29. Juni 1619/29th of June 1619: Das
Gefecht bei Allmerspann – The combat at
Allmerspann
(English text below cut )
Man
muss wahrscheinlich das Gefecht bei Allmerspann in die Riege der eher
unbekannten Scharmützel einreihen, die insgesamt den Großteil der
Kampfhandlungen des 30-jährigen Krieges ausmachten.
Was wissen wir nun über dieses Gefecht? Mit
Bestimmtheit kennen wir das Datum, welches auf den 29. Juni also an „Peter und
Pauli“ datiert wurde.
Die zeitgenössische Vossische Zeitung berichtete
zwar immer wieder von dem Unionstag in Heilbronn, erwähnt aber keine
Truppenbewegungen in der Gegend[1].
Piken des 17. Jahrhunderts, Museum Burg Altena – Pikes from the 17th century, museum Altena castle |
Auf hällischer Seite handelte es sich um
zahlreiche Landleute. Ob es wirklich 1.000 Männer waren wie Krüger es angibt[2] ist
wohl zu bezweifeln. Die Leute kamen allesamt aus der Umgebung von Ilshofen und
überwiegend aus den Ämtern Ilshofen und Jenseits der Bühler. Der Rat soll diese
Landleute entsprechend einer Quelle ab dem 1. Juni am Riegel – einer Art
Schranke an einer Straße - bei Allmerspann postiert haben. Ob dies wahr
ist, erscheint allerdings zweifelhaft, da die Ratsprotokolle keine solche
Entscheidung des Magistrats erwähnen. Die Bewaffnung der Landleute entsprach wahrscheinlich
dem, was uns die Musterungen von Gemeinden aus dieser Zeit nahelegt, also
überwiegend Schuss- und Stangenwaffen, wobei bei letzteren die Langspieße
vorherrschten. Vereinzelt mag es auch Rüstungsteile gegeben haben. Diese
Landleute gehörten den sogenannten Landkompanien an. Kommandiert wurden sie
scheinbar von einem Hauptmann, der auch als Stadthauptmann bezeichnet wird.
Gegend um Allmerspann und Ilshofen auf einer Karte (Ausschnitt) von 1762 bei Moll – the area of Allmerspann and Ilshofen on a map from 1762 by Moll (Hällisch Fränkisches Museum) |
Wer waren nun aber die Gegner? Sämtliche Quellen
sprechen von Reitern und die Verwundungen der hällischen Landleute in der Folge
verweisen auch deutlich auf solche, vor allem die zahlreichen Wunden am Kopf,
die von Hieben von oben herab herrühren müssten[3]. Auch Schusswunden, die auf Pistolen hindeuten, kommen vor. Es
ist von „niederländischen Völkern“ die Rede, was sowohl auf Niederländer in
Spanischen Diensten als auch Niederländer, die Verbündete der böhmischen Stände
waren hindeuten könnte. Nur in einer Quelle ist mir die genauere Bezeichnung
der Söldner als „Styrumsche Reiter“ vorgekommen[4]. Doch
leider liefen meine Recherchen über diesen Namen ins Leere. Es gab wohl einen
Jan von Styrum in Spanischen Diensten, aber der ist 1613 bereits verstorben und
der niederländische Kommandeur Hermann Otto von Styrum operierte damals nicht
in Schwaben. Im Widerspruch zur Bezeichnung „niederländische Völker“ steht die
Behauptung Rieglers, es sein „ligistische Truppen“ gewesen[5].
Meiner Meinung nach ist es am Wahrscheinlichsten, dass es sich um spanische
Söldner handelte, die auf dem Marsch waren, um die Habsburger im Krieg gegen
die Stände zu unterstützen. Über die Stärke dieser Truppen ist nirgends die
Rede.
Bei Riegler findet sich die Behauptung, die
misshandelten und aufgereizten Bauern hätten sich ein Scharmützel mit den
Reitern geliefert, was wieder eher nach einer Aktion von Seiten der Bauern
klingt, auch wenn mithin die Quellen überwiegend die Ursache des Kampfes eher
in einem Zufall sehen. Leider wissen wir über den Verlauf noch weniger als über
die Motive. Als eine Art Anekdote wird erwähnt, der hällische Hauptmann habe
sich vor den Gegnern geflüchtet und in einem Backofen versteckt.
Der Kampf scheint mir recht einseitig gewesen zu
sein, da nirgends von Verlusten auf gegnerischer Seite von den Hallern die Rede
ist. Die hällischen Verluste aber waren gravierend. So sind laut einem
Verzeichnis der Verwundeten und ihren Wunden 14 „so gleich uff der Wallstatt …
geblieben“ also getötet worden. 37 Menschen wurden verwundet, wobei die
Verwundungen überwiegend sehr schwer waren wie die Baderrechnungen
verdeutlichen; ja manch einer starb auch an den Wunden, trotz der Pflege durch
die Barbiere. Der Aufwand für die Verwundeten war groß, so kosteten die
Behandlungen bis zu 40 Gulden[6] oder
anders gesagt 5 Jahresgehälter einer einfachen Magd in Hall im 17. Jahrhundert[7] (8
Gulden für eine Groß- und 6 Gulden für eine Kleinmagd entsprechend der
„Ehehalten Taxation“ von 1657). Die Schäden an den Verwundeten waren nicht
selten dauerhaft wie wenn ein Lienhart Hezel durch seine Kopfwunde erlahmte.
Das Gefecht muss nicht nur da in einigen Dörfern
gleich zahlreiche Familien betroffen waren, sondern auch weil es der erste
militärische Zusammenstoß in der Gegend seit langer Zeit war, einen tiefen
Eindruck auf die Landleute und auch die Haller hinterlassen haben. Es gab nun
Witwen und einige konnten nie wieder arbeiten.
Nun war es auch das einzige größere Gefecht überhaupt in der näheren
Umgebung der Reichsstadt. Vielleicht motivierte auch diese Erfahrung die Haller
dazu sich nie wieder auf solch einen Widerstand einzulassen?
Ein Modell mit dem Motiv einer Radschlosspistole des 17. Jahrhunderts (Stadtmuseum Wernigerode) - a cookie mold of a wheel lock pistol (museum of the town Wernigerode) |
Man kann übrigens Analogien zu zeitgenössischen
Zusammenstößen herstellen. So kam es laut Vossischer Zeitung am 7. Juni 1623 in
der Wetterau zu einem Widerstand gegen Einquartierungen durch Truppen eines
Herzogs von Holstein. 14 seiner Reiter und ein adliger Spanier wurden durch das
Feuer „vom Ausschuß“ (der örtlichen Landesverteidigung) getötet, aber auch die
Bürger sollen zahlreiche Verluste beklagt haben[8].
Text: André Hanselmann
Fotos: Cecilia und André Hanselmann
The
combat at Allmerspann maybe is to view as one of those numerous small
encounters which formed the major part of the fighting of the entire 30-years
war.
What
do we know about the combat? With certainty we know the date, which is the 29th
of June, or Peter and Paul’s day.
The
later named “Vossische Zeitung” – a German newspaper from Berlin – reported
continuously about the Union’s assembly at Heilbronn but didn’t mentioned
troops in the region.
On
the side of Schwäbisch Hall there were many countrymen. The number of 1.000 men
which Krüger mentions is still to be doubted. All the people came from the area
of Ilshofen and most of them from the districts Ilshofen and “Beyond the
Bühler”. One source says that the magistrate positioned the countrymen at the
boom near Allmespann since June 1st. But this is questionable,
because no protocol of the city’s council mentions such an important decision.
The weaponry of the countrymen should have been the same as some contemporary
musters noticed. Therefor there were most probably mostly firearms and polearms,
of whom long pikes were most commonly used. Maybe there were pieces of armory
too like old or simple helmets. These countrymen were from the local companies.
