor. Generell benutze ich gerne Quellen der Zeit (wie z.B. Pamphlete, Briefe, Bücher, Polizeiordnungen, Liebesratgeber, Gesetzestexte, Militärisches, Kochbücher Haushaltsratgeber, Heilkunde, Aderlass usw.). Es finden sich eine faszinierende Menge an Informationen, teils zu sehr speziellen Themen, da komme ich schnell ins Schwärmen. Aber es gibt auch tolle Sekundärliteratur, was gerade bei komplexeren Themen sehr hilfreich ist (z.B. die von dir angesprochene Rechtssprechung). Ein Problem bei der Recherche ist, dass man interessante Sachen findet, welche gerade nicht relevant, aber sehr spannend sind, und dann dazu neigt, den Fokus zu verlieren. Außerdem findet man immer wieder sich widersprechende Quellen (was primäre Quellen der Zeit und auch sekundärquellen einschließt).
Sophia Brandus: My writing doesn't follow the traditional route (idea for a story, plotting, research and then writing) and so the same goes for research. I touch on so many topics that (apart from general research at the moment) I usually tackle them when I'm already writing. So I tend to proceed in parallel. In general, I like to use contemporary sources (such as pamphlets, letters, books, police regulations, love guides, legal texts, military information, cookbooks, household guides, medicine, bloodletting, etc.). There is a fascinating amount of information, some of it on very specific topics, which quickly makes me rave. But there is also great secondary literature, which is particularly helpful for more complex topics (e.g. the case law you mentioned). One problem with research is that you find interesting things that are not currently relevant but are very exciting, and then you tend to lose focus. In addition, one often finds contradicting sources (which includes primary sources of the time and also secondary sources).
André Hanselmann: Die Figur des Johannes Schott scheint ja ein Tausendsassa wider Willen, dem alles Mögliche widerfährt. Hast Du da literarische Vorbilder wie den Simplicissimus von Grimmelshausen [2] als Vorbild gehabt oder kam das eher zufällig?
André Hanselmann: The character of Johannes Schott seems to be a jack of all trades despite himself, to whom all sorts of things happen. Did you have literary role models like Simplicissimus von Grimmelshausen [2] as a role model or did that just happen by chance?
Sophia Brandus: Keiner meiner „fiktiven“ Charaktere hat reale Vorbilder, weder aus der Geschichte noch der heutigen Zeit. Sie sind ganz eigene Personen, die in meinem Kopf sehr lebendig sind und auch einen eigenen Willen haben und ihren Freiraum benötigen, die Geschichte zu beeinflussen. Das ist nicht immer einfach, weil zuweilen Dinge passieren, die nicht geplant oder nicht gewollt sind, aber da muss ich dann halt mit umgehen. Anders verhält sich das natürlich bei den auftretenden realen Personen (wie z.B. Herzog Bernhard von Sachsen -Weimar), da halte ich mich an das, was ich in den Quellen über ihn finde und versuche, daraus eine Person zu formen. Ein literarisches Werk möchte ich dennoch erwähnen, zum einen, weil es die Liebe zum „Ich-Erzähler“ in mir geweckt hat, zum anderen, weil mir die Art und Weise der Verbindung fiktiver mit historischen Charaktere und Ereignissen sehr gefallen hat. Das ist die Serie „Fortune de France“ von Robert Merle.
Sophia Brandus: None of my “fictional” characters have real role models, neither from history nor from today. They are their own people who are very much alive in my head and also have their own will and need their freedom to influence the story. That's not always easy because sometimes things happen that aren't planned or wanted, but I just have to deal with them. Of course, the situation is different with the real people who appear (such as Duke Bernhard of Saxony-Weimar), so I stick to what I find about him in the sources and try to form a person from it. I would still like to mention one literary work, on the one hand because it awakened my love of the “first-person narrator” and on the other hand because I really liked the way in which fictional and historical characters and events were combined. This is the series “Fortune de France” by Robert Merle.
André Hanselmann: Wenn Du beiläufig im Roman solche Namen wie Martin Opitz streifst, dann erinnerst Du ein bisschen an den viel gepriesenen Patrick O'Brien, der ja in seinen Seeromanen auch zahllose Aspekte der Epoche von Musik bis Literatur integriert. Drängen sich viele Themen einfach auf oder wie findest Du sie?
André Hanselmann: If you casually mention names like Martin Opitz in the novel, then you are reminded a bit of the much-praised Patrick O'Brien, who also integrates countless aspects of the era, from music to literature, into his sea novels. Do many topics simply arise or how do you find them?
Sophia Brandus: Es macht mir immer wieder Freude, wenn ich einen künstlerischen Bezug zur damaligen Zeit einbauen kann (also z.B. ein Buch, ein Musikstück, ein Liedtext usw.). Manchmal brauche ich etwas und dann suche ich nach etwas Passendem, aber es kommt auch umgekehrt vor, dass ich etwas kenne und es sich einfach anbietet, das einzubauen. z.B. spielt der Herr Obrister Anstett in Band II ein Musikstück von Tobias Hume auf seiner Gambe, dass man auch tatsächlich anhören oder die Noten finden und spielen kann (3).
Sophia Brandus: It always gives me joy when I can incorporate an artistic reference to the time (e.g. a book, a piece of music, a song lyric, etc.). Sometimes I need something and then I look for something suitable, but it also happens the other way around, where I know something and it just makes sense to incorporate it. For example, in Volume II, Colonel Anstett plays a piece of music by Tobias Hume on his viol that you can actually listen to or find and play the notes (3).
Ich muss zugeben, dass ich das Pferd einfach nur großartig finde. - I have to say that the horse is just looking great! (photo: Sophia Brandus) |
André Hanselmann: Man sieht ja auch auf Deiner Homepage, dass Du gerne reitest und im Living History unterwegs bist. Ich kann mich dran erinnern, dass vieles, was ich gelesen habe, mir unverständlich vorkam, bis ich es im Hobby wie in Wackershofen selber mal ausprobiert habe (4). Wie ist das bei Dir und Deinen Büchern? Fließen da auch Deine Hobbyerfahrungen ein?
André Hanselmann: You can also see on your homepage that you enjoy riding and doing living history. I can remember that a lot of what I read seemed incomprehensible to me until I tried it out myself in a hobby like in Wackershofen (4). How is it with you and your books? Do your hobby experiences also factor into this?
Sophia Brandus: Das Schreiben habe ich lange vor meinen Aktivitäten rund um Living History und Reenactment begonnen. Ich hatte mich zuvor allerdings bereits auf unterschiedlichste Weise aktiv mit der Zeit beschäftigt, so z.B. mit der damaligen Reitweise und der Fechtkunst. Ich habe einige Zeit lang versucht, das Spiel auf der Viola da Gamba zu lernen, beschäftigte mich mit dem Nähen historischer Kleidung, übe mich im Schreiben von Kurrenthandschrift, hörte viel Alte Musik und lese gerne zeitgenössische Quellen.
Von Anfang an habe ich zudem kleine Dinge aus der Geschichte ausprobiert, so z.B. wie Eisengallustinte sich verhält, wenn der Brief nass wird, ob es funktioniert ein Siegel von einem Brief unbeschädigt abzulösen usw. Aber das Erleben von Living History und Reenactment, sowohl im zivilen auch militärischen Bereich, erweitert den Erfahrungsschatz natürlich ganz erheblich, insbesondere auch, weil ich die Gelegenheit habe, viele andere Begeisterte kennenzulernen. Ein unendlicher Schatz an Wissen und Inspiration …
Sophia Brandus: I started writing long before my activities around living history and reenactment. However, I had already actively engaged with the time in a variety of ways, for example with the horse riding style and the art of fencing at the time. For some time I tried to learn to play the viola da gamba, worked on sewing historical clothing, practiced writing in traditional handwriting, listened to a lot of early music and enjoyed reading contemporary sources.
From the beginning I also tried out little things from history, such as how iron gall ink behaves when the letter gets wet, whether it works to remove a seal from a letter without damage, etc. But the experience of living history and reenactment, both in civilian life also the military sector, of course expands the wealth of experience considerably, especially because I have the opportunity to get to know many other enthusiasts. An endless treasure of knowledge and inspiration...
Weiter geht es in einem zweiten Teil.
We will continue with part 2.
Text: Sophia Brandus, André Hanselmann
Fotos: Sophia Brandus
Notizen / Notes:
1) Sophia Brandus: "Euch zum Urteil - Band I - Kein gerader Weg" tredition, 2021
2) z.B.: Grimmelshausen: "Der abenteuerliche Simplicissimus" (gekürzte Ausgabe) Reclam, Stuttgart, 2001
3) Sophia Brandus: "Euch zum Urteil - Band II - Mit geheiligten Mitteln" tredition, 2021
4) Wie auf unserem Event "Landleben 1623 - Die Württemberger im Hällischen" das Bierbrauen über offenem Feuer durch die Wirtin. - Such as to make beer over an open fire at our "Landleben 1623 - Die Württemberger im Hällischen" event by the landlady. https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2023/05/landleben-1623-teil-2-p-2.html
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