Montag, 7. November 2022

Zwei interessante Gemälde um 1750 - Two interesting paintings from around 1750

Dieses Jahr bin ich auf Rügen und in Stralsund auf zwei Gemälde mit schwedischen Uniformen gestoßen. Das war eher zufällig und obwohl es vielleicht nicht haargenau hier in den Blog passt, wollte ich es euch nicht vorenthalten. Beide Bilder sind offenbar um die gleiche Zeit entstanden.

Das eine findet man in einer der drei großen Stralsunder Kirchen, der Marienkirche. Diese ist generell sehr sehenswert, da die Bilder und Plastiken darin mit den Grablegen Stralsunder Bürger viel über das Selbstverständnis der Protestanten in der Frühen Neuzeit aussagen. Hinter dem Altar der Kirche fand ich dieses Gemälde, dessen Beschriftung eine ganze Karriere eines Offiziers der schwedischen Armee von ganz unten nach oben beschreibt.

Da heißt es also: "Hier Ruhet in GOTT, der Weyland Wohlgebohrne HERR Staabs Major Christof v. Beezen Anno 1670 d. 1. May in Pommern gebohren ist, und in Anno 1690 in der Crohn Schweden Diensten als Reüter unter dem Pommerschen Cavalerie Regiment gekommen, und bis RitMeister sich aufgedienet hat. Anno 1721 ist er von Ihro Königl.[iche] Majestät in Schweden zum Stabs Major alhier in Stralsund gesetzet worden, ist gestorben den 18. April 1746". 

This year I came across two paintings of Swedish uniforms on Rügen and in Stralsund. That was rather coincidental and although it might not exactly fit here in the blog, I didn't want to withhold it from you. Both pictures were apparently taken around the same time. 

One can be found in one of the three large Stralsund churches, the Marienkirche. This is generally very worth seeing, as the pictures and sculptures in it with the burial places of Stralsund citizens say a lot about the self-image of the Protestants in the early modern period. Behind the altar of the church I found this painting, the caption of which describes a whole career of a Swedish Army officer from bottom to top. 

So it says: "Here rests in GOD, the Weyland well-born Lord Staabs Major Christof von Beezen was born in Pomerania in 1670 on May 1st, and in 1690 in Crohn Sweden he served as a Reuter under the Pomeranian Cavalry Regiment , and until captain has served himself. Anno 1721 he was appointed by Her Royal Majesty in Sweden to Staff Major here in Stralsund, died April 18, 1746".

 

Das Bildnis des Stabsmajors von Beezen im Ganzen. Der Rahmen zeigt mit dem Wappen die typischen Attribute dieser Zeit. - The whole portray of the staff major of Beezen. The frame shows the coat of arms as the typical attributes of his period. (photo: André Hanselmann)

 

Das Gemälde an sich von Nahem. Man erkennt deutlich die sehr schlichte schwedische Uniform. - The painting in more detail. You can make out the very simple Swedish uniform. (photo: André  Hanselmann)

 

Einen solchen Aufstieg vom einfachen Reiter zum Offizier musste ein anderer Porträtierter wohl nicht hinlegen. Im Jagdschloss Granitz einem der wichtigsten Schlösser der Familie der Fürsten von Putbus im 19. Jahrhundert wohin sogar die Fürsten nach dem Brand des Schlosses in Putbus übergesiedelt sind, sah ich ein freilich feiner gemaltes und sich in einem besseren Zustand befindliches Gemälde. Im 18. Jahrhundert hatten die Grafen von Putbus bereits umfangreichen Besitz auf der Insel Rügen. Zeitweise gehörte einem derer von Putbus sogar Schloss Spycker, welches vor allem dadurch berühmt geworden ist, dass es nach dem Dreißigjährigen Krieg an den Feldmarschall von Wrangel (1613-1676) gekommen ist. Der Feldherr ist auf Schloss Spycker sogar verstorben. Zwei der Grafen von Putbus werden beide in schwedischen Uniformen auf großen Gemälden dargestellt: Malte Friedrich von Putbus (1725-1787) und Wilhelm Malte I. (1783-1854).  

Another portrayed person probably did not have to make such a rise from simple rider to officer. In the Granitz hunting lodge, one of the most important castles of the Putbus prince family in the 19th century, where even the princes moved to after the fire in the Putbus castle, I saw a painting that was admittedly finer and in better condition. In the 18th century, the Counts of Putbus already owned extensive property on the island of Rügen. At one point, one of those from Putbus even owned Spycker Castle, which became famous above all because it came to Field Marshal von Wrangel (1613-1676) after the Thirty Years' War. The commander even died at Spycker Castle. Two of the Counts of Putbus are both depicted in Swedish uniforms in large paintings: Malte Friedrich von Putbus (1725-1787) and Wilhelm Malte I (1783-1854).

Malte Friedrich von Putbus als Oberst schwedischer Husaren, um 1750, Gemälde von Anna Rosina de Gasc (1713-1783) - Malte Friedrich of Putbus as colonel of the Swedish hussars, around 1750, painting by Anna Rosina de Gasc (1713-1783) (photo: Cecilia Hanselmann)

 

Dienstag, 1. November 2022

Der Amtmann bei der Schultheißenwahl - Sailer 1770 - The bailiff at the election of the Schultheiß by Sailer in 1770

Sebastian Sailer (1714-1777) darf wohl als einer der besten Dramatiker des 18. Jahrhunderts gelten, der auch Priester war. Ganz kurz war auch einmal das Licht der Weltgeschichte auf ihn gerichtet, als Marie Antoinette auf ihrer Durchreise nach Frankreich im Kloster Obermarchtal am 1. Mai 1770 Station machte, wurde eines seiner Werke aufgeführt.

Sebastian Sailer (1714-1777) can probably be considered one of the best dramatists of the 18th century who was also a priest. For a very short time, the light of world history was directed at him when Marie Antoinette stopped at Obermarchtal Abbey on May 1, 1770 on her way to France, and one of his works was performed.


Sailer erzählt in seinem Lustspiel "Die Schultheißenwahl zu Limmelsdorf" von 1770 [1] ein typisches Ereignis wie wir es auch aus dem hällischen Territorium kennen. Im Gebiet der Reichsstadt erwählten die Gemeindemitglieder - die sogenannten Gemeinsmänner - zwei Kandidaten für den Posten des Schultheißen woraus sich die Obrigkeit einen aussuchte [2]. 

Ähnlich ist es in Sailers Stück. Der Amtmann ist zugegen, als es in Limmelsdorf zur Wahl kommt. Vor allem der Dorfwirt Wenzel Krezer hat dabei gute Chancen, da viele ihm etwas schuldig zu sein scheinen und die, wie es für den Amtmann deutlich wird, daraus motiviert den Wirt wählen wollen.

In his comedy "The Mayor's election in Limmelsdorf" from 1770 [1], Sailer tells a typical event as we know it from the territory of Hell. In the area of ​​the imperial city, the community members - the so-called community men - elected two candidates for the post of mayor from which the authorities chose one [2].

It is similar in Sailer's play. The bailiff (Amtmann) is present when the election takes place in Limmelsdorf. Above all, the village innkeeper Wenzel Krezer has good chances, since many seem to owe him something and, as the bailiff can see, are motivated to choose the innkeeper.

Die Gemeindeversammlung auf einer unserer ersten Veranstaltungen nachdem der Wirt (2. von links mit der Büchse) vom Amtmann (Mitte verdeckt von dem Mann im hellbraunen Rock) zum Schultheißen ausgewählt worden ist. - The assembly of the community on one of our first events after the bailiff has chosen the inkeeper (second from the left with a rifle). (Foto: Michael Paulick, 2011)

Das Stück gibt es online auf verschiedenen Wegen lesbar und möchte ich jedem, der am Leben auf einem Dorf im 18.Jh. interessiert ist, wärmstens ans Herz legen. Neben dem zeittypischen Geklüngel der Dörfler, welches den Amtmann in Erstaunen versetzt, da er nicht verstehen kann, warum man nicht den redlichsten Kandidaten wählt, ist der Ablauf des Verfahrens spannend. Der Amtsschreiber ruft die Gemeindemitglieder auf, die einer nach dem anderen denjenigen mündlich benennen, den sie wählen wollen. Während der Amtmann ein honoriges Standarddeutsch spricht, reden die Bauern einen für Außenstehende wohl kaum verständlichen massiven Schwäbischen Dialekt, der aber durch die Reaktionen des Amtmannes für die des Schwäbischen ungelernten Zuschauer gewissermaßen übersetzt wird. Zwar wird am Ende tatsächlich der noch am ehesten aus Sicht der Obrigkeit geeignete Kandidat Florian Simpel gewählt. Doch das geschieht nicht ohne, dass der Amtmann seinen Amtsknecht den unverschämten Veit Balger verhaften lassen will indem der Amtmann sagt: 
"Marx Kempf! pack an und steck den Flegel gleich ins Loch."
Der gehorsame Amtsknecht hat offenbar einen Bart, was ja auch typisch für Soldaten im 18.Jh. war und der Amtsknecht sagt:
"Komm, Balger, komm! ich will den Amtsbefehl vollziehen;
du mußt in's Loch, komm her! du wirst mir nicht entfliehen.
Du schwätzst einmal zu grob; du bist einmal zu hart!
Komm, komm! denn nicht umsonst trag ich um's Maul ein' Bart."