They were commanded by a captain, sometimes mentioned as the city’s captain
(the Commander in Chief of the military forces of the Imperial town).
But
who were the enemies? All sources are speaking about riders and the wounds of
the local countrymen imply that the soldiers were on horseback, because many
were wounded at their heads with blows. Some had wounds which were caused most probably by pistols. “Folks from the low countries” were
mentioned, which could lead to Dutch in Spanish pay or Dutch who served as
Allies to the Bohemian revolt. Only one source says that the soldiers were
Styrum’s riders. But unfortunately my research was pointless in that direction.
There was a Jan Styrum in Spanish service, but he died in 1613 and there was
the more important Dutch commander Hermann Otto Styrum. But the latter didn’t operate
in that area. In a contradiction to the terms “dutch folks” the most reliable Franz
Riegler claimed that the troops were from the Catholic league. In my opinion
these troops most certainly were Spaniards on their march to reinforce the
Habsburgs in their war against the Bohemian thread. I could find no information
about the strength of these troops.
Riegler
claims that the mistreated and eager peasants had occurred in a skirmish with
the riders, which sounds as there was at least some action from the peasants,
although mostly the reason is mentioned as some sort of an accident. Perhaps
the poor peasants just were at the wrong place at the wrong time – I would
suggest. Unfortunately we even know less about the development of the combat
then about the motives. There is a small anecdote that the captain from Hall
was routed and hided himself in a baker’s oven.
I
have the impression that the fighting was very one sided, because the town’s
sources nowhere mention losses on the opponent’s side. But the losses of Hall
were serious. A contemporary register listed 14 people “who stayed at the
battlefield … immediately” which means that they were killed. 37 were wounded,
of whom most were seriously wounded, which becomes clear reading the barber’s
bills. Someone died from their wounds despite the treatment by the barbers. The expenditure for the wounded was
immensely; therefore some treatments costed 40 florins, which in other words
were the 5 years income of a maid in Hall. The harms often were durable. For
example a certain Lienhart Hezel became lame from the wound of his head.
The
combat had a big impact on many villages were numerous people were affected.
Some women became widows; other people could not work anymore. It was the first
military clash in the region for a long time. And it was the only larger
engagement in the area around Hall for the whole war. I assume that maybe the
Imperial town learned from the outcome to stay away from resistance such as
this?
There
are some similar events at this time. The later called “Vossische Zeitung”
reported that on June 7th 1623 there was for example some resistance
in the Wetterau when a duke of Holstein entered the area ordered to get some
quarters and it came to quarrels. A
Spanish nobleman and 14 of his horsemen were mortally shot by the local militia
(“Ausschuß”). But the citizens had some serious losses too.
Text:
André Hanselmann
Photos
by Cecilia Hanselmann
[1]
Vossische Zeitung vom 8., 14. und 22.Juli 1619 (Digitalisierte Zeitungen der
Staatsbibliothek Berlin)
[2]
Eduard Krüger: „Schwäbisch Hall – Ein Gang durch Geschichte und Kunst“ Eppinger
Verlag, Schwäbisch Hall, 1967, S. 57
[3]
Vgl. zu Ursachen bestimmter Wunden durch Waffen im 30-jährigen Krieg in: Sabine
Eickhoff / Franz Schopper: „1636 – ihre letzte Schlacht“ Theiss, 2012
[4]
Schaufele Chronik, Stadtarchiv Schwäbisch Hall Sig. HS HV/89
[6]
Verzeichnis der Verwundeten, 1619, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 5/1701
[7]
Renate Dürr: „Mägde in der Stadt: Das Beispiel
Schwäbisch Hall in der Frühen Neuzeit“, Campus, 1995, S. 151
[8]
Vossische Zeitung, vom 03.07. 1623, Nummer 25, S. 3
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