1619:
Deutschland ein Pulverfass – 1619 Germany a powder keg
Fuhrmann mit Wagen, 1625 - (Hällisch Fränkisches Museum, Schwäbisch Hall) Foto: M. Paulick |
Umso näher man sich mit der Zeit beschäftigt, so
deutlicher wird einem wie die Gesellschaft blindlings 1619 in den Krieg hinein
stolperte. Das Gefecht bei Allmerspann ist dafür ein gutes Beispiel, sowenig
greifbares wir auch über dieses Zusammentreffen wissen.
Auf allen Seiten findet man noch im März und April
des Jahres Friedensbeteuerungen wie in einer Ausgabe der Vossischen Zeitung
(oder damals „Zeitung auß Deutschlandt, Welschlandt, Franckreich, Böhmen,
Hungarn, Niederlandt und andern Orten, wöchentlich zusammengetragen“) vom 8.
April. Zugleich aber ist von Intrigen die Rede, einer aufgeheizten Stimmung auf
beiden Seiten. Hier die Umgebung des Kaisers, dessen General Dampierre die
Versammlung der Landstände ausnehmen soll, dort die Landstände, die nicht nur
in der Gesellschaft Stimmung gegen den König machen, sondern auch schaffen
Nieder- und Oberösterreich auf ihre Seite zu ziehen, die den Spaniern den
Durchmarsch verwehren möchten. Die deutschen Fürsten, vor allem die
protestantischen sind sich uneins wie sie mit den Aufständischen umgehen
sollen. Es wird gemunkelt, dass sich Spanien mit einer Unterstützung Ferdinands
im Kampf gegen die Böhmen übernehmen und ein Fiasko wie im „englischen
Stadtgraben“ 1588 erleben würde. [1]
Unser Schwäbisch Hall verhält sich da ganz
ähnlich. Man dringt zwar auf dem Unionstag auf einen Ausgleich mit dem Kaiser
und dass man den Böhmen keinen Beistand leistete[2], aber
tritt auch nicht aus der Union aus, obwohl der Kaiser die Auflösung der Union
mehrfach befohlen hatte. Während man also nach außen hin einen friedlich Kurs
zeigte, erahnte der Rat doch den Kriegsausbruch und beschloss die Anschaffung
von neuen Geschützen, Pulver und dergleichen sowie der Anwerbung von ein wenig
Reiterei. Zumindest die vom Rat beschlossene Musterung könnte tatsächlich
geschehen sein, wie das Beispiel aus Hessental andeutet, das wir schon
angeführt haben[3].
Vielleicht weil Einnahmen von etwa 55.000 Gulden allerdings Ausgaben von 73.000
fl. gegenüberstanden[4] mag
dieser große Aufwand aufgegeben worden sein.
Schließlich war Hall trotz aller
Vorsichtsmaßregeln ab dem Frühjahr 1619 von Truppendurchzügen betroffen, was
sich einfach durch die Lage an einer der Hauptmarschrouten erklären lässt (was
sich ja auch 1743 dann verhängnisvoll auswirken sollte).
In dem Zusammenhang kam es zum Scharmützel bei
Allmerspann, welches von den Quellen wie Riegler[5],
Sandel[6] und
der Schaufel’schen Chronik[7]
völlig unterschiedlich bewertet wurde. So legen Letztere nahe, dass die Stadt
gezielt die Durchgänge durch die Heeg, die sogenannten Riegel besetzen ließ, um
den Durchzug zu behindern, während Riegler das Zusammentreffen eher als einen
Zufall darstellt. Der Rat hat dem Schultheiß von Ilshofen und auch Comburg die
Schuld gegeben wie die Ratsprotokolle verdeutlichen[8]. Zu
den Auswirkungen und dem Verlauf des Gefechts werde ich noch einen Artikel
folgen lassen.
An der Stelle möchte ich Herr Dr. Maisch vom
Stadtarchiv Schwäbisch Hall für die Hilfe bei der Recherche zum Jahr 1619
ausdrücklich danken.
Text:
André Hanselmann
The
more one occupies oneself with the period, the more it becomes clear how society stumbled blind into war in 1619.
There
are declarations of peace on all sides to be found in March and April 1619 for
example in the “Vossische Zeitung” (the newspaper was named back then “Zeitung
auß Deutschlandt, Welschlandt, Franckreich, Böhmen, Hungarn, Niederlandt und
andern Orten, wöchentlich zusammengetragen” – “News from Germany, Southern
Europe, France, Bohemia, Hungaria, the Netherlands and other places collected
weekly”) from April 8th. Contemporaneous however there are rumors
about intrigues and a heated atmosphere from both sides. Here the entourage of
the emperor, whose general Dampierre (1580-1620) should capture the assembly of
the gentry (Landstände) and there the assembly at Prague which not only wanted
to turn the mood against the king, but also made the parliaments of Upper- and
Lower Austria to refuse the walkover by the Spanish troops. The German princes
especially the protestant were not sure how to deal with the rebels. There were
rumors that Spain would undertake too much to reinforce Ferdinand’s fight
against the Bohemians and that it could result in a disaster like in the
“English moat” in 1588.
Our
Hall in Swabia reacted similar. The magistrate wanted at the Union’s diet to
create a settlement with the emperor and refused to send any help to the
Bohemians; but Hall decided to not leave the Union, although the emperor
ordered the dissolving of the Union. While the magistrate showed a peaceful
policy outwards, the magistrate suspected the outbreak of the war and concluded
the purchase of new pieces of artillery, black powder and such things and by
the way the enlistment of some cavalry. At least the mustering of the people
could have happened indeed as the example of Hessental suggest, which we
mentioned before (please check: . https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2017/11/unbewaffnete-bauern-unarmed-peasants.html
) Perhaps the financial problems of the Imperial town forced the magistrate to
give up the purchases – the town had an income of 55.000 florins but
expenditures of 73.000 florins at that time.
Finally
Hall was to be affected by many drafts of troops from spring 1619, which is
explainable by the location of the town at one of the major roads of marches
(which was the same in 1743).
At
one occasion it culminated in the combat near Allmerspann, which was described
completely different in the sources like Riegler, Sandel and the chronicle by
Schaufele. The latter suggest that the
government of the town ordered the occupation of the passages of the “Heeg”
(local fortifications of small trenches and walls), while Riegler narrated the
clash more as an accident. The Magistrate later blamed the provost of Ilshofen
and the state of Comburg for the responsibility.
We
will let follow an article about the outcome of the combat later – stay tuned!
I
want to thank Dr. Maisch from the town’s archives of Schwäbisch Hall for his
help.
Text:
André Hanselmann
[1]
Vossische Seitung als Digitalisat auf http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/index.php?id=auswahl&no_cache=1&tx_zefyskalender_pi2%5Bdate%5D=1619-04-08
[2]
Riegler: „Schwäbisch Hall im Dreißigjährigen Krieg, S. 39
[3]
Siehe: https://wackershofenannodomini.blogspot.com/2017/11/unbewaffnete-bauern-unarmed-peasants.html
[4]
Freundliche Auskunft von Dr. Andreas Maisch, Stadtarchiv Schwäbisch Hall
[5]
Franz Riegler: „Schwäbisch Hall im Dreißigjährigen Krieg“ W. Kolhammer, 1911
[6]
Theodor Sandel: „Kirchberg an der Jagst - Schicksal einer hohenlohe-fränkischen
Stadt Band I“ Lorenz Spindel, Nürnberg, 1936
[7]
Schaufele Chronik, Stadtarchiv Schwäbisch Hall Sig. HS HV/89
[8]
Ratsprotokolle 1619, Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Sig. 4/223
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